AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2172808.1.00
Spruch:
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 08.03.2021 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. IRAK, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des BFA, RD XXXX Außenstelle XXXX vom 12.09.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.03.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 11.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, er sei Damenfriseur und eines Tages sei ein Fremder mit einer Waffe in sein Geschäft gekommen, habe die Kundin erschossen und er selbst habe entkommen können. Er habe sich darauf an mehreren Orten versteckt und dort mitbekommen, dass er gesucht werde und man ihn erschießen wolle.
2. Am 14.02.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen. In dieser Einvernahme führte der Beschwerdeführer dann aus, dass es seine Geliebte war, die im Mai 2015 von ihrem Ehemann erschossen worden sei. In seinen Verstecken außerhalb Bagdads habe er gehört, dass der Ehemann gedroht habe, er werde ihn nicht nur töten, sondern ihn vor den Augen seiner Familie verbrennen.
3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 12.09.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 29.06.2017. Darin wurde das Fluchtvorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass am 10. April 2017 Mitglieder der Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq die Familie des Beschwerdeführers aufgesucht und am nächsten Tag seinen Bruder angeschossen hätten. Zudem liege die Gefahr einer Gruppenverfolgung vor, welche dem Beschwerdeführer als Sunnit in Bagdad drohe.
5. Am 23.01.2019 legte der Beschwerde dazu Bilder von seinem Bruder, Befunde und das Foto eines Drohbriefes vor.
6. Mit Verfügung des Geschäftsausschusses vom 14.01.2021 wurde das Verfahren dem erkennenden Richter neu zugewiesen.
7. Am 08.03.2021 fand im Beisein seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers eine mündliche Verhandlung statt. Darin wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, seinen Ausreisegrund und sein persönliches Umfeld umfassend darzulegen, und es wurde die aktuelle Lage im Irak anhand der dazu vorliegenden Unterlagen eingehend erörtert.
8. Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 09.03.2021 wies der Beschwerdeführer zu Recht auf einen „Zahlendreher“ im Verhandlungsprotokoll auf Seite 3 hin. Aus der vorgelegten Ablichte des Schreibens (Anlage A zum Verhandlungsprotokoll) geht zweifelsfrei hervor, dass des sich um den Vorfall vom 11.04.2017 und nicht wie protokolliert vom 11.07.2017 handelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu seinem persönlichen Umfeld:
Der nunmehr vierzigjährige Beschwerdeführer ist irakischer Staatsbürger, sunnitischen Glaubenszugehörigkeit und hält sich nach schlepperunterstützer Einreise seit November 2015 in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer ist in Bagdad geboren, aufgewachsen und hat als Polizist und Frisör gearbeitet. Er war ledig und wohnte im Haus seiner Eltern. Von seinen Geschwistern arbeiten zwei Brüder im Geschäft seines ältesten Bruders, einer ist Polizist und der jüngste Bruder war 2017 noch Student. Seine beiden Schwestern sind verheiratet. Er gehört keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatte in seinem Herkunftsstaat vor seiner Ausreise keine Schwierigkeiten mit Behörden, Gerichten oder Sicherheitskräften. Seine Eltern und acht Geschwister leben weiterhin in Bagdad, sodass er bei einer Rückkehr zumindest in der ersten Zeit mit familiärer Unterstützung rechnen kann.
Der Beschwerdeführer lebt seit August 2020 mit zwei Mitbewohnern in einer Zweizimmerwohnung im 10. Bezirk, wobei ihm dort ein Zimmer alleine zur Verfügung steht. Seit Antragstellung auf internationalen Schutz bestreitet er seinen Lebensunterhalt über Leistungen der staatlichen Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er übte in Österreich keiner Erwerbstätigkeit aus, bezeichnet sich als arbeitswillig und könnte als Frisör arbeiten. Ehrenamtlich war er ab 2017 im XXXX tätig, eine Aufgabe, die er Corona bedingt eingestellt hat, und bei der XXXX hilft seit April 2018 bei Bedarf bzw. wenn er sich dazu in der Lage fühlt, bei der Verteilung von Lebensmitteln.
Der unsichere Aufenthaltsstatus und die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit belasten den Beschwerdeführer und er steht wegen einer monopolarer Depression, ICD 296.1, in medizinischer Behandlung. Bei Bedarf nimmt er ein Schlafmittel.
2017 hat er die Deutsch-A2-Prüfung bestanden und einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Er war in der mündlichen Verhandlung sichtlich bemüht, auf Deutsch zu sprechen bzw. zu antworten. Von einem B2 Niveau, von dem er selbst ausgeht, ist er weit entfernt. 2018 nahm er an mehreren Informationsmodulen von Start Wien und am EU Projekts Core-Integration teil.
Der Beschwerdeführer ist alleinstehend und im Bundesgebiet für niemanden sorgepflichtig. Sonstige maßgebliche Beziehungen und Kontakte haben sich während seines Aufenthaltes nicht gebildet.
Der Beschwerdeführer ist mit den örtlichen Verhältnissen im Irak vertraut ist und verfügt dort über Berufserfahrung in seinem Herkunftsstaat. Bei einer Rückkehr ist ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar.
Strafgerichtlich ist der Beschwerdeführer unbescholten.
1.2. Zur Fluchtgeschichte:
Die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers, er und seine Familien werde vom Ehemann seiner Geliebten, einem „Mafiosi“ und Mitglied einer Miliz, und dessen Stamm verfolgt, ist nicht glaubhaft und wird daher auch nicht als Ausreisegrund angesehen. Die kurz vor dem Ende der mündlichen Verhandlung vorgebrachte bisexuelle Orientierung bzw. eine im Irak erlittene Vergewaltigung und daraus resultierende homosexuelle Neigungen werden ebenfalls als nicht glaubhaft angesehen.
1.3: Zur Lage im Irak
Die allgemeine Lage im Irak, und das betrifft auch die Sicherheitslage, hat sich insoweit stabilisiert, dass eine Rückkehr von Personen, die keine besonderen Beeinträchtigungen aufweisen und über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, keine Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte (Schutz auf das Leben) zu befürchten haben.
Die Hauptstadt des Irak, Bagdad-Stadt, liegt in der Provinz Bagdad. Sie befindet sich im Tigris-Tal im Zentrum des Irak und ist flächenmäßig die kleinste Provinz.
Bagdad-Stadt setzt sich aus den Bezirken zusammen: Adhamiyah, Karkh, Karada, Khadimiyah, Mansour, Sadr City, Al Rashid, Rusafa und 9 Nissan ("neues Bagdad"). Der Rest der Provinz Baghdad besteht aus den Bezirken Al Madain, Taji, Tarmiyah, Mahmudiyah und Abu Ghraib. Die geschätzte Einwohnerzahl der Provinz lag 2019 bei 8 340 711, wobei die Mehrheit schiitische und sunnitische Muslime sind.
Dem ISIL gelang es nicht, die Kontrolle über Gebiete in der Provinz Bagdad zu übernehmen, obwohl er seit 2014 häufig VBIED-Angriffe (Sprengstoffanschläge mit präparierten Fahrzeugen die von einem Selbstmordattentäter zum Zielpunkt gefahren und durch diesen selbst oder ferngesteuert (über Funk) zur Explosion gebracht werden) auf Bagdad durchführte. Angriffe mit vielen Opfern durch ISIL gingen nach dem ersten Quartal 2018 deutlich zurück. Mehrere Sicherheitskräfte sind In der Provinz Bagdad präsent. Die Provinz steht unter der Kontrolle der irakischen Behörden; in der Praxis teilen sich die Behörden jedoch die Aufgaben im Bereich Verteidigung und Strafverfolgung mit den schiitisch dominierten PMU (Volksmobilmachungseinheiten), was zu einer "unvollständigen" oder sich überschneidenden Kontrolle mit diesen Milizen führt. Die PMU haben kein operatives Hauptquartier in der Provinz Bagdad, in der Praxis gibt es jedoch "beträchtliche Stützpunkte" in den Gürteln von Bagdad. Vom Iran unterstützte Milizen unterhalten zumindest einige Kräfte in überwiegend schiitischen Gebieten, insbesondere in Bagdad. Auch der ISIL ist weiterhin in der Provinz präsent und es wurde berichtet, dass er seine Unterstützungszone im nördlichen und südwestlichen Bagdad-Gürtel aufbaut und erweitert. Mehrere Quellen berichteten über eine verstärkte ISIL-Aktivität in Bagdad in den Jahren 2019-2020. Es wurde auch berichtet, dass die ISF nur begrenzt in der Lage waren, auf Sicherheitsvorfälle, Terroranschläge und kriminelle Aktivitäten zu reagieren. Zusätzlich zu den anderen Akteuren in der Region haben die USA zwei Militärbasen in Bagdad, eine davon innerhalb des internationalen Flughafens von Bagdad.
Eine der wichtigsten Sicherheitsentwicklungen im Irak in den Jahren 2019 und 2020 war die zunehmende Spannung zwischen dem Iran und den USA. Nach den US-Angriffen und den Vergeltungsmaßnahmen des Irans auf die Angriffe kam es in Bagdad zu Massendemonstrationen gegen die USA. Es wurde von Großdemonstrationen in mehreren Städten, insbesondere in Bagdad, berichtet, bei denen Sicherheitskräfte Tränengaspatronen und scharfe Munition direkt auf Demonstranten abfeuerten, was in einigen Fällen zahlreiche Opfer forderte. Überreste des ISIL verübten weiterhin häufige Angriffe, wie den Einsatz von IED-Explosionen an öffentlichen Plätzen und Selbstmordattentate, gegen die irakische Bevölkerung und die Sicherheitskräfte in Bagdad. ISIL beabsichtigte, in die Stadt Bagdad zurückzukehren und konnte sogar mehrere Bombenanschläge inszenieren, jedoch schien die Gruppe ihren Fokus wieder auf das Land verlagert zu haben, da die Anzahl der Anschläge in der Stadt Bagdad später deutlich zurückging. Für das Jahr 2020 schien der ISIL sein Hauptaugenmerk auf Ziele der Sicherheitskräfte und nicht auf Zivilisten zu richten.
ACLED meldete im Berichtszeitraum insgesamt 393 Sicherheitsvorfälle (durchschnittlich 4,8 Sicherheitsvorfälle pro Woche) in der Provinz Bagdad, von denen die meisten als Anschlägen/Explosionen kodiert wurden. Sicherheitsvorfälle gab es in allen Bezirken der Provinz, wobei die größte Gesamtzahl in der Stadt Bagdad verzeichnet wurde. UNAMI registrierte 46 Vorfälle im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten, von denen 42 im Jahr 2019 und 4 vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2020 stattfanden (durchschnittlich 0,6 Sicherheitsvorfälle pro Woche für den gesamten Bezugszeitraum).
Im Bezugszeitraum verzeichnete UNAMI insgesamt 58 zivile Opfer (40 Tote und 18 Verletzte) bei den oben genannten bewaffneten konfliktbezogenen Zwischenfällen. Im Einzelnen wurden im Jahr 2019 50 Todesopfer und vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2020 8 Todesopfer gemeldet. Im Vergleich zu den offiziellen Zahlen für die Bevölkerung in der Provinz entspricht dies 1 ziviles Opfer pro 100 000 Einwohner für den gesamten Bezugszeitraum.
Im Juni 2020 gab es 38 766 Binnenvertriebene im Irak, die aus der Provinz Bagdad stammten, von denen 348 innerhalb der Provinz vertrieben wurden. Darüber hinaus gab es am 30. Juni 2020 in Bagdad 35 034 Binnenvertriebene, die hauptsächlich aus dem Nordwesten des Irak stammten. Es wurden auch sekundäre Vertreibungen gemeldet. Was die Rückkehr betrifft, so wurde die Rückkehr von 90 228 Binnenvertriebenen nach Bagdad verzeichnet.
Es wurde auch über die Zerstörung von ISIL-Munitionslagern in verschiedenen Gebieten im Irak, einschließlich der Provinz Bagdad, berichtet. Organisiertes Verbrechen, Schießereien im Vorbeifahren, unkontrollierte Aktivitäten der Milizen, Entführung von Personen zur Erlangung politischer oder finanzieller Vorteile und Korruption wurden ebenfalls gemeldet. Die Schäden an der Infrastruktur entsprechen in allen Bereichen dem Landesdurchschnitt, mit Ausnahme der Straßen, die anscheinend am stärksten beschädigt wurden, insbesondere in den Bezirken Abu Ghraib und Mahmudiyah. Es wurden auch erhebliche Schäden an Wohnhäusern sowie zerstörte oder schlecht funktionierende Strom- und Leitungswassernetze gemeldet.
Der im Januar 2019 veröffentlichten Integrated Location Assessment III der IOM zufolge stellte der Zugang zu Beschäftigung und Existenzgrundlagen in fast allen der über 4 000 von der IOM im Jahr 2018 bewerteten Orte für die Binnenvertriebenen als eines der größten Probleme dar. Aufgrund fehlender Existenzgrundlagen gestaltete sich die Deckung von Grundbedürfnissen, wie etwa der Zugang zu Lebensmitteln, Haushalts-/Bedarfsartikeln und Wohnraum, schwierig
Im Jahr 2017 war der öffentliche Sektor der größte Arbeitgeber im Irak, der Schätzungen zufolge 42 % bis 50 %263 bzw. bis zu 60 % aller Arbeitsplätze stellte. Die öffentlichen Bediensteten waren vornehmlich im Bildungswesen, im Verteidigungssektor und im Innenministerium beschäftigt. Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor machten im Jahr 2017 40 % des Staatshaushalts aus. Eine ähnliche Entwicklung war in der RKI zu beobachten. Im Jahr 2016 hatte der öffentliche Sektor (ohne die KRG) schätzungsweise etwa 1,8 Millionen Beschäftigte. Mit mehr als 650 000 Arbeitsplätzen entfiel der Großteil der Stellen auf das Bildungsministerium. Der öffentliche Sektor in der RKI stellte im Jahr 2018 schätzungsweise 682 021 Arbeitsplätze.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzte, dass im Jahr 2017 etwa 40 % aller Erwerbstätigen im Irak selbstständig waren. Im Privatsektor entfielen 15 % aller Arbeitsplätze auf das Bauwesen. In der verarbeitenden Industrie gab es zwar private Unternehmen, jedoch waren in diesem Wirtschaftszweig 79 % der Unternehmen staatseigene Großunternehmen. Die Landwirtschaft war vormals der sechstgrößte Wirtschaftszweig, wurde jedoch durch den jahrelangen Konflikt, den Klimawandel, schwierige gesetzliche Rahmenbedingungen und geringe Investitionen in neue Technologien in Mitleidenschaft gezogen.
Nicht registrierte oder informelle Tätigkeiten machten etwa 20 % der Beschäftigung im Irak aus. Die irakische Bevölkerung konkurrierte auf dem Stellenmarkt mit ausländischen Arbeitskräften, die sich entweder legal oder illegal im Irak aufhielten und dort arbeiteten. Medienberichten zufolge ziehen Arbeitgeber unter Umständen ausländische Arbeitskräfte vor, weil diese spezifischen Qualifikationen aufweisen oder niedrigere Löhne akzeptieren.
Dem Country Fact Sheet Iraq 2019 der IOM zufolge führte die Verbesserung der Sicherheitslage zu einer Zunahme der privaten Investitionen, insbesondere in den befreiten Gebieten, in denen Arbeitsplätze im Tourismus und in der Unterhaltungsbranche geschaffen wurden. Die Löhne lagen je nach Bildungsniveau und Qualifikationen zwischen 200 USD und 2 500 USD. Darüber hinaus wurden in den meisten Städten Arbeitsämter eingerichtet, und die Regierung verabschiedete ein Programm, zur „Unterstützung von Arbeitnehmern mit einem Tageslohn von weniger als 1 USD und Arbeitslosen“. Zudem stellte die IOM fest, dass auf nationaler Ebene kein Arbeitslosengeld bezahlt wurde.
Laut BTI leben 22,5 % der irakischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, wobei die Armutsquote in der RKI von 3,5 % auf 12,5 % gestiegen ist und in den zuvor vom ISIL kontrollierten Gebieten bei 41,2 % und in den südlichen Gouvernements bei 30 % liegt. Darüber hinaus veranschlagte die UNESCO den „Anteil der Personen mit einem Einkommen von unter 1,90 USD (Kaufkraft) pro Tag“ auf 2,5%. Die Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für den Irak erklärte, dass sich die Armutsquoten im Jahr 2020 auf 40 % verdoppeln werden. Einer Meldung von Al-Sumariya vom 2. Juli 2020 zufolge gab der irakische Minister für Arbeit und Soziales bekannt, dass die Armutsquote im Irak wegen der COVID-19-Krise und des Verfalls der Ölpreise von 22 % auf 34 % gestiegen ist.
Die irakische Regierung hat eine Armutsbekämpfungsstrategie für den Zeitraum 2018 bis 2022 verabschiedet. Damit sollen Probleme im Zusammenhang mit Sicherheit und Stabilität, guter Regierungsführung, der fairen Verteilung und Diversifizierung der Einkommen, der Eindämmung der nachteiligen Auswirkungen von Wirtschaftsreformen auf die arme Bevölkerung, den hohen Kosten des Kampfes gegen den Terrorismus und der Binnenvertriebenenkrise nach dem Krieg gegen den ISIL in Angriff genommen werden
Auf die Covid-19-Pandemie reagiert der Irak mit Ausgangssperren. Das irakische Gesundheitssystem gerät zwar an seine Grenzen, ein völliger Zusammenbruch der medizinischen Versorgung kann den dazu eingeholten Länderinformationen sowie einer aktuellen Abfrage im Internet aber nicht entnommen werden. Der Beschwerdeführer selbst gehört keiner Covid 19 Risikogruppe an.
Weder die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle noch die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen den Schluss zu, dass der alleinstehende und arbeitsfähige Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko eines ernsthaften Schadens im Sinne von Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Behördenakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers und der im Gefolge seiner Einvernahme in Vorlage gebrachten Unterlagen sowie des Inhaltes des seiner Beschwerde. Hinzu kommen die Befragung des Beschwerdeführers und die Erörterung der aktuellen Lage im Irak in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2021 (OZ 17) sowie die Einholung aktueller Auszüge aus Strafregister, IZR, GVS, AJ-WEB und ZMR.
2.1. Zum persönlichen Umfeld:
Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie dessen persönlichen und familiären Lebensumstände im Herkunftsstaat und das Fortbestehen von familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung.
Sein gesundheitlicher Zustand ergibt sich aus den vorgelegten ärztlichen Berichten aus 2019 (OZ 10) und der Erörterung anhand dieser Unterlagen in der mündlichen Verhandlung. Die dazu getroffenen Feststellungen entsprechen seinen Angaben und dem persönlichen Eindruck, wo Anzeichen einer Antrieblosigkeit erkennbar waren, gleichzeitig aber Aktivitäten im privaten Umfeld genannt wurden und er Medikamente nur bei Bedarf einnimmt, wenn er nicht einschlafen kann. Daraus ist keine schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigung ableitbar. Seine Arbeitsfähigkeit und -bereitschaft resultiert aus seinen Angaben und der vorgelegten Arbeitsplatzzusage.
Die Lebens- und Wohnverhältnisse in Österreich sowie seine ehrenamtlichen Tätigkeiten seit 2017 entsprechen den Angaben in der mündlichen Verhandlung, den dazu vorgelegten Unterlagen sowie den vom Gericht vorgenommenen Abfragen. Daraus ergibt sich die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers, zumal er selbst einräumte, in Österreich bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein.
Die Feststellungen zu seinen Deutschkenntnissen beruhen auf den vorgelegten Diplomen und der Befragung in der mündlichen Verhandlung. Die Teilnahme an einem Werte und Orientierungskurs sowie an den Kursen von XXXX sind über entsprechende Bestätigungen dokumentiert (OZ 6 sowie OZ 16).
Die Möglichkeit, künftig als Frisör beschäftig zu werden, ergibt sich aus der Bestätigung vom 08.12.2020 (OZ 16).
1.2. Zum Fluchtvorbringen:
Im Rahmen des Asylverfahrens trifft den Asylwerber eine wesentliche Mitwirkungspflicht. Er muss eine ihm drohende Behandlung oder Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft machen.
Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Das Vorbringen des Asylwerbers ist auch nicht hinreichend substantiiert, wenn Sachverhalte nur sehr vage geschildert werden und der Asylwerber nicht in der Lage ist, detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
Davon ist verfahrensgegenständlich nicht auszugehen. Er entwickelt und steigert seine Fluchtgeschichte der jeweiligen Befragungssituation folgend. So erwähnte er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 11.11.2015 nur, dass ein Fremder mit einer Waffe bei seiner Arbeit eine Kundin wegen der vorgenommenen Tätowierung erschossen habe und auch ihn erschießen wollte, er aber fliehen konnte. (AS 21).
Bei seiner Einvernahme am 14.02.2017 wurde aus der Kundin seine langjährige, verheiratete Freundin und der unbekannte Täter zum eifersüchtigen Ehemann. Dieser wieder hatte als Mafioso und Mitglied einer Miliz großen Einfluss und habe anderen gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er ihn nicht nur töten, sondern vor den Augen seiner Familie verbrennen werde (AS 128/129).
In der In der Beschwerde vom 29.09.2017 brachte er dann vor, dass Mitglieder der AAH (gemeint Asa’ib Ahl al-Haqq) am 10.04.2017 seine Familie aufgesucht und aufgefordert haben, ihr Haus zu verlassen. Am nächsten Tag seien sie nochmals gekommen und haben dabei seinen Bruder angeschossen. Außerdem werde er von der Familie seiner getöteten Freundin gesucht (AS 243).
In der Beschwerdeergänzung vom 21.01.2019 waren es dann verfeindete Clanmitglieder, welche den Bruder angegriffen haben, und er legte auch ein schlecht lesbares Foto vom Schreiben des Ausschlusses aus seinem Stamm vor (OZ 6).
In der mündlichen Verhandlung am 08.03.2021 erwähnte er zunächst, dass er schon bei den Amerikanern als Tätowierer gearbeitet habe. Er habe eine Ehrverletzung begangen und wegen der kulturellen Gegebenheiten Bagdad verlassen. Beim Vorfall am 10.04.2017, der seine Familie betroffen hatte, wird der Ehemann und der Stamm seiner getöteten Freundin – und nicht die Miliz – in den Vordergrund gestellt. Auf die Frage, ob sein Bruder entführt wurde, bejahte er es und führte dazu aus, dass dies aber ein anderer gewesen wäre, welcher bereits eine Woche zuvor, als der andere Bruder angeschossen worden war, entführt und misshandelt worden wäre.
Am Ende der mündlichen Verhandlung, nach der Erörterung der aktuellen allgemeinen Lage im Irak führte er auf Frage seiner Rechtsvertretung auch noch an, dass er im Alter von 10 oder 12 Jahren vergewaltigt worden war und so zu einer bisexuellen Einstellung gekommen sei. Seit 2018 besuche er in Wien viele Schwulenlokale, sei dort gefilmt worden und habe Angst, dass dieser Film könne auf Facebook gestellt werden könnte; weil im Irak werde man deshalb gesteinigt.
Ohne die Erstbefragung überbewerten zu wollen, so kann erwartet werden, dass bereits in dieser Phase der relevante Grund für die Flucht dargetan wird. Und dieser hat nichts mit seiner Tätigkeit als Frisör oder die Vornahme einer Tätowierung zu tun. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass er bei der Tatbeschreibung seine Freundin als Kundin und den Ehemann als Fremden bezeichnet.
Im Wesentlichen hat der Beschwerdeführer im Zuge des Verfahrens als Fluchtgründe Verfolgungen aufgrund seiner Tätigkeit als Frisör und Tätowierer, der Rache des Ehemannes seiner Freundin, eines Kriminellen und Mitglied der Miliz Asa’ib Ahl al-Haqq, des Stammes seiner getöteten Freundin, den Ausschluss aus dem eigenen Stamm und zuletzt seine bisexuelle Neigung angeführt. Schon dieses ständige Anpassen seiner Fluchtmotive und die kontinuierliche Steigerung der Bedrohung für sich und seine Familie machen ein Verlassen des Herkunftsstaates wegen asylrelevanter Verfolgungen völlig unglaubhaft.
Das nur als Foto und daher nur teilweise lesbare Dokument vom Stammesausschluss des Beschwerdeführers verweist zwar aufgrund der erkennbaren Daten offensichtlich auf die Vorfälle vom 10.04.2017 und 11.04.2017, es ist aber gerichtsbekannt, dass derartige Nachweise leicht zu erhalten und somit als unzweifelhaftes Beweismittel nicht geeignet sind. Hinzu kommt, dass sowohl der Stammesausschluss als auch die Eskalation gegenüber der Familie des Beschwerdeführers erst nach der Einvernahme beim BFA im Feber 2017 und zwei Jahre nach seinem Verlassen des Iraks stattgefunden haben. Zudem stellte er noch in der Einvernahme vor dem BFA am 14.02.2017 auf konkrete Frage eine Bedrohung seiner Familie unmissverständlich in Abrede und gab auch an, dass seine Familie nichts damit zu tun habe (AS 131).
Der zuletzt vorgebrachten bisexuellen Einstellung des Beschwerdeführers wird ebenfalls kein Glauben geschenkt. Unabhängig davon, dass dieser Umstand nicht von ihm selbst vorgebracht, sondern erst nach Erörterung der aktuellen allgemeinen Lage im Irak und über Frage seiner Rechtsvertretung: „Gibt es außer dem Fluchtgrund, den Sie angegeben haben, noch einen weiteren Grund, warum Sie nicht in den Irak zurückkehren können?“. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers stellen somit nur einen letzten Versuch dar, einen Fluchtgrund zu konstruieren, sind zudem nicht plausibel und beschreiben nur vage einige Besuche von Schwulenlokale. Er beschreibt auch nicht eine Furcht aufgrund dieser Neigung, sondern nur das Bekanntwerden dieser Besuche über das Hochladen von einschlägigen Fotos, die von ihm bei Lokalbesuchen angefertigt worden sein sollten und damit in den Irak gelangen könnten.
Aus diesen Gründen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, einen asylrelevanten Fluchtgrund für das Verlassen sowie einen glaubhaften Nachfluchtgrund darzulegen.
1.3: Zur Lage im Irak
die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Irak, ergänzt bzw. aktualisiert durch die letzten EASO-Berichte mit Stand September 2020, Oktober 2020 und Jänner 2021 sowie den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Im Wesentlichen sind es Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des deutschen Auswärtigen Amtes, als auch von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen. Bezüglich Covid 19 stützt sich erkennende Richter auf die aktuellen Daten der WHO.
Die Feststellungen sind im Wesentlichen dem letzten EASO-Bericht entnommen (Common analysis, Iraq, January 2021, AS 134-136) sowie dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Irak vom 17.03.2020. Den dort ausgewiesenen Quellen sind weder der Beschwerdeführer noch seine Rechtsvertretung entgegengetreten.
Auch wenn in der Provinz Bagdad Vorfälle von willkürlicher Gewalt seitens Milizen und IS dokumentiert sind, lassen die angeführten Zahlen nicht die Annahme zu, dass eine alleinstehende Zivilperson einem realen Risiko eines ernsthaften Schadens im Sinne von Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es wird auch
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 65/2018 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 10.08.2018 Ra 2018/20/0314; 10.11.2015, Ra 2015/19/0185).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459). Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in seinem Heimatstaat Verfolgung zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233 mwN). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, im Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:
Im gegenständlichen Fall gelangt das Bundesverwaltungsgericht aus oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich erörterten Gründen zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretenden individuellen Verfolgung ausgesetzt wäre. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).
Bezüglich der Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder unruhebedingten Lebensbedingungen zurückzuführen sind, bleibt festzuhalten, dass diese keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen, da alle Bewohner gleichermaßen davon betroffen sind. Bestehende schwierige Lebensumstände allgemeiner Natur sind hinzunehmen, weil das Asylrecht nicht die Aufgabe hat, vor allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die etwa in Folge des Krieges, Bürgerkrieges, Revolution oder sonstiger Unruhen entstehen, ein Standpunkt den beispielsweise auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in Punkt 164 einnimmt (VwGH 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).
Eine Verfolgung des Beschwerdeführers im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Z. 2 GFK liegt somit nicht vor und es braucht daher auf die Frage der Schutzwilligkeit und -fähigkeit der staatlichen Organe vor derartigen Bedrohungen sowie des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht mehr eingegangen werden. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids kommt folglich keine Berechtigung zu.
3.2. Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen, ob im Falle der Rückführung des Beschwerdeführers in den Irak Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde.
Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung sind zunächst konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein „real risk“ einer gegen Art. 3 MRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174). Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236; VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwN). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwH).
Unter „real risk“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (grundlegend VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; RV 952 BlgNR XXII. GP 37). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die Feststellung einer Gefahrenlage im Sinn des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erfordert das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; 14.10.1998, Zl. 98/01/0122).
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. EGMR U 08.04.2008, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (VfSlg 13.314/1992; EGMR GK 07.07.1989, Soering gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 14038/88). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des Antragstellers zu berücksichtigen, wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein ausreichend reales Risiko für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragsstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (EGMR U 04.07.2006, Karim gegen Schweden, Nr. 24171/05, U 03.05.2007, Goncharova/Alekseytev gegen Schweden, Nr. 31246/06).
Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinn des Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher, bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (VG München 13.05.2016, M 4 K 16.30558).
Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH U. 17.02.2009, C-465/07). Ob eine Situation genereller Gewalt eine ausreichende Intensität erreicht, um eine reale Gefahr einer für das Leben oder die Person zu bewirken, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen: ob die Konfliktparteien Methoden und Taktiken anwenden, die die Gefahr ziviler Opfer erhöhen oder direkt auf Zivilisten gerichtet sind; ob diese Taktiken und Methoden weit verbreitet sind; ob die Kampfhandlungen lokal oder verbreitet stattfinden; schließlich die Zahl der getöteten, verwundeten und vertriebenen Zivilisten (EGRM U 28.06.2011, Sufi/Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 8319/07, 11449/07).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird auch ohne, einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt jedoch nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; EGMR U 20.07.2010, N. gegen Schweden, Nr. 23505/09; U 13.10.2011, Husseini gegen Schweden, Nr. 10611/09). Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Lage in Bagdad). Die bloße Möglichkeit einer den betreffenden Bestimmungen der EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427).
Im Hinblick der Gefahrendichte ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die der Beschwerdeführer typischerweise zurückkehren wird. Zur Feststellung der Gefahrendichte kann auf eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung zurückgegriffen werden. Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (dt BVerwG 17.11.2011, 10 C 13/10).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung, noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.
Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind ebenfalls nicht hervorgekommen.
Die Sicherheitslage in Bagdad ist ausweislich der ausführlichen Feststellungen grundsätzlich stabil und es ist infolge der militärischen Niederlage des Islamischen Staates und dem weitgehenden Ende offener Kampfhandlungen ein gravierender Rückgang der sicherheitsrelevanten Vorfälle und der damit einhergehenden zivilen Opfer eingetreten. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann in Anbetracht der zu den Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz sowie Stadt Bagdad dargestellten Gefahrendichte nicht erkannt werden, dass schon aufgrund der bloßen Präsenz des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden muss, dass dieser wahrscheinlich das Opfer eines terroristischen Anschlages, krimineller Aktivtäten oder von Polizeigewalt bei Demonstrationen und Ausschreitungen werden würde.
Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt findet in der Provinz Bagdad nicht statt, zumal die gegenwärtigen Anschläge nicht die Intensität erreichen, dass ein bewaffneter Konflikt vorliegt. Risikoerhöhende Umstände im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers, welche zu einer im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung stark erhöhte Gefährdung durch terroristische Aktivitäten oder im Hinblick auf willkürliche Gewalt im Zuge von Ausschreitungen bei Protesten oder kriminellen Aktivtäten hindeuten würden, haben sich im Verfahren nicht ergeben bzw. sind nicht glaubhaft vorgebracht worden.
Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat im Allgemeinen, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt ausweislich der getroffenen Feststellungen nicht vor, auch wenn die Versorgungssituation und die wirtschaftliche Lage abschnittsweise schlecht sind und gerade wieder zu massiven Protesten der Zivilbevölkerung insbesondere im Süden des Irak führen.
Der Beschwerdeführer ist ein arbeits- und anpassungsfähiger Mann im Alter von 40ig Jahren, der zwar ein depressives Verhalten an den Tag legt, ansonsten aber keine besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufweist und sich auf Arabisch verständigen kann. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat über mehrere Jahre Berufserfahrung erworben. Die grundsätzliche Möglichkeit einer Teilnahme am Erwerbsleben kann in Ansehung des Beschwerdeführers vorausgesetzt werden, zumal er im Irak bereits als Frisör beruflich erfolgreich tätig war.
Das Bundesverwaltungsgericht geht demnach davon aus, dass der Beschwerdeführer im Irak grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit eigener Erwerbstätigkeit als Frisör ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts und zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse zu erwirtschaften. Er ist als irakischer Staatsbürger außerdem berechtigt, am Public Distribution System (PDS) teilzunehmen, einem sachleistungsorientierten Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft und an die Bevölkerung verteilt, sodass auch eine Absicherung im Hinblick auf Grundnahrungsmittel gegeben ist. Der Beschwerdeführer verfügt außerdem über Familienangehörige (Eltern und Geschwister), die in der Provinz Bagdad leben und zu denen er in Europa Kontakt hat.
In Anbetracht des persönlichen Profils des Beschwerdeführers als alleinstehender gesunder Mann sowie seiner Berufserfahrung als Frisör und der vorhandenen Grundsicherung durch das PDS geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Rückkehrfall insgesamt eine hinreichend gesicherte Lebensgrundlage vorfinden wird und keine exzeptionellen Umständen im Sinn der zitierten Rechtsprechung vorliegen, die befürchten lassen, dass die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.
Dem Beschwerdeführer ist eine Rückkehr in seiner Herkunftsprovinz Bagdad möglich und zumutbar.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.
Weder droht ihm im Herkunftsstaat das reale Risiko einer Verletzung der oben genannten gewährleisteten Rechte, noch bestünde die Gefahr, der Todesstrafe unterzogen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen, sodass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu Recht abgewiesen wurde.
3.3. Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
Wird ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ist gemäß § 58 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung ist gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
§ 10 Abs. 1 AsylG 2005 sieht ferner vor, dass eine Entscheidung nach dem Asylgesetz dann mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist, wenn– wie im Gegenstand – der Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen wird (Z. 3 leg. cit.) und von Amts wegen kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 erteilt wird. Die Rückkehrentscheidung setzt daher eine vorangehende Klärung der Frage voraus, ob ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 erteilt wird.
Im Ermittlungsverfahren sind keine Umstände zu Tage getreten, welche auf eine Verwirklichung der in § 57 Abs. 1 AsylG 2005 alternativ genannten Tatbestände hindeuten würden, insbesondere wurde vom Beschwerdeführer selbst nichts dahingehend dargetan und auch in der Beschwerde kein diesbezügliches Vorbringen erstattet.
Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet war ausweislich der Feststellungen nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde schließlich nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.
Dem Beschwerdeführer ist daher kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen. Der gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides erhobenen Beschwerde kommt daher keine Berichtigung zu.
3.4. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:
Die Einreise des Beschwerdeführers in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Bisher stützte sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet alleine auf die Bestimmungen des AsylG für die Dauer seines nunmehr abgeschlossenen Verfahrens. Ein sonstiger Aufenthaltstitel ist nicht ersichtlich und wurde auch kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht behauptet. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet mehr vor und unterliegt dieser damit nicht dem Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG betreffend Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung nach dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (VfSlg. 16928/2003). Der Begriff des Familienlebens ist nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein. Maßgebend sind etwa das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR U 13.06.1979, Marckx gegen Belgien, Nr. 6833/74; GK 22.04.1997, X, Y u. Z gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 21830/93).
Der im Bundesgebiet alleinstehende Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass in Österreich Angehörige oder Verwandte leben, welche vom Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK erfasst wären. Angesichts dessen war im gegenständlichen Fall eine mögliche Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf ein Familienleben in Österreich mangels familiärer Bindungen zu verneinen.
Der Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in dem Sinne, ob dieser Eingriff im Sinn des Art 8 Abs. 2 EMRK notwendig und verhältnismäßig ist, ist voranzustellen, dass die Rückkehrentscheidung jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Moustaquim ist eine Maßnahme dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass die Interessen des Staates, insbesondere unter Berücksichtigung der Souveränität hinsichtlich der Einwanderungs- und Niederlassungspolitik, gegen jene des Berufungswerbers abzuwägen sind (EGMR U 18.02.1991, Moustaquim gegen Belgien, Nr. 12313/86). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Die Konventionsstaaten sind nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt, Einreise, Ausweisung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (EGRM U 30.10.1991, Vilvarajah u.a. gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 13163/87).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht (zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien vgl. VfSlg. 18.223/2007).
Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben knüpft (EGMR U 31.1.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99; U 16.9.2004, M. C. G. gegen Deutschland, Nr. 11.103/03), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR GK 28.05.1985, Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 9214/80, 9473/81, 9474/81; U 20.6.2002, Al-Nashif gegen Bulgarien, Nr. 50.963/99) und dessen Intensität (EGMR U 02.08.2001, Boultif gegen Schweiz, Nr. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR U 04.10.2001, Adam gegen Deutschland, Nr. 43.359/98; GK 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99; vgl. VwGH 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR U 11.04.2006, Useinov gegen Niederlande Nr. 61292/00) für maßgeblich erachtet.
Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren – was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann – ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR U 24.11.1998, Mitchell gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 40.447/98; U 05.09.2000, Solomon gegen die Niederlande, Nr. 44.328/98; 31.1.2006, U 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99).
Bereits vor Inkrafttreten des nunmehrigen § 9 Abs. 2 BFA-VG entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erkenntnissen VfSlg. 18.224/2007 und VwGH 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Leitlinien, welche im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen sind. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 MRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt (VwGH 28.04.2014, Ra 2014/18/0146-0149, mwN). Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (VwGH 13.06.2016, Ra 2015/01/0255). Ferner sind nach der eingangs zitieren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie dies Verfassungsgerichtshofs die strafgerichtliche Unbescholtenheit aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht sowie Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und schließlich die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis VfSlg. 19.203/2010 eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (vgl. auch VfSlg. 19.357/2011).
Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach Art 8 Abs. 2 EMRK daher ein hoher Stellenwert zu (VfSlg. 18.223/2007; VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251).
Die öffentliche Ordnung, hier im Besonderen das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird etwa beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, Zl. 95/21/1256). Dies insbesondere auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007). Der So hat der VwGH schon lange festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den sensiblen Arbeitsmarkt als auch für das Sozialsystem gravierende Auswirkung hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Fremde, welche daher auch über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes auf den inoffiziellen Arbeitsmarkt drängen, was wiederum erhebliche Auswirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat.
In Abwägung der gemäß Art. 8 EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des Beschwerdeführers ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:
Der Beschwerdeführer stellte nach unrechtmäßiger Einreise am 14.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist seither als Asylwerber in Österreich aufhältig. Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Das Gewicht des fünf Jahre übersteigenden faktischen Aufenthalts des Erstbeschwerdeführers in Österreich ist allerdings dadurch abgeschwächt, dass der Beschwerdeführer alleine durch die Stellung seines Antrags auf internationalen Schutz nicht begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung seines Aufenthalts ausgehen durfte.
Der Beschwerdeführer hat hierorts keine belegten Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen und ist zum Entscheidungszeitpunkt zur Sicherstellung seines Auskommens auf Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber angewiesen. Seine ehrenamtlichen Aktivitäten weisen nicht ein Ausmaß auf, welches als außergewöhnlich oder besonders hervorzuhebend anzusehen ist.
Der Beschwerdeführer hat grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache durch den Besuch von Deutschkursen und Qualifizierungsmaßnahmen erworben und hat am 11.01.2017 die Prüfung auf dem Niveau A2 abgelegt. Damit hat er aber - nach mehr als fünf Jahren Aufenthalt - kein hervorhebenswertes Engagement beim Spracherwerb dargetan.
Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über keine nennenswerten, sozialen Kontakte zur österreichischen Gesellschaft.
Demgegenüber verbrachte der Beschwerdeführer den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat, wurde dort sozialisiert und spricht die Mehrheitssprache seiner Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso war festzustellen, dass er im Herkunftsstaat über Bezugspersonen in Form von Angehörigen verfügt. Es deutete daher nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren (VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0296, zur Maßgeblichkeit der Bindungen zum Herkunftsstaat vgl. VwGH 22.02.2011, Zl. 2010/18/0323).
Soweit der Beschwerdeführer über private Bindungen in Österreich verfügt ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in den Irak gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahestehen, gänzlich abzubrechen. Zudem steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch Urlaubsaufenthalte gegebenenfalls auch in einem Drittstaat etc.) aufrecht zu erhalten.
Der sohin relativ schwachen Rechtsposition des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes und des öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Begehung strafbarer Handlungen gegenüber. Auch wenn der Beschwerdeführer erste Deutschkenntnisse erworben hat und arbeitswillig ist, stehen dem die insgesamt vertretbare Verfahrensdauer, die unberechtigte Antragstellung, die unrechtmäßige Einreise und der noch nicht fünf Jahre währende Aufenthalt im Bundesgebiet, währenddessen sich der Beschwerdeführer – insbesondere nach Erhalt des angefochtenen Bescheides – der Ungewissheit seines weiteren Verbleibes im Bundesgebiet bewusst gewesen sein musste, sowie die Vertretbarkeit des Eingriffs in die im Bundesgebiet vorhandenen Bindungen gegenüber. Ferner lässt der Beschwerdeführer kein hervorhebenswertes Engagement bei einer Integration ins Berufsleben und beim Spracherwerb erkennen.
Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten anhand des Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie nach Maßgabe der im Sinne des § 9 BFA-VG angeführten Kriterien gelangt das Bundesverwaltungsgericht somit – wie bereits das belangte Bundesamt – zum Ergebnis, dass die individuellen Interessen des Beschwerdeführers im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt sind, dass sie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen.
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes würde es auch einen Wertungswiderspruch und eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von Fremden, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, darstellen, zumal diese letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen VwGH 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde). Dem Beschwerdeführer steht es ferner – wie bereits angesprochen – frei, sich um einen weiteren rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu bemühen und die dafür gesetzlich vorgesehenen Aufenthaltstitel zu beantragen.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG wider den Beschwerdeführer keine gesetzlich normierten Hindernisse entgegenstehen.
3.5. Zulässigkeit der Abschiebung:
Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG2005 (VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG 2005 – diese Bestimmungen stellen auf dieselben Gründe ab, wie sie in §§ 3 und 8 AsylG 2005 enthalten sind – glaubhaft zu machen. Es ist die konkrete Einzelsituation des Fremden in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Fremden in diesen Staat zu beurteilen; für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße im Sinn des § 50 Abs. 1 FPG 2005 durch den betroffenen Staat bekannt geworden sind (VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314).
Der Prüfungsmaßstab im Hinblick auf den subsidiären Schutz entspricht somit jenem des Refoulementverbots im FPG 2005. Erkennbar eben deshalb ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers aber auch ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Grunde des § 50 FPG 2005 nicht möglich; einem Fremden ist es verwehrt, eine derartige Feststellung zu begehren, weil über das Thema dieser Feststellung ohnehin im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz abzusprechen ist. Ein inhaltliches Auseinanderfallen der genannten Entscheidungen (insbesondere nach § 8 AsylG 2005) einerseits und der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG 2005 andererseits ist ausgeschlossen (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119).
Bezüglich § 50 Abs. 1 FPG 2005 bleibt festzuhalten, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens betreffend den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf internationalen Schutz nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung, noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt ausweislich der getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak ebenfalls nicht vor.
Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Ebenso sind keine von Amts wegen aufzugreifenden stichhaltige Gründe für die Annahme erkennbar, dass im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers dessen Leben oder dessen Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten im Sinn des § 50 Abs. 2 FPG 2005 bedroht wäre und wird insoweit auf die Erwägungen in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung betreffend den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf internationalen Schutz verwiesen.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 3 FPG 2005 schließlich unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine solche Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme besteht hinsichtlich des Staates Irak nicht.
3.6. Ausreisefrist
Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ergibt sich zwingend aus § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse - zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Die eingeräumte Frist ist angemessen.
Zu B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den Ausführungen des gegenständlichen Erkenntnisses geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, zum Refoulementschutz und zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.
Ebenso wird zu diesen Themen keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.
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