BVwG W191 2136990-1

BVwGW191 2136990-15.11.2018

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W191.2136990.1.00

 

Spruch:

W191 2136990-1/11E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Sri Lanka, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2016, Zahl 1031649108-140120354, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2018 zu Recht:

 

A)

 

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka zuerkannt.

 

III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 05.11.2019 erteilt.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

1. Verfahrensgang:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Sri Lanka und Angehöriger der Volksgruppe der Tamilen, reiste schlepperunterstützt per Flugzeug am 27./28.08.2014 von Moskau kommend in Österreich ein und anschließend weiter in die Schweiz, wo er am 03.09.2014 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 29.10.2014 wurde er gemäß Dublin-Übereinkommen von der Schweiz per Flugzeug nach Österreich rücküberstellt.

 

1.2. In seiner Erstbefragung am 30.10.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommando Schwechat gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil im Wesentlichen Folgendes an:

 

Er sei von Sri Lanka (Colombo) aus per Flugzeug am 15.08. oder 16.08.2014 nach Moskau und von dort über Wien in die Schweiz gereist, wo sein Schwager lebe. Dieser habe die Reise organisiert. Eine Schwägerin lebe in London. Seine Familie lebe in Sri Lanka.

 

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er seit 2003 für TRO (Tamil Rehabilitation Organization) gearbeitet habe. 2004 habe sich die LTTE gespaltet und er habe dadurch große Probleme bekommen. Sein Haus sei 2005 bombardiert worden. 2006 habe er die Arbeit bei TRO beendet. Seiher sei er mehrmals gezwungen worden, die Tamil Partei zu unterstützen, die die Regierung unterstütze. Weil er dies nicht getan habe, sei er 2008 von der Regierungspartei inhaftiert und eine Woche lang misshandelt worden. 2012 sei er nochmals inhaftiert worden und sei mit Hilfe des Politikers Selvaraj (später auch Salvarajah, Selvarasa) aus dem Gefängnis entlassen worden. Dieser hätte ihm aber mitgeteilt, dass er bei nochmaliger Verhaftung das Gefängnis nicht überleben werde. Deshalb sei er geflohen.

 

1.3. Der BF wurde am 09.04.2015 vom Landesgericht Korneuburg, 501 Hv 12/15b, wegen §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Strafgesetzbuch, Urkundenfälschung, Fälschung besonders geschützter Urkunden - Reisepass) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

 

1.4. Bei seiner Einvernahme am 15.09.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), Regionaldirektion Steiermark, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Englisch, bestätigte der BF die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und legte seinen Personalausweis, seinen Führerschein sowie eine Kopie und Übersetzung seiner Geburtsurkunde vor.

 

Er gab an, zu Hause lebten noch seine Mutter, eine Schwester und drei Brüder. Sein Vater und ein weiterer Bruder sei verstorben. Er sei verheiratet, seine Frau und sein 15 Monate alter Sohn lebten bei seinen Eltern in XXXX , Batticaida. Mit seiner Frau telefoniere er täglich, er vermisse sie und sein Kind. Die Geschwister seiner Frau würden als Asylwerber in der Schweiz leben. Er habe als Elektriker gearbeitet.

 

Er sei dreimal gewaltsam festgehalten worden, 2001 für sechs Monate, 2008 für ein Monat und im Jahr 2012 vier bis fünf Tage.

 

Der BF gab an, er habe bei der TRO, einer NGO, Menschen der tamilischen Volksgruppe, die durch Kriegshandlungen gelitten hatten, geholfen. 2007 seien die TRO verboten und deren Mitarbeiter verfolgt worden. Er sei seit 2010 Mitglied der TNA (Tamils Nations Party), deren Parlamentsabgeordnete Salvarajah habe ihm zur Entlassung aus dem Gefängnis im Jahr 2012 geholfen. Nach seiner Entlassung habe er das Gefühl gehabt, dass er ständig beobachtet werde. Deshalb habe er aufgehört, zuhause zu wohnen, und habe bei Verwandten übernachtet. Er habe noch vor seiner Ausreise geheiratet, seinen Sohn aber noch nie gesehen.

 

Der BF sagte zu, seine Heiratsurkunde vorzulegen, und wurde aufgefordert, seine Mitgliedsausweise bei TRO und TNA vorzulegen.

 

Dem BF wurden Länderfeststellungen zu Sri Lanka vorgelegt und zur Übersetzung angeboten. Er gab dazu an, es sei zwar eine neue Regierung an der Macht, aber die alten Machthaber seien nach wie vor hinter ihm her. Die Medienberichte, wonach es keinen Krieg mehr gebe, seien nicht zutreffend. Seine Familienangehörigen seien nicht in Gefahr, weil sie die an der Macht befindliche Partei unterstützten.

 

1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 21.09.2016 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 29.10.2014 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Sri Lanka gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Sri Lanka. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

 

Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen und es komme daher auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Sri Lanka. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

 

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Sri Lanka wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

 

Seine Fluchtgeschichte habe der BF nicht glaubhaft machen können, da es nicht verständlich erscheine, dass er einen Reisepass und ein Visum für die Russische Föderation erlangen hätte können, wenn er gesucht werde. Er habe keinen Mitgliedsausweis für TNA oder TRO vorlegen können, sondern lediglich eine Heiratsurkunde mit einem Schreiben bezüglich seiner früheren Tätigkeit.

 

Aus den Feststellungen der Staatendokumentation gehe hervor, dass alleine aufgrund des Umstandes der Rückkehr keine Diskriminierung durch die Innen- oder Sicherheitsbehörden zu erwarten sei, es sei allerdings damit zu rechnen, dass bei der Einreise geprüft werde, "ob ggf. einzelfallbedingte Erkenntnisse - wie insbesondere eine frühere LTTE-Mitgliedschaft - oder andere nach sri-lankesischem Recht strafbare Vorwürfe vorliegen."

 

Das Vorbringen des BF sei sehr vage und nicht plausibel nachvollziehbar und entspreche daher nicht der Wirklichkeit.

 

1.6. Dem Verwaltungsakt liegen auf den Seiten 199 bis 211 die im angefochtenen Bescheid zuvor angeführten Unterlagen (Heiratsurkunde und Bestätigungsschreiben eines Direktors der TRO vom 28.09.2007 sowie ein Schreiben des Parlamentsabgeordneten Pon. Selvarasa vom 18.09.2014 und ein Schreiben des Schwagers des BF aus der Schweiz vom 29.09.2014), beim BFA eingelangt am 25.09.2015, ein.

 

1.7. Gegen oben angeführten Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 07.10.2016 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und "Verletzung von Verfahrensvorschriften" ein.

 

In der weitwendigen Beschwerdebegründung wurde das Vorbringen des BF im Verfahren wiederholt.

 

Moniert wurde im Wesentlichen, der Bescheid sei erst mehr als ein Jahr nach der Einvernahme des BF vor dem BFA erlassen worden. Die Länderfeststellungen seien veraltet. Der BF sei gefoltert worden und weise psychische und physische Folterspuren auf und werde die Einholung eines diesbezüglichen medizinischen (psychiatrischen) Sachverständigengutachtens beantragt. Den BF würde bei seiner Rückkehr Repression und Haft erwarten. Die Haftbedingungen seien menschenrechtswidrig.

 

1.8. Das BVwG führte am 30.07.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Englisch durch, zu der der BF persönlich in Begleitung seiner Vertreterin erschien. Die belangte Behörde verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an einer Verhandlung.

 

Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

 

"[...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?

 

BF: Tamil. Ich spreche darüber hinaus Englisch und Singhalesisch.

 

RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?

 

D: Englisch.

 

RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.

 

Zur heutigen Situation:

 

RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?

 

BF: Ja.

 

RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?

 

BF: Nein.

 

[...]

 

Der BF hat bisher eine Heiratsurkunde, einen Führerschein, einen Personalausweis und eine Geburtsurkunde sowie Bescheinigungsmittel zu seinem Fluchtvorbringen und eine Bestätigung Deutschprüfung A1 vorgelegt.

 

Heute legt er Belege zu seiner Integration vor (Dienstvertrag aufschiebend bedingt, Deutschprüfung A2, Kursbestätigungen und Empfehlungsschreiben).

 

[...]

 

Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen

Lebensumständen:

 

RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?

 

BF: Ja.

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF: Ich bin Tamile.

 

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?

 

BF: Ich bin Hindu.

 

RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?

 

BF: Ich bin verheiratet und habe einen Sohn.

 

RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?

 

BF: Ich habe die Schule absolviert und ein Studium der Künste abgebrochen. Ich war als Elektriker berufstätig.

 

RI: Wo und wie leben Ihre Verwandten?

 

BF: Meine Eltern leben zuhause in Sri Lanka. Meine Ehefrau und meine Sohn leben seit ca. 2013 bei ihren Eltern.

 

RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?

 

BF: Ja, von 2010 bis 2013 war ich für die Partei TNA aktiv tätig. Ich habe bei Treffen teilgenommen.

 

RI: Vor 2010 waren Sie nicht für die Partei tätig?

 

BF: Nein, ich war nicht für sie aktiv, ich habe für eine andere Firma als Elektriker gearbeitet.

 

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

 

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

 

BF: Nein.

 

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.

 

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

 

BF: Ja.

 

RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und halbwegs auf Deutsch beantwortet hat.

 

RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs, oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?

 

BF: Ja, ich besuche derzeit den B1-Deutschkurs.

 

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

 

BF: Nein.

 

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach?

 

BF: Ich kenne hier einige Österreicher, die soziale Feiern und Veranstaltungen durchführen, und ich nehme an diesen teil. Ich mag Musik (Livemusik) und musiziere auch selber, ich singe Lieder in meiner Sprache. Es sind feierliche Lieder.

 

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

 

BF: Ja. Wenn ich in meinem Land geblieben wäre, hätte ich mich getötet, denn die Regierung tötet Tamilen.

 

Frage wird wiederholt.

 

BF: Der Schlepper hat mir den Reisepass gegeben, ich bin damit aus meinem Land hierher gekommen. Ich habe letztes Mal auch eine Strafe dafür vom Gericht bekommen.

 

RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?

 

BF: Ja. Ich spreche telefonisch täglich mit meiner Frau.

 

RI: Wieso ist Ihre Frau nicht in Gefahr?

 

BF: Sie ist nicht mit mir zusammen hierher gekommen. Ich hatte mich versteckt gehabt. Ich war nach der Heirat bei ihr zuhause.

 

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

 

RI: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.

 

Sind Ihnen diese Angaben noch erinnerlich und, wenn ja, halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint? Können Sie Ihre Fluchtgründe kurz zusammengefasst noch einmal wiedergeben?

 

BF: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt.

 

Die Frage wird wiederholt.

 

BF: Ich habe ein Problem mit der Regierung. Ich arbeitete für die TRO. Sie war in Beziehung mit der LTT. Wer auch immer für die Regierung während dem Krieg arbeitete, war in Gefahr. Wer auch immer der LTT während dem Krieg half, war nach dem Krieg in Gefahr, von der Regierung getötet zu werden.

 

RI: Sie haben für die Regierung gearbeitet?

 

BF: Nein, ich arbeitete nicht für die Regierung, ich war bei einer NGO.

 

RI wiederholt Frage.

 

BF: Nein, ich meinte, wer auch immer für die TRO arbeitete, wie ich, war nach dem Krieg in Gefahr, von der Regierung getötet zu werden.

 

RI: Sie haben gesagt, die Geschwister Ihrer Frau leben in der Schweiz und haben dort Asyl beantragt. Wie ist der Status jetzt?

 

BF: Sie sind Staatsbürger in der Schweiz. Sie kamen dorthin vor zehn oder fünfzehn Jahren.

 

RI: Haben sie dort Asyl erhalten?

 

BF: Ja.

 

RI: Warum?

 

BF: Sie wurden von der Regierung verfolgt und sind dann in die Schweiz geflohen.

 

RI: Wie haben sie das bewiesen?

 

BF: Sie waren betroffen, sie hatten Dokumente und legten diese vor, und die Regierung sagte ok.

 

RI: Im Akt befinden sich auf Seite 209 bzw. 211 Schreiben von Landsleuten von Ihnen, worum handelt es sich hierbei?

 

BF: Das waren kurze Schreiben, die die Familienangehörigen meiner Schwester auf Anraten eines Anwaltes zum Zwecke der Familienzusammenführung in der Schweiz ausgestellt haben.

 

RI: Es befindet sich im Akt ein Schreiben eines Direktors der TRO, in dem Sie schließlich als "social worker" beschrieben werden. Was bedeutet das?

 

BF: Dass Leute wie ich im Krieg anderen geholfen haben. Das ist die Aufgabe dieser NGO.

 

RI: Dieses Schreiben ist aus 2007. Sie haben vorhin gesagt, vor 2010 waren Sie nicht politisch tätig?

 

BF: Ich war nicht politisch tätig, ich war für diese NGO als Helfer tätig. Ich half bei der Lebensmittelverteilung, Medikamentenverteilung und wirtschaftlicher Hilfe. Wir halfen bei der Familienzusammenführung.

 

RI: Im Akt liegt auf Seite 297 eine Bestätigung ein. Welcher Officer von welcher Behörde hat diese ausgestellt?

 

BF: Der Ehemann meiner Schwester hat sich bei der Polizeistation nach meinem Weggehen darüber beschwert, dass Personen nach mir gesucht haben.

 

RI: Und die Polizeistation hat diese Bestätigung problemlos ausgestellt?

 

BF: Sie hatten Angst und haben eine Beschwerde darüber gemacht.

 

RI: Der Police Officer hat das tatsächlich bestätigt?

 

BF: Ja, er bestätigte dies und hat lediglich eine Kopie davon übergeben.

 

RI: In der Beschwerde wird vorgeschlagen, Ihre Gesundheit aufgrund von Folterspuren zu überprüfen. Was sagen Sie dazu?

 

BF: Ja, ich habe einige Beweise an meinem Körper, dass ich geschlagen worden bin. Ich erlitt Brüche und Markierungen (Stiche und Schnitte).

 

RI: Mit dem Messer?

 

BF: Mit dem Messer und Waffen. Ich hatte auch einen Knochenbruch im Gesicht.

 

BFV [Vertreterin des BF]: Wir haben keine medizinischen Belege eingeholt.

 

RI: Geht es Ihnen heute noch schlecht, aufgrund dieser Folter?

 

BF: Nein, manchmal bekomme ich Kopfschmerzen.

 

Der RI bringt unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen die dieser Niederschrift beiliegenden Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018) in das gegenständliche Verfahren ein.

 

Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.

 

RI folgt BFV Kopien dieser Erkenntnisquellen aus und gibt ihr die Möglichkeit, dazu sowie zu den bisherigen Angaben des BF eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.

 

BFV: Der BF hat auch einen Bruder in Australien, der dort Asyl erhalten hat. Ich ersuche um Einräumung einer Frist von - zwei Monaten - zur Vorlage von Belegen bezüglich dieses Bruders und bezüglich der Familie der Schwester der Frau des BF in der Schweiz. Weiters werden wir eine ärztliche Bestätigung bezüglich der Gesundheit des BF vorlegen.

 

Zum LIB nehme ich wie folgt Stellung: Diesbezüglich verweise ich auf die Seite 35 zur Frage der Rückkehrer. Hier wird nach dem LIB zwischen Personen mit und jenen ohne Reisepass differenziert. Festzuhalten ist, dass der BF nicht in Besitz eines gültigen Reisepasses seines Heimatlandes ist. Personen ohne gültiges Reisedokument werden bei einer Einreise regelmäßig von der Einreisebehörde sowie der Kriminalpolizei einer Personenüberprüfung unterzogen, und werden diese auch befragt. Aufgrund seiner politischen Aktivitäten in der Vergangenheit (NGO, Tamilische Partei) würde dieser im Falle einer Rückkehr ins Visier der Regierung geraten und läuft er Gefahr, aufgrund einer zumindestens unterstellten oppositionellen Gesinnung mitunter gefoltert und inhaftiert zu werden. Sohin liegen im Falle des BF zumindestens Gründe im Sinne des § 8 AsylG vor.

 

RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

 

BF: Sie würden mich sofort am Flughafen verhaften, denn sie wissen, dass ich Tamile bin.

 

RI: Bis vor einigen Jahren war es wohl so, aber hat sich das nicht verbessert?

 

BF: Nein, es ist noch immer so. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch Nachrichten diesbezüglich vorlegen. Dieses Monat am 23.07.2018 gab es ein Treffen der Vereinten Nationen, wo Herr BEN oder so dies gesagt hat.

 

Ermittlungsermächtigung:

 

RI: Sind Sie damit einverstanden, dass entsprechend den vom Bundesverwaltungsgericht zu treffenden Anordnungen in Ihrem Herkunftsstaat allenfalls Erhebungen unter Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten durchgeführt werden, wobei diese jedenfalls nicht an staatliche Stellen Ihres Herkunftsstaates weitergegeben werden?

 

BF: Ja, ich habe keinen Einwand.

 

RI: Wenn Sie für die Tamilen immer nur so tätig waren, dass Sie Hilfeleistungen erbracht haben, wieso glauben Sie, sind Sie dann mehrmals eingesperrt und auch gefoltert worden?

 

BF: Weil die NGO, für die ich tätig war, ein Teil der LTE war. Die Regierung kennt mich und hat diese NGO verboten.

 

RI: Wieso haben Sie für diese NGO gearbeitet, wenn einige Jahre vorher Ihr Haus von der Regierung bombardiert worden ist?

 

BF: Ich begann im Jahre 2003, für diese NGO zu arbeiten. Sie haben kostenlose Kurse für Computer angeboten, und ich habe an diesem Unterricht teilgenommen. Ich habe danach begonnen, für sie zu arbeiten. Die Regierungspartei wollte nicht, dass ich für die NGO arbeite. Sie haben unser Haus bombardiert. Die von der Regierung und von den Medien verbreiteten Nachrichten sind nicht zutreffend. Die von mir vorher erwähnte Veranstaltung von der UNO zeigt dies.

 

BFV: Dazu kommt, dass der BF eindeutig einen politischen Hintergrund aufweist.

 

RI befragt BFV, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.

 

RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will.

 

BF: Ich werde versuchen, so schnell wie möglich die angeforderten Belege vorzulegen.

 

RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht. [...]"

 

Das BFA beantragte nicht die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und beteiligte sich auch sonst nicht am Verfahren vor dem BVwG. Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.

 

1.9. Mit Schreiben seiner Vertreterin vom 04.09.2018 legte der BF in der ihm gewährten Nachfrist ergänzend folgende Belege vor:

 

* Belege bezüglich seines Bruder in Australien (Reisepass, Führerschein, Versicherungskarte, Schreiben bezüglich Schutzgewährung)

 

* Ambulanter Patientenbrief betreffend den BF vom 24.08.2018, laut welchem beim BF diagnostiziert wurde: "Anpassungsstörung mit überwiegend depressiver Symptomatik (F43.2), Postcommotionelles Syndrom (in guter Übereinstimmung mit den Angaben zu dem vom Pat. beschriebenen Schädel-Hirn-Trauma 2012)"

 

Auch diese Unterlagen wurden dem BFA übermittelt.

 

2. Beweisaufnahme:

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 

Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 30.10.2014 und der Einvernahme vor dem BFA am 15.09.2015, die vom BF vorgelegten Belege zu seiner Person (Personalausweis, Führerschein, Geburtsurkunde) und zu seinem Fluchtvorbringen sowie die Beschwerde vom 07.10.2016

 

* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktenseiten 142 bis 163)

 

* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 30.07.2018 sowie Einsichtnahme in folgende in der Verhandlung vorgelegte Dokumente zu seiner Integration:

 

? Dienstvertrag (aufschiebend bedingt)

 

? Deutschdiplom A2

 

? Kursbestätigungen sowie

 

? Empfehlungsschreiben

 

* Einsichtnahme in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:

 

o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018)

 

* Einsicht in die vom BF im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Belege betreffend seine Gesundheit und seinen Bruder in Australien

 

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

 

Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:

 

3.1. Zur Person des BF:

 

3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger von Sri Lanka, gehört der tamilischen Volksgruppe an, bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Hindus und ist seit 13.06.2013 verheiratet (ein Sohn).

 

3.1.2. Lebensumstände:

 

Der BF lebte bis August 2014 gemeinsam mit seiner Familie (zunächst Mutter, Schwester, drei Brüder, dann mit seiner Ehefrau) in XXXX , Batticaida, Sri Lanka, sowie in der Folge teilweise versteckt bei Verwandten. Er arbeitete zuvor als Elektriker.

 

Der BF lebt seit über vier Jahren in Österreich, hat die Deutschprüfung A2 abgelegt, verfügt über einen Arbeits-Einstellungszusage und macht Live-Musik.

 

3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

 

Der BF arbeitete ab 2003 für TRO (Tamil Rehabilitation Organization), einer NGO, die Tamilen, die Opfer der Kriegshandlungen geworden waren, (bei der Familienzusammenführung) half. Im Jahr 2005 ist sein Haus bombardiert worden, im Jahr 2006 hat er die Arbeit bei TRO beendet.

 

Weil er die Tamil-Partei, die die Regierung unterstützte, nicht unterstützte, wurde er 2008 ein zweites Mal (nach 2001) von der damaligen Regierungspartei inhaftiert und eine Woche lang misshandelt. 2012 wurde der BF noch einmal inhaftiert und mit Hilfe eines Politikers (Selvaraj) wieder aus dem Gefängnis entlassen. Seither lebte der BF in ständiger Angst vor neuerlicher Inhaftierung.

 

Da seit ca. drei Jahren eine neue Regierung an der Macht ist und den Länderberichten zufolge keine Kriegssituation mehr gegeben ist, konnte der BF mit seinem Vorbringen asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft machen, zumal er aus dem Gefängnis entlassen worden war.

 

3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

 

3.3.1. Es konnte vom BF - auch angesichts der geänderten (verbesserten) Lage in Sri Lanka - nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret und individuell einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

 

3.3.2. Dem BF würde jedoch - auch unter Berücksichtigung seiner vormaligen Mitgliedschaft bei einer der LTTE nahestehenden tamilischen NGO (wenn auch nicht als Kämpfer oder Terrorist), der zudem schon dreimal in Haft genommen worden war und nachweislich über gesundheitliche Folgeschäden (wahrscheinlich von Folter) aufweist, derzeit bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Sri Lanka - zumal er über keinen gültigen Reisepass verfügt (der bei seiner Ausreise verwendete Reisepass war vom Schlepper gefälscht worden) - ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

 

3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

 

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:

 

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 24.05.2018 (Schreibfehler teilweise korrigiert)

 

"[...] 2. Politische Lage

 

Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.04.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun Provinzen geschaffen, die gewählte Provinzräte und -regierungen haben mit einem leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze, dem ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur an die Seite gestellt ist. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit ebenfalls gewählten Stadt- und Gemeinderäten (AA 3 .2018a).

 

In seiner zweiten Amtszeit ab 2009 besaß der damalige Präsident Rajapaksa eine umfassende Machtfülle und erhielt Zugriff auf die Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei. Die demokratischen Strukturen des Landes waren zunehmend Belastungsproben ausgesetzt. Obwohl unter Präsident Rajapaksa die weitgehend zerstörte Infrastruktur im Norden und Osten wiederhergestellt wurde, bemühte er sich nicht, die Wiederversöhnung weiter voranzutreiben. Mit dem im April 2015 verabschiedeten 19. Verfassungszusatz wurden einzelne Vollmachten des Präsidenten gestrichen, und im Gegenzug wurde die Rolle des Parlaments gestärkt. 2016 lief auch ein neuer Verfassungsreformprozess an, dessen Kernelemente eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen (Dezentralisierung), ein neues Wahlrecht und die Abschaffung der exekutiven Präsidentschaft sind. Ziel der Regierung ist es, die Reform 2018 abzuschließen. Präsident und Ministerpräsident haben im September 2017 angekündigt, dass künftig bei allen Wahlen ein System gelten soll, das eine Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl vorsieht (AA 3 .2018a).

 

Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BTI 2018). Am 08.01.2015 wählten die Wähler bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl den Oppositionskandidaten Maithripala Sirisena für fünf Jahre zum Präsidenten (AA 3 .2018a; vgl. USDOS 20.04.2018). Er erhielt die Unterstützung von 51,28% der Wähler, während für den bisherigen Amtsinhaber 47,58% stimmten. Die Wahlbeteiligung war mit 81,5% sehr hoch. Sirisena wurde bereits am 09.01.2015 vereidigt (AA 3 .2018a).

 

Bei der Parlamentswahl am 17.08.2015 erzielte eine Allianz der liberalen United National Party (UNP) mit anderen Parteien im Rahmen der United National Front for Good Governance 45,66%. Die UPFA, ein Parteienbündnis, dessen Mehrheit eine Rückkehr Rajapaksas in die Politik als Premierminister angestrebt hatte, unterlag mit 42,38%. Die Wahlbeteiligung war mit rund 77% für eine Parlamentswahl sehr hoch. Die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des Präsidenten und die UNP des Premierministers unterzeichneten am 21.08.2016 eine Vereinbarung, mit der sie sich auf eine Zusammenarbeit zunächst für zwei Jahre verständigten. Im August 2016 wurde entschieden, die Zusammenarbeit auf die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren auszudehnen. Oppositionsführer ist mit R. Sampanthan von der Tamil National Alliance (Bündnis gemäßigter tamilischer Parteien) erstmals seit 1977 wieder ein Vertreter der Tamilen (AA 3 .2018a).

 

Die neue Regierung unter Premierminister Wickremeshinghe konnte zahlreiche Versprechen des "100-Tage-Programmes" umzusetzen. Unter anderem wurden mit dem 19. Verfassungszusatz Verfassungsänderungen von Präsident Rajapaksa rückgängig gemacht und die Machtfülle des Präsidenten beschnitten (AA 3 .2018a).

 

Bei den Lokalwahlen am 10.02.2018 mussten die Regierungsparteien einen Rückschlag hinnehmen. Die neue Partei, Sri Lanka People's Front (Sri Lanka Podujana Peramuna, SLPP), die den Ex-Präsidenten Rajapaksa unterstützt, erzielte 44.65% der Stimmen, die UNP 32,63% und die SLFP (mit Verbündeten) 13,38%. Gründe dafür waren die Unzufriedenheit über steigende Preise für Grundnahrungsmittel sowie mangelnde Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (AA 3 .2018a).

 

Am 01.10.2015 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens mit Sri Lanka die Resolution "Promoting reconciliation, accountability and human rights in Sri Lanka" (A/HRC/30/L.29) und im März 2017 eine Folgeresolution beschlossen. Sri Lanka hat sich damit bereit erklärt, die mutmaßlichen im Bürgerkrieg begangenen (Kriegs‑)Verbrechen in einem glaubwürdigen Prozess aufzuarbeiten (AA 16.12.2017).

 

Die Regierung möchte die nationale Wiederversöhnung vorantreiben. Gegenüber dem Menschenrechtsrat erklärte sich die Regierung bereit, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen. Im August 2016 wurde ein Gesetz zur Einrichtung eines Büros für Vermisste ("Office of Missing Persons") beschlossen, die des leitenden Beauftragten (Commissioners) jedoch erst im Februar 2018 ernannte. Auch eine Wahrheitskommission ("Truth and Reconciliation Commission") soll eingerichtet werden. Weitere wichtige Schritte hat die Regierung noch vor sich, darunter auch die Verfassungsreform, deren Prozess 2017 ins Stocken geraten ist (AA 3 .2018a).

 

3. Sicherheitslage

 

Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).

 

Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 08.05.2018).

 

Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).

 

Am 01.03.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.03.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne "Hochsicherheitszonen" um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 02.04.2018).

 

4. Rechtsschutz / Justizwesen

 

Die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis diskriminiert nicht nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Die neue Regierung muss aber noch eine Lösung für die zahlreichen "Altfälle", also bereits Inhaftierte, finden. Darunter sind auch politische Gefangene, die auf Grundlage des Prevention of Terrorism Act (PTA) inhaftiert wurden. Die Regierung hat zugesagt, diese Fälle zu überprüfen. Sippenhaft wird nicht praktiziert. Keiner Person oder Personengruppen wird kategorisch der Rechtsschutz verweigert (AA 16.12.2017).

 

Der 2015 verabschiedete 19. Verfassungszusatz hat die Macht des Präsidenten in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Er verringerte etwa den Einfluss des Präsidenten auf die Justiz und die Verwaltung, indem er die bisher praktisch uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten einschränkte, eine Reihe öffentlicher Amtsträger direkt zu ernennen, darunter Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts, den Generalstaatsanwalt, den Generalprüfer und den Generalinspekteurs der Polizei. Diese Ernennungen sowie Ernennungen in die Wahlkommission, die Kommission für den öffentlichen Dienst, die nationale Polizeikommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission zur Untersuchung von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen und die Abgrenzungskommission können nun vom Präsidenten nur noch auf Empfehlung des Verfassungsrates vorgenommen werden, dem sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition angehören (BTI 2018).

 

Unter der neuen Regierung haben Ermittlungsbehörden und Justiz begonnen, mutmaßliches Unrecht in der Vergangenheit - z.B. das Verschwinden von Journalisten, ungewöhnliche Todesfälle, Korruption, Geldabflüsse ins Ausland - zu untersuchen. Zahlreiche Kommissionen sind tätig. In manchen Bereichen, wie z.B. bei der Aufklärung von Todesfällen, gibt es Fortschritte. Auch gegen Militärangehörige wird ermittelt. Die Kommissionen laden regelmäßig hochrangige Vertreter der Rajapaksa-Zeit - auch Mahinda Rajapaksa und seine Familienmitglieder - zu Verhören vor, haben aber noch keine Verurteilung erreicht (AA 16.12.2017).

 

Kritisch diskutiert wird momentan ein Reformentwurf des Strafprozessrechts, welcher Untersuchungsgefangenen den Zugang zu einem Rechtsbeistand erst nach Abgabe ihrer ersten Aussage gewähren würde. Auch der neueste (noch inoffizielle) Entwurf der Strafprozessordnung (Oktober 2017) beinhaltet keinen unbedingten Zugang von Untersuchungsgefangenen zu ihren Anwälten (AA 16.12.2017).

 

Die Untersuchungshaftzeiten sind lang; es dauert oftmals mehr als ein Jahr, bis überhaupt entschieden wird, ob eine Anklage erhoben wird. Ausländer und Sri Lanker sind davon gleichermaßen betroffen. Die zulässige reguläre Haftdauer bis zur Anklageerhebung beträgt zwölf Monate - verlängerbar in dreimonatigen Etappen bis maximal 24 Monate, falls die Staatsanwaltschaft eine Erklärung zur Notwendigkeit abgibt. Insbesondere bei Inhaftierungen nach dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) kam es oft zu sehr langen, in einzelnen Fällen bis zu fast zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalten ohne Urteil oder richterliche Entscheidung. Nach Angaben der Opposition waren Ende 2015 noch immer 217 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Sympathisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hatten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert. Derzeit (31.05.2017) sollen aufgrund des PTA noch 56 Tamilen inhaftiert sein (AA 16.12.2017).

 

Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Sri Lanka auf Platz 59 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um neun Plätze im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 91 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 53 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018).

 

5. Sicherheitsbehörden

 

Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig und untersteht dem Ministerium für Recht und Ordnung. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit zuständig. Nach der Strafprozessordnung kann das Militär aufgefordert werden, speziell abgegrenzte Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Die fast 6.000 Mitglieder zählende paramilitärische Special Task Force fällt in die Verantwortung das Ministerium für Recht und Ordnung, koordiniert aber gelegentlich auch Operationen der inneren Sicherheit mit dem Militär. Der Präsident dient als Verteidigungsminister, aber der zivile Verteidigungssekretär hat die tägliche operative Verantwortung für das Heer (USDOS 20.04.2018).

 

Die sri-lankische Regierung hat noch nicht die vollständige Kontrolle über den gesamten Verwaltungs- und Sicherheitsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) gewonnen. Alte Verhaltensmuster bestehen teilweise noch fort: Auch 2017 berichten einzelne Menschenrechtsaktivisten vor allem im Norden und Osten von gelegentlichen Schikanen durch staatliche Sicherheitskräfte. Insbesondere im Militär und bei den Geheimdiensten gibt es Elemente, die den Kurs der neuen Regierung nicht unterstützen, sich einer Kontrolle entziehen und ex-Präsident Rajapaksa loyal gesinnt sind. Der Widerstand bei Teilen der Sicherheitskräfte lässt sich auch aus dem Umstand erklären, dass sie unter dem vormaligen Premierminister Rajapaksa eine tragende Rolle mit weitgehenden Kompetenzen bei gleichzeitiger Straflosigkeit hatten. Die neue Regierung hingegen drängt den Einfluss des Militärs zurück und unterwirft sein Handeln der geltenden Rechtsordnung (AA 16.12.2017).

 

Polizei- und Sicherheitskräfte wenden gelegentlich missbräuchliche Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Vergewaltigung, Folter und lange andauernde Inhaftierung ohne Prozess an (FH 2017). Während eine Quelle davon berichtet, dass Tamilen unverhältnismäßig oft betroffen sind (FH 2017), berichtet eine andere, dass unverhältnismäßiger Zwang nicht gegen eine bestimmte Gruppe als solche gerichtet ist (AA 16.12.2017).

 

Die Sicherheitskräfte hatten nur begrenzte interne Mechanismen, um Missbrauchsfälle zu untersuchen. Opfer können Fälle direkt vor den Obersten Gerichtshof bringen, aber auch das HRCSL und die Strafgerichte können Fälle untersuchen. Die Regierung hat in mehreren hochkarätigen Fällen gegen Mitglieder der Sicherheitsdienste Anklage erhoben und Verurteilungen erwirkt. Das Ministerium für Recht und Ordnung ist für die Feststellung zuständig, ob eine Tötung durch Sicherheitskräfte gerechtfertigt war (USDOS 20.04.2018). Bedingt durch einen Arbeitsrückstand und Ressourcenmangel waren unabhängige Kommissionen langsam bei Untersuchungen zu behauptetem Fehlverhalten von Polizei und Militär (FH 2017).

 

Zivilgesellschaftliche Organisationen behaupteten, dass die Regierung und die Gerichte weitgehend zögern, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, obwohl sich die Situation im Vergleich zu 2016 gebessert hat. Strafverfolgungen wegen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte und die Polizei sind selten, nehmen aber, ebenso wie Verfolgungen wegen Korruption und Ordnungswidrigkeiten, zu. Für Straftaten aus den Konfliktjahren bestand jedoch weiterhin weitgehend Straffreiheit für Beamte des Sicherheitsapparats, die in Fälle angeblicher gezielter Tötungen von Parlamentariern, mutmaßliche Entführungen und Tötungen von Journalisten und Privatpersonen verwickelt waren. Am 04.04.2017 erklärte die Polizei jedoch, dass Polizei- und Militärbeamte nicht von polizeilichen Ermittlungen ausgenommen werden können. Im Lauf des Jahres wurden 26 Offiziere wegen krimineller Handlungen strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).

 

Die Regierung führte in der Verteidigungsakademie eine Menschenrechtsausbildung ein, um die Achtung der Menschenrechte zu verbessern, und unterstützte interne Ausbildung durch das IKRK (USDOS 20.04.2018).

 

6. Folter und unmenschliche Behandlung

 

Das Verbot der Folter ist in Art. 11 der Verfassung verankert. Internationalen Organisationen und Presseberichten zufolge ist Folter durch Polizisten weiterhin verbreitet, um Geständnisse zu erpressen. Dies hat auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter Méndez nach seinem Besuch im April/Mai 2016 festgestellt und darauf hingewiesen, dass 90% der Verurteilungen in Sri Lanka aufgrund von Aussagen in Polizeigewahrsam erfolgten (AA 16.12.2017).

 

Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (HRCSL) berichtet, dass Folter im ganzen Land Routine ist und weiterhin angewandt wird. Bis September 2017 wurden 271 Foltervorwürfe staatlicher Akteuren gemeldet. Viele Berichte beziehen sich auf Polizeibeamte, die angeblich Verdächtige "aufmischen", um Geständnisse zu erhalten (USDOS 20.04.2018). UNHCR Sri Lanka verzeichnete für die ersten acht Monate 2016 208 Beschwerden aufgrund von Folter (2015: 420; 2014:

489; 2013: 600, jeweils gesamtes Jahr). Während Folter früher vor allem Tamilen betraf, stellen jüngere Berichte von Human Rights Watch (HRW) sowie lokalen Menschenrechtsorganisationen heraus, dass Singhalesen in gleichem Maße betroffen sind (AA 16.12.2017).

 

Das Gesetz macht Folter strafbar und schreibt eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als sieben Jahren und nicht mehr als zehn Jahren vor. Die Regierung unterhält einen Ausschuss zur Verhütung von Folter, der den Vorwurf der Folter prüft und vorbeugende Maßnahmen ergreift (USDOS 20.04.2018). Die gerichtliche Verfolgung von Folter ist mit enormem Zeit- und Geldaufwand für die Opfer verbunden, so dass in der Realität kaum ein Fall zur Anzeige kommt. HRW zufolge haben auch Fälle, die vor Gericht behandelt werden, auf Grund langer Verfahren, hoher Gerichtskosten und Einflussnahme durch die Polizei kaum eine Chance auf Verurteilung der Täter (AA 16.12.2017).

 

Polizei- und Militärkräfte setzten unter dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) Folter und sexuellen Missbrauch ein, um Geständnisse zu erwirken (USDOS 20.04.2018). Auf Grundlage des PTA können Verdächtige - unter Hinweis auf die angeblich noch andauernde Bedrohung der inneren Sicherheit - bis zu 18 Monate in Administrativhaft gehalten werden (AA 16.12.2017; vgl. AI 22.02.2018). Die Polizei darf körperlichen Zwang ausüben, um Aussagen zu erhalten. Gemäß PTA sind diese Aussagen grundsätzlich vollständig verwertbar (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 20.04.2018). Der den PTA ablösende Counter Terrorism Act (CTA) wurde noch nicht verabschiedet (AA 16.12.2017).

 

Der PTA wurde 1979 als Reaktion auf separatistische Aufstände, insbesondere der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), erlassen und während der 26 Jahre des Bürgerkriegs weitreichend eingesetzt. Doch während andere Notfallregelungen mit dem Ende des Konflikts im Mai 2009 ausgelaufen sind, blieb der PTA in Kraft. Noch 2016 wurden mindestens elf Personen im Rahmen des PTA wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten verhaftet (HRW 29.01.2018). Im Februar 2017 verkündigte der damalige Justizminister Wijedayasa Rajapakshe, dass die Regierung weitere Verhaftungen im Rahmen des PTA ausgesetzt habe. Schätzungsweise 70 bis 130 Personen befanden sich noch wegen PTA-Verhaftungen in Gewahrsam (USDOS 20.04.2018). Das Anti-Terrorgesetz "Prevention of Terrorism Act" (PTA) ist trotz umfassender Kritik aus dem In- und Ausland noch in Kraft, neue Fälle werden jedoch seit Ende 2016 nicht mehr unter dem PTA behandelt (AA 16.12.2017). Sri Lanka hat es versäumt, seine Verpflichtung von 2015 zu erfüllen, den PTA aufzuheben und durch Rechtsvorschriften, die den internationalen Standards entsprechen, zu ersetzen (AI 22.02.2018; vgl. HRW 29.01.2018).

 

Die "International Truth und Justice Project" und Associated Press berichten über Anschuldigungen von Entführungen und Folter sowie sexuellem Missbrauch durch Sicherheitskräfte. Die meisten Opfer waren tamilische Männer, die beschuldigt wurden, Verbindungen zur LTTE zu haben (USDOS 20.04.2018).

 

Es git in Sri Lanka keine Körperstrafen und unverhältnismäßige Strafen. Misshandlungen bei der Festnahme von Tatverdächtigen sowie in den Gefängnissen kommen aber weiterhin vor (AA 16.12.2017).

 

7. Korruption

 

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv um. Regierungsbeamte sind manchmal in korrupte Aktivitäten unter Straffreiheit involviert. Im Laufe des Jahres gab es zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung (USDOS 20.04.2018).

 

Das Gesetz verpflichtet alle Kandidaten für Parlaments-, Kommunal-, Provinz- und Präsidentschaftswahlen, ihr Vermögen und ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Parlamentspräsidenten zu erklären. Einige, aber nicht alle Kandidaten bei den Parlamentswahlen, haben ihre Finanzberichte vorgelegt. Die Behörden haben die Einhaltung nicht durchgesetzt. Nach dem Gesetz kann man gegen Zahlung einer Gebühr auf die Aufzeichnungen über das Vermögen und die Schulden der gewählten Amtsträger zugreifen (USDOS 20.04.2018).

 

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Sri Lanka unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 2017). In der Unterskala "Abwesenheit von Korruption" des World Justice Project nimmt Sri Lanka Rang 58 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018). Im World Competitive Index 2017/18 des Weltwirtschaftsforums nimmt Sri Lanka im Segment "illegale Zahlungen und Bestechungen" Rang 86 von 137 Staaten ein (WEF 26.12.2017).

 

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

 

Es gibt in Sri Lanka keine allgemeine Wehrpflicht (AA 16.12.2017). Man kann sich im Alter von 18 bis 22 Jahren freiwillig zum Militärdienst melden, wobei für die Luftwaffe eine fünfjährige Dienstverpflichtung erforderlich ist (CIA 01.05.2018).

 

9. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).

 

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehörten unrechtmäßige Tötungen, Folter, sexueller Missbrauch, willkürliche Verhaftungen, langwierige Inhaftierungen, fehlende Rückgabe von Eigentum durch das Militär sowie Überwachung und Belästigung von zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Journalisten. Die Diskriminierung von Tamilen und nichtkonfessionellen christlichen Gruppen durch die Regierung und die Sicherheitskräfte hielt an. Gleichgeschlechtliches Sexualverhalten ist gesetzlich verboten, wird aber selten strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).

 

Zahlreiche NGOs engagieren sich aktiv für ärmere Bevölkerungsschichten und die neue Regierung ist viel offener für ihre Aktivitäten als die frühere Regierung, die eine restriktive Politik verfolgte. Prominente Akteure, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen verbunden sind, sind heute in Regierungskommissionen tätig (z.B. Bestechungs-, Polizei- und Justizkommissionen). Das gesamte zivilgesellschaftliche Umfeld unterscheidet sich stark von dem, was Gruppen während der Mahinda-Rajapaksa-Jahre erlebten. Auch internationale NGOs werden nun von der neuen sri-lankischen Regierung, die internationale Organisationen zur Lösung von Menschenrechtsproblemen verpflichtet hat, als Entwicklungspartner gesehen. Auch die Einstellung des Staates gegenüber extern finanzierten Institutionen innerhalb des Landes hat sich verändert und unterliegt nicht mehr der Verunglimpfung durch staatliche Akteure (BTI 2018).

 

Die Human Rights Commission of Sri Lanka (HRCSL) hat das Recht, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die HRCSL nimmt Beschwerden entgegen, kann aber auch selbständig Untersuchungen einleiten. Nachdem eine Anschuldigung vorgebracht wurde, macht die HRCSL einen Vorschlag zur finanziellen Entschädigung des Opfers und leitet den Fall zur Vollziehung disziplinärer Maßnahmen weiter und/oder übergibt ihn an den Generalstaatsanwalt zur weiteren Strafverfolgung. Wenn die Regierung einem HRCSL-Antrag nicht nachkommt, kann die HRCSL den Fall an den Obersten Gerichtshof verweisen. Die HRCSL hat per Gesetz weitreichende Befugnisse und Ressourcen und kann nicht als Zeuge vor Gericht geladen oder wegen seiner Amtspflichten verklagt werden. Die HRCSL arbeitete in der Regel unabhängig und ohne Einmischung der Regierung (USDOS 20.04.2018)

 

Das Center for Human Rights Development (CHRD) berichtet, dass die Behörden mehr als 130 politische Gefangene im Land festhalten und weitere 24 gegen Kaution freigelassen haben. Die Regierung hat keine politischen Gefangenen anerkannt und darauf bestanden, dass diese Personen wegen krimineller Handlungen inhaftiert wurden. Die Regierung erlaubte der HRCSL, Richtern und der Prison Welfare Society regelmäßig Zugang zu den Gefangenen und erlaubte dem IKRK, die Haftbedingungen zu überwachen. Die Behörden gewährten Rechtsberatern nur unregelmäßigen Zugang (USDOS 20.04.2018).

 

Als Folge dess Bürgerkrieges mit den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gelten schätzungsweise noch 20.000 Menschen als verschwunden, einschließlich derer, die in den ersten Jahren des Konflikts verschwunden waren, sowie jener, die erst 2016 und 2017 entführt wurden. Im Jahr 2016 verabschiedete das Parlament einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Behörde für vermisste Personen (Office of Missing Persons, OMP), die mit der Untersuchung der Fälle von vermissten Personen beauftragt ist. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International äußerten jedoch Bedenken bezüglich des Gesetzes, einschließlich der Tatsache, dass die Regierung die betroffenen Familien während des gesamten Prozesses nicht konsultiert hat. Im vergangenen März verabschiedete die Regierung ein Gesetz, das zum ersten Mal in der Geschichte des Landes das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert (IPS 30.04.2018). Vor, während und nach dem bewaffneten Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), der 2009 endete, waren Menschenrechtsverletzungen wie das Verschwindenlassen, außergerichtliche Tötungen, Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen und -verletzungen straflos. Die von Sri Lanka im Jahr 2015 eingegangenen Verpflichtungen zur Schaffung von Wahrheits-, Gerechtigkeits- und Wiedergutmachungsmechanismen und zu Reformen zur Verhinderung, dass sich diese Verbrechen wiederholen, wurden bis Ende des Jahres 2017 nicht umgesetzt (AI 22.02.2018).

 

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte wies in seinem Bericht an die 37. Sitzung des UNHCR darauf hin, dass die Behörden Sri Lankas noch nicht die Fähigkeit oder Bereitschaft gezeigt haben, sich mit Straflosigkeit bei schweren Verstößen gegen das internationale Menschenrechtsgesetz und schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu befassen. Er äußerte seine Besorgnis darüber, dass sein Büro auch nach zweieinhalb Jahren des Versöhnungsprozesses weiterhin Berichte über Schikanen oder die Überwachung von Menschenrechtsverteidigern und über Opfer von Menschenrechtsverletzungen erhält (IFJ 09.05.2018).

 

10. Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die Verfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor, und die Regierung hat diese Rechte im Allgemeinen respektiert (USDOS 20.04.2018). Auf dem World Press Freedom Index 2018 der Organisation "Reporter ohne Grenzen" belegt Sri Lanka Platz 131 von 180 Ländern, eine Verbesserung um zehn Ränge im Vergleich zum Vorjahr (RwB 2018).

 

Die Opposition hat zwar nur begrenzten Zugang zu den staatlichen Medien, nicht staatlich kontrollierte Medien stehen der Regierung jedoch oft offen kritisch gegenüber. Eine Umfrage vom Oktober 2015 ergab, dass die meisten Befragten der Meinung waren, dass es den sri-lankischen Medien völlig freisteht, die Regierung zu kritisieren (BTI 2018).

 

Die unabhängigen Medien waren aktiv und äußerten sich sehr unterschiedlich. Journalisten im tamilischen Norden berichteten jedoch von Schikanen, Einschüchterungen und Einmischungen durch den Sicherheitsapparat, wenn sie über sensible Themen im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg oder seinen Folgen berichteten. Einige Journalisten der Print- und elektronischen Medien berichteten von Selbstzensur in Bezug auf Reportagen über den Präsidenten oder seine Familie. Sie geben an, von Privatpersonen oder Regierungsanhängern mit der Aufforderung kontaktiert worden zu sein, alles zu unterlassen, was dem Ansehen der Familie schaden könnte. Im April 2017 verkündete Medienminister Nimal Bopage, dass dem privaten Fernsehsender Derana TV wegen "Manipulation der Äußerungen des Präsidenten bei einer Veranstaltung", wodurch die Öffentlichkeit irregeführt würde, eine Sonderuntersuchung bevorsteht. Bopage wurde später vom Medienminister in eine Beraterrolle des Präsidenten für Medien versetzt (USDOS 20.04.2018).

 

Wenige Monate nach seiner Vereidigung als Präsident im Januar 2015 verkündete Maithripala Sirisena, er wolle alle Ermittlungen zu den Morden an Journalisten wiederaufnehmen (RwB 2018). Im Zusammenhang mit dem Mord am Herausgeber Lasantha Wickrematunga wurde am 14.02.2018 der Senior Deputy Inspector General Prasanna Nanayakkara verhaftet, weil er angeblich seine Untergebenen angewiesen hatte, die Untersuchung des Mordes an Lasantha zu behindern und am Tatort gesammelte Beweise zu vernichten. Auch ist die Beteiligung des militärischen Geheimdienstes an der Tötung ans Licht gekommen. In einer weiteren positiven Entwicklung wurde 2018 der ehemalige militärische Geheimdienstdirektor und Stabschef der Armee, Generalmajor Amal Karunasekara, verhaftet, dem die Entführung von und der Angriff auf den Journalisten und damligen Verteidigungskorrespondent des Landes, Keith Noyahr, vorgeworfen wird (IFJ 09.05.2018). Fast alle anderen Fälle sind jedoch noch immer ungestraft (RwB 2018).

 

Die neue Regierung versprach auch, dass Journalisten wegen ihrer politischen Ansichten oder ihrer Berichterstattung über sensible Themen wie Korruption und Menschenrechtsverletzungen durch das Militär nichts mehr zu befürchten hätten (RwB 2018). Offene Drohungen gegen Journalisten sind selten geworden, und mehrere Personen, die im Verdacht stehen, Journalisten unter der ehemaligen Regierung getötet zu haben, wurden verhaftet (BTI 2018)

 

Im Jahr 2015 reagierte die Regierung auf einen sektiererischen Gewaltausbruch in der Hochlandstadt Kandy mit einem Social Media-Verbot (IFJ 09.05.2018). Am 08.11.2017 blockierte die Regulierungskommission der Regierung von Sri Lanka den Zugang zur Lanka eNews-Website. Lanka eNews hatte mehrere kritische Artikel über die aktuelle Regierung und den Präsidenten veröffentlicht. Mehrere Medienorganisationen äußerten ihre Besorgnis über die außergerichtliche Sperrung und forderten die Internetdienstanbieter auf, die Sperrung der Website aufzuheben, die jedoch noch Ende 2017 blockiert blieb (USDOS 20.04.2018).

 

In den letzten zwei Jahren hat die Medienfreiheit zugenommen, und die zunehmende Verbreitung elektronischer Geräte hat zu einem Wachstum der sozialen Medien geführt (BTI 2018). Rund 30% der Bevölkerung nutzten das Internet regelmäßig, 21% hatten zu Hause Internetzugang. Medienberichte vermuten, dass ein weitaus größerer Prozentsatz der Bevölkerung über Smartphones auf das Internet zugreift. Es gab keine glaubwürdigen Berichte, dass die Regierung private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwachte (USDOS 20.04.2018).

 

Im März 2016 ordnete das Ministerium für Parlamentsreform und Massenmedien alle Nachrichten-Websites an, sich bei der Regierung registrieren zu lassen, da sie ansonsten illegal würden (RwB 2018).

 

11. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

 

Die Freiheiten der friedlichen Versammlung und der Vereinigung sind gesetzlich garantiert und werden von der Regierung im Allgemeinen respektiert (USDOS 20.04.2018). Die neue Regierung gewährte seit Jänner 2015 mehr Vereinigungs- und Versammlungsrechte. Öffentliche Protestveranstaltungen werden von Oppositionsgruppen in allen Bereichen organisiert (BTI 2018). Die Verfassung erlaubt jedoch die Einschränkung der Versammlungsfreiheit im Interesse der religiösen Harmonie, der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit oder Moral, im Interesse der Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer oder im Interesse des allgemeinen Wohlergehens der demokratischen Gesellschaft (USDOS 20.04.2018).

 

Nach Art. 77 (1) der Polizeiverordnung müssen Demonstrationen bei der örtlichen Polizei genehmigt werden. Christliche Gruppen und Kirchen berichteten, dass einige Behörden Gottesdienstaktivitäten als "unbefugte Versammlungen" einstuften, und verlangten, diese Aktivitäten zu beenden. Die Behörden begründeten ihre Handlungen manchmal damit, dass die Gruppen nicht bei der Regierung registriert waren, obwohl es weder ein Gesetz noch eine Verordnung gibt, die eine solche Registrierung ausdrücklich vorschreibt (USDOS 20.04.2018).

 

Unter der früheren Regierung wurden unerwünschte Veranstaltungen von NGOs entweder verboten oder verhindert, indem Störer - hier kamen regelmäßig radikal-nationalistische buddhistische Mönche zum Einsatz - nicht zurückgehalten wurden. Seit Anfang 2015 sind Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit grundsätzlich nicht mehr eingeschränkt (AA 16.12.2017).

 

Nationale und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiteten in der Regel ohne staatliche Einschränkung und untersuchten und veröffentlichten ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte waren etwas kooperativer und reagierten auf ihre Ansichten (USDOS 20.04.2018). Allerdings wurden einzelne friedliche Demonstrationen von Studenten durch die Polizei mit unverhältnismäßigem Einsatz (Tränengas, Wasserwerfer, Schlagstöcke) beendet, so z.B. am 30.10.2015. Der Einsatz wurde von der sri-lankischen Menschenrechtskommission verurteilt. Auch im Oktober 2017 wurde eine Studentendemonstration in Colombo gewaltsam aufgelöst. Die Gewalt ging allerdings auch von Studenten aus (AA 16.12.2017).

 

Vereinigungsfreiheit ist durch das Gesetz garantiert. Eine Verbindung zu, oder eine Mitgliedschaft bei einer verbotenen Organisation wird jedoch kriminalisiert. Das Gesetz sieht das Recht der Arbeitnehmer vor, Gewerkschaften zu gründen oder ihnen beizutreten. Davon ausgenommen sind Angehörige der Streitkräfte, Polizisten, Justiz- und Gefängnisbeamte. Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung ist verboten (USDOS 20.04.2018).

 

Das Gesetz erkennt das Streikrecht zwar nicht ausdrücklich an, aber die Gerichte haben ein implizites Streikrecht auf der Grundlage der Gewerkschaftsverordnung und des Arbeitskonfliktgesetzes anerkannt. Die Regierung respektierte generell die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen. Die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors führten zahlreiche Arbeitsniederlegungen durch (USDOS 20.04.2018).

 

Gemäß den Notfallregelungen der Verordnung über die öffentliche Sicherheit hat der Präsident einen weit gefassten Ermessensspielraum, um Sektoren als "wesentlich" für die nationale Sicherheit, das Leben der Gemeinschaft oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu erklären und damit die Rechte der Arbeiter, legale Streiks durchzuführen, zu widerrufen. Mit dem Essential Public Services Act von 1979 kann der Präsidenten auch Dienstleistungen von Regierungsstellen als "wesentliche" öffentliche Dienstleistungen deklarieren. Im Juli 2017 erklärte die Regierung unter Berufung auf den Essential Public Services Act beispielsweise die Erdölverteilung zu einem wesentlichen Dienst, nachdem die Erdölarbeiter in den Streik getreten waren, um die Regierung daran zu hindern, ein Öltanklager an ein chinesisches Unternehmen zu verpachten (USDOS 20.04.2018).

 

12. Haftbedingungen

 

Mit Dezember 2017 befanden sich rund 20.598 Personen in Haft, was einer Rate von 94 Häftlingen auf 100.000 Einwohner entspricht. Der Prozentsatz von Untersuchungshäftlingen lag bei 53.4% aller Insaßen. 4,9% der Häftlinge waren Frauen, 0,1% waren Jugendliche (ICPR 2017).

 

Die Haftbedingungen sind schlecht und entsprechen aufgrund mangelnder sanitärer Einrichtungen und starker Überbelegung von etwa 50% nicht internationalen Standards. In vielen Gefängnissen schlafen Insaßen auf Betonböden, und es mangelt ihnen an natürlichem Licht und ausreichender Belüftung (USDOS 20.04.2018).

 

Die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten ist ausreichend, die Bewegungsmöglichkeiten für Gefangene erscheinen relativ gut (viel Freigang, soweit keine Verurteilung zur Todesstrafe). In minder schweren Fällen können sich Gefangene bei Hinterlegung einer Sicherheitsleistung frei im Land bewegen, Ausländer dürfen in dringenden Situationen sogar zeitweise das Land verlassen. Zwangsarbeit ist in Sri Lanka kaum verbreitet (AA 16.12.2017).

 

Um der Überbelegung entgegenzuwirken, verlegte die Gefängnisbehörde mehrere Gefängnisse aus städtischen in weiträumigere ländliche Gebiete. Im Oktober 2017 eröffnete das Ministerium für Gefängnisreformen einen neuen Gefängniskomplex in Agunakolapelessa, der das überfüllte Gefängnis von Tangalle ablöste und auch die Überbelegung des Welikada Hauptgefängnisses in Colombo reduziert (USDOS 20.04.2018).

 

In einigen Fällen werden Jugendliche und Erwachsenen zusammen untergebracht. Untersuchungshäftlinge sind oft nicht von verurteilten Straftätern getrennt inhaftiert (USDOS 20.04.2018).

 

Einige der größeren Gefängnisse verfügten über eigene Krankenhäuser. Meist existiert jedoch nur eine medizinische Abteilung. Häftlinge kleinerer Gefängnisse, die medizinisch versorgt werden mussten, werden zur Behandlung in das nächstgelegene Krankenhaus transferiert (USDOS 20.04.2018).

 

Die Haftbedingungen für politische Straftäter waren und sind noch immer etwas härter, seit Anfang 2015 aber verbessert (AA 16.12.2017).

 

Die Prison Welfare Society ist ein staatliches Aufsichtsorgan, das Häftlinge besucht, Beschwerden entgegennimmt und den gesetzlichen Auftrag hat, die Haftbedingungen für Häftlinge zu prüfen und ihre Beschwerden mit den einzelnen Gefängnisaufsehern und den Strafvollzugsbeauftragten auszuhandeln. Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (Human Rights Commission of Sri Lanka, HRCSL) prüft Haftbeschwerden und leitet sie bei Bedarf an die zuständigen Behörden weiter. Die HRCSL berichtete, dass sie einige glaubwürdige Behauptungen über Misshandlungen von Gefangenen erhalten habe, das Ministerium für Gefängnisreformen jedoch berichtete, keine Beschwerden erhalten zu haben. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und das HRCSL haben ebenfalls ein Mandat zur Überwachung der Haftbedingungen. Vertreter des HRCSL besuchten während des Jahres 2017 die Gefängnisse in Kandy, Mahara, Kalutara und Jaffna (USDOS 20.04.2018).

 

Willkürliche Verhaftungen sind gesetzlich verboten, und jede Person hat das Recht, die Rechtmäßigkeit ihrer Festnahme oder Inhaftierung vor Gericht anzufechten. Dieses Recht war unter dem PTA stark eingeschränkt. Dennoch gab es weiterhin Berichte über willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, wenn auch die Zahl im Vergleich zu 2016 nach Ansicht der Zivilgesellschaft und der HRCSL gesunken ist. Die HRCSL erhielt 2017 118 Beschwerden wegen willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen haben Polizei und Kriminalpolizei Personen wegen angeblicher Beteiligung an terroristischen Aktivitäten unrechtmäßig festgenommen, und in Polizeistationen, Armeelagern und informellen Haftanstalten festgehalten, ohne Anklage zu erheben oder die Häftlinge innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitrahmens anzuklagen (USDOS 20.04.2018).

 

13. Todesstrafe

 

Die letzte Hinrichtung in Sri Lanka fand 1976 statt (CLS 2018). Die Todesstrafe wird zwar weiterhin verhängt, seit 1977 aber nicht mehr vollstreckt. Todesurteile werden für vorsätzliche Tötung - es gibt keine Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag - sowie Drogenbesitz und -handel ausgesprochen. Ein Ende des Moratoriums für die Todesstrafe ist gegenwärtig nicht erkennbar (AA 16.12.2017).

 

Nach Angaben des Ministeriums für Gefängnisreformen, Rehabilitation, Umsiedlung und Hindu-Religiöse Angelegenheiten verhängte Sri Lanka 2017 218 neue Todesurteile (davon drei für Drogenbesitz nach Angaben von Amnesty International) und 2.717 Menschen waren Ende des Jahres zum Tode verurteilt (davon 68 für Drogendelikte). Fünf waren Ausländer. Am Jahrestag der Unabhängigkeit Sri Lankas im Februar hat Präsident Maithripala Sirisena 60 Todesurteile umgewandelt (AI 12.04.2018)

 

14. Religionsfreiheit

 

Die in Sri Lanka vertretenen Religionen sind Buddhismus (70,2%), Hinduismus (12,6%), Muslime (9,7%), Katholiken (6,1%), andere Christen (1,3%) und Sonstige (0.05%) - Zahlenangaben gemäß Volkszählung 2012 (CIA 01.05.2018).

 

Die sri-lankische Verfassung gibt keine Staatsreligion vor und garantiert Religionsfreiheit, weist aber dem Buddhismus eine herausgehobene Rolle zu. Die Religionen begegnen sich in Sri Lanka traditionell mit Respekt und Toleranz. Auch der Staat achtet auf eine Nichtdiskriminierung der Religionen, und die neue Regierung betont ausdrücklich ihren Willen zur religiösen Toleranz. Zum Ausdruck kam dies bei einer Attacke von buddhistischen Mönchen auf 31 Rohingya-Flüchtlinge im September 2017 - die Regierung reagierte hier konsequent zum Schutz der Flüchtlinge und brachte sie in Zusammenarbeit mit der UN in einer bewachten Unterkunft unter (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 15.08.2017). Die Behörden schränkten "Hassrede", einschließlich der Beleidigung von Religion oder religiösen Überzeugungen durch die Polizeiverordnung und das Strafgesetzbuch, ein (USDOS 20.04.2018).

 

Rechtliche Einschränkungen für andere Religionen oder Ideologien, einschließlich der Freiheit zum Religionsübertritt, gibt es nicht (AA 16.12.2017). Religiöse Gruppen müssen sich registrieren, um die Genehmigung zum Bau neuer Gotteshäuser zu erhalten. Eine Registrierung als Treuhandgesellschaft, Verein oder NGO ist notwendig, um finanzielle Transaktionen durchführen, ein Bankkonto eröffnen oder Eigentum besitzen zu können. Religiöse Organisationen können auch durch ein vom Parlament mit einfacher Mehrheit verabschiedetes Gesetz staatliche Anerkennung und die Erlaubnis zum Betrieb von Schulen beantragen (USDOS 15.08.2017).

 

Immer wieder kommt es zu lokalen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit und anderer Religionsgemeinschaften (AA 08.05.2018). Quellen berichten von regelmäßigen Versuchen buddhistischer Mönche, christliche und muslimische Kultstätten zu schließen, denen die Zustimmung des Ministeriums von Buddha Sasana fehlte. Die Nationale Christliche Evangelische Allianz von Sri Lanka dokumentierte bis November 2017 79 Fälle von Übergriffen auf Kirchen, Einschüchterung und Gewalt gegen Pastoren und deren Gemeinden sowie Behinderung von Gottesdiensten (USDOS 20.04.2018).

 

Die Behörden verhafteten im November 2016 Führer militanter buddhistischer und muslimischer Organisationen wegen Hassreden und Gewaltandrohungen (USDOS 15.08.2017). Zuletzt kam es am 03.03.2018 in der Provinz Kandy zu Ausschreitungen gegen muslimische Einrichtungen und zur Errichtung willkürlicher Barrikaden/Straßensperren, die erst nach dem Ausruf eines zehntägigen Ausnahmezustandes und durch den Einsatz von Sondereinheiten und Ausgangssperren unter Kontrolle gebracht werden konnten (AA 08.05.2018; vgl. HRW 07.03.2017).

 

15. Ethnische Minderheiten

 

Nach dem 14. Zensus im Jahr 2011/2012 stellen die Singhalesen mit 74,9% die Bevölkerungsmehrheit, gefolgt von 11,2% Tamilen, 4,2% sog. Indian Tamils (Einwanderung während der britischen Kolonialzeit als Plantagenarbeiter) und 9,2% sog. Moors muslimischen Glaubens (AA 16.12.2017; vgl. CIA 01.05.2018).

 

Es gibt keine diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis. Allerdings gibt es weiterhin soziale Missstände insbesondere im Norden und Osten des Landes, die vom Bürgerkrieg am stärksten betroffen waren. Zudem sind Menschenrechtsverletzungen noch nicht völlig abgestellt (AA 16.12.2017).

 

Die soziokulturelle Struktur des politischen Lebens ist in erster Linie durch die Werte der singhalesischen (überwiegend theravada-buddhistischen) Mehrheit bestimmt. Die Singhalesen empfinden sich - unter Einrechnung der 65 Mio. Tamilen im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu - indes selbst als Minderheit in einer tamilisch dominierten Region, während sich viele der (ganz überwiegend hinduistischen) Tamilen als unterdrückte Minderheit auf einer singhalesisch dominierten Insel betrachten. Angehörige christlicher Religionen gibt es in beiden Ethnien. Die muslimische Bevölkerungsgruppe hat sich in Colombo und in den singhalesischen Landesteilen unter Wahrung ihrer religiösen Prinzipien weitgehend eingepasst, während das Zusammenleben von Muslimen und Tamilen im Norden und Osten nicht immer spannungsfrei war. Dem früheren Präsidenten Rajapaksa nahestehende Kräfte ermutigen radikale nationalistische buddhistische Organisationen auch heute noch zu Angriffen auf Moslems im Süden des Landes. Anfang März wurde deswegen sogar für sieben Tage ein landesweiter Ausnahmezustand verhängt (AA 3 .2018a).

 

Singhalesisch und Tamilisch sind Amtssprachen in Sri Lanka (CIA 01.05.2018).

 

15.1. Tamilen

 

Ein langer und zum Teil brutal geführter Bürgerkrieg (1983 - 2009) zwischen der tamilischen Separatistenorganisation "Befreiungstiger von Tamil Eelam" (LTTE) und der Regierung führte zu zahlreichen Opfern auf beiden Seiten. Schätzungen gehen von 80.000 bis zu 100.000 Opfern aus (AA 3 .2018a).

 

Gegenüber den Tamilen im Norden und Osten gibt es seit Amtsantritt von Präsident Sirisena am 09.01.2015 keine direkten staatlichen Repressionen mehr (AA 16.12.2017). Sowohl lokale als auch indischstämmige Tamilen behaupteten jedoch, dass sie in den Bereichen Hochschulbildung, Regierungsbeschäftigung, Wohnen, Gesundheitswesen, Sprachgesetze und Verfahren zur Einbürgerung von Nichtbürgern seit langem systematisch diskriminiert werden (USDOS 20.04.2018). Im ganzen Land, besonders im Norden und Osten, berichteten Tamilen, insbesondere Aktivisten und ehemalige oder mutmaßliche ehemalige LTTE-Mitglieder, von ethnischem Profiling, Überwachung und Belästigung durch Sicherheitskräfte (AI 22.02.2018; vgl. USDOS 20.04.2018).

 

Im Rahmen des Antiterrorismusgesetzes (PTA) sind nach wie vor Tamilen inhaftiert, die im Verdacht stehen, Verbindungen zur LTTE zu haben. Der UN-Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus erklärte, dass über 100 nicht verurteilte Gefangene, teils seit über einem Jahrzehnt, inhaftiert sind (AI 22.02.2018).

 

Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km² Land bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll (AA 16.12.2017). Am 17.04.2017 haben die Tamilische Nationale Allianz und das Verteidigungsministerium einen formellen Dialog über die Rückgabe von Militärgebieten in den nördlichen und östlichen Provinzen eingeleitet. Im August verpflichtete Generalmajor Mahesh Senanayake das Militär öffentlich zur Verfolgung von Armeeangehörigen, die während und nach dem Konflikt kriminelle Handlungen begangen hatten, von denen viele gegen die tamilische Gemeinschaft gerichtet waren (USDOS 20.04.2018).

 

Es gibt eine Reihe von Ministerien und präsidentiell ernannte Gremien, die sich mit den sozialen und entwicklungspolitischen Bedürfnissen der tamilischen Minderheit befassen sollen. Die Regierung hat eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen ergriffen, um Beschwerden der tamilischen Gemeinschaft zu begegnen. Sie ersetzte auch die Militärgouverneure der nördlichen und östlichen Provinzen durch Zivilisten (USDOS 20.04.2018).

 

Das vom Präsidenten im Jahr 2016 eingerichtete Büro für nationale Einheit und Versöhnung koordinierte weiterhin die Versöhnungsbemühungen der Regierung. Das Büro konzentriert sich auf die Förderung der sozialen Integration zum Aufbau einer integrativen Gesellschaft, die Sicherung der Sprachrechte für alle Bürger, die Unterstützung eines Heilungsprozesses innerhalb der vom Krieg betroffenen Gemeinden durch die von der Regierung vorgeschlagene Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit, Versöhnung und Nichtwiederholung der Gewalt (USDOS 20.04.2018).

 

15.2. Veddas

 

Die als Veddas bekannte indigene Bevölkerung des Landes soll weniger als 1.000 Personen zählen (USDOS 20.04.2018). Es gibt jedoch keine offizielle Zählung der Vedda in Sri Lanka (EG 4.2017). Einige ziehen es vor, ihre traditionelle Lebensweise beizubehalten, und das Gesetz schützte sie im Allgemeinen. Sie nehmen frei und ohne rechtliche Einschränkungen am politischen und wirtschaftlichen Leben teil, aber manche von ihnen besitzen keine juristischen Dokumente (USDOS 20.04.2018).

 

Die Identität der Veddas ist untrennbar mit den Wäldern und dem Land verbunden, das für die Gesellschaft, den Lebensunterhalt und das spirituelle Leben der Gemeinschaft unerlässlich ist. Aufgrund ihrer geringen Bevölkerungszahl können die Veddas durch Staatsbeamte umgangen werden. Die staatliche Regulierung von Land, Wald und die Landwirtschaft hat sich negativ auf die Veddas ausgewirkt. Die Ausweisung großer Landstriche als Nationalparks und Schutzgebiete hat dazu geführt, dass die Veddas den Zugang zu Jagdgebieten, Chena (Brandlandwirtschaft) und zu Waldprodukten, die für ihre Ernährung sowie andere materielle und spirituelle Bedürfnisse der Gemeinschaft von zentraler Bedeutung sind, verloren haben. Die einseitige Ausweisung von Flächen als Wald oder als für andere Zwecke reserviert hat zu wiederholten Vertreibungen und Umsiedlungen der Gemeinschaft geführt, was deren Identität erheblich schwächt (EG 4.2017).

 

Obwohl für alle Kinder bis zum sechzehnten Lebensjahr Schulpflicht gilt, gehen rund 20% der Vedda nicht zur Schule. Fast 60% der Mädchen und 15% der Buben sind vor Vollendung des 18. Lebensjahres verheiratet, was den Zugang zu Bildung erschwert, insbesondere für die Mädchen (EG 4.2017).

 

16. Relevante Bevölkerungsgruppen

 

16.1. Frauen

 

Obwohl rechtlich und in der Religion gleichgestellt, sind Frauen wirtschaftlich meist schlechter gestellt als Männer. Im Gender Inequality Index ist Sri Lanka auf Platz 75 von 187 Ländern, im World Economic Forum Global Gender Gap Report 2016 auf Platz 100 von 144 (AA 16.12.2017).

 

Es gibt keine gesetzliche Einschränkung der Beteiligung von Frauen oder Angehörigen von Minderheiten am politischen Prozess (USDOS 20.04.2018). Der Anteil von Frauen in hohen politischen Ämtern ist jedoch gering (AA 16.12.2017). Frauen sind seit 1931 im Parlament vertreten und im Jahr 2015 zogen 13 Frauen ins Parlament ein. Etwa 2% der Beamten in den Kommunalverwaltungen und 4% der Provinzräte sind Frauen (USDOS 20.04.2018).

 

Die Gesetze diskriminieren nicht. Allerdings gibt es vor allem auf der Jaffna-Halbinsel und in muslimischen Kreisen (Ostküste) weiterhin kulturelle Bräuche ("personal laws"), die von den Angehörigen der Gemeinschaft als verbindlich angesehen werden und Frauen diskriminieren. Es ist zu vermuten, dass es auch einzelne Fälle von Zwangsverheiratung gibt. Wenn Frauen diese Bräuche nicht respektieren, isolieren sie sich damit in ihrem kulturellen Kreis. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass es ganz vereinzelte Fälle von Genitalverstümmelung (Beschneidung) in Sri Lanka gibt. In den Medien wurde aber seit langem über keine Fälle mehr berichtet (AA 16.12.2017).

 

Gewalt gegen Frauen, vor allem häusliche Gewalt, ist in ganz Sri Lanka verbreitet (AA 16.12.2017). Vergewaltigung in der Ehe ist nur verboten, wenn die Eheleute rechtlich getrennt sind (USDOS 20.04.2018). Seit 2005 gibt es ein Gesetz, das häusliche Gewalt ächtet und betroffenen Frauen Beratungsmöglichkeiten eröffnet (AA 16.12.2017). Opfer können für ein Jahr Schutz erhalten und eine Unterhaltsbeihilfe beantragen (USDOS 20.04.2018). Trotzdem bleibt häusliche Gewalt ein großes Problem, von dem neben Frauen auch Kinder betroffen sind. Das Thema ist in Sri Lanka weitgehend tabuisiert. Zudem stellt die Um-/Durchsetzung der Gesetze ein Problem dar (AA 16.12.2017).

 

Der Staat schützt Frauen. Es gibt einen "Prevention of Domestic Violence Act". Frauen (und Kinder) können sich, wenn sie sich unsicher fühlen, an ein zuständiges Gericht (Magistrate's Courts) wenden. Nur auf Anordnung des Gerichts weisen staatliche Stellen eine sichere Unterkunft zu, strikte Diskretion ist gewahrt (AA 16.12.2017).

 

Frauenorganisationen berichteten, dass die Reaktionen von Polizei und Justiz unzureichend waren. Das Polizeibüro zur Verhütung des Missbrauchs von Frauen und Kindern führte jedoch Sensibilisierungsprogramme in Schulen durch, um Frauen zu ermutigen, Beschwerden einzureichen, und die Polizei setzte den Aufbau von Fraueneinheiten in den Polizeistationen fort. Dienstleistungen zur Unterstützung von Vergewaltigungsopfern und von Opfern häuslicher Gewalt, wie Krisenzentren, Rechtsbeistand und Beratung, waren aufgrund fehlender Finanzmittel in der Regel landesweit knapp (USDOS 20.04.2018).

 

Auch in der Öffentlichkeit sind Frauen weiterhin oftmals sexueller Belästigung ausgesetzt. Nach einer Studie der UNFPA aus dem Jahr 2015 haben 90% aller Frauen bereits eine Form von sexueller Belästigung erfahren (AA 16.12.2017). Sexuelle Belästigung ist eine Straftat, die mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann (USDOS 20.04.2018).

 

Für verschiedene Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, darunter Kinderheirat, häusliche Gewalt, Menschenhandel, Vergewaltigungen durch Militär- oder Strafverfolgungsbeamte oder Übergriffe durch private Akteure, bestand Straflosigkeit. In einer seltenen Ausnahme begann am 28.06.2017 im Obersten Gerichtshof von Jaffna ein Prozess gegen neun Männer, die der Beteiligung an der Vergewaltigung und Ermordung eines 18-jährigen Schülers in Punkuduthivu beschuldigt wurden. Der Prozess lief zum Jahresende noch. Die Art der Straftat und der falsche Umgang der Polizei mit dem Fall führten im Jahr 2015 zu weit verbreiteten Protesten. Im Juli 2017 wurde ein amtierender stellvertretender Generalinspekteur der Polizei verhaftet, weil er angeblich einem der Verdächtigen geholfen hatte, sich der Verhaftung zu entziehen (AI 22.02.2018).

 

Der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) hat Sri Lanka im Februar 2017 überprüft und in seinen abschließenden Bemerkungen festgestellt, dass die Regierung das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau noch nicht vollständig umgesetzt hat, auch wenn einige Fortschritte bei den Maßnahmen und Plänen zum Schutz von Frauen vor Menschenhandel, sexueller und anderer Gewalt festgestellt wurden (HRW 18.01.2018).

 

16.2. Kinder

 

Die meisten Beschwerden über Kindesmissbrauch, die bei der Nationalen Kinderschutzbehörde eingegangen sind, betrafen Gewalt gegen Kinder, der Rest der Beschwerden betraf Themen wie Grausamkeit gegenüber Kindern, Entzug des Rechts auf Bildung, sexuellen Missbrauch und Kinderarbeit. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich mit Kinderfragen beschäftigen, behaupteten, dass Kinder nicht über ausreichende Mechanismen verfügten, um häusliche Gewalt oder Missbrauch sicher zu melden. Obwohl Polizeistationen einen Beamten haben sollen, der sich mit Missbrauchsbeschwerden von Frauen und Kindern befasst, hat die Regierung diese Praxis nicht konsequent landesweit umgesetzt (USDOS 20.04.2018).

 

Menschenhandel verbunden mit wirtschaftlicher oder sexueller Ausbeutung ist in Sri Lanka nach Kenntnis der Botschaft kaum verbreitet. Sri Lanka ist insoweit betroffen, als zahlreiche Staatsangehörige im Ausland Arbeit suchen. Dort gelangen manche in ein Abhängigkeitsverhältnis und werden ausgebeutet. In Sri Lanka selbst ist Zwangsarbeit kaum verbreitet. Allerdings gibt es Fälle von Kinderprostitution (vor allem Jungen sind betroffen). Zudem werden Kinder mit körperlichen Behinderungen vereinzelt zum Betteln gezwungen, im Hochland werden Kinder auf den Teeplantagen eingesetzt (AA 16.12.2017).

 

Das gesetzliche Mindestalter für die Eheschließung ist 18 Jahre, wobei Mädchen mit Zustimmung auch mit 16 heiraten können. Eine Ausnahme bildet das nur für Muslime gültige muslimische Ehe- und Scheidungsgesetz, das die Heirat von Mädchen ab 12 Jahren mit Zustimmung des Brautvaters oder eines anderen männlichen Verwandten erlaubt. Die Zustimmung der Braut ist nicht erforderlich. Geschlechtsverkehr mit einem Mädchen unter 16 Jahren, mit oder ohne Zustimmung, stellt nach dem Strafgesetzbuch eine Vergewaltigung dar. Diese Regelung gilt jedoch nicht für verheiratete muslimische Mädchen über 12 Jahren (USDOS 20.04.2018).

 

Das Gesetz verbietet die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern, den Verkauf von Kindern, das Anbieten oder Beschaffen eines Kindes für Kinderprostitution und Praktiken im Zusammenhang mit Kinderpornographie, aber die Behörden haben das Gesetz nicht immer durchgesetzt (USDOS 20.04.2018).

 

Die Kinder- und Zwangsprostitution ist im Vergleich zu den 90er Jahren sehr stark zurückgegangen, aber noch nicht vollständig beseitigt. Fälle von Kindesmissbrauch sind in den letzten Jahren angestiegen. Die Täter kommen meist aus dem Familien- oder Freundeskreis. Gerichtsverfahren sind langwierig, zudem scheuen sich betroffene Familien oft, einen öffentlichen Prozess anzustrengen, um nicht dem Ruf der Familie zu schaden. Die Zahl der Strafanzeigen in solchen Fällen hat aber in den letzten Jahren zugenommen (AA 16.12.2017).

 

Das Mindestalter für eine Beschäftigung liegt bei 14 Jahren, obwohl eine Beschäftigung jüngerer Kinder durch ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten in einer begrenzten landwirtschaftlichen Familienarbeit oder technischen Ausbildung erlaubt ist. Die Schulpflicht wurde im Jahr 2016 von 14 auf 16 Jahre erhöht. Das Gesetz verbietet gefährliche Arbeiten für Personen unter 18 Jahren und begrenzt die Arbeitszeit von Kindern im Alter von 14 und 15 auf neun Stunden pro Tag und von 16 und 17 auf zehn Stunden pro Tag. Die Regierung hat nicht alle Gesetze wirksam durchgesetzt und Verstöße nur unzureichend geahndet. Das Arbeitsministerium machte jedoch einige Fortschritte bei der Umsetzung seines Plans zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit. Die Regierung ernannte Distriktkoordinatoren mit der Aufgabe, die Kinderarbeit in 24 Distrikten zu reduzieren, und die Regierung entwickelte weiterhin neue Richtlinien für Distriktbeamte. Laut der im Februar 2017 veröffentlichten Child Activity Survey für 2016 waren Industrie und Dienstleistungen die größten Sektoren, die Kinder beschäftigten. Innerhalb dieser Sektoren arbeiteten Kinder in der Bau-, Produktions-, Bergbau- und Fischereiindustrie sowie als Reinigungskräfte und Helfer, Hausangestellte und Straßenverkäufer. Kinder arbeiteten auch während der Erntezeit in der Landwirtschaft. Kinder, die durch den Krieg vertrieben wurden, waren besonders anfällig für die Beschäftigung in gefährlichen Arbeitsverhältnissen (USDOS 20.04.2018).

 

Zur Aufnahme von Kindern und Jugendlichen in Not gibt es in Sri Lanka rund 200 Heime, die unter staatlicher Aufsicht von NGOs und karitativen Einrichtungen betrieben werden. Federführend ist die National Child Protection Authority (NCPA), die mit UNICEF zusammenarbeitet und auch Fällen von Kindesmissbrauch nachgeht. Die Heime bedürfen einer staatlichen Lizenz, mit der die Einhaltung von Mindeststandards sichergestellt werden soll (AA 16.12.2017).

 

16.3. Sexuelle Minderheiten

 

Die sri-lankische Verfassung enthält keinen Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Der Gleichheitsgrundsatz in Art. 12 schützt u.a. vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (AA 16.12.2017).

 

Das Gesetz kriminalisiert einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sexualverkehr zwischen Erwachsenen (USDOS 20.04.2018; vgl. AA 16.12.2017). Der Strafrahmen sieht Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor, bei Beteiligung Minderjähriger (unter 16 Jahren) Freiheitsstrafen für den Erwachsenen von zehn bis zwanzig Jahren und eine Geldstrafe. In jüngster Zeit sind jedoch keine Fälle von Strafverfolgung/Verurteilungen bekannt geworden. Gleiches gilt besonders auch für Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle. Auch in der Gesellschaft werden sie oft diskriminiert. Staatliche Schutzmöglichkeiten gibt es nicht (da verboten) (AA 16.12.2017).

 

Obwohl Verfolgungen selten waren, berichteten Menschenrechtsorganisationen, dass die Polizei die Androhung der Verhaftung dazu nutzte, LGBTI-Personen anzugreifen, zu belästigen und sexuell und monetär zu erpressen (USDOS 20.04.2018; vgl. AA 16.12.2017).

 

Transgender-Personen waren auch weiterhin mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert, einschließlich willkürlicher Verhaftungen, Misshandlung und Diskriminierung beim Zugang zu Beschäftigung, Wohnung und Gesundheitsversorgung (USDOS 20.04.2018).

 

Ein Problem ist die fehlende rechtliche Anerkennung von männlicher Vergewaltigung und mangelnde Berichterstattung über sexuellen Missbrauch von Buben wegen Stigmatisierung, Kriminalisierung von Homosexualität und Schamgefühlen (CRC 02.03.2018)

 

Die Regierung hat im Laufe des Jahres keine Fortschritte bei der Umsetzung des vom Gesundheitsministerium im Jahr 2016 vorgelegten Plans gemacht, der ein klares Verfahren für Transgender Personen zur Änderung ihrer Ausweispapiere vorsieht. Die staatliche und nichtstaatliche Diskriminierung der lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und intersexuellen (LGBTI) Bevölkerung hielt an. Die §§ 365 und 365A des Strafgesetzbuches verbieten "fleischliches Wissen gegen die Ordnung der Natur" und "grobe Unanständigkeit", was als Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen zwischen einwilligenden Erwachsenen gesehen wird. Sri Lanka lehnte die UN-Empfehlungen vom November 2017 zur Aufhebung der Paragraphen 365 und 365A ab (HRW 18.01.2018).

 

17. Bewegungsfreiheit

 

Gesetzlich sind die Rechte auf Freizügigkeit, Auslandsreisen, Auswanderung und Repatriierung gewährleistet, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Die Regierung arbeitete mit dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Staatenlosen oder anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren (USDOS 20.04.2018).

 

Bis auf kleine, noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne Hochsicherheitszonen (HSZs) um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Personen im ganzen Land frei bewegen und niederlassen. Es wird erwartet, dass das Land innerhalb der nächsten drei Jahre komplett frei von Landminen sein könnte (AA 16.12.2017).

 

18. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

 

Der Bürgerkrieg, der 2009 endete, führte zu einer weit verbreiteten und noch anhaltenden Vertreibung, insbesondere von Tamilen. Nach Angaben des Ministeriums für Umsiedlung, Rehabilitation, hinduistische Religionsangelegenheiten und Gefängnisreformen gab es am 30.06.2017 noch 40.808 Binnenvertriebene, von denen der Großteil in den Distrikten Jaffna, Kilinochchi, Mannar und Batticaloa im Norden und Osten ansäßig war. Während alle Binnenvertriebenen zwar volle Bewegungsfreiheit hatten, konnten die meisten von ihnen aufgrund von Landminen, Beschränkungen, die ihre Heimatregionen als HSZs ausweisen, mangelnden Arbeitsmöglichkeiten, nicht vorhandenem Zugang zu grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen, einschließlich des Erwerbs von Dokumenten, die Landbesitz belegen, und dem Fehlen einer staatlichen Lösung für damit einhergehende konkurrierende Landbesitzansprüche, sowie anderen kriegsbedingten Gründen, nicht nach Hause zurückkehren. Binnenvertriebene in Flüchtlingslagern haben keinen Schutz und keine Unterstützung durch die Regierung erhalten (USDOS 20.04.2018).

 

Die Regierung förderte die Rückkehr und Umsiedlung von Binnenvertriebenen, indem sie etwa 686 Hektar militärisch genutzten Landes zurückgab und Land für landlose Binnenvertriebene zur Verfügung stellte. Im August 2016 verabschiedete die Regierung eine nationale Strategie für Vertriebene. Das Militär und andere Regierungsbehörden unterstützten die Umsiedlung von Binnenvertriebenen durch den Bau von Häusern, Schulen, Toiletten und durch die Zurverfügungstellung weiterer sozialer Dienstleistungen auf neu herausgegebenem Land (USDOS 20.04.2018).

 

Nach Auskunft UNHCR gibt es mit Stand 30.06.2017 634 registrierte Asylbewerber und 651 Flüchtlinge. Im Jahr 2015/16 hatte die Zahl der Asylsuchenden insbesondere aus Pakistan, Afghanistan und Myanmar zugenommen. Abschiebemaßnahmen von Schutzsuchenden sind im Berichtszeitraum keine bekannt (AA 16.12.2007).

 

Das Gesetz sieht keine Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor. Die Regierung verließ sich darauf, dass der UNHCR den Flüchtlingen im Land Nahrung, Unterkunft und Bildung zur Verfügung stellte und deren Umsiedlung in Drittländer vorantrieb. Flüchtlingen und Asylbewerbern ist es nicht erlaubt, im staatlichen Schulsystem zu arbeiten oder sich einzuschreiben, viele arbeiten informell (USDOS 20.04.2018).

 

Nach den durch radikale Mönche angestachelten Angriffen auf 31 Rohingya-Flüchtlinge im September 2017 beeilte sich die Regierung, diese Angriffe zu verurteilten und gleichzeitig klarzustellen, dass sie mit dem UNHCR nach dauerhaften Aufnahmemöglichkeiten für die Rohingyas im Ausland suche (AA 16.12.2007).

 

19. Wirtschaft/ Grundversorgung

 

Die sri-lankische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt. Nach dem Ende der weltweiten Rezession und des Bürgerkriegs kam es zu einem positiven Bruttoinlandsprodukt (BIP) und einem Wachstum, das 2011 mit 8,2% seinen Höhepunkt erreichte. Nach einem Rückgang auf 3,4% im Jahr 2013 stabilisierte sich die Wachstumsrate 2014 und 2015 bei 4,8% (BTI 2018). Für 2018 wird mit einem Wachstum von 4,8% gerechnet. 2017 betrug das BIP 83,6 Mrd. USD, das waren pro Kopf der Bevölkerung 3.906 USD. Für 2018 wird ein BIP von 87,2 Mrd. USD und ein BIP pro Kopf von 4.049 USD prognostiziert (AA 3 .2018b). Das Wachstum wurde sowohl durch staatlich geförderte große Bauprojekte, als auch durch verbesserte Erträge für Reis, Tee und andere Produkte, sowie durch die Wiederbelebung der Fischerei (2010-2014) gefördert. Im vergangenen Jahr ging die Teeproduktion jedoch leicht zurück und ungünstige Witterungsverhältnisse dürften die Reiserträge im Jahr 2017 reduzieren (BTI 2018)

 

Die Arbeitslosigkeit lag 2017 bei 4,0 %. Problematisch ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die im Jahr 2016 bei 21,6% lag und im dritten Quartal von 2017 auf 18,3 % abgesunken ist. Die wirtschaftliche Entwicklung Sri Lankas weist große regionale Unterschiede auf. Wirtschaftliches Zentrum ist die Region um Colombo, die fast die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung erbringt. Die öffentliche Verschuldung lag Ende 2017 bei 79,6% des BIP; Für 2018 wird ein Wert von 77,6% des BIP erwartet. Der IWF bewilligte Sri Lanka im Juni 2016 einen Kredit i.H.v. 1,5 Mrd. USD (Extended Fund Facility) (AA 3 .2018b).

 

Im "Doing Business Index" der Weltbank erlebte Sri Lanka 2017 einen Abstieg von Rang 109 von 190 Ländern auf Rang 111. 80% des Bruttoinlandsproduktes werden von der privaten Wirtschaft erbracht. Allerdings stellen eine nach wie vor sozialistisch geprägte Arbeitsgesetzgebung und unklare bürokratische Entscheidungsabläufe für ausländische Investoren ein Hindernis dar. 2016 sind über die Investitionsbehörde, Board of Investment, 801 Mio. USD an ausländischen Investitionen zugeflossen (Vorjahr 970 Mio USD) (AA 3 .2018b).

 

Rückkehrer sind auf sich allein gestellt bzw. von der Unterstützung durch Verwandte oder Bekannte abhängig. Ohne solche Unterstützung ist es für Rückkehrer nach wie vor schwierig, in angemessener Zeit wirtschaftlich und sozial wieder in Sri Lanka Fuß zu fassen. Die in der Vergangenheit große Beteiligung des Militärs am privatwirtschaftlichen Sektor, insbesondere in der Fischerei und in Form von "Army Shops", erschwerte Heimkehrern im Norden die Wiederaufnahme ihres Gewerbes. Durch den angekündigten Rückzug des Militärs aus kommerziellen Aktivitäten ist jedoch in dieser Hinsicht Besserung zu erwarten. Eine Grundversorgung von staatlicher Seite gibt es nicht (AA 16.12.2017).

 

20. Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Versorgung in Sri Lanka ist landesweit gut. Es gibt kostenlose staatliche Krankenhäuser und staatliche ambulante Behandlungsstellen, die Krankenbehandlungen vornehmen und notwendige Medikamente gratis zur Verfügung stellen (AA 16.12.2017; vgl. DÄ 2016). Dies gilt auch für die Behandlung der Insaßen von Vertriebenen- und Rehabilitationslagern sowie, wenn auch mit Wartezeiten verbunden, für Haftanstalten. Daneben gibt es, vor allem in Colombo, einige Privatkrankenhäuser mit gutem medizinischen Standard. Psychiatrische Betreuung von Rückkehrern kann durch staatliche Krankenhäuser gewährleistet werden (AA 16.12.2017).

 

Die medizinische Versorgung in Sri Lanka ist zweigeteilt. Auf dem Land wird Medizin oft noch nach alter Tradition praktiziert. Angewendet wird vor allem die jahrtausendealte Heilkunst Ayurveda, für die Sri Lanka berühmt ist. In vielen Dörfern gibt es einen Arzt und eine Hebamme, die sich um die Primärversorgung der Bevölkerung kümmern. Schlangenmedizinmänner versorgen Menschen nach Bissen von giftigen Reptilien. In den städtischen Gebieten dominiert dagegen westliche Medizin, die als Überbleibsel aus der Kolonialzeit auf den Grundpfeilern des britischen Gesundheitswesens fußt (DÄ 2016). Die medizinische Versorgung ist in den großen Städten und Tourismuszentren ausreichend bis gut, entspricht aber nicht überall europäischem Standard. Im Colombo ist die medizinische Versorgung in einzelnen Fachbereichen durchaus auch auf einem hohen bis sehr hohen Niveau (AA 08.05.2018).

 

In Sri Lanka gibt es auf 1.000 Einwohner 0,881 Mediziner und 2,794 Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte (WHO 5.2017).

 

Trotz niedriger Investitionen von lediglich 3,2% des Bruttoinlandsprodukts (Stand 2012) sind entscheidende Kennziffern im Gesundheitssektor vergleichbar oder gar besser als in weiter entwickelten Ländern der Region. Zum Beispiel beim Blick auf die Lebenserwartung wird deutlich, welche Fortschritte das Land trotz seiner schwierigen Geschichte macht. Im Jahr 1960 wurden die Bewohner Sri Lankas im Durchschnitt 62 Jahre alt. 2013 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 72 Jahre bei Männern und 78 Jahre bei Frauen. Ein weiteres Beispiel: Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren ist innerhalb von 20 Jahren von 38 Todesfällen bei 1.000 Geburten auf zehn gesunken. Beeindruckend ist die Dichte von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen und Kliniken im Land (DÄ 2016).

 

Die Regierung setzt sich für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung und eine nachhaltige Entwicklung ein. Im Jahr 2017 startete die Regierung die Vision 2025, die vorrangige Reformen unterstreicht, um das Land wettbewerbsfähiger zu machen und den Lebensstandard aller Einwohner Sri Lankas anzuheben. Es erkannte auch die Notwendigkeit an, die ungleiche sozioökonomische Entwicklung in den Provinzen und die rasch alternde Bevölkerung zu behandeln. Als Teil dieser Vision verabschiedete die Regierung den Sri Lanka Sustainable Development Act, Nr. 19 von 2017, um die Verwirklichung zu beschleunigen und sektorübergreifende und integrierte Ansätze zur Gewährleistung der Gesundheit und des Wohlergehens der Bevölkerung zu verfolgen (WHO 5.2017).

 

Es gibt 23 UN-Organisationen, darunter auch die WHO, die eng mit der Regierung Sri Lankas zusammenarbeiten und sich dabei vom Rahmen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung 2018-2022 leiten lassen (WHO 5.2017).

 

Personen, die HIV-Präventionsdienste angeboten haben, und Gruppen mit hohem Infektionsrisiko wurden Berichten zufolge diskriminiert. Darüber hinaus haben Krankenhausbeamte Berichten zufolge den HIV-positiven Status ihrer Klienten veröffentlicht und sich gelegentlich geweigert, HIV-positive Personen zu behandeln (USDOS 20.04.2018).

 

21. Rückkehr

 

Rückkehrer müssen grundsätzlich keine staatlichen Repressalien fürchten, jedoch müssen sie sich nach der Rückkehr Vernehmungen durch das National Bureau of Investigation und das Criminal Investigation Department stellen. Ob es dabei zur Anwendung von Gewalt kommt, ist nicht bekannt. Spezielle Einrichtungen für unbegleitete Minderjährige bestehen nicht (AA 16.12.2017).

 

Bei der Einreise am Flughafen von Colombo mit gültigem sri-lankischem Reisepass werden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt. Dies gilt auch für Zurückgeführte (AA 16.12.2017).

 

Anders verhält es sich jedoch, wenn Rückkehrer keinen sri-lankischen Reisepass vorlegen können, sondern nur ein von einer sri-lankischen Auslandsvertretung ausgestelltes Reisedokument zur einmaligen Rückkehr nach Sri Lanka (Identity Certificate Overseas Missions, ICOM, auch Emergency-Passport genannt) vorweisen. In diesen Fällen werden die betroffenen Personen regelmäßig von der Einreisebehörde sowie von der Kriminalpolizei (CID) einer Personenüberprüfung unterzogen und zu Identität, persönlichem Hintergrund und Reiseziel befragt. Es ist nicht auszuschließen, dass von den sri-lankischen Auslandsvertretungen im Datensatz der betreffenden Personen ein entsprechender Vermerk veranlasst oder im Reisedokument angebracht wird. Den sri-lankischen Staatsangehörigen wird seitens der sri-lankischen Behörden kommuniziert, dass sie nur mit einem sri-lankischen Pass wieder ausreisen dürften. Fälle diskriminierender Behandlung auf diese Weise Einreisender (auch bei Tamilen) sind nicht bekannt. Ohne Vorlage eines Ausweisdokuments können Rückkehrer nicht einreisen (AA 16.12.2017).

 

Die Abteilung Operations & Migrant Services (OMS) von IOM Sri Lanka ist verantwortlich für die Bereitstellung von Lösungen zur Wiederansiedlung und Visumunterstützung für Einwanderer, Flüchtlinge, Einwanderungs- und Konsularabteilungen, diplomatische Missionen, Wiederansiedlungsstellen und Visumantragsteller im Zusammenhang mit temporärer oder permanenter Migration (IOM o.D.)."

 

4. Beweiswürdigung:

 

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

 

4.1. Zur Person des BF:

 

Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprachen Dari, Singhalesisch und Englisch und die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Sri Lankas.

 

Die Identität des BF steht auf Grund von vorgelegten, unbedenklichen Identitätsdokumenten fest.

 

4.2. Zu den Fluchtgründen des BF und zu einer möglichen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zu den Gründen des BF für das Verlassen seines Heimatstaates stützen sich auf die vom BF vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG getroffenen Aussagen und auf die vom BF vorgelegten Schriftstücke.

 

Als fluchtauslösendes Ereignis brachte der BF vor, dass er im Jahr 2001 als Tamile - im Bürgerkrieg - festgenommen worden sei. Seit 2003 habe er für TRO (Tamil Rehabilitation Organization) gearbeitet. 2004 habe sich die LTTE gespaltet und er habe dadurch große Probleme bekommen. Sein Haus sei 2005 bombardiert worden. 2006 habe er die Arbeit bei TRO beendet. Seiher sei er mehrmals gezwungen worden, die Tamil Partei zu unterstützen, die die Regierung unterstütze. Weil er dies nicht getan habe, sei er 2008 von der Regierungspartei inhaftiert und eine Woche lang misshandelt worden. 2012 sei er nochmals inhaftiert und erst mit Hilfe des Politikers Selvaraj aus dem Gefängnis entlassen worden. Seither habe er in großer Angst vor neuerlicher Verhaftung gelebt und im August 2014 schließlich seinen Herkunftsstaat verlassen. Seine Frau habe er 2013 geheiratet, seinen Sohn habe er noch nicht gesehen.

 

Der Ermittlungspflicht der Behörden steht eine Mitwirkungspflicht des BF gegenüber. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben erforderlich ist, dass der BF die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert, und dass diese Gründe objektivierbar sind, wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt. Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen und für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 11.11.1991, 91/12/0143, VwGH 13.04.1988, 86/01/0268). Der Antragsteller hat daher das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (u.a. VwGH 26.06.2997, 95/18/1291, VwGH 17.07.1997, 97/18/0336, VwGH 05.04.1995, 93/180289). Die Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Es obliegt dem BF, die in seiner Sphäre gelegenen Umstände seiner Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des BF hat vor allem zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 3 AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen.

 

Der BF hat sein Vorbringen das gesamte Verfahren hindurch im Wesentlichen übereinstimmend und konsistent erzählt und aufrechterhalten. Er hat im Kernbereich übereinstimmende, plausible und widerspruchsfreie Angaben gemacht.

 

Das von der belangten Behörde angeführte Argument der Unglaubwürdigkeit des BF wegen seines verwendeten Reisepasse mit Visum für die Russische Föderation geht ins Leere, zumal der BF dabei einen vom Schlepper zur Verfügung gestellten - und keinen ordnungsgemäßen - Reisepass verwendete, wofür der BF auch strafgerichtlich verurteilt worden ist.

 

Die vom BF dargelegten Umstände der Flucht der Geschwister seine Ehefrau in die Schweiz und seines Bruders nach Australien hat der BF - wie auch die Umstände seiner eigenen angegebenen Entlassung aus dem Gefängnis 2012 - mit Schriftstücken belegt, die in ihrer Gesamtheit im Wesentlichen stimmig und übereinstimmend waren.

 

Dem steht auf der anderen Seite aber entgegen, dass sich die Verhältnisse in Sri Lanka zuletzt geändert haben, sodass der BF mit seinem Vorbringen nicht mehr glaubhaft machen konnte, dass er konkret, individuell und vor allem aktuell aus - insbesondere politischen oder ethnischen - Gründen verfolgt würde. Die Berichte besagen aber auch, dass nach wie vor Personen, die verdächtigt werden, aktuell des Terrorismus verdächtig zu sein - und für Personen ohne gültigen Reisepass ist die Gefahr besonders groß - einer besonderen Überprüfung und unter Umständen der Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung bei allfälligen Einvernahmen oder Inhaftnahmen ausgesetzt sind.

 

Gerade der BF mit seinem Vorleben - mag er auch nicht als Terrorist oder als Kämpfer tätig gewesen sein - seiner Mitgliedschaft bei einer der LTTE nahestehenden tamilischen NGO, der zudem schon dreimal in Haft genommen worden ist und nachweislich über gesundheitliche Folgeschäden (wahrscheinlich von Folter) aufweist, ist somit im Falle seiner Rückkehr in Gefahr, menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK erleiden zu müssen.

 

Dem BF würde daher im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

 

4.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

 

Die diesem Erkenntnis zugrundegelegten Länderfeststellungen (siehe oben Punkt 3.4.) gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Sri Lanka ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben.

 

Die Verfahrensparteien haben diese Feststellungen nicht bestritten, wenngleich der BF moniert hat, dass die offiziellen Berichte die Realität nicht gänzlich zutreffend wiedergeben, sondern nach wie vor bestehende Aktivitäten gegen Tamilen zuwenig Erwähnung finden.

 

Einem notorischen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zufolge (Schnellrecherche vom 21.02.2018) droht nach wie vor Personen, die des Terrorismus verdächtigt werden - auch wenn sie nicht auf der UN Liste aufscheinen ("List of Designated Persons under Regulation 4(7) of teh United Nations Regulations No. 1 of 2012") -, tatsächlich bei mutmaßlichen LTTE-Verbindungen die Verhaftung.

 

5. Rechtliche Beurteilung:

 

5.1. Anzuwendendes Recht:

 

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

 

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

§ 10 VwGVG lautet:

 

"Werden in einer Beschwerde neue Tatsachen oder Beweise, die der Behörde oder dem Verwaltungsgericht erheblich scheinen, vorgebracht, so hat sie bzw. hat es hievon unverzüglich den sonstigen Parteien Mitteilung zu machen und ihnen Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist vom Inhalt der Beschwerde Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern."

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

 

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

 

5.2. Rechtlich folgt daraus:

 

Zu Spruchteil A):

 

5.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 07.10.2016 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 12.10.2016 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

 

5.2.2. Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde, wenngleich es bezüglich der Frage der Glaubwürdigkeit des BF, der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens und des Vorliegens der Voraussetzungen von subsidiärem Schutz zu einem anderen Ergebnis gekommen ist.

 

Das offenbar verwendete Länderinformationsblatt der Staatendokumentation wurde weder mit seiner Bezeichnung noch mit seinem Erstellungsdatum genannt.

 

5.2.3. Zur Beschwerde:

 

In Berücksichtigung des Vorbringens des BF und des Ergebnisses des Verfahrens war der Antrag auf Zuerkennung von Asyl abzuweisen, dem Antrag betreffend die begehrte Gewährung von subsidiärem Schutz jedoch Erfolg beschieden, da die Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr der Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK darstellen würde und ihm eine interne Fluchtalternative nicht zur Verfügung stünde.

 

5.2.4. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:

 

5.2.4.1. Zu § 3 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

5.2.4.1.1. Gemäß § 3 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes; Neufassung) verweist.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Die mit 01.01.2016 in Kraft getretenen Abs. 4 bis 4b des § 3 AsylG, die gemäß § 75 Abs. 24 für Asylanträge gelten, die nach dem 15.11.2015 gestellt worden sind, lauten:

 

"(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

 

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

 

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet."

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/011; VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454; VwGH 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; VwGH 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, 94/18/0263; VwGH 01.02.1995, 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

 

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, 98/01/0370; VwGH 22.10.2002, 2000/01/0322).

 

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, 98/01/0503 und 98/01/0648).

 

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, 98/20/0399; VwGH 03.05.2000, 99/01/0359).

 

Innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative:

 

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. z.B. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; VwGH 15.03.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539).

 

5.2.4.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

 

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

 

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom BF jedoch nicht glaubhaft gemacht werden. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen stellt keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

 

Da der BF die behaupteten Fluchtgründe, nämlich die - aktuell drohende - Verfolgung durch die Regierung bzw. durch die vormalige Regierungspartei, unter Berücksichtigung der aktuellen Lage im Herkunftsstaat nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, nicht vor.

 

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass dem BF gerade auf Grund der aktuellen Lage in Sri Lanka und seiner individuellen Situation mit diesem Erkenntnis der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

5.2.4.2. Zu § 8 AsylG (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

5.2.4.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Asylantrag bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Asylantrag auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Für das Vorliegen einer realen Gefahr ("real risk") reicht es nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist; es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN).

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte -EGMR - und des Europäischen Gerichtshofes - EuGH).

 

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

 

Der VwGH hat mit Verweis auf die ständige Judikatur des EGMR ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos darzulegen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61 204/09). Die spezifische Situation in Afghanistan sei nicht derart gelagert, dass eine Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

 

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) zur Verfügung steht (§ 8 Abs. 3 AsylG). Dies ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 11 AsylG, K15).

 

Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, muss es den Asylwerber möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 mit Verweis auf VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN).

 

5.2.4.2.2. Schutzbereich Gesundheit, Art. 3 EMRK:

 

Eine Verletzung des Art. 3 EMRK ist im Falle einer Abschiebung nach der Judikatur des EGMR, der sich die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angeschlossen haben, jedenfalls nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vergleiche hierzu EGMR, U 02.05.1997, D v. United Kingdom, Nr. 30240/96; EGMR E 31.05.2005, Ovidenko Iryna and Ivan v. Finland, Nr. 1383/04 sowie VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07, mwH). Der Schutzbereich des Art. 3 EMRK umfasst nicht nur Fälle, in denen der betroffenen Person unmenschliche Behandlung (absichtlich) zugefügt wird: Auch die allgemeinen Umstände, insbesondere unzulängliche medizinische Bedingungen im Zielstaat der Abschiebung können - in extremen Einzelfällen - in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK fallen. Allgemein ist der Rechtsprechung des EGMR zu entnehmen, dass "allein" schlechtere oder schwierigere (auch kostenintensivere) Verhältnisse in Bezug auf die medizinische Versorgung nicht ausreichen, um - in Zusammenhang mit einer Abschiebung - in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu reichen. Dazu sei das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erforderlich. Der EGMR betonte im Fall Bensaid v. United Kingdom, dass auf die "hohe Schwelle" des Art. 3 besonders Bedacht zu nehmen sei, wenn der Fall nicht die "direkte" Verantwortung des Vertragsstaates (des abschiebenden Staates) für die Zufügung von Leid betreffe (vergleiche Putzer, Asylrecht, Leitfaden zum Asylgesetz 2005 [2. Auflage 2011] Rz 196, mwH).

 

Diese Rechtslage wurde qualifiziert bestätigt durch das Urteil des EGMR vom 13.12.2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff, siehe auch VwGH 21.02.2017, Ra 2017/18/0008:

 

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Abschiebung oder Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff).

 

Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 183)."

 

5.2.4.2.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG gegeben sind:

 

Die vom BF geltend gemachten gesundheitlichen Probleme stellen keine akut existenzbedrohende Krankheitszustände dar und fallen daher für sich alleine noch nicht in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK.

 

Zumal der BF auch angegeben hat, weder für die LTTE gearbeitet zu haben, noch mit terroristischen Handlungen im Zusammenhang gestanden zu sein, konnte er - noch dazu in Ansehung der seit ca. drei Jahren bestehenden neuen Regierungspolitik - eine asylrelevante Verfolgung aus politischen Gründen nicht glaubhaft machen.

 

Presseberichten zufolge nehmen die sri-lankischen Behörden regierungskritische Aktivitäten im Ausland aber nach wie vor als Bedrohung wahr und überwachen diese. Die Behörden verfügten sowohl in Sri Lanka als auch im Ausland über gute Informationen über Kadermitglieder und Unterstützer der LTTE. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch ein Nicht-Tätigwerden bis zu einem gewissen Grad registriert wird. Insgesamt ist eine besondere Gefährdung der konkreten Person des BF aufgrund der Umsetzung des Prevention of Terrorism Act durch staatliche Behörden nicht wahrscheinlich.

 

Hinsichtlich seiner Volksgruppenzugehörigkeit ist festzuhalten, dass der BF aufgrund seiner Erscheinung und aus ihm bei einer Rückkehr ausgestellten Unterlagen bei der Einreise als Tamile erkennbar ist.

 

Eine systematische Verfolgung von Tamilen allein aus ihrer Volksgruppenzugehörigkeit ist aus den Länderberichten nicht ersichtlich. Die diskriminierende Behandlung habe im Vergleich zu Bürgerkriegszeiten abgenommen.

 

Wer einen Asylantrag im Ausland gestellt hatte, hat heute als Rückkehrer allein aufgrund dieses Umstandes keine Diskriminierung durch die sri-lankischen Innen- oder Sicherheitsbehörden mehr zu befürchten. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass bei Einreise, etwa durch gezielte Vernehmungen, geprüft wird, ob gegebenenfalls einzelfallbedingte Erkenntnisse - wie insbesondere eine frühere LTTE-Mitgliedschaft - oder andere nach sri-lankischem Recht strafbare Vorwürfe vorliegen.

 

Bei der Einreise am Flughafen von Colombo mit gültigem sri-lankischem Reisepass werden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt. Dies gilt im Grundsatz auch für Zurückgeführte. Anders, wenn ein von einer sri-lankischen Auslandsvertretung ausgestelltes Reisedokument zur einmaligen Rückkehr nach Sri Lanka (Identity Certificate Overseas Missions, ICOM, auch Emergency-Passport genannt) vorgelegt wird. In diesen Fällen werden die betroffenen Personen regelmäßig von der Einreisebehörde sowie von der Kriminalpolizei (CID) einer Personenüberprüfung unterzogen und zu Identität, persönlichem Hintergrund und Reiseziel befragt. Es ist nicht auszuschließen, dass von den sri-lankischen Auslandsvertretungen im Datensatz der betreffenden Personen ein entsprechender Vermerk veranlasst oder im Reisedokument angebracht wird. Fälle diskriminierender Behandlung auf diese Weise Einreisender (auch bei Tamilen) sind nicht bekannt.

 

Aufgrund des Vorlebens des BF und seiner Tätigkeiten bei einer der LTTE nahestehenden NGO - und seines Gesundheitszustandes, der zudem sein Vorbringen untermauert - kann somit im Falle seiner Rückkehr nach Sri Lanka nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass er als Rückkehrer einer mehr oder weniger intensiven Untersuchung durch die Sicherheitsbehörden ausgesetzt sein kann.

 

Den Berichten über willkürliche und überschießende Polizeigewalt, die sich durch die Volksgruppenzugehörigkeit des BF verstärken kann, die Tatsache, dass der Umfang und die Dauer dieser Überprüfungen nicht abschätzbar und oftmals willkürlich ist und letztlich durch die großteils unzumutbaren Haftbedingungen in Sri Lanka ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass dem BF im Falle seiner Verbringung in den Herkunftsstaat aufgrund seiner individuellen Situation im Zusammenhang mit der Lage in seinem Heimatstaat ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK) droht.

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF derzeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt sein, in Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt zu werden.

 

Daher war der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattzugeben und dem BF gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka zuzuerkennen.

 

5.2.4.3. Zu Spruchpunkt III. dieses Erkenntnisses (Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung):

 

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der zuerkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom BFA für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

 

Im gegenständlichen Fall ist dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka zuzuerkennen (siehe Spruchpunkt II.).

 

Daher ist dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres zu erteilen.

 

Zu Spruchteil B):

 

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zur Glaubhaftmachung von asylrelevanter Verfolgung bzw. des Vorliegens der Voraussetzungen für subsidiären Schutz im vorliegenden Zusammenhang auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

 

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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