B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W243.2173477.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 11.09.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1941/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle StA. Syrien, sämtliche vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 20.06.2017, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) und sind diese die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ). Alle sind Staatsangehörige Syriens und stellten am 13.09.2016 elektronisch sowie am 02.11.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (in der Folge: "ÖB Damaskus") jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Sohn bzw. Bruder der Beschwerdeführer XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, angeführt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2016 der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt wurde.
2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 28.04.2017 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Volljährigkeit der Bezugsperson bereits gegeben sei, sodass die Einreise der antragstellenden Eltern mangels gesetzlicher Familieneigenschaft zu verweigern sei.
3. Mit Schreiben vom 12.05.2017, übernommen am 16.05.2017, wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2017 verwiesen wurde. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
4. In einer Stellungnahme vom 17.05.2017 betonten die Beschwerdeführer, dass die Bezugsperson zum Zeitpunkt des Familienzusammenführungsantrages 17 Jahre alt gewesen sei. Aufgrund der langen Wartezeit sei er mittlerweile 18 Jahre alt geworden.
5. In einer weiteren Stellungnahme vom 18.05.2017 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihres Rechtsvertreters vor, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.01.2016 zur Zahl Ra 2015/21/0230, auf die sich das Bundesamt gestützt habe, auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres umzulegen sei. Die Richtlinie 2003/86/EG sei voll anwendbar, da die Bezugsperson asylberechtigt sei, was auch begünstigende Regeln nach sich ziehe sowie eine generelle Rücksichtnahme erfordere. Es sei nicht Art. 4 Abs. 2 lit. a, sondern Art. 10 Abs. 3 lit. a der Richtlinie anzuwenden, welcher den Nachzug der Eltern zwingend vorsehe. Dies stehe mit Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie, welcher vorschreibe, dass das Kindeswohl in allen Fällen berücksichtigt werden müsse, sowie der Judikatur des EuGH, wonach die erfolgreiche Familienzusammenführung den Regelfall darstellen solle und die Mitgliedstaaten ihren Spielraum nicht in einer Weise nutzen dürften, der dem Zweck der Richtlinie widerspreche, im Einklang. In Anbetracht dieser unionsrechtlichen Vorschriften erscheine eine Auslegung, wonach die Gestattung der Familienzusammenführung allein von der Bearbeitungsdauer durch die Behörden abhängig sei, unzulässig.
Weiters werde darauf aufmerksam gemacht, dass derzeit ein Vorabentscheidungsersuchen am Gerichtshof der Europäischen Union (C-550/16 ) anhängig sei, welches sich mit derselben Thematik wie im vorliegenden Fall beschäftige, weshalb das gegenständliche Verfahren bis zur Beantwortung des Ersuchens ausgesetzt oder seinerseits dem EuGH vorgelegt werden müsse.
6. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dieses in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.05.2017 mit, dass eine Zuerkennung des Status im Sinn des § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nach wie vor nicht wahrscheinlich sei und werde auf die ursprüngliche Stellungnahme verwiesen.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.06.2017 wies die ÖB Damaskus die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht im Wege der Vertretung der Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde. Darin wiederholten die Beschwerdeführer das bereits im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 18.05.2017 Vorgebrachte und stellten den Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben und den Beschwerdeführern die Einreise gemäß § 35 AsylG 2005 zu gewähren.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.09.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden seien. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Unabhängig von dieser Bindungswirkung fehle es an der Grundvoraussetzung der Minderjährigkeit der Bezugsperson. Wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 26.01.2016, Ra 2015/21/0230, ausgeführt habe, komme es hinsichtlich der Volljährigkeit der Bezugsperson nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Entscheidungszeitpunkt an.
Auch sei auf den Beschluss des VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253-0254, zu verweisen, aus dem im Wesentlichen hervorgehe, dass der Zweck der Ausstellung eines Einreisetitels darin bestehe, den Nachziehenden die Einreise zu ermöglichen und diesen denselben Schutz zu gewähren. Diesem Zweck werde aber nicht entsprochen, wenn die Eltern eines im Laufe des Verfahrens gemäß § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise gestattet werde, weil sie bei der Antragstellung nicht mehr dem Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 unterliegen würden. Der Einreisetitel gemäß § 35 AsylG 2005 erweise sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, sondern sei vielmehr auf die anderen – nach NAG und FPG eröffneten – Möglichkeiten zu verweisen.
Schließlich treffe auch die RL 2003/86/EG keine Aussage darüber, auf welchen Zeitpunkt – der Antragstellung oder der Entscheidung – abzustellen sei.
Für eine Aussetzung des Verfahrens sei im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung kein Raum und sei der Beschwerdefall darüber hinaus entscheidungsreif. Die Frage im Vorabentscheidungsersuchen EuGH-C-550/16 stelle für das vorliegende Beschwerdeverfahren – wegen der anders gelagerten Fallgestaltung – keine Vorfrage zur Klärung der Hauptfrage dar.
10. Am 12.09.2017 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Zur Begründung wurde auf die Beschwerde vom 12.07.2017 verwiesen.
11. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 12.10.2017, eingelangt am 16.10.2017, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Syriens und stellten am 13.09.2016 elektronisch bzw. am 02.11.2016 persönlich bei der ÖB Damaskus jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, genannt, welcher der Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie der Bruder der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ist. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2016 der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.
Die Bezugsperson XXXX wurde am XXXX volljährig.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte nach Prüfung des Sachverhaltes mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es sich bei den Antragstellern nicht um Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 handle. Die Bezugsperson sei volljährig.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Alter der Bezugsperson, ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der ÖB Damaskus und wurden von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012:
"(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
3.2. § 11 und § 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
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Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
3.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.
Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, als Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und Bruder der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin genannt.
Es ergibt sich aus den vorliegenden Akten zweifelsfrei, dass die angegebene Bezugsperson im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide bereits volljährig war. Die Bezugsperson wurde kurz nach der elektronischen Antragstellung durch die Beschwerdeführer am 13.09.2016, nämlich am XXXX , volljährig, womit der Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 bezüglich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nicht erfüllt ist. Die Drittbeschwerdeführerin als minderjährige Schwester der Bezugsperson wird per definitionem nicht vom Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 erfasst.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung zur Zl. Ra 2015/21/0230 bis 0231-3 unter anderem mit dem Begriff Familienangehöriger nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005 näher auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass aus den ErläutRV zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen sei. Auch sehe die RL 2003/86/EG den Nachzug von Aszendenten (insbesondere den Eltern) in ihrem Art. 4 Abs.2 lit. a nur optional vor.
Auch der Verfassungsgerichtshof sah in seiner Entscheidung vom 18.9.2015 zu E 360-361/2015-21 keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf eine im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegende Eigenschaft der beschwerdeführenden Parteien als Familienangehörige iSd § 35 Abs. 5 AsylG 2005.
Diese Judikatur wurde vom VwGH auch in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254) bestätigt.
Wie der VwGH in Ra 2016/18/0253-0254 vom 21.02.2017 zudem ausführte, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn, wie im gegenständliche Fall, den Eltern eines im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würden.
Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn bzw. Bruder zu entsprechen. Sie sind vielmehr auf die anderen, im NAG und FPG eröffneten Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen.
Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein jeweils mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf den in Österreich befindlichen Sohn bzw. Bruder nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.
In Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist gegenständlich auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen.
Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Asylberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016 in der Rechtssache C 558/14 , betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Soweit in der Beschwerde die Meinung vertreten wird, das beim EuGH zur Zl. C-550/16 anhängige niederländische Vorabentscheidungsersuchen stelle eine Vorfrage iSd § 38 AVG dar, weshalb das gegenständliche Verfahren bis zur Beantwortung des Ersuchens ausgesetzt werden müsse und dies auch schon seitens der belangten Behörde hätte erfolgen müssen, ist Folgendes zu entgegnen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Vertretungsbehörden im Ausland nur über eingeschränkte Möglichkeiten verfügen und sie wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff). Eine Aussetzung nach § 38 Abs. 2 AVG durch die ÖB Damaskus wäre damit bereits vor diesem Hintergrund rechtlich unmöglich gewesen, worauf die belangte Behörde auch zutreffend in der bekämpften Entscheidung hingewiesen hat.
Das erkennende Gericht teilt darüber hinaus die Ansicht der ÖB Damaskus, dass die seitens der Rechtbank Den Haag (Niederlande) an den EuGH gerichtete Vorlagefrage für das vorliegende Beschwerdeverfahren keine Relevanz hat. Dies aus nachfolgenden Gründen:
Die Vorlagefrage der Rechtbank Den Haag (Niederlande) an den EuGH vom 31.10.2016 (Rechtssache C-550/16 ) lautet:
"Ist im Rahmen der Familienzusammenführung bei Flüchtlingen als "unbegleiteter Minderjähriger" im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2003/86 auch ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser unter 18 Jahren anzusehen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedstaat einreist und der
- Asyl beantragt,
- während des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat 18 Jahre alt wird,
- Asyl rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung erhält und
- anschließend Familienzusammenführung beantragt?"
Dieses Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH betrifft somit die Frage, ob die Eigenschaft als "unbegleiteter Minderjähriger" iSd der RL 2003/86/EG auch nach Erreichen der Volljährigkeit erhalten bleibt und zwar in jener Fallkonstellation, wenn ein zum Zeitpunkt der Antragstellung in einem Mitgliedstaat minderjähriger Asylwerber im Laufe seines Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht und danach rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung Asyl erhält sowie in der Folge (ebenfalls nach Erreichen der Volljährigkeit) eine Familienzusammenführung beantragt.
Demgegenüber liegt dem gegenständlichen Verfahren eine andere Fallkonstellation zugrunde: die Bezugsperson war zwar wie in dem genannten Vorabentscheidungsverfahren zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich noch minderjährig, wurde jedoch nicht bereits während des laufenden Asylverfahrens volljährig, sondern erst nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten. Auch zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung der Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 war die Bezugsperson anders als im Vorabentscheidungsverfahren zur Rechtssache C-550/16 jedenfalls noch minderjährig.
Aus diesen Erwägungen folgt, dass dem erwähnten Vorabentscheidungsverfahren kein identer oder gleichgelagerter Sachverhalt wie dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegt und ist dieses daher auch nicht im vorliegenden Fall einschlägig, weshalb keine Aussetzung der Verfahren zu erfolgen hat.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254), denen gleichgelagerte Sachverhalte wie der gegenständliche zugrunde lagen, keine Veranlassung gesehen hat, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 13.09.2016 elektronisch bzw. am 02.11.2016 persönlich, und damit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG 2005 kommt daher nicht zu tragen, weshalb § 35 AsylG 2005 in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
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