BVwG W161 2123976-2

BVwGW161 2123976-228.2.2017

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W161.2123976.2.00

 

Spruch:

W161 2123976-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 20.09.2016, Zl. Islamabad-OB/KONS/1617/2015, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX, Rechtsanwalt in XXXX Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 19.07.2016, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Afghanistan und stellte am 08.06.2015, unter Anschluss diverser Unterlagen, bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: "ÖB Islamabad") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte sie aus, ihr Ehemann, XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, sei als Asylberechtigter in Österreich aufhältig. Mit diesem wolle sie nun gemeinsam im Bundesgebiet leben.

1.2. Mit Schreiben vom 09.10.2015, zugestellt am 12.11.2015, wurde der Antragstellerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe.

1.3. Am 09.12.2015 brachte die Antragstellerin durch ihren Rechtsvertreter innerhalb offener Frist eine Stellungnahme ein und führte darin aus, in der Aufforderung werde nicht erwähnt, aus welchem konkreten Grund die Behörde annehme, es hätte die Eheschließung nicht vor der Flucht stattgefunden. Wie aus der vorgelegten Beilage hervorgehe, hätte die Antragstellerin im Jahr 2010 geheiratet, der Gatte XXXXsei am 27.10.2011 nach Österreich gekommen und habe an diesem Tag einen Asylantrag gestellt. Aus dem Vorbringen des Ehegatten in seinem Asylverfahren gehe nicht nur die Eheschließung im "10. Monat 1388" hervor, sondern auch, dass vor einem Mullah – und damit in Afghanistan rechtsgültig – geheiratet worden sei. Nachdem dem Gatten am 22.10.2014 Asyl gewährt worden sei und für die Antragstellerin kein Asylausschlussgrund hervorgekommen sein könne, sei ihr richtiger Weise der beantragte Einreisetitel im Asyl- Familienverfahren zu erteilen. Zudem werde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Vorliegens einer Nachfluchtehe ein Einreisetitel zu erteilen sei.

Mit der Stellungnahme wurden zahlreiche Urkunden, darunter Kopien der Niederschriften des Ehegatten der Beschwerdeführerin anlässlich seiner Asylantragstellung, vorgelegt.

1.4. Mit Bescheid vom 15.01.2016 verweigerte die ÖB Islamabad – nach negativer Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2015 – die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG; iVm §35 AsylG mit der Begründung, die Gewährung des Status eines Subsidiär Schutzberechtigten sei nicht wahrscheinlich. Da die Ehe zwischen der Antragstellerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, gelte die Beschwerdeführerin nicht als Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstückes des AsylG (§ 2 Abs. 1 Z 22 AsylG).

1.5. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.04.2016 zur GZ W161 2123976-1/4E, wurde der Beschwerde stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

1.7. Mit Stellungnahme vom 15.06.2016 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, eine Statusgewährung an die Antragstellerin sei nicht wahrscheinlich. Es hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben, weil

+ sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergäbe, dass die Eigenschaft, als Familienangehöriger im Sinne von § 35 AsylG gar nicht bestehe;

+ die Ehe zwischen der Verfahrenspartei und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe bzw. eine Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht habe nachgewiesen habe können bzw. gar nie bestanden habe;

+ die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da eine gültige Ehe auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden sei;

+ aufgrund der amtlich aufliegenden Erkenntnissen über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen den wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, könne aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen sei;

+ sich massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden ergeben haben und die Behörde davon ausgehe, dass diese widerrechtlich erlangt worden wären.

Begründend wurde hierzu ausgeführt wie folgt:

"Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses ergaben sich bei einer Gegenüberstellung der Angaben folgende Tatbestände:

Da die Bezugsperson nach eigenen Angaben (Einvernahme vom 11.06.2012 im damaligen Bundesasylamt Außenstelle Graz) bereits im selben Jahr – 1388 – im Heimatland zum Christentum konvertiert ist, kann auch nach islamischem Recht – aufgrund des Abfalls vom Islam – nicht mehr vom Bestehen einer aufrechten Ehe ausgegangen werden.

Das heißt, im vorliegenden Fall wäre die Ehe auch im Heimatland gar nie als gültig anzusehen gewesen.

Somit wäre eine amtliche Registrierung dieser Ehe zwischen einem nichtmuslimischen Mann und einer muslimischen Frau im Jahre 2015 gar nicht möglich gewesen.

XXXX hat bereits 1 ¿ Jahre vor seiner Einreise in Österreich im Oktober 2011, sein Heimatland verlassen.

Sowohl die Angaben zur Konversation von XXXX zum Christentum, sowie die Tatsache, dass zwischen den Verfahrensparteien kein gemeinsames Familienleben stattgefunden hat, bestätigen die niederschriftlichen Angaben von XXXX vom 08.06.2015 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad.

I lived together with my husband less than 1 month because my husband changed his religion from Muslim to Christianity religion

Die Verfahrenspartei ist somit gem. § 35 Abs. 5 AsylG nicht antragsberechtigt und es wird ausdrücklich festgehalten, dass Lebensgemeinschaften nicht von der Begriffsbestimmung umfasst sind und eine Eigenschaft als Ehegatte bereits im Herkunftsstaat bestanden haben muss."

1.8. Mit Schreiben vom 22.06.2016 wurde der Beschwerdeführerin neuerlich Parteiengehör eingeräumt und ihr die Begründung der Stellungnahme des BFA übermittelt.

1.9. Mit Schriftsatz vom 29.06.2016 brachte die Antragstellerin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter eine Stellungnahme ein und brachte hiezu im Wesentlichen vor, weder die Botschaft, noch das BFA hätten Erhebungen zur Rechtmäßigkeit der vorgelegten Eheeintragungsurkunde durchgeführt, sondern würden aus dem Umstand, dass der Gatte zum Christentum konvertiert sei, auf Nichtigkeit der Ehe schließen. Aus der Begründung der Stellungnahme selbst gehe hervor, dass eine gültige Ehe geschlossen worden wäre. Die Antragstellerin habe selbst angegeben, einen Monat lang mit dem Gatten zusammengewohnt zu haben. In Afghanistan lebe eine Frau nur dann mit einem Mann im hier gemeinten Sinne zusammen, wenn sie mit diesem verheiratet sei. Es möge sein, dass nach islamischem Recht eine Ehe zwischen einem vom islamischen Glauben abgefallenen und einer Muslimin nichtig sei oder werde. Eine derartige Rechtsfolge eines Glaubenswechsels entspreche jedoch nicht der österreichischen Rechtsordnung. Zu diesem Punkt wird auf § 6 IPRG verwiesen. Durch die Nichtanerkennung der rechtmäßig geschlossenen Ehe (nichts anderes, als eine rechtmäßig geschlossene Ehe werde durch die vorgelegte Eintragungsurkunde bestätigt), wegen des Glaubenswechsels des Gatten würde Österreich gegen elementare Verfassungsgrundsätze – so etwa gegen die Religionsfreiheit nach Art. 9 EMRK – verstoßen, weshalb zur Bewertung der Gültigkeit der Ehe das österreichische Ehegesetz anzuwenden sei. Nach § 27 Ehegesetz könne sich niemand – somit auch nicht das BFA – auf die Nichtigkeit einer Ehe berufen, solange nicht die Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden sei.

1.10. Mit Bescheid vom 19.07.2016 wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 Fremdenpolizeigesetz idgF iVm § 35 AsylG 2005 i.d.g.F. abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Ehe zwischen der Antragstellerin und der Bezugsperson habe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden, weshalb die Antragstellerin keine Familienangehöriger iSd vierten Hauptstückes des Asylgesetz 2005 sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005). Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Stellungnahme des BFA zu entnehmen gewesen. Das BFA habe nach Prüfung der neuerlichen Stellungnahme der Antragstellerin mitgeteilt, dass durch deren Vorbringen nicht habe unter Beweis gestellt werden können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei. Der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels sei daher abzuweisen gewesen.

1.11. Dagegen brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin am 16.8.2016 eine Beschwerde ein, in welcher zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben und auf die Ausführungen zum Glaubenswechsel in der Stellungnahme vom 29.6.2016 verwiesen wird. Es sei daher von einer gültig geschlossenen und nach wie vor aufrechten Ehe auszugehen. Aus der Vorgangsweise des BFA, die Ehe nicht anzuerkennen, weil eine muslimische Frau nicht mit einem zum Christen konvertierten Mann verheiratet sein dürfe, sei zu erkennen, dass die Eheeintragungsurkunde vom 12.4.2015 für echt gehalten werde. Es werde der Antrag gestellt, der Beschwerdeführerin ein Einreisevisum im Familienverfahren zum asylberechtigten Gatten zu erteilen und dazu eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

1.12. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.09.2016 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht. An der Bindung der Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA habe der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten.

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt habe und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognose vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels käme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung des selben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

1.13. Am 03.10.2016 wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht, in welchem insbesondere auf die eingebrachte Beschwerde verwiesen wurde.

1.14. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres vom 17.10.2016 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführende Partei stellte am 08.06.2015 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.

Diesem Antrag waren Kopien zahlreicher Urkunden angeschlossen, darunter auch ein "Islamic Republic of Afghanistan, Supreme Court, Marriage Certificate" betiteltes Dokument, welches die Registrierung einer am 10.01.2010 in XXXX District geschlossenen Ehe beurkundet.

Der im Antrag genannte Ehemann der Beschwerdeführerin, XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, stellte in Österreich am 27.10.2011 einen Asylantrag. Ihm wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.10.2012, zu GZ: W172 1427512-1/11E, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der österreichischen Botschaft Islamabad vom 15.01.2016 abgewiesen.

Diese Entscheidung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.04.2016 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

Auch nach neuerlicher Prüfung der von der Beschwerdeführerin eingebrachten Stellungnahme wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter oben dargelegter näherer Begründung mitgeteilt, dass eine Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Antragstellerin keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 sei.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der Österreichischen Botschaft Islamabad und wurden von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 70/2015 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[ .]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[ .]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[ .]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX geb., als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.

Im vorliegenden Fall gibt es jedoch gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des Familienverhältnisses.

Die Beschwerdeführerin gab im Verfahren am 08.06.2015 an, sie habe vor sechs Jahren geheiratet (das ergibt das Jahr 2009). Sie gab weiters an, sie habe mit 17 Jahren geheiratet. Dies ergibt ebenfalls das Heiratsjahr mit 2009. Laut vorgelegtem Marriage Certificate hat die Hochzeit allerdings im Jahr 2010 stattgefunden. Dies gab auch der angebliche Ehemann in seinem Verfahren an, in welchem er von einer Hochzeit im 10. Monat des Jahres 1388, welches dem Jahr 2010 entspräche, gesprochen hat.

Hätte die Beschwerdeführerin tatsächlich wie von ihr behauptet mit 17 Jahren geheiratet, wäre sie noch nicht volljährig gewesen und wäre das Vorliegen einer sogenannten in Österreich nicht gültigen Kinder-Ehe zu prüfen.

Die Beschwerdeführerin gab am 08.06.2015 weiters an, die Hochzeit sei nach afghanischer Tradition durch einen Mullah erfolgt, sie habe keinen Fingerabdruck unter eine Urkunde gesetzt. Sie sei nach ihrer Hochzeit in das Haus der Familie ihres Ehegatten gezogen und habe mit ihrem Mann weniger als ein Monat zusammengelebt, weil dieser seine Religion von Moslem zu Christ geändert habe und sein Leben deshalb in Gefahr gewesen wäre.

Die genannte Bezugsperson gab bei der Erstbefragung als Religion noch Moslem an, nannte zunächst als Fluchtgrund die Verfolgung durch die Taliban. Erst bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt gab er, nach weiteren Fluchtgründen befragt an, auch religiöse Probleme zu haben. Er sei Mitglied der Christen. Er sei aufgeflogen, ebenso sein Bruder. Der Priester sei verhaftet worden und sei er geflüchtet. Bei näherer Befragung stellte sich heraus, dass die Bezugsperson wenig bis keine Ahnung von der christlichen Religion hatte.

Erst im Beschwerdeverfahren legte XXXX einen Taufschein vor, welcher ihm eine Taufe am 24.06.2012 bescheinigte. In der Folge wurden ihm vom Bundesverwaltungsgericht der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Auch die Bezugsperson gab an, die Ehe nur traditionell vor einem Mullah geschlossen zu haben. Obwohl der angegebene Ehemann nunmehr spätestens seit seiner Taufe im Jahr 2012 der christlichen Glaubensgemeinschaft angehört und beide angeblichen Ehepartner angeben, nur nach islamischer Tradition vor einem Mullah geheiratet zu haben, beruft sich die Beschwerdeführerin, die nach wie vor Muslima ist, auf diese nach islamischer Tradition geschlossene Ehe.

Abgesehen von den bereits aufgezeigten Ungereimtheiten zu der behaupteten Eheschließung muss – wie vom BFA zutreffend aufgezeigt – auch die Gültigkeit der vorgelegten Urkunden zu der angeblichen Eheschließung bezweifelt werden. Zunächst ist auszuführen, dass auch dem erkennenden Gericht bekannt ist, dass im Herkunftsstaat der Verfahrenspartei es sehr leicht möglich ist, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt widerrechtlich zu erlangen. Vorgelegte Urkunden aus dem Raum Afghanistan erweisen sich häufig als nicht echt und nicht richtig.

Die angebliche Eheurkunde wurde am 12.04.2015 ausgestellt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der angebliche Ehegatte bereits in Österreich und war er spätestens im Jahr 2012 zum christlichen Glauben übergetreten. Muslimischen Frauen ist die Eheschließung mit nichtmuslimischen Männern nicht erlaubt. Ein MosIem darf im umgekehrten Fall schon eine nicht-muslimische Frau ehelichen.

Auch für den Fall, dass die vorgelegte Urkunde echt wäre, hätte die Beschwerdeführerin diese Eintragung wohl aufgrund falscher Angaben vor der Behörde bzw. dem Gericht erwirkt, da ihr zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass ihr Mann vom muslimischen Glauben abgefallen war.

Die maßgeblichen Bestimmungen des afghanischen Zivilgesetzbuches (Madani Qanun) vom 05.01.1997, Amtsblatt der Republik Afghanistan, Band 19 (1977) Nr 353, lauten in der unverändert in Geltung stehenden Stammfassung wie folgt:

Der Eheschließungsvertrag wird nach der Registrierung der in Art 46 dieses Gesetzes vorgesehenen zuständigen Personenstandsbehörde mitgeteilt. Wenn die Registrierung des Eheschließungsvertrages in dieser Weise nicht möglich ist, findet sie in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise statt.

Nach Art 61 Abs 2 afghanisches Zivilgesetzbuch ist für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages dessen Registrierung vorgeschrieben; und zwar zumindest in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise. Ohne Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ist die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig (vgl Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Afghanistan, 1990, S. 16).

In der Praxis registriert eine große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung die Eheschließung nicht bei den staatlichen Behörden, da die Form der "Ehe nach islamischem Recht" (Scharia-Familienrecht) für alltägliche Angelegenheiten ausreichend ist; demnach stellt in Afghanistan eine gültige Ehe nach staatlichem Recht die Ausnahme dar (vgl Rights & Democracy, A Woman-s Place: Perspectives on Afghanistan-s Evolving Legal Framework, 2010, S. 27-36; Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Family Structures and Family Law in Afghanistan – A Report of the Fact-Finding Mission to Afghanistan January-March 2005, S 19-20).

Die nach islamischem Recht geschlossenen Ehen werden in Österreich nur anerkannt, wenn sie nachträglich staatlich registriert wurden und nicht dem ordre public widersprechen.

In casu ist davon auszugehen, dass das afghanische Gericht die Eintragung der lediglich nach islamischem Ritus geschlossenen Ehe bei Kenntnis der wahren Sachlage – Glaubensabfall und Taufe des Ehemannes – nicht durchgeführt hätte.

Somit ist auch bei Annahme, dass die vorgelegte Urkunde von der angegebenen Stelle ausgestellt wurde, davon auszugehen, dass die Beurkundung durch falsche Angaben und somit widerrechtlich erwirkt wurde.

Im vorliegenden Fall liegen somit nur übereinstimmende Angaben der Beschwerdeführerin und des angeblichen Ehemannes dahin gehend vor, dass man nach traditionellem Recht die Ehe geschlossen habe, bereits das Jahr der Eheschließung wurde nicht übereinstimmend angegeben. Die zum Nachweis der Eheschließung vorgelegten Urkunden sind zweifelhaft und muß auch bei Annahme, der Echtheit derselben davon ausgegangen werden, dass die Behörde bzw. das Gericht diese bei Kenntnis des tatsächlichen Sachverhaltes nicht ausgestellt hätte.

Da die belangte Behörde hinsichtlich des Einreiseantrags der Beschwerdeführerin ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Der beschwerdeführenden Partei war weiters ausreichend Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren und zur Einbringung ihrer Stellungnahme eingeräumt worden (vgl. dazu VwGH, 29.09.2011, Zl. 2010/21/0344). Ermittlungsfehler oder sonstige Verfahrensfehler liegen gegenständlich nicht vor.

Was den Antrag auf Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung betrifft, ist nicht erkennbar, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließe, zumal hier ausschließlich eine Rechtsfrage zu klären war – und nach der gefestigten Rechtsprechung (auch) zu Art. 47 GRC (vgl. VwGH 24.2013, 2013/07/0088) dann, wenn das Verfahren rechtliche und "hochtechnische" Fragen betrifft, deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erfordert.

Soweit die Beschwerdeführerin auch mit dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK argumentiert, ist hierzu auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall - wie bereits dargelegt wurde - nicht vorliegen.

Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14 , betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Die Vertretungsbehörden im Ausland verfügen auch nur über eingeschränkte Möglichkeiten und sie wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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