VfGH G329/2018

VfGHG329/201812.3.2019

Keine Bedenken gegen die Zuweisung von – vor der Einantwortung geführten – Erbrechtstreitigkeiten in das außerstreitige Verfahren nach dem AußStrG; keine Unsachlichkeit der verfahrensbeschleunigenden vierzehntägigen Frist für Rekurse und Revisionsrekurse im Erbrechtsverfahren vor Einantwortung und keine Bedenken gegen die 4-wöchige Frist gegen ein Urteil in einem Erbschaftsprozess auf Grund der unterschiedlichen Regelungssysteme

Normen

B-VG Art7 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
AußStrG §63, §65, §68, §161
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:G329.2018

 

Spruch:

I. Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen" in §63 Abs2 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl I Nr 111/2003, der Wortfolge "beträgt vierzehn Tage. Sie" in §65 Abs1 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl I Nr 111/2003, und der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen" in §68 Abs1 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl I Nr 111/2003, wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag begehrt der Oberste Gerichtshof

"der Verfassungsgerichtshof möge [...]

 

1. In §63 [AußStrG] in der Fassung des BG BGBl I 2009/52 in Absatz 2 die Wortfolge: 'binnen 14 Tagen';

 

2. in §65 [AußStrG] in der Stammfassung, BGBI I 2003/111, in Absatz 1 die Wortfolge: 'beträgt 14 Tage. Sie'

 

3. in §68 [AußStrG] in der Stammfassung, BGBl I 2003/111, in Absatz 1 Satz 2 die Wortfolge: 'binnen 14 Tagen' [...]

 

B. Hilfsweise [...] auch [...]

 

1. In §46 [AußStrG] in der Fassung des BG BGBl I 2010/111, in Absatz 1 die Wortfolge: 'beträgt vierzehn Tage. Sie';

2. in §48 [AußStrG] in der Stammfassung BGBl I 2003/111, in Absatz 2 die Wortfolge: 'binnen 14 Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung an sie' [...]"

als verfassungswidrig aufheben.

II. Rechtslage

1. Die §§23, 46, 48, 63, 65, 68, 161, 162, 163, 164 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/2003_111_1/2003_111_1.pdf , idF BGBl I 111/2010 lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Fristen

 

§23. (1) Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Fristen, ausgenommen §222 ZPO, sind sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Die Fristen für die Einbringung und Beantwortung eines Rechtsmittels und die Anbringung eines Abänderungsantrags sind Notfristen.

 

[...]

 

Rekursfrist

 

§46. (1) Die Frist für den Rekurs beträgt vierzehn Tage. Sie beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des selbständig anfechtbaren Beschlusses.

 

(2) Eine nicht aktenkundige Partei, der der Beschluss nicht zugestellt worden ist, kann einen Rekurs bis zu jenem Zeitpunkt erheben, bis zu dem eine aktenkundige Partei einen Rekurs erheben oder eine Rekursbeantwortung erstatten kann.

 

[...]

 

Rekursbeantwortung

 

§48. (1) Wird ein Rekurs gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache oder über die Kosten des Verfahrens entschieden worden ist, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift des Rekurses zuzustellen.

 

(2) Die Parteien, denen eine Gleichschrift des Rekurses zugestellt worden ist, können binnen vierzehn Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung an sie beim Gericht erster Instanz eine Rekursbeantwortung anbringen; §47 Abs1 ist sinngemäß anzuwenden. Solange eine aktenkundige Partei einen Rekurs oder eine Rekursbeantwortung anbringen kann, können auch die nicht aktenkundigen Parteien eine Rekursbeantwortung anbringen.

 

(3) Von der Einbringung der Rekursbeantwortung sind die anderen Parteien durch Zustellung einer Gleichschrift zu verständigen.

 

[...]

 

Zulassungsvorstellung

 

§63. (1) Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt 30 000 Euro und hat das Rekursgericht nach §59 Abs1 Z2 ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach §62 Abs1 nicht zulässig ist, so kann eine Partei einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin gehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung); der Antrag muss hinreichend erkennen lassen, warum - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - nach §62 Abs1 der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Mit demselben Schriftsatz ist der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen.

 

(2) Die Zulassungsvorstellung, verbunden mit dem ordentlichen Revisionsrekurs, ist beim Gericht erster Instanz binnen vierzehn Tagen zu stellen; die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts zu laufen. §65 Abs1 zweiter Satz und Abs2 gilt sinngemäß.

 

(3) Erachtet das Rekursgericht die Zulassungsvorstellung für stichhältig, so hat es seinen Ausspruch mit Beschluss abzuändern und auszusprechen, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch nach §62 Abs1 zulässig ist; dieser Beschluss ist kurz zu begründen (§59 Abs3 letzter Satz).

 

(4) Erachtet das Rekursgericht die Zulassungsvorstellung für nicht stichhältig, so hat es diese samt dem ordentlichen Revisionsrekurs mit Beschluss zurückzuweisen; dabei kann sich das Rekursgericht mit einem Hinweis auf die Begründung seines aufrechterhaltenen Ausspruchs begnügen, wonach der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel zulässig.

 

(5) Erklärt das Rekursgericht den Revisionsrekurs doch für zulässig, so hat es diesen Beschluss den Parteien zuzustellen und, soweit vorgesehen, dem Revisionsrekursgegner die Beantwortung des Revisionsrekurses freizustellen. Davon ist auch das Gericht erster Instanz zu verständigen.

 

[...]

 

Frist, Form und Inhalt des Revisionsrekurses

 

§65. (1) Die Frist für den Revisionsrekurs beträgt vierzehn Tage. Sie beginnt mit der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts. Eine nicht aktenkundige Partei, der der Beschluss nicht zugestellt worden ist, kann einen Revisionsrekurs bis zu jenem Zeitpunkt erheben, bis zu dem eine aktenkundige Partei einen Revisionsrekurs erheben oder eine Revisionsrekursbeantwortung erstatten kann.

 

(2) Der Revisionsrekurs ist durch Überreichung eines Schriftsatzes beim Gericht erster Instanz zu erheben; er kann nicht zu gerichtlichem Protokoll erklärt werden.

 

(3) Der Revisionsrekurs hat neben den allgemeinen Erfordernissen eines Anbringens zu enthalten

1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen welchen der Revisionsrekurs gerichtet ist;

2. die bestimmte Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten wird, die ebenso bestimmte kurze Bezeichnung der Gründe der Anfechtung und die Erklärung, ob die Aufhebung oder welche Abänderung des Beschlusses beantragt wird;

3. das tatsächliche Vorbringen und die Beweismittel, durch welche die Revisionsrekursgründe erwiesen werden sollen;

4. soweit der Revisionsrekurs auf §66 Z4 gestützt wird, ohne Weitläufigkeit die Gründe, aus welchen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint;

5. die Unterschrift eines Rechtsanwalts oder Notars;

6. bei einem außerordentlichen Revisionsrekurs gesondert die Gründe, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts nach §62 Abs1 der Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

 

[...]

 

Revisionsrekursbeantwortung

 

§68. (1) Wird ein Revisionsrekurs oder eine Zulassungsvorstellung, mit der ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen. Diese Parteien können binnen vierzehn Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses mittels Schriftsatzes überreichen; §65 Abs1 zweiter Satz, Abs2 zweiter Halbsatz, Abs3 Z3 bis 6 und §66 Abs2 sind sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Einwendungen gegen die Rechtzeitigkeit oder Zulässigkeit des Revisionsrekurses oder der Zulassungsvorstellung können nicht durch Rekurs, sondern nur in der Revisionsrekursbeantwortung geltend gemacht werden.

 

(3) Die Frist für die Beantwortung des Revisionsrekurses beginnt bei

1. einem Revisionsrekurs, dessen Zulässigkeit das Rekursgericht ausgesprochen hat (ordentlicher Revisionsrekurs), mit der Zustellung der Gleichschrift des Revisionsrekurses durch das Gericht erster Instanz;

2. einer Zulassungsvorstellung, mit dem ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, mit der Zustellung der Mitteilung des Rekursgerichts, dass den anderen aktenkundigen Parteien die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde;

3. einem außerordentlichen Revisionsrekurs mit der Zustellung der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs, dass den anderen aktenkundigen Parteien die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde.

 

(4) Die Revisionsrekursbeantwortung ist einzubringen:

1. beim Rekursgericht, wenn dieses den anderen aktenkundigen Parteien nach §63 Abs5 freigestellt hat, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen;

2. beim Obersten Gerichtshof, wenn dieser den anderen aktenkundigen Parteien nach §71 Abs2 freigestellt hat, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen;

3. sonst beim Gericht erster Instanz.

 

(5) Von der Einbringung einer Revisionsrekursbeantwortung sind die anderen Parteien durch Zustellung einer Gleichschrift zu verständigen.

 

[...]

 

Entscheidung über das Erbrecht

 

§161. (1) Das Gericht hat im Rahmen des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote das Erbrecht der Berechtigten festzustellen und die übrigen Erbantrittserklärungen abzuweisen. Darüber kann mit gesondertem Beschluss (§36 Abs2) oder mit dem Einantwortungsbeschluss entschieden werden.

 

(2) Auch während des Verfahrens über das Erbrecht sind all jene Abhandlungsmaßnahmen weiterzuführen, die von der Feststellung des Erbrechts unabhängig sind.

 

§162. Im Verfahren über das Erbrecht ist mündlich zu verhandeln. Die Parteien können sich nur durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen; übersteigt der Wert der Aktiven der Verlassenschaft voraussichtlich 5 000 Euro, so müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Stellt sich im Verfahren heraus, dass der Wert der Aktiven diesen Betrag übersteigt, so hat das Gericht dies den Parteien bekannt zu geben und ihnen zur Bevollmächtigung eines Vertreters eine Frist zu setzen.

 

§163. (1) Vereinbaren die Parteien vor dem Gericht Ruhen des Verfahrens über das Erbrecht oder treten andere Fälle der §§25 bis 29 ein, so hat das Gericht den Gerichtskommissär davon zu verständigen.

 

(2) Setzen die Parteien das Verfahren über das Erbrecht nach Ablauf der Ruhensfrist nicht fort, so hat das Gericht sie zur Stellung geeigneter Anträge innerhalb einer zu bestimmenden Frist aufzufordern. Versäumt ein Erbansprecher diese Frist, so ist das Verlassenschaftsverfahren ohne Berücksichtigung seiner Erbantrittserklärung fortzusetzen. Auf diese Rechtsfolge ist er im Aufforderungsbeschluss hinzuweisen.

§164. Gibt eine Partei erst nach Feststellung des Erbrechts, aber bevor das Gericht an den Beschluss über die Einantwortung gebunden ist, eine Erbantrittserklärung ab, so ist neuerlich im Sinne der §§160 bis 163 vorzugehen, wobei auch eine Abweisung der Erbantrittserklärung, die Grundlage der früheren Entscheidung über das Erbrecht war, zulässig ist. Später sind erbrechtliche Ansprüche nur noch mit Klage geltend zu machen."

2. Die §§123, 505, 507a, und 508 des Gesetzes vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO), RGBl. 113, idF https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2009/52 lauten:

"Dritter Titel.

Fristen und Tagsatzungen.

 

Fristen.

§. 123.

 

Soweit die Dauer der Fristen zur Vornahme von Processhandlungen nicht unmittelbar durch das Gesetz bestimmt wird (gesetzliche Fristen), hat sie der Richter mit Rücksicht auf die Erfordernisse und die Beschaffenheit des einzelnen Falles festzusetzen (richterliche Fristen).

 

[...]

 

Erhebung der Revision.

§. 505.

 

(1) Die Revision wird durch Überreichung eines Schriftsatzes (Revisionsschrift) bei dem Processgerichte erster Instanz erhoben. Einer Anmeldung der Revision bedarf es nicht.

 

(2) Die Revisionsfrist beträgt vier Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an; sie kann nicht verlängert werden. §464 Abs3 ist sinngemäß anzuwenden.

 

(3) Durch die rechtzeitige Erhebung einer ordentlichen Revision oder eines Antrags nach §508 Abs1 verbunden mit einer ordentlichen Revision wird der Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils im Umfang der Revisionsanträge bis zur Erledigung des Rechtsmittels gehemmt.

 

(4) Hat das Berufungsgericht im Berufungsurteil nach §500 Abs2 Z3 ausgesprochen, daß die ordentliche Revision nicht nach §502 Abs1 zulässig ist, so kann nur in Streitigkeiten nach §502 Abs5 und in solchen, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30 000 Euro übersteigt, dennoch eine Revision erhoben werden (außerordentliche Revision). Die Erhebung einer außerordentlichen Revision hemmt nicht den Eintritt der Vollstreckbarkeit, sondern nur den der Rechtskraft.

[...]

 

§507a. (1) Dem Revisionsgegner steht es frei, binnen der Notfrist von vier Wochen ab der Zustellung der Revisionsschrift eine Revisionsbeantwortung mittels Schriftsatzes zu überreichen.

 

(2) Die Frist nach Abs1 beginnt

1. bei einer Revision, deren Zulässigkeit das Berufungsgericht nach §500 Abs2 Z3 ausgesprochen hat, (ordentliche Revision) mit der Zustellung der Revisionsschrift durch das Prozeßgericht;

2. im Falle eines Antrags nach §508 Abs1 verbunden mit einer ordentlichen Revision mit der Zustellung der Mitteilung des Berufungsgerichts, daß dem Revisionsgegner die Beantwortung der Revision freigestellt werde (§508 Abs5);

3. bei einer außerordentlichen Revision (§505 Abs4) mit der Zustellung der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs, daß dem Revisionsgegner die Beantwortung der Revision freigestellt werde (§508a Abs2).

 

(3) Die Revisionsbeantwortung ist einzubringen:

1. beim Berufungsgericht, wenn dieses dem Revisionsgegner nach §508 Abs5 freigestellt hat, eine Revisionsbeantwortung einzubringen;

2. beim Revisionsgericht, wenn dieses dem Revisionsgegner nach §508a Abs2 freigestellt hat, eine Revisionsbeantwortung einzubringen;

3. sonst beim Prozeßgericht erster Instanz.

 

(4) Für die Behandlung der Revisionsbeantwortung tritt im Fall des Abs3 Z1 das Berufungsgericht, im Fall des Abs3 Z2 das Revisionsgericht an die Stelle des Prozeßgerichts erster Instanz.

 

(5) Der §464 Abs3 ist sinngemäß anzuwenden.

 

[...]

 

§508. (1) Wird in Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand zwar 5 000 Euro, nicht aber insgesamt 30 000 Euro übersteigt (§502 Abs3), oder in familienrechtlichen Streitigkeiten nach §49 Abs2 Z1 und 2 JN, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30 000 Euro nicht übersteigt (§502 Abs4), im Berufungsurteil nach §500 Abs2 Z3 ausgesprochen, daß die ordentliche Revision nach §502 Abs1 nicht zulässig ist, so kann eine Partei einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, daß die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; in diesem Antrag sind die Gründe dafür anzuführen, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts - nach §502 Abs1 die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Mit demselben Schriftsatz ist die ordentliche Revision auszuführen.

 

(2) Der Antrag nach Abs1 verbunden mit der ordentlichen Revision ist beim Prozeßgericht erster Instanz binnen vier Wochen einzubringen; die Frist beginnt mit der Zustellung des Berufungserkenntnisses zu laufen; sie kann nicht verlängert werden. Die §§464 Abs3 und 507 Abs6 sind sinngemäß anzuwenden.

(3) Erachtet das Berufungsgericht den Antrag nach Abs1 für stichhältig, so hat es seinen Ausspruch mit Beschluß abzuändern und auszusprechen, daß die ordentliche Revision doch nach §502 Abs1 zulässig ist; dieser Beschluß ist kurz zu begründen (§500 Abs3 letzter Satz).

 

(4) Erachtet das Berufungsgericht den Antrag nach Abs1 für nicht stichhältig, so hat es diesen samt der ordentlichen Revision mit Beschluß zurückzuweisen; diese Entscheidung bedarf keiner Begründung. Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

 

(5) Erklärt das Berufungsgericht die ordentliche Revision doch für zulässig (Abs3), so hat es diesen Beschluß den Parteien zuzustellen und dem Revisionsgegner außerdem mitzuteilen, daß ihm die Beantwortung der Revision freistehe. Eine vor Zustellung dieser Mitteilung erstattete Revisionsbeantwortung gilt im Fall der Zurückweisung des Antrags samt der ordentlichen Revision (Abs4) nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig.

 

(6) Von einer Mitteilung nach Abs5 ist auch das Prozeßgericht erster Instanz zu verständigen."

3. §823 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=jgs&datum=10120003&seite=00000275 , idF https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2015/87 lautet:

"Erbschafts- und Aneignungsklage

 

§823. (1) Auch nach Einantwortung kann der Erwerber der Verlassenschaft von jeder Person, die ein besseres oder gleichwertiges Erbrecht behauptet, auf Herausgabe der Erbschaft oder des seiner Berechtigung entsprechenden Teils der Erbschaft belangt werden. Das Eigentum an einzelnen Erbschaftstücken wird aber nicht mit der Erbschafts-, sondern mit der Eigentumsklage geltend gemacht.

(2) Der Bund kann in sinngemäßer Anwendung des Abs1 gegen den eingeantworteten Erben das Recht, sich die Verlassenschaft anzueignen, geltend machen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Beim Obersten Gerichtshof ist ein außerordentlicher Revisionsrekurs gegen einen näher bezeichneten Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen vom 17. April 2018 als Rekursgericht anhängig, mit dem ein näher bezeichneter Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-West vom 25. September 2017 in einem Verfahren betreffend die Entscheidung über das Erbrecht gemäß den §§161 ff. AußStrG (zu Gunsten der Kinder der Erblasserin und zu Lasten der Verlassenschaft nach dem Ehemann der Erblasserin) bestätigt wurde. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes € 30.000,– übersteige und der ordentliche Rekurs nicht zulässig sei. Die Verlassenschaft erhob gegen die – ihrem Rechtsvertreter am 25. Juni 2018 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zugestellte – Entscheidung des Rekursgerichtes am 20. Juli 2018 durch Einbringung beim Erstgericht außerordentlichen Revisionsrekurs.

2. Der Oberste Gerichtshof legt einerseits den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Verfahrens und andererseits die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"Begründung:

 

[Die Erblasserin] und [ihr Ehemann] kamen bei einem Verkehrsunfall am 8. April 2014 ums Leben. Im Verlassenschaftsverfahren nach [der Erblasserin] gaben deren Kinder aufgrund des Gesetzes bedingte Erbantrittserklärungen je zur Hälfte des Nachlasses ab; die von einem Kurator vertretene Verlassenschaft nach [dem Ehemann der Erblasserin] (idF: Verlassenschaft) gab aufgrund des Gesetzes eine bedingte Erbantrittserklärung zu einem Drittel des Nachlasses ab. Aufgrund dieser widerstreitenden Erbantrittserklärungen leitete das Erstgericht ein Verfahren über das Erbrecht iSd §§161 ff AußStrG ein. Kern des Streits ist die Frage, ob [der Ehemann der Erblasserin] die Erblasserin überlebt hat oder nicht.

 

Das Erstgericht stellte das Erbrecht der Kinder fest und wies die Erbantrittserklärung der Verlassenschaft ab.

 

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Verlassenschaft nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Entscheidung wurde dem Vertreter der Verlassenschaft am 25. Juni 2018 im Elektronischen Rechtsverkehr zugestellt.

 

Die Verlassenschaft erhob gegen diese Entscheidung einen außerordentlichen Revisionsrekurs, den sie am 20. Juli 2018 im Elektronischen Rechtsverkehr beim Erstgericht einbrachte. Das Erstgericht legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

 

Der Senat hat dazu Folgendes erwogen:

 

1. Im Verfahren über den Revisionsrekurs ist zunächst dessen Rechtzeitigkeit zu prüfen, da (jedenfalls) der Oberste Gerichtshof einen verspäteten Revisionsrekurs nach §71 Abs3 iVm §54 Abs1 Z1 AußStrG unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen hat (Schramm in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I §67 Rz 8 f mwN). Anzuwenden ist in diesem Zusammenhang §65 Abs1 AußStrG, wonach die Frist für den Revisionsrekurs 14 Tage beträgt. Im vorliegenden Fall wurde der Revisionsrekurs nach Ablauf dieser Frist erhoben. Dies müsste nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zu dessen Zurückweisung führen.

 

2. Allerdings verstößt die in §65 Abs1 AußStrG angeordnete Frist von 14 Tagen nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs in Verfahren über das Erbrecht gegen den Gleichheitssatz (Art7 B‑VG).

 

2.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001, zuletzt etwa G409/2017). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001; zuletzt etwa G409/2017). Diese Schranken sind nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs im vorliegenden Fall überschritten.

 

2.2. Das Außerstreitverfahren differenziert bei den Fristen für Rekurse und Revisionsrekurse.

 

Grundsätzlich beträgt diese Frist 14 Tage (§46 Abs1 AußStrG [Rekurs], §65 Abs1 AußStrG [Revisionsrekurs]), wobei das Gesetz nicht zwischen (nach §45 AußStrG nur ausnahmsweise anfechtbaren) verfahrensleitenden Beschlüssen und Beschlüssen über die Sache unterscheidet. Sowohl im Stammgesetz als auch in Sondergesetzen finden sich jedoch auch abweichende Regelungen. Einige davon sind auf Vorgaben des Europäischen Zivilverfahrensrechts (zB §98 Abs4 AußStrG; §114 Abs3 AußStrG), auf Besonderheiten der Fristberechnung im Grundbuchsverfahren (§123 GBG) und auf die Übernahme von Vorgängerbestimmungen aus anderen Rechtsbereichen (§139 Z2 und §140 Abs2 Z1 PatG 1970, gegebenenfalls iVm §§37 f MSchG, §33 Abs2 GMG) zurückzuführen. Sie sind für die Beurteilung des vorliegenden Falls irrelevant. Von Interesse sind demgegenüber folgende Abweichungen von der 14tägigen Regelfrist:

 

(a) Kürzere Fristen gelten für Rekurse, mit denen die Unzulässigerklärung einer Maßnahme des Kinder- und Jugendhilfeträgers nach §211 Abs1 Satz 2 ABGB angefochten wird (§107a Abs1 Satz 4 AußStrG: drei Tage), weiters für die Anfechtung der Unzulässigerklärung einer Freiheitsbeschränkung oder Unterbringung (§13 Abs2 und §16 Abs2 HeimAufG; §20 Abs2 und §28 Abs2 UbG: drei bzw sieben Tage).

 

(b) Eine vierwöchige Frist gilt demgegenüber für Sachbeschlüsse im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (§37 Abs3 Z15 und Z16 MRG, gegebenenfalls iVm §52 Abs2 WEG, §22 Abs4 WGG; vgl auch §12 Z6 LPG), für Beschlüsse über die Enteignungsentschädigung (§30 Abs3 EisbEG) und für Endentscheidungen im Kartellverfahren (§49 Abs2 KartG). Diese Bestimmungen betreffen jeweils die Sachentscheidung im Verfahren; für andere (ausnahmsweise) anfechtbare Beschlüsse gilt die allgemeine Frist von 14 Tagen.

 

2.3. Die Gründe für diese Differenzierung liegen in den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstands:

 

(a) Für den Regelfall hat der Gesetzgeber des (neuen) Außerstreitgesetzes das Beibehalten der (zuletzt) im AußStrG 1854 geltenden 14tägigen Rechtsmittelfristen vorgesehen. Zur Begründung verweisen die Materialien auf die 'bewährte' Vorgängerregelung; eine Verlängerung auf vier Wochen hätte – zusammen mit der Einführung der generellen Zweiseitigkeit des Rechtsmittelsystems – zu einer 'Vervierfachung' der Rechtsmittelfristen geführt (EB zur RV, 224 BIgNR http://XXII.GP 47). Diese vom Zivilprozess abweichende Regelung lässt sich vor allem mit dem Rechtsfürsorgecharakter des (traditionellen) Außerstreitverfahrens (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I Einleitung Rz 1 mwN) rechtfertigen: Im Vordergrund stand ursprünglich nicht die Streitentscheidung, sondern das Wahrnehmen staatlicher Verantwortung für schutzbedürftige Personen (Minderjährige, schutzbedürftige Erwachsene) und für die Wahrung des Rechtsfriedens (Verlassenschaftsverfahren). Diese Regelungszwecke werden in Teilbereichen des Außerstreitgesetzes weiter verfolgt. Die (nur) 14tägigen Rechtsmittelfristen ermöglichen hier eine im Interesse aller Beteiligten liegende rasche Erledigung.

 

(b) Kürzere Fristen sind dort angeordnet, wo die besondere Schutzbedürftigkeit der jeweils betroffenen Personen eine noch raschere abschließende Erledigung erfordert (oben 2.2.a.). Diese Fristen sind daher eine spezielle Ausprägung des Rechtsfürsorgeprinzips, das dem (traditionellen) Außerstreitverfahren ganz allgemein zugrunde liegt.

 

(c) Vierwöchige Fristen gelten demgegenüber dort, wo typischerweise streitige Materien vom Zivilprozess in das Außerstreitverfahren verschoben wurden (oben 2.2.b.), wo also der Rechtsfürsorgecharakter des Außerstreitverfahrens gegenüber der Streitentscheidung in den Hintergrund tritt. Dabei wird differenziert: Die vierwöchige Frist gilt nur für das Bekämpfen der Sachentscheidung; für andere Beschlüsse bleibt es bei der 14tägigen Frist von §46 und §65 AußStrG. Damit übernimmt das Außerstreitverfahren das Regelungsmodell des Zivilprozesses: Auch dort gilt für Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Sache (Urteil oder Aufhebungsbeschluss iSv §519 Abs1 Z2 ZPO) eine vierwöchige Frist (§464 Abs1, §505 Abs2 und §521 Abs1 Satz 2 ZPO), für andere – in Beschlussform ergehende – Entscheidungen hingegen die 14tägige Rekursfrist (§521 Abs1 Satz 1 ZPO),

 

2.4. Dieses in sich schlüssige Regelungskonzept – Abhängigkeit der Rechtsmittelfristen vom Zweck des Verfahrens – gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Denn der Gesetzgeber hat im Laufe der Zeit auch andere an sich streitige Materien, bei denen kein besonderer Bedarf nach staatlicher Rechtsfürsorge besteht, in das Außerstreitverfahren verlagert (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG §1 Rz 71 f), ohne dass er insofern auch das Rechtsmittelrecht angepasst hätte. Im Zusammenhang mit der Außerstreitreform betraf das insbesondere Streitigkeiten unter (schlichten) Miteigentümern (§838a ABGB) und – hier relevant – zwischen mehreren Erbansprechern während eines Verlassenschaftsverfahrens (§§161 ff AußStrG). In diesen Materien gilt daher trotz ihres eindeutig streitigen Charakters auch für die Entscheidung über die Sache eine 14tägige Frist für den Rekurs und den Revisionsrekurs.

 

2.5. Jedenfalls beim hier zu beurteilenden Verfahren über das Erbrecht (§§161 ff AußStrG) fehlt dafür eine sachliche Rechtfertigung.

 

(a) Bis zur Erlassung des (neuen) Außerstreitgesetzes waren die Parteien im Fall widersprechender Erbserklärungen auf den Rechtsweg zu verweisen, wobei das Außerstreitgericht nur die Parteirollen festzulegen hatte (§125 AußStrG 1854). Die Entscheidung über das bessere Erbrecht erfolgte daher in einem Zivilprozess, was zur Anwendung der dort geltenden Rechtsmittelfristen (einschließlich der Regeln über die Fristenhemmung während der Gerichtsferien) führte. Damit hing die Länge der Rechtsmittelfristen nicht davon ab, ob der Streit über das bessere Erbrecht vor der Einantwortung (Erbrechtsklage iSv §125 AußStrG 1854) oder danach (Erbschaftsklage iSv §823 ABGB) geführt wurde. Das war sachgerecht, da beide Verfahren grundsätzlich dieselben Rechtsfragen – zB die Testierfähigkeit oder die materielle und formelle Gültigkeit und die Auslegung von Testamenten – betreffen konnten und auch dieselben wirtschaftlichen Auswirkungen hatten.

 

(b) Mit den §§161 ff AußStrG wurde der vor der Einantwortung geführte Streit über das bessere Erbrecht – ohne dass sich dessen möglicher Inhalt geändert hätte – vom Zivilprozess in das Außerstreitverfahren verlagert. Das führte zu Rechtsmittelfristen von 14 Tagen und zur Unanwendbarkeit der (nun) in §222 ZPO vorgesehenen Fristenhemmung zum Jahreswechsel und im Sommer. Ein Rekurs oder Revisionsrekurs gegen einen am 21. Dezember 2018 zugestellten Beschluss über die Feststellung des Erbrechts (§161 Abs1 AußStrG) wäre daher bis zum 4. Jänner 2019 einzubringen, während die Frist für die Berufung oder Revision gegen ein Urteil in einem inhaltlich dieselben Fragen betreffenden Erbschaftsprozess (§823 ABGB) erst am 1. Februar 2019 endete. Die Rechtsmittelfristen im Verfahren über das Erbrecht sind daher jedenfalls um 14 Tage kürzer als jene im Erbschafts- und früher im Erbrechtsprozess; wäre im Prozess die Fristenhemmung nach §222 ZPO anwendbar, läge eine noch deutlichere Verkürzung vor.

 

(c) Ein Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar. Die Anforderungen an den Inhalt eines Rekurses oder Revisionsrekurses entsprechen grundsätzlich jenen bei einer Berufung oder Revision; der Rechtsmittelwerber hat den geltend gemachten Rechtsmittelgrund auszuführen und bei Rechtsmitteln an den Obersten Gerichtshof auch das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage darzutun (§502 Abs1 ZPO, §62 Abs1 AußStrG). Dabei kann die Rechtslage im Verfahren nach den §§161 ff AußStrG sogar noch komplexer sein als in einem Erbschafts- oder (früheren) Erbrechtsprozess, weil nun nicht nur zwischen zwei Parteien das bessere, sondern unter Umständen zwischen mehreren Parteien das beste Erbrecht festzustellen ist. Die Ermöglichung eines solchen Mehrparteienverfahrens war im Übrigen das Hauptargument für die Verlagerung des Erbrechtsstreits in das Außerstreitverfahren, wobei aber auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Außerstreitgesetzes (224 BIgNR http://XXII.GP 105) anerkannten, dass

 

'der 'Streit um das Erbrecht' verfahrensstrukturell einen vom mehr verwaltenden Charakter des Abhandlungsverfahrens verschiedenen Aufbau und Ablauf aufweist, weshalb der streitähnliche Charakter dieses Verfahrensteils nicht völlig geleugnet werden kann.'

 

([d]) Auf dieser Grundlage können die bloß 14tägigen Rechtsmittelfristen auch nicht mit einem besonderen Interesse an einem raschen Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens gerechtfertigt werden. Denn zur Verwaltung des Nachlasses ist bei widerstreitenden Erbantrittserklärungen, wenn erforderlich, ein Verlassenschaftskurator zu bestellen (§173 Abs1 AußStrG), sodass der Rechtsfrieden für die Dauer des Erbrechtsstreits ohnehin gewahrt ist; es ist daher nicht erforderlich, diesen Streit in besonderer Weise zu beschleunigen, um das Verlassenschaftsverfahren zu einem raschen Ende führen zu können. Der Entfall der in §222 ZPO vorgesehenen Fristenhemmung läge zwar wohl noch im Regelungsspielraum des Gesetzgebers, wenn die Rechtsmittelfristen als solche vier Wochen betrügen; insofern enthält ja auch §222 Abs2 ZPO differenzierende Regelungen für bestimmte Verfahren. Bei einer bloß 14tägigen Frist kann aber (auch) das Unterbleiben der Hemmung zu einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Verkürzung des Rechtsschutzes führen.

 

([e]) Eine unsachliche Differenzierung besteht im Übrigen nicht nur gegenüber der Rechtslage im Zivilprozess, sondern auch gegenüber den bereits dargestellten Sonderregeln des Außerstreitverfahrens für bestimmte 'streitige' Materien (oben 2.2.b.). Nach Ansicht des Senats fehlt eine sachliche Rechtfertigung, bestimmte wohnrechtliche Verfahren – etwa zur Rückforderung einer unzulässigen Ablöse – in Bezug auf die Rechtsmittelfristen dem Zivilprozess anzugleichen, nicht aber Verfahren über die Feststellung des Erbrechts. Denn diese betreffen regelmäßig deutlich höhere Streitwerte und sind inhaltlich zumindest in tatsächlicher Hinsicht (zB Feststellungen zur Testierfähigkeit, zu Willensmängeln oder zu Fragen der Echtheit eines Testaments) nicht weniger komplex als jene. Die 14tägige Frist führt daher auch innerhalb des Regelungskonzepts des Außerstreitverfahrens zu einem Verstoß gegen Art7 B‑VG.

 

2.6. Aus diesen Gründen ist der Senat der Auffassung, dass die bloß 14tägige Frist für den Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über die Feststellung des Erbrechts – also in einer 'streitigen' Materie des Außerstreitverfahrens – in sachlich nicht gerechtfertigter Weise von der Regelung für vergleichbare Rechtsmittel in streitigen Verfahren nach der ZPO und in anderen 'streitigen' Materien des Außerstreitverfahrens abweicht (ebenso Scheuba, Erbrechtsstreit in der Praxis, AnwBl 2018, 433 [438 f]). Sie kann nicht durch den Rechtsfürsorgecharakter des (traditionellen) Außerstreitverfahrens oder durch ein besonderes Interesse an einer raschen Erledigung der Sache gerechtfertigt werden. Soweit der bisherigen Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0089360) auch für 'streitige' Materien des Außerstreitverfahrens Gegenteiliges entnommen werden könnte, hält der Senat das nicht aufrecht.

 

2.7. Der Senat verkennt nicht, dass es dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs grundsätzlich offensteht, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform ausgestaltet sind (zuletzt etwa G44/2018 [Straf- und Verwaltungsstrafverfahren] mwN; G241/2017 [allgemeines Strafrecht und Finanzstrafrecht]). Allerdings wurden in anderen Erkenntnissen die Regelung derselben Materie in unterschiedlichen Verfahrensgesetzen als Ansatzpunkt für eine vergleichende Prüfung herangezogen, wenn systemübergreifende Wertungsgesichtspunkte die unterschiedliche verfahrensrechtliche Ausgestaltung als sachfremd und daher verfassungswidrig erscheinen ließen (Holoubek in Korinek/Holoubek et al, Österreichisches Bundesverfassungsrecht [August 2018] Art7/15 1, 2 B‑VG Rz 200; Berka in Rill/Schäffer/Kneihs/Lienbacher, Bundesverfassungsrecht [2018] Art7 B‑VG Rz 77; vgl zuletzt G253/2016: Verschiedenbehandlung der Wiedereinsetzung im Zivilverfahren und im damit zusammenhängenden verfassungsgerichtlichen Verfahren). Ein solcher systemübergreifender Gesichtspunkt sind hier die grundsätzlich übereinstimmenden Anforderungen, denen ein Rechtsmittel gegen eine Sachentscheidung im Streit über das Erbrecht zu entsprechen hat, und zwar unabhängig davon, ob es im streitigen (Erbschaftsklage) oder im außerstreitigen Verfahren erhoben werden muss. Zudem besteht eine unsachliche Differenzierung auch innerhalb des Außerstreitverfahrens, weil an sich gleichwertige 'streitige' Angelegenheiten in Bezug auf die Rechtsmittelfristen unterschiedlich behandelt werden.

 

3. Zum Anfechtungsumfang

 

3.1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichts eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994; zuletzt etwa G311/2016). Dies erfordert im vorliegenden Fall jedenfalls die Anfechtung der für die Entscheidung über die Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses präjudiziellen Wortfolge 'binnen 14 Tagen' in §65 Abs1 AußStrG.

 

3.2. Die Anfechtung ist jedoch nicht auf diese Bestimmung zu beschränken.

 

(a) Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs darf der Anfechtungsumfang nicht zu eng gewählt werden (VfSlg 8155/1977, 16.212/2001; zuletzt etwa G311/2016). Anzufechten sind alle Normen, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofs, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichts teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 19.496/2011, 19.933/2014; zuletzt etwa G311/2016).

 

(b) Eine untrennbare Einheit mit der präjudiziellen Bestimmung bilden im vorliegenden Fall die Regelungen zur Frist für die Zulassungsvorstellung in §63 Abs2 AußStrG und für die Revisionsrekursbeantwortung in §68 Abs1 AußStrG. Denn eine isolierte Aufhebung nur der Frist für den Revisionsrekurs würde dem Gesetz einen verfassungswidrigen und damit dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Inhalt geben: Während der Rechtsmittelwerber bei einem (nicht jedenfalls unzulässigen) Revisionsrekurs an keine gesetzliche Frist gebunden wäre, wäre eine allenfalls erforderliche Zulassungsvorstellung weiterhin binnen 14 Tagen einzubringen; ebenso wäre der Gegner an die 14tägige Frist für die Rechtsmittelbeantwortung gebunden. Für diese Verschiedenbehandlung bestünde keine sachliche Rechtfertigung.

 

(c) Hingegen stehen jene Bestimmungen, die auf die Fristen für die Rechtsmittelschriften und die Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses Bezug nehmen – also die verbleibenden Teile von §63 Abs2, §65 Abs1 und §68 Abs1 AußStrG, §68 Abs3 AußStrG und der Hinweis auf die Rechtzeitigkeit in §68 Abs2 AußStrG – in keinem untrennbaren Zusammenhang mit den angefochtenen Bestimmungen. Denn bei deren Aufhebung wäre aufgrund des Verweises in §23 Abs1 AußStrG der §123 ZPO anzuwenden, wonach bei Fehlen einer gesetzlichen Frist für die Vornahme einer Prozesshandlung 'mit Rücksicht auf die Erfordernisse und die Beschaffenheit des einzelnen Falles' eine gerichtliche Frist festzusetzen ist. Daher hätte das Gericht bei Zustellung der Entscheidung oder des Revisionsrekurses eine Frist für den Revisionsrekurs, die Zulassungsvorstellung oder die Revisionsrekursbeantwortung zu setzen. Die genannten Bestimmungen bezögen sich dann auf diese richterliche Frist und wären damit weiter anwendbar.

 

(d) Keine untrennbare Einheit mit den angefochtenen Bestimmungen bilden nach Ansicht des Senats die – hier jedenfalls nicht anwendbaren – Regelungen zur Frist für den Rekurs (§46 Abs1 AußStrG) und für die Rekursbeantwortung (§48 Abs2 AußStrG). Denn es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, für das Bekämpfen einer erstinstanzlichen Entscheidung kürzere Fristen vorzusehen als für das rechtlich möglicherweise aufwändigere Bekämpfen einer zweitinstanzlichen Entscheidung. Da diese Frage jedoch unter Umständen auch anders gesehen werden könnte, sind hilfsweise auch die in diesen Bestimmungen enthaltenen Regelungen zur Länge der Rechtsmittelfrist anzufechten.

 

4. Aus diesen Gründen stellt der Oberste Gerichtshof die aus dem Spruch ersichtlichen Anträge. Für den Fall der Aufhebung regt er an, eine Frist für das Außerkrafttreten zu setzen, um dem Gesetzgeber eine umfassende Neuregelung zu ermöglichen. Mit dem Verfahren über den Revisionsrekurs ist bis zur Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs innezuhalten (§62 Abs3 VfGG).

 

[…]"

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"I.

 

Zur Rechtslage:

 

[...]

 

3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

 

3.1. Die angefochtenen Bestimmungen bestehen allesamt – mit Ausnahme des §46 AußStrG, dessen (hier nicht relevanter) Abs3 mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr 111/2010, aufgehoben wurde – unverändert seit der Stammfassung des Außerstreitgesetzes, BGBl I Nr 111/2003. Mit der damals erfolgten Neukodifikation des Stammgesetzes zum Außerstreitverfahren wurden letztlich Reformarbeiten verwirklicht, die ihren Ursprung Ende der Siebziger- und Anfang der Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts haben. Ziel der Reform war es, das bis dahin geltende Außerstreitgesetz 1854 in ein modernes Verfahrensgesetz umzuwandeln. Dabei wurde insbesondere der knappe und lückenhafte Allgemeine Teil des Außerstreitgesetzes 1854 erweitert und in eine moderne, der Rechtsstaatlichkeit verpflichtete Verfahrensordnung gegossen. Ein dabei verfolgter tragender Verfahrensgrundsatz ist die Beschleunigung des Verfahrens. Eine ausführliche Darstellung der Ziele und Umsetzung der Reform findet sich in den Materialien zur Stammfassung des AußStrG, ErIRV 224 BlgNR 22. GP 3 ff.

 

3.2. Das AußStrG sieht in seinem Allgemeinen Teil eine allgemeine einheitliche 14-tägige Rechtsmittelfrist vor. Diese gilt für den Rekurs (§46 Abs1 AußStrG) und die Rekursbeantwortung (§48 Abs2 AußStrG) ebenso wie für den Revisionsrekurs (§65 Abs1 AußStrG) bzw die Zulassungsvorstellung (§63 Abs2 AußStrG) und die Revisionsrekursbeantwortung (§68 Abs1 zweiter Satz AußStrG). In den Materialien wird dazu Folgendes ausgeführt (ErIRV 224 BlgNR 22. GP 47):

 

'Für das Verfahren außer Streitsachen wird eine allgemeine einheitliche Rechtsmittelfrist von 14 Tagen festgesetzt, die sich schon bisher bewährt hat. Eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist des Verfahrens außer Streitsachen auf vier Wochen ist keineswegs zwingend und würde durch die teilweise Einführung der Rekursbeantwortung zu einer Vervierfachung der Rechtsmittelfristen und damit zu Verfahrensverzögerungen führen, die mit dem Gebot des Art6 EMRK, in angemessener Frist zu einer Entscheidung zu gelangen, schwer vereinbar sind. Sondervorschriften, wie etwa die Fristen des Grundbuchsverfahrens, bleiben davon unberührt.'

 

3.3. Da das AußStrG in seiner Gesamtheit nicht zwischen Sachbeschlüssen und sonstigen Beschlüssen differenziert (s dazu ErIRV 224 BlgNR 22. GP 46), gilt die einheitliche 14-tägige Rechtsmittelfrist für alle Rechtsmittel gegen erst- und zweitinstanzliche Entscheidungen in Verfahren, die im Besonderen Teil des AußStrG geregelt sind. Dies sind insbesondere Verfahren in Angelegenheiten der Abstammung, Adoption, Legitimation, in Eheangelegenheiten, bei Obsorge‑, Kontaktrechts- und Kindesunterhaltsstreitigkeiten sowie in Angelegenheiten des Erwachsenenschutzes und in Verlassenschaftsangelegenheiten.

 

3.4. Das AußStrG selbst sieht Abweichungen vom Grundsatz der einheitlichen 14‑tägigen Rechtsmittelfrist nur in wenigen Ausnahmefällen vor. Diese betreffen Rekurse gegen die Unzulässigerklärung einer Maßnahme des Kinder- und Jugendhilfeträgers nach §211 Abs1 zweiter Satz ABGB (hier beträgt die Rekursfrist gemäß §107a Abs1 AußStrG lediglich drei Tage), gegen die Anerkennung ausländischer Entscheidungen über den Bestand einer Ehe (gemäß §98 Abs4 AußStrG beträgt die Rekursfrist hier ein bzw zwei Monate) und gegen die Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen über die Regelung der Obsorge und das Recht auf persönlichen Verkehr (gemäß §114 Abs3 AußStrG beträgt die Rekursfrist ein bzw zwei Monate). Die genannten Regelungen sind später hinzugefügt worden und betreffen zum einen den Sonderfall der gerichtlichen Unzulässigerklärung einer Kindesabnahme, die der Kinder- und Jugendhilfeträger im Rahmen seiner Notfallkompetenz aus eigenem durchgeführt hat; zum anderen beruhen sie auf (zwingenden) Vorgaben des europäischen Zivilverfahrensrechts. Für den Revisionsrekurs gilt auch in diesen Verfahren die allgemeine 14-tägige Frist (vgl auch Schramm in Gitschthaler/Höllwerth [Hrsg], AußStrG §65 Rz 2 [Stand 1.11.2013, rdb.at]).

 

3.5. Für bestimmte außerstreitige Sachmaterien sehen Materien- und Verfahrensgesetze außerhalb des AußStrG abweichende Verfahrensbestimmungen, darunter auch Rekurs- und Revisionsrekursfristen, vor. Vierwöchige Rekurs- und Revisionsrekursfristen gelten im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (§37 Abs3 Z15 und 16 des Mietrechtsgesetzes – MRG, gegebenenfalls iVm §52 Abs2 des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 – WEG 2002 bzw §22 Abs2 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes – WEG, sowie §12 Z6 des Landpachtgesetzes). Eine vierwöchige Rekursfrist gilt im Enteignungsentschädigungsverfahren (§30 Abs3 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes – EisbEG) und im Kartellverfahren (§49 Abs2 des Kartellgesetzes 2005 – KartG 2005). Im Grundbuchsverfahren beträgt die Rekursfrist je nach Entfernung 30, 60 oder 90 Tage (§123 Abs1 des Grundbuchsgesetzes 1955 – GBG 1955), im Unterbringungsverfahren teilweise nur sieben Tage (§32 Abs2 des Unterbringungsgesetzes – UbG).

 

3.6. Streitigkeiten über das Erbrecht vor der Einantwortung sind seit der Neukodifikation des Stammgesetzes zur Gänze Teil des außerstreitigen Verlassenschaftsverfahrens (Erbrechtsverfahren nach den §§161 AußStrG). Zuvor waren die Parteien im Fall widersprechender Erbserklärungen auf den Rechtsweg zu verweisen, wobei das Außerstreitgericht nur die Parteirollen festzulegen hatte (§125 des Außerstreitgesetzes 1854 – AußStrG 1854, aufgehoben durch BGBI. I Nr 111/2003). Die Entscheidung über das bessere Erbrecht wurde in der Folge im Zivilprozess getroffen (Erbrechtsprozess). Streitigkeiten über das Erbrecht nach der Einantwortung werden hingegen – wie auch schon vor der Neukodifikation des Außerstreitverfahrens – im Zivilprozess geführt (Erbschaftsklage nach §823 ABGB).

 

3.7. Mit der Neukodifikation des Stammgesetzes wurden zahlreiche Materien, die zuvor im streitigen Verfahren zu erledigen waren, dem außerstreitigen Verfahren zugewiesen. Die Gründe für die Zuweisung der einzelnen Materien sind in den Materialien (ErIRV 224 BlgNR 22. GP 17 ff) dargelegt. Zum Erbrechtsstreit wird hiezu Folgendes ausgeführt (ErIRV 224 BlgNR 22. GP 19):

 

'Schließlich soll über das Erbrecht nicht mehr im Erbrechtsstreit (also in einem gesonderten Zivilprozess), sondern im Verlassenschaftsverfahren – somit im Verfahren außer Streitsachen – zu entscheiden sein. Für die Integration dieses Verfahrens in das Verlassenschaftsverfahren sprechen vor allem Gründe der Verfahrenskonzentration und der Verfahrensbeschleunigung. Das im derzeitigen Verlassenschaftsverfahren bestehende Nebeneinander von streitigem und außerstreitigem Verfahren zur Feststellung des wahren Erbrechts bedingt nicht unbeträchtliche Verfahrensverzögerungen, die vermieden werden sollten.

 

Derzeit ist zunächst im Verlassenschaftsverfahren bei widerstreitenden Erbserklärungen nach §§125, 126 AußStrG eine Klägerrollenverteilung vorzunehmen, die in drei Instanzen anfechtbar ist. Mit dieser Klägerrollenverteilung wird eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg vorgenommen, wobei der Außerstreitrichter die Klägerrolle zuzuweisen und eine Frist für die Klagseinbringung festzusetzen hat. Nach Rechtskraft dieses Beschlusses wird die Erbrechtsklage im streitigen Verfahren eingebracht, wobei die in der Zivilprozessordnung bestehenden Rechtsmittelmöglichkeiten offenstehen. Erbrechtsstreitigkeiten können nicht selten längere Zeit in Anspruch nehmen; mit dem Verlassenschaftsverfahren ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erbrechtsklage innezuhalten. Noch größer wird die Verfahrensverzögerung im Verlassenschaftsverfahren, wenn mehrere Erbrechtsstreitigkeiten hintereinander zu führen sind (vgl Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] 139). Um diese Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, wird in Hinkunft das Verlassenschaftsgericht nicht mehr die Erbantrittserklärungen bloß formal zu Gericht anzunehmen, sondern materiell über das Erbrecht zu entscheiden haben. Dies bedeutet, dass das Erbrecht der Erben, denen die Verlassenschaft einzuantworten ist, festgestellt wird und die übrigen Erbantrittserklärungen abgewiesen werden. Die Entscheidung hierüber ergeht im außerstreitigen Verfahren mit den hier vorgesehenen Rechtsmitteln und nach der im Allgemeinen Teil vorgesehenen Verfahrensgestaltung, sodass das rechtliche Gehör und auch die Rechtsmittelmöglichkeiten entsprechend sichergestellt sind. Die Entscheidung kann mit abgesondertem Beschluss oder (in der überwiegenden Zahl der einfach zu lösenden Fälle) mit dem Einantwortungsbeschluss geschehen.

 

Mit dieser Bestimmung wird eine bedeutende Verfahrensbeschleunigung einhergehen (zustimmend Rechberger, LBI XVI, 25; XX, 49 f; Klicka, LBI XX, 36).

 

Der gelegentlich geäußerten Befürchtung, die Zahl der widerstreitenden Erbantrittserklärungen werde mangels Kostenrisikos erheblich steigen, soll dadurch Rechnung getragen werden, dass für Verfahren über das Erbrecht auch ein Ersatz der Verfahrenskosten für die rechtsfreundliche Vertretung vorgesehen ist und daher durchaus ein Kostenersatzrisiko besteht.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch auf die weiterhin bestehende reine Anwaltspflicht, und zwar eine relative Anwaltspflicht bei einem vermutlichen Wert der Nachlassaktiva bis 4.000 Euro, eine absolute Anwaltspflicht, wenn dieser Betrag überschritten wird.

 

Verfahren, welche die Einantwortung nicht hindern (wie etwa die Pflichtteilsklage, die Pflichtteilsergänzungsklage sowie die Klage zur Geltendmachung von Legatsansprüchen), sind nicht in das außerstreitige Verfahren verwiesen, sondern nur die Rechtssachen über das Erbrecht.

 

Die Erbschaftsklage nach §823 ABGB bleibt von der Neuregelung völlig unberührt und wird durch die Ausschließung des Abänderungsverfahrens im Verlassenschaftsverfahren weiterhin erhebliche praktische Bedeutung haben.'

 

Weitere Erwägungen zur Zuweisung des Erbrechtsverfahrens in das Außerstreitverfahren finden sich in den Erläuterungen zu §161 AußStrG (ErIRV 224 BIgNR 22. GP 104 f):

 

'Die Frage des Erbrechts ist die wesentlichste Einantwortungsvoraussetzung. Das neue Verfahren außer Streitsachen ist auf Grund seiner Ausgestaltung (Ermittlungsverfahren, Gehör, Rechtsschutzgarantien) vollkommen geeignet, auch über 'streitige' Tatsachen zu entscheiden. Das 'Ausweichen in den Zivilprozess' durch Verteilung der Klägerrolle und Durchführung einer Erbrechtsklage bei gleichzeitigem Aussetzen des Abhandlungsverfahrens soll daher der Vergangenheit angehören. Diese wesentliche Änderung gegenüber der geltenden Rechtslage hat auch bereits in der Literatur Beifall gefunden (Knoll, RZ 1995, 108; Rechberger, LBI XX, 49 f). Ihre Vorteile gegenüber der Erbrechtsklage liegen in zweierlei: Festgestellt werden konnte bisher nur das bessere Erbrecht (in der Form einer negativen Feststellungsklage hinsichtlich des 'schlechteren' Erbrechts), nun aber das beste Erbrecht, wobei auch einem Mehrparteienverfahren, anders als in der Erbrechtsklage, leicht Herr zu werden ist. Aus all diesen Gründen ist die Feststellung des Erbrechts eine Sache des Verlassenschaftsverfahrens selbst, das dazu keinen Zivilprozess benötigt. Gelegentlich wurde die Befürchtung geäußert, dass eine Erbrechtsfeststellung im Verfahren außer Streitsachen im Gegensatz zum Zivilprozess über das Erbrecht endlos werden müsste, weil es keine Beweislast gäbe. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Einerseits kennt das neue Verfahren außer Streitsachen dem Zivilprozess gleichwertige Konzentrationsregeln, andererseits aber auch die objektive Beweislast wie im Zivilprozess (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] Rz 2 zu §8; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 [2000] Rz 48): Unterliegen muss derjenige, der die Tatsachen, aus denen er seine Ansprüche ableitet, nicht beweisen kann. So trifft die Beweislast etwa a) im Streit um die Echtheit des Testaments den, der die Echtheit bestreitet; b) im Streit um die Gültigkeit den, der die Testierunfähigkeit behauptet, c) im Streit um Erbunwürdigkeit den, der sie behauptet oder d) im Streit um die Enterbung den, der das Vorliegen der Enterbungsgründe behauptet bzw sich darauf beruft (§771 ABGB). Darüber hinaus ergibt sich aus der Formel 'im Rahmen des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote' eine wesentliche Einschränkung des sonst herrschenden, hier aber nicht angemessenen Untersuchungsgrundsatzes. Steht somit als rechtspolitische Grundsatzentscheidung fest, dass auch das Verfahren zur Feststellung des Erbrechts innerhalb der Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt werden soll, so darf doch nicht verkannt werden, dass der 'Streit um das Erbrecht' verfahrensstrukturell einen vom mehr verwaltenden Charakter des Abhandlungsverfahrens verschiedenen Aufbau und Ablauf aufweist, weshalb der streitähnliche Charakter dieses Verfahrensteils nicht völlig geleugnet werden kann. Im §161 sind nun die wichtigsten Verfahrensgrundsätze dessen, was bisher Erbrechtsstreit und was nun das Verfahren über das Erbrecht heißen soll, festgelegt.'

 

3.8. Das AußStrG ist als eigenständige und gleichberechtigt neben der Zivilprozessordnung – ZPO stehende Verfahrensordnung konzipiert. Zum Verhältnis des Außerstreitverfahrens mit dem Zivilprozess wird in den Materialien Folgendes ausgeführt (ErIRV 224 BIgNR 22. GP 6):

 

'Ein wesentlicher Wandel in der Funktion des Verfahrens außer Streitsachen liegt darin, dass es in der Zeit seines In-Kraft-Tretens nach der maßgeblichen Meinung der Prozesswissenschaft als eine Art vorgeschaltetes friedensrichterliches Verfahren gedacht war, dessen Anordnungen insoweit provisorisch waren, als sie durch einen nachfolgenden Zivilprozess im Ergebnis rückgängig gemacht werden konnten. In diesem Sinne enthält auch das geltende Gesetzesrecht noch die Bestimmungen über die Verweisung auf den Zivilrechtsweg (§2 Abs2 Z7 AußStrG-aF) und über den Vorbehalt des Rechtswegs (§18 AußStrG-aF), obwohl sich mittlerweile ein grundsätzlicher Bedeutungswandel ereignet hat. Heutzutage versteht man Verfahren außer Streitsachen und Zivilprozess nicht mehr als einander in derselben Sache nachfolgende Verfahren, deren erstes nur dann Bestand haben soll, wenn sich die Parteien damit zufrieden geben, sondern als zwei voneinander unabhängige, nebeneinander laufende Zweige des zivilgerichtlichen Erkenntnisverfahrens. Ein Anspruch ist entweder im Zivilprozess oder im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen, dessen endgültige Entscheidungen den gleichen Bestand haben wie die Urteile und sonstigen Endentscheidungen des Zivilprozesses (es sei denn, der Verfahrensgegenstand wäre – wie im Grundbuchsverfahren – auf eine bloße Registrierung unbeschadet der tatsächlichen materiellen Rechtslage beschränkt). Aus diesem grundsätzlichen Verständnis des Verhältnisses vom Verfahren außer Streitsachen zum Zivilprozess lassen sich einige weitere legislative Konsequenzen unmittelbar ableiten: Zum einen die unbedingte Notwendigkeit, das Außerstreitverfahren mit funktionsgleichen Verfahrensgarantien zu versehen wie den Zivilprozess; zum anderen die Aufgabe, die Trennlinien schärfer zu ziehen als bisher, was sich etwa bei der Frage nach der Abgrenzung streitiger und außerstreitiger Verfahren im Miteigentumsverhältnis, im Unterhaltsbereich oder im Erbrechtsstreit auswirken soll. Jedenfalls erklärt diese Betrachtungsweise, die keinesfalls ein rechtspolitisch neu beschrittener Weg ist, sondern nur die Rechtsentwicklung der letzten 50 Jahre nachvollzieht, das Erfordernis eingehenderer gesetzlicher Regelung des Verfahrens außer Streitsachen.'

 

Von einem Generalverweis auf die ZPO wurde vor dem Hintergrund der Grundsatzentscheidung, dass das Außerstreitgesetz eigenständig und gleichberechtigt neben der Zivilprozessordnung stehen sollte, abgesehen. Nur dort, wo ein Auseinanderklaffen der beiden großen Zivilverfahren für weder notwendig noch nützlich erachtet wurde, wurden einige Bereiche und Institute der ZPO durch Verweisung übernommen (vgl ErIRV 224 BIgNR 22. GP 9).

 

3.9. Gemäß §23 Abs1 AußStrG sind die Bestimmungen der ZPO über die Fristen, ausgenommen §222 ZPO, sinngemäß anzuwenden. §222 ZPO ordnet an, dass der Lauf von Notfristen u.a. im Rekurs- und Revisionsrekursverfahren während der Gerichtsferien im Sommer und über den Jahreswechsel gehemmt ist.

 

3.10. §123 ZPO, der iVm §23 Abs1 AußStrG auch im Außerstreitverfahren anzuwenden ist, sieht für den Fall, dass die Dauer einer Frist zur Vornahme von Prozesshandlungen nicht unmittelbar vom Gesetz bestimmt wird (gesetzliche Frist), vor, dass diese vom Richter mit Rücksicht auf die Erfordernisse und Beschaffenheit des einzelnen Falles festzusetzen ist (richterliche Frist).

 

II.

 

Zur Zulässigkeit:

 

1. Zum Anfechtungsgegenstand:

 

1.1. Gemäß §62 Abs1 VfGG muss der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, das Begehren enthalten, das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder in bestimmten Stellen aufzuheben. Nach ständiger Rechtsprechung wird diesem Formerfordernis nur dann entsprochen, wenn die bekämpfte Gesetzesstelle genau und eindeutig bezeichnet wird. Eine ungenaue Bezeichnung der Gesetzesvorschriften bzw Gesetzesstellen, deren Aufhebung beantragt wird, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kein verbesserungsfähiger Mangel (VfSlg 14.634/1996, 17.570/2005; VfGH 1.10.2015, G206/2015 jeweils mwN).

 

1.2. Der Oberste Gerichtshof beantragt die Aufhebung der Wortfolge 'binnen 14 Tagen' in §63 Abs2 AußStrG, der Wortfolge 'beträgt 14 Tage. Sie' in §65 Abs1 AußStrG und der Wortfolge 'binnen 14 Tagen' in §68 Abs1 zweiter Satz [AußStrG], sowie hilfsweise auch der Wortfolge 'beträgt vierzehn Tage. Sie' in §46 Abs1 AußStrG und der Wortfolge 'binnen 14 Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung an sie' in §48 Abs2 AußStrG. Von diesen Bestimmungen enthält aber nur §46 Abs1 AußStrG auch tatsächlich die angefochtene Wortfolge. In §63 Abs2, §65 Abs1, §68 Abs1 zweiter Satz und §48 Abs2 AußStrG sind die angefochtenen Wortfolgen hingegen nicht enthalten, zumal keine dieser Bestimmungen die Zahl '14' enthält. Da der Oberste Gerichtshof auch in der Begründung seines Antrags die genannten angefochtenen Bestimmungen nicht in ihrem richtigen Wortlaut wiedergibt (vgl VfSlg 18.567/2008), hat er es nach Auffassung der Bundesregierung verabsäumt, die angefochtenen Gesetzesstellen genau und eindeutig zu bezeichnen.

 

1.3. Aus diesem Grund erweist sich der Antrag im Hinblick auf §63 Abs2, §65 Abs1, §68 Abs1 zweiter Satz und §48 Abs2 AußStrG als unzulässig.

 

2. Zur Präjudizialität:

 

2.1. Die Bundesregierung verweist auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser nicht berechtigt ist, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag auf Aufhebung einer generellen Norm nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 19.824/2013 und 19.833/2013).

 

2.2. Nach Auffassung der Bundesregierung sind §63 Abs2 AußStrG sowie die hilfsweise mitangefochtenen §46 Abs1 und §48 Abs2 AußStrG nicht präjudiziell:

 

2.2.1. Eine Zulassungsvorstellung – verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs – kann gemäß §63 Abs1 AußStrG erhoben werden, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt nicht 30 000 Euro übersteigt und das Rekursgericht nach §59 Abs1 Z2 AußStrG ausgesprochen hat, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Auf S. 3 des vorliegenden Antrages führt der Oberste Gerichtshof aus, dass das Rekursgericht im Anlassfall ausgesprochen habe, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 30 000 Euro übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gegen diese Entscheidung sei ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben worden. Da im Anlassfall die Wertgrenze von 30 000 Euro überschritten und eine Zulassungsvorstellung gar nicht erhoben wurde, mangelt es §63 Abs2 AußStrG an Präjudizialität.

 

2.2.3. Die hilfsweise mitangefochtenen §46 Abs2 und §48 Abs1 AußStrG legen Fristen für den Rekurs und die Rekursbeantwortung fest. Auch diese Bestimmungen sind nach Auffassung der Bundesregierung im Anlassverfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht präjudiziell.

 

3. Keine Darlegung der Bedenken gegen §63 Abs2, §68 Abs1 zweiter Satz, §46 Abs1 und §48 Abs2 AußStrG:

 

3.1. Gemäß §62 Abs1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art – präzise ausgebreitet werden, dh dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die jeweils bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl VfSlg 11.150/1986, 13.851/1994, 14.802/1997, 19.933/2014).

 

3.2. Der Oberste Gerichtshof macht sein Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz ausschließlich in Bezug auf §65 Abs1 zweiter Satz AußStrG geltend. Eigene oder gleichartige Bedenken gegen §63 Abs2, §68 Abs1 zweiter Satz und die hilfsweise mitangefochtenen §46 Abs1 und §48 Abs2 AußStrG werden im Antrag nicht vorgebracht. Die Bestimmungen stehen nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit §65 Abs1 AußStrG, da sie im Falle seiner Aufhebung weder unverständlich noch unanwendbar würden. Soweit der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertritt, dass §63 Abs2 und §68 Abs1 AußStrG eine untrennbare Einheit mit §65 Abs1 AußStrG bilden würden, weil der Wegfall der gesetzlichen Frist nur in Bezug auf den Revisionsrekurs dem Gesetz einen verfassungswidrigen und damit nicht zusinnbaren Inhalt geben würde (s S. 12 f des Antrags), ist ihm entgegenzuhalten, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kein Prozesshindernis darstellt, wenn durch die Aufhebung einer Bestimmung als gleichheitswidrig allenfalls eine Gleichheitswidrigkeit an anderer Stelle herbeigeführt wird (vgl VfSlg 17.954/2006).

 

3.3. Der Antrag erweist sich daher insoweit mangels hinreichend dargelegter Bedenken als unzulässig.

 

4. Zum Anfechtungsumfang:

 

4.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes soll ein Gesetzesprüfungsverfahren dazu dienen, die behauptete Verfassungswidrigkeit – wenn sie tatsächlich vorläge – zu beseitigen. Unzulässig ist ein Antrag daher dann, wenn die Aufhebung einer Bestimmung beantragt wird, welche die angenommene Verfassungswidrigkeit gar nicht beseitigen würde (vgl VfSlg 16.191/2001, 18.397/2008, 18.891/2009, 19.178/2010, 19.674/2012; VfGH 26.11.2015, G179/2015; 14.12.2016, G573/2015 ua; jeweils mwN).

 

4.2. Ein solcher Fall liegt hier nach Auffassung der Bundesregierung vor:

 

4.2.1. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes liegt die behauptete Verfassungswidrigkeit in der unterschiedlichen Dauer der im außergerichtlichen Erbrechtsverfahren geltenden Rechtsmittelfristen gegenüber den Rechtsmittelfristen des Zivilprozesses, die im Erbschaftsprozess (sowie früher im Erbrechtsprozess) gelten, und den daran angeglichenen Rechtsmittelfristen für bestimmte außerstreitige Sachmaterien (vgl Pkt. I.3.5 und I.3.6.).

 

4.2.2. Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen würde diese Unterschiede in den Rechtsmittelfristen aber nicht beseitigen, sondern sogar noch vertiefen. Sie würde nämlich nicht zur Angleichung der Rechtsmittelfristen im außerstreitigen Erbrechtsverfahren an jene der ZPO führen, sondern hätte – wie auch der Oberste Gerichtshof auf S. 13 des Antrags ausführt – zur Folge, dass aufgrund des Wegfalls der darin geregelten gesetzlichen Fristen gemäß §123 ZPO iVm §23 Abs1 AußStrG für die betreffenden Prozesshandlungen (Revisionsrekurs, Zulassungsvorstellung und Revisionsrekursbeantwortung sowie – in den Fällen der hilfsweise mitangefochtenen Bestimmungen – Rekurs und Rekursbeantwortung) individuelle richterliche Fristen festzusetzen wären (vgl Pkt. I.3.10.). Dies würde alle Rechtsmittel gegen erst- und zweitinstanzliche Entscheidungen in allen Verfahren außer Streitsachen, insbesondere auch in den Angelegenheiten Abstammung, Adoption, Legitimation, Eheangelegenheiten, Obsorge, Kontaktrecht, Unterhalt für Kinder, Erwachsenenschutz- und Verlassenschaftsverfahren, betreffen. Der Umfang der Frist stünde stets im Ermessen des verfahrensführenden Richters, der sie gemäß §123 ZPO mit Rücksicht auf die Erfordernisse und die Beschaffenheit des einzelnen Falles festzusetzen hätte. Die Dauer der jeweiligen richterlichen Frist wäre für die Parteien nicht vorhersehbar und könnte (ggf. erheblich) länger, aber auch kürzer als die bisherige 14-tägige Frist sein.

 

4.2.3. Durch die Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen würde somit keine Rechtslage hergestellt, auf die das vom Obersten Gerichtshof vorgebrachte[...] Bedenken nicht mehr zuträfe. Es würde vielmehr eine Rechtslage geschaffen, nach der ein faires Verfahren im Sinne des Art6 EMRK, insbesondere auch im Hinblick auf die erforderliche Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit von Verfahrensabläufen, nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet wäre. Diese Konsequenz würde fast ausschließlich Verfahrensangelegenheiten, die in den höchstpersönlichen Bereich des Privat- und Familienlebens der Verfahrensparteien hineinreichen, und somit die sensibelsten justiziellen Verfahren überhaupt betreffen.

 

4.3. Da mit der Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt würde, erweist sich der Antrag auch aus diesem Grund als unzulässig.

 

5. Aus diesen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Antrag zur Gänze unzulässig ist.

 

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:

 

III.

 

In der Sache:

 

1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

2. Der Oberste Gerichtshof hegt das Bedenken, dass die Anwendung der 14‑tägigen Rechtsmittelfrist des §65 Abs1 AußStrG im außerstreitigen Erbrechtsverfahren gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG) verstoße.

 

2.1. Zum System der Rechtsmittelfristen im Außerstreitverfahren führt der Oberste Gerichtshof aus, dass für Rekurse und Revisionrekurse grundsätzlich 14‑tägige Fristen gälten, wobei nicht zwischen verfahrensleitenden Beschlüssen und Beschlüssen über die Sache unterschieden werde. Kürzere Fristen seien dort angeordnet, wo die besondere Schutzbedürftigkeit der jeweils betroffenen Personen eine noch raschere abschließende Erledigung erfordere. Diese Fristen seien eine spezielle Ausprägung des Rechtsfürsorgeprinzips, das dem (traditionellen) Außerstreitverfahren ganz allgemein zugrunde liege. Vierwöchige Fristen würden demgegenüber dort gelten, wo typischerweise streitige Materien vom Zivilprozess in das Außerstreitverfahren verschoben worden seien, wo also der Rechtsfürsorgecharakter des Außerstreitverfahrens gegenüber der Streitentscheidung in den Hintergrund trete. Die vierwöchige Frist gelte nur für das Bekämpfen der Sachentscheidung; für andere Beschlüsse bleibe es bei der 14‑tägigen Frist. Damit übernehme das Außerstreitverfahren das Regelungsmodell des Zivilprozesses.

 

2.2. Ausgehend davon hegt der Oberste Gerichtshof das Bedenken, dass eine unsachliche Diskriminierung gegenüber der Rechtslage im Zivilprozess bestehe, weil im außerstreitigen Erbrechtsverfahren kürzere Rechtsmittelfristen bestünden als im streitigen Erbschafts- und früher Erbrechtsprozess. Diese seien sachlich nicht gerechtfertigt, weil die Anforderungen an einen Rekurs oder Revisionsrekurs grundsätzlich jenen bei einer Berufung oder Revision entsprächen und die Rechtslage im Verfahren nach den §§161 ff AußStrG sogar noch komplexer sein könne als in einem Erbschafts- oder früheren Erbrechtsprozess. Die bloß 14‑tägigen Rechtsmittelfristen könnten auch nicht mit einem besonderen Interesse an einem raschen Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens gerechtfertigt werden.

 

2.2. Eine unsachliche Differenzierung bestehe auch gegenüber bestimmten Sonderregelungen außerhalb des AußStrG, die – angelehnt an das Regelungssystem des Zivilprozesses – jeweils vierwöchige Rechtsmittelfristen für bestimmte andere der Art nach 'streitige' Materien, nämlich im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren, im Enteignungsentschädigungsverfahren und im Kartellverfahren, vorsähen. Die 14-tägige Frist verstoße auch innerhalb des Regelungskonzepts des Außerstreitverfahrens gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil an sich gleichwertige 'streitige' Angelegenheiten unterschiedlich behandelt würden.

 

3. Das Bedenken des Obersten Gerichtshofes trifft nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu.

 

3.1.1. Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ihre (sozial‑)politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.167/2001, 16.504/2002). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl VfSlg 13.497/1993, 15.850/2000, 16.048/2000, 17.315/2004 und 17.816/2006, 19.722/2012, jeweils mwN) sowie auch Härtefälle in Kauf nehmen (vgl VfSlg 16.771/2002 mwN).

 

3.1.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht es in ständiger Rechtsprechung als sachlich gerechtfertigt an, in unterschiedlichen Verfahrensbereichen unterschiedliche Ordnungssysteme vorzusehen, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform gestaltet sind (vgl VfSlg 10.770/1986, 13.420/1993, 15.493/1999, 19.202/2010, 19.762/2013).

 

3.1.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf die Gesetzgebung aber auch von einem von ihr selbst geschaffenen Ordnungssystem abweichen, sofern nur die Regelung in sich dem Gleichheitssatz entspricht (VfSlg 10.043/1984). Innerhalb eines rechtlichen Ordnungssystems dürfen einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgerechte Art geregelt werden, sofern dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (VfSlg 5862/1968).

 

3.1.4. Die Bemessung einer Frist ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde. Der Umstand, dass in anderen Rechtsvorschriften – mögen sie vergleichbar sein oder nicht – längere Fristen enthalten sind, macht eine Regelung noch nicht unsachlich. Rechtsschutzeinrichtungen müssen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Maß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen (vgl VfSlg 19.641/2012 mwN).

 

3.2.1. Nach Auffassung der Bundesregierung handelt es sich beim streitigen und beim außerstreitigen Zivilverfahren um unterschiedliche Ordnungssysteme. Das AußStrG wurde von der Gesetzgebung als eigenständige und gleichberechtigt neben der ZPO stehende Verfahrensordnung konzipiert (vgl Pkt. I.3.8.). Es liegt daher grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, das außerstreitige Verfahren anders zu regeln als den Zivilprozess. Dies gilt nach Auffassung der Bundesregierung auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – verschiedene Bereiche ein- und derselben Sachmaterie unterschiedlichen Verfahrensarten zugeordnet sind. Weder bilden Regelungen der Zivilprozessordnung einen indirekten Maßstab für die Gleichheitskonformität der für das Außerstreitverfahren geltenden Regelungen noch ist dies umgekehrt der Fall; es kommt lediglich darauf an, dass die Regelungen des jeweiligen Ordnungssystems in sich sachlich sind.

 

3.2.2. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass das Regelungssystem des Zivilprozesses für Rechtsmittelfristen als Vergleichsmaßstab in Frage käme – was die Bundesregierung bestreitet –, wären die unterschiedlichen Rechtsmittelfristen im außerstreitigen Erbrechtsverfahren und im zivilprozessualen Erbschaftsverfahren nicht unsachlich. Die unterschiedlichen Fristen ergeben sich aus der im Zuge der Neukodifikation des Außerstreitverfahrens getroffenen – vom Obersten Gerichtshof nicht in Frage gestellten – regelungstechnischen und rechtspolitischen Grundsatzentscheidung, den vor der Einantwortung geführten Erbrechtsstreit vom Zivilprozess in das Außerstreitverfahren zu verlagern (vgl Pkt. I.3.7.). In einer solchen Konstellation ist aber eine (teilweise) verfahrensrechtliche Ungleichbehandlung unvermeidbar. Entscheidet sich die Gesetzgebung nämlich – wie im vorliegenden Fall – dafür, im außerstreitigen Erbrechtsverfahren die allgemeine einheitliche 14-tägige Rechtsmittelfrist des AußStrG anzuwenden, so besteht eine Ungleichbehandlung gegenüber dem zivilprozessualen Erbschaftsverfahren. Wären hingegen die Rechtsmittelfristen des außerstreitigen Erbrechtsverfahrens an das Regelungsmodell des Zivilprozesses angeglichen (dh vierwöchige Rechtsmittelfristen zur Bekämpfung von Sachentscheidungen), so bestünde eine Ungleichbehandlung innerhalb des Ordnungssystems des Außerstreitverfahrens, insbesondere auch im Hinblick auf das Verlassenschaftsverfahren (§§143 ff AußStrG), in das das außerstreitige Erbrechtsverfahren systematisch eingegliedert ist (vgl dazu die unter Pkt. I.3.7 wiedergegebenen Erläuterungen zu §161 AußStrG). Welchem Regelungsregime in einem solchen Fall der Vorzug eingeräumt wird, liegt nach Auffassung der Bundesregierung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung. Entgegen der Auffassung des Obersten Gerichtshofes ist in diesem Zusammenhang auch sachlich gerechtfertigt, dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung und der Einheitlichkeit der Rechtsmittelfristen im Außerstreit- und insbesondere im Verlassenschaftsverfahren einen höheren Stellenwert einzuräumen als der Einheitlichkeit aller Rechtsmittelfristen für eine bestimmte Sachmaterie.

 

3.2.3. Aus den vom Obersten Gerichtshof ebenfalls als Vergleichsmaßstab herangezogenen Rechtsmittelfristen des früheren (streitigen) Erbrechtsprozesses lässt sich für den vorliegenden Fall nichts gewinnen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die vor der Neukodifikation des Außerstreitverfahrens geltende Rechtslage (vgl Pkt. I.3.6.) von vornherein kein tauglicher Vergleichsmaßstab, weil es der Gesetzgebung freisteht, verfahrensrechtliche Regelungen einschließlich Rechtsmittelfristen im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes im Laufe der Zeit zu verändern. Im vorliegenden Zusammenhang scheidet ein Vergleich mit der vor der Neukodifikation geltenden Rechtslage aber auch deshalb aus, weil mit dieser Reform das gesamte Außerstreitverfahren umfassend verändert und der vor der Einantwortung geführte Erbrechtsstreit vom streitigen ins außerstreitige Verfahren verlagert wurde. Ein isolierter Vergleich nur der Rechtsmittelfristen kommt daher auch aus diesem Grund nicht in Betracht.

3.3.1. Innerhalb des Ordnungssystems des Außerstreitverfahrens ist die Anwendung der 14-tägigen Rechtsmittelfrist im außerstreitigen Erbrechtsverfahren systemkonform. Mit der Neukodifizierung des Außerstreitverfahrens wurde – mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung – für alle im Besonderen Teil des AußStrG geregelten Verfahren ein einheitliches Anfechtungssystem mit einer allgemeinen einheitlichen 14-tägigen Rechtsmittelfrist geschaffen (vgl Pkt. I.3.2. ff). Jene (wenigen) Ausnahmenbestimmungen, in denen das AußStrG selbst Abweichungen von der einheitlichen 14-tägigen Rechtsmittelfrist vorsieht, haben in diesem Zusammenhang aufgrund ihrer Sonderstellung (vgl Pkt. I.3.4.) außer Betracht zu bleiben.

 

3.3.2. Die Mehrzahl der im AußStrG geregelten Verfahren betrifft typischerweise streitige Materien; so etwa Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens (§93 Abs1 AußStrG), Verfahren in Kindesunterhaltsstreitigkeiten (§§101 ff AußStrG) und Verfahren in Obsorge- und Kontaktrechtsstreitigkeiten (§§104 ff AußStrG), oder eben die gegenständlich betroffenen Verfahren bei Erbrechtsstreitigkeiten (§161 ff AußStrG). Für viele dieser Verfahren war nicht der Rechtsfürsorgecharakter ausschlaggebend für die Implementierung der 14-tägigen Rechtsmittelfrist, sondern die grundsätzliche Systementscheidung für eine generelle 14-tägige Rechtsmittelfrist im AußStrG mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung (vgl ErIRV 224 BlgNR 22. GP 17 ff).

 

3.3.3. Der Oberste Gerichtshof behauptet eine unsachliche Ungleichbehandlung mit bestimmte 'streitigen' Materien, für die das System des Zivilprozesses übernommen worden sei, und nimmt dabei Bezug auf die vierwöchige Fristen für Rechtsmittel gegen Sachbeschlüsse im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (§37 Abs3 Z15 und Z16 MRG, gegebenenfalls iVm §52 Abs2 WEG, §22 Abs4 WGG, sowie §12 Z6 LPG), für Beschlüsse über die Enteignungsentschädigungen (§30 Abs3 EisbEG) und für Endentscheidungen im Kartellverfahren (§49 Abs2 KartG 2005).

 

3.3.4. Diese Regelungen bilden nach Auffassung der Bundesregierung jedoch keinen tauglichen Vergleichsmaßstab für den vorliegenden Fall. Die betreffenden Sachmaterien unterliegen spezifisch auf die jeweiligen Sach- und Verfahrenszusammenhänge abgestimmten Verfahrensregelungen, die umfangreiche Abweichungen vom Verfahren nach dem AußStrG vorsehen. Insbesondere differenzieren die vom Obersten Gerichtshof ins Treffen geführten Sondergesetze zwischen Sachbeschlüssen und sonstigen Beschlüssen und enthalten neben abweichenden Rechtsmittelfristen auch eine Reihe von weiteren Sondernormen zum AußStrG. So sieht etwa §37 Abs3 MRG nicht nur eine abweichende Rekurs- und Revisionsrekursfrist gegen Sachbeschlüsse (Z15 und 16 leg. cit.), sondern darüber hinaus in insgesamt 20 Ziffern weitere Abweichungen vom AußStrG vor. §52 Abs2 WEG 2002 und §22 Abs4 WGG verweisen auf einen Großteil der (vom AußStrG abweichenden) Sonderbestimmungen des §37 Abs3 MRG und ordnen darüber hinaus noch weitere verfahrensrechtliche Besonderheiten an. §12 LPG weist in insgesamt acht Ziffern Sonderregelungen zum AußStrG auf. Das EisBEG regelt in den §§22 bis 32 eigenständig das Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung durch das Gericht. Das Verfahren vor dem Kartellgericht und dem Kartellobergericht ist in den §§38 bis 49 KartG 2005 geregelt, die vom allgemeinen Verweis auf das Verfahren außer Streitsachen gemäß §38 KartG 2005 abweichende Sondernormen beinhalten. Das Erbrechtsverfahren nach den §§161 ff AußStrG unterliegt hingegen vollständig den Regelungen des AußStrG.

 

3.3.5. Nach Auffassung der Bundesregierung ist es vor diesem Hintergrund nicht unsachlich, wenn im außerstreitigen Erbrechtsverfahren nach den §§161 ff AußStrG andere Rechtsmittelfristen zur Anwendung gelangen als in den vom Obersten Gerichtshof ins Treffen geführten Sachmaterien. Ein isolierter Vergleich nur der Rechtsmittelfristen kommt aufgrund der grundlegenden Unterschiede in den Verfahrensregimen nicht in Betracht. Zudem gilt für die Mehrzahl aller dem Typ nach streitigen Materien, die dem Außerstreitverfahren zugewiesen sind, nicht das Regelungssystem des Zivilprozesses, sondern die einheitliche 14-tägige Rechtsmittelfrist des AußStrG. Diese ist nicht nur in allen in Pkt. III.3.3.2. angeführten, im AußStrG selbst geregelten Verfahren anzuwenden, sondern beispielsweise auch im Verfahren über Streitigkeiten unter (schlichten) Miteigentümern nach §838a ABGB.

 

3.4.1. Auch im Hinblick auf die (nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes potentiell hohe) Komplexität von außerstreitigen Erbrechtsverfahren bestehen nach Auffassung der Bundesregierung keine Anhaltspunkte für eine Unsachlichkeit der 14-tägigen Rechtsmittelfrist. Die Bundesregierung verkennt nicht, dass Erbrechtsverfahren eine höchst unterschiedliche Komplexität auf Sachverhalts- und/oder Rechtsebene aufweisen können. Dies gilt aber in gleichem Maße für andere außerstreitige Verfahren und auch für den Zivilprozess. Die Unterschiede in der Fallkomplexität ergeben sich primär aus den Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Diese müssen aber bei der Festlegung allgemeiner Fristen für einen bestimmten Verfahrenstyp notwendigerweise außer Betracht bleiben. Nur in solchen Fällen, in denen die besondere Komplexität des Verfahrens typischerweise der Materie selbst geschuldet ist, können nach Auffassung der Bundesregierung generalisierend abweichende Rechtsmittelfristen sachlich geboten sein. Im Hinblick auf das außerstreitige Erbrechtsverfahren bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die 14-tägige Rechtsmittelfrist zu kurz bemessen wäre und insoweit – im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl Pkt. III.3.1.4.) – jeglicher Erfahrung entgegenstünde. Auch der Oberste Gerichtshof behauptet in seinem Antrag nichts Gegenteiliges.

 

3.4.2. Vor dem Hintergrund, dass Unterschiede in der Fallkomplexität eben nicht zwischen den einzelnen Materien, sondern in jeder im AußStrG geregelten Materie nur am Einzelfall festgemacht werden können, weist die Bundesregierung ergänzend darauf hin, dass das aktuelle Regierungsprogramm den Auftrag an das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz enthält, im Sinne der EMRK die Möglichkeit zur Erstreckung von (Rechtsmittel‑)Fristen im zivilgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Zu diesem in einer Arbeitsgruppe zu erörternden Punkt wird zu überlegen sein, ob und bejahendenfalls in welchen Sonderfällen (etwa wegen der besonderen Komplexität des konkreten Einzelfalls) eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist ermöglicht werden soll.

 

3.5. Auf S. 9 f des Antrags führt der Oberste Gerichtshof aus, dass der Entfall der in §222 ZPO vorgesehenen Fristhemmung bei einer bloß 14-tägigen Frist zu einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Verkürzung des Rechtsschutzes führen könne. Die Nichtanwendbarkeit des §222 ZPO im Außerstreitverfahren ergibt sich jedoch nicht aus den angefochtenen Bestimmungen, sondern aus §23 Abs1 AußStrG (vgl Pkt. I.3.9.). Da diese Bestimmung mit dem vorliegenden Antrag nicht angefochten wird, ist auf dieses Bedenken nicht einzugehen.

 

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Wortfolgen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

4. Die Verlassenschaft nach dem Ehemann der Erblasserin erstattete als beteiligte Partei im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Obersten Gerichtshofes anschließt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Teil einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

1.3. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass der antragstellende Oberste Gerichtshof in dem bei ihm anhängigen Verfahren für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses die angefochtene Wortfolge "beträgt 14 [richtig: vierzehn] Tage. Sie" in §65 Abs1 AußStrG anzuwenden hat.

Entgegen den Ausführungen der Bundesregierung in ihrer Äußerung hat der Oberste Gerichtshof in seinem Antrag nicht die Auffassung eingenommen, die sonstigen, vom Obersten Gerichtshof angefochtenen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes seien bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses präjudiziell; der Oberste Gerichtshof meint vielmehr, dass die übrigen von ihm angefochtenen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes in einem untrennbaren Zusammenhang mit der präjudiziellen Wortfolge "beträgt 14 [richtig: vierzehn] Tage. Sie" in §65 Abs1 AußStrG stünden.

Der Verfassungsgerichtshof stimmt dem Obersten Gerichtshof zu, dass die angefochtene Wortfolge "binnen 14 [richtig: vierzehn] Tagen" in (dem seit der Stammfassung BGBl I 111/2003 unverändert in Geltung stehenden) §63 Abs2 AußStrG und die angefochtene Wortfolge "binnen 14 [richtig: vierzehn] Tagen" in §68 Abs1 zweiter Satz AußStrG in einem untrennbaren Zusammenhang mit der angefochtenen (präjudiziellen) Wortfolge "beträgt 14 [richtig: vierzehn] Tage. Sie" in §65 Abs1 AußStrG stehen. Im Fall einer bloßen Aufhebung der angefochtenen Wortfolge in §65 Abs1 AußStrG wäre aus den (mit‑)angefochtenen Wortfolgen in §63 Abs2 AußStrG (welcher die Frist für die Zulassungsvorstellung regelt) und in §68 Abs1 zweiter Satz AußStrG (welcher die Frist für die Revisionsrekursbeantwortung bestimmt) im Analogieweg der Schluss zu ziehen, dass auch für den Revisionsrekurs die – als verfassungswidrig erachtete – Frist von 14 Tagen gelte.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes stehen hingegen die vom Obersten Gerichtshof hilfsweise auch angefochtenen Wortfolgen in §46 Abs1 und §48 Abs2 AußStrG weder in einem untrennbaren Zusammenhang noch in einem Zusammenhang mit der präjudiziellen (angefochtenen) Wortfolge in §65 Abs1 AußStrG.

1.4. Vor dem Hintergrund, dass der Oberste Gerichtshof in seinem Antrag die näher bestimmten Wortfolgen in §63 Abs2 und §68 Abs1 zweiter Satz AußStrG nur infolge ihres untrennbaren Zusammenhanges mit der angefochtenen Wortfolge in §65 Abs1 AußStrG mitangefochten hat, gehen die Ausführungen der Bundesregierung in ihrer Äußerung ins Leere, dass der Oberste Gerichtshof keine Bedenken iSd §62 Abs1 VfGG gegen die angefochtenen Wortfolgen in §63 Abs2 und §68 Abs1 AußStrG dargelegt habe.

1.5. Schließlich bezweifelt die Bundesregierung die Zulässigkeit des Antrages des Obersten Gerichtshofes, weil jeweils in den angefochtenen Wortfolgen in §63 Abs2, §65 Abs2 und §68 Abs1 zweiter Satz AußStrG nicht die Zahl "14", sondern immer nur das Zahlwort "vierzehn" vorkomme.

Der Verfassungsgerichtshof stimmt zwar diesem Ansatz der Bundesregierung angesichts des Textes der angefochtenen Wortfolgen zu. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist daraus im konkreten Fall allerdings nicht der Schluss zu ziehen, dass dadurch der Antrag unzulässig wäre. Es ist für den Verfassungsgerichtshof nämlich eindeutig erkennbar, dass der Oberste Gerichtshof die jeweils angefochtene Wortfolge in §63 Abs2, §65 Abs2 und §68 Abs1 zweiter Satz AußStrG in der korrekten Fassung des Gesetzes, dh mit dem Zahlwort "vierzehn" anstelle der Zahl "14", angefochten hat.

1.6. Da im Übrigen keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag des Obersten Gerichtshofs auf Aufhebung der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen" in §63 Abs2 AußStrG, der Wortfolge "beträgt vierzehn Tage. Sie" in §65 Abs2 AußStrG und der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen" in §68 Abs1 zweiter Satz AußStrG zulässig.

Der hilfsweise gestellte Zusatzantrag auf Aufhebung von Wortfolgen in §46 Abs1 und §48 Abs2 AußStrG ist hingegen als unzulässig zurückzuweisen.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag ist nicht begründet.

2.1. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes verstößt die in §65 Abs2 AußStrG vorgesehene vierzehntägige Frist für den Revisionsrekurs in zweifacher Weise gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG und Art7 B‑VG): Zum Ersten liege eine unsachliche Differenzierung gegenüber den einschlägigen, vergleichbaren Regelungen der Zivilprozessordnung vor, weil im außerstreitigen Erbrechtsverfahren kürzere Rechtsmittelfristen bestünden als im streitigen Erbschaftsprozess. Die Anforderungen an einen Rekurs oder Revisionsrekurs im außerstreitigen Erbrechtsverfahren entsprächen grundsätzlich jenen bei einer Berufung oder Revision; die Rechtslage im Verfahren nach den §§161 ff. AußStrG könne darüber hinaus sogar noch komplexer sein als jene in einem Erbschaftsprozess. Die vierzehntägigen Rechtsmittelfristen im außerstreitigen Erbrechtsverfahren könnten auch nicht mit einem besonderen Interesse an einem raschen Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens gerechtfertigt werden.

Zum Zweiten bestehe auch eine unsachliche Differenzierung gegenüber bestimmten Sonderregelungen außerhalb des Außerstreitgesetzes, die – angelehnt an das Regelungssystem des Zivilprozesses – jeweils vierwöchige Rechtsmittelfristen für bestimmte andere, der Art nach "streitige" Materien (zB im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren oder im Enteignungsentschädigungsverfahren) vorsähen. Die vierzehntägige Frist verstoße somit auch innerhalb des Regelungskonzeptes des Außerstreitverfahrens gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil gleichwertige "streitige" Angelegenheiten unterschiedlich behandelt würden.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen nicht:

2.2.1. Seit der Neukodifikation des Außerstreitgesetzes mit BGBl I 111/2013 sind Streitigkeiten über das Erbrecht vor der Einantwortung Teil des außerstreitigen Verlassenschaftsverfahrens (Erbrechtsverfahren nach den §§161 ff. AußStrG). Zuvor waren die Parteien im Fall widersprechender Erbserklärungen auf den Rechtsweg zu verweisen; das Außerstreitgericht hatte nur die Parteirollen festzulegen (§125 des Außerstreitgesetzes 1854 – AußStrG 1854). Die Entscheidung über das bessere Erbrecht wurde in der Folge im Zivilprozess getroffen (Erbrechtsprozess). Streitigkeiten über das Erbrecht nach der Einantwortung werden hingegen – wie vor der Neukodifikation des Außerstreitverfahrens – im Zivilprozess geführt (Erbschaftsklage nach §823 ABGB).

2.2.2. Im Rahmen der Neukodifikation des Außerstreitgesetzes wies der Gesetzgeber einige Materien, die davor im streitigen Verfahren zu erledigen waren, dem außerstreitigen Verfahren zu. Die Materialien führen zum Erbrechtsstreit Folgendes aus (RV 224 BlgNR 22. GP , 19):

"Schließlich soll über das Erbrecht nicht mehr im Erbrechtsstreit (also in einem gesonderten Zivilprozess), sondern im Verlassenschaftsverfahren – somit im Verfahren außer Streitsachen – zu entscheiden sein. Für die Integration dieses Verfahrens in das Verlassenschaftsverfahren sprechen vor allem Gründe der Verfahrenskonzentration und der Verfahrensbeschleunigung. Das im derzeitigen Verlassenschaftsverfahren bestehende Nebeneinander von streitigem und außerstreitigem Verfahren zur Feststellung des wahren Erbrechts bedingt nicht unbeträchtliche Verfahrensverzögerungen, die vermieden werden sollten.

 

Derzeit ist zunächst im Verlassenschaftsverfahren bei widerstreitenden Erbserklärungen nach §§125, 126 AußStrG eine Klägerrollenverteilung vorzunehmen, die in drei Instanzen anfechtbar ist. Mit dieser Klägerrollenverteilung wird eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg vorgenommen, wobei der Außerstreitrichter die Klägerrolle zuzuweisen und eine Frist für die Klagseinbringung festzusetzen hat. Nach Rechtskraft dieses Beschlusses wird die Erbrechtsklage im streitigen Verfahren eingebracht, wobei die in der Zivilprozessordnung bestehenden Rechtsmittelmöglichkeiten offenstehen. Erbrechtsstreitigkeiten können nicht selten längere Zeit in Anspruch nehmen; mit dem Verlassenschaftsverfahren ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erbrechtsklage innezuhalten. Noch größer wird die Verfahrensverzögerung im Verlassenschaftsverfahren, wenn mehrere Erbrechtsstreitigkeiten hintereinander zu führen sind (vgl Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] 139). Um diese Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, wird in Hinkunft das Verlassenschaftsgericht nicht mehr die Erbantrittserklärungen bloß formal zu Gericht anzunehmen, sondern materiell über das Erbrecht zu entscheiden haben. Dies bedeutet, dass das Erbrecht der Erben, denen die Verlassenschaft einzuantworten ist, festgestellt wird und die übrigen Erbantrittserklärungen abgewiesen werden. Die Entscheidung hierüber ergeht im außerstreitigen Verfahren mit den hier vorgesehenen Rechtsmitteln und nach der im Allgemeinen Teil vorgesehenen Verfahrensgestaltung, sodass das rechtliche Gehör und auch die Rechtsmittelmöglichkeiten entsprechend sichergestellt sind. Die Entscheidung kann mit abgesondertem Beschluss oder (in der überwiegenden Zahl der einfach zu lösenden Fälle) mit dem Einantwortungsbeschluss geschehen.

 

Mit dieser Bestimmung wird eine bedeutende Verfahrensbeschleunigung einhergehen (zustimmend Rechberger, LBI XVI, 25; XX, 49 f; Klicka, LBI XX, 36).

 

Der gelegentlich geäußerten Befürchtung, die Zahl der widerstreitenden Erbantrittserklärungen werde mangels Kostenrisikos erheblich steigen, soll dadurch Rechnung getragen werden, dass für Verfahren über das Erbrecht auch ein Ersatz der Verfahrenskosten für die rechtsfreundliche Vertretung vorgesehen ist und daher durchaus ein Kostenersatzrisiko besteht.

 

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch auf die weiterhin bestehende reine Anwaltspflicht, und zwar eine relative Anwaltspflicht bei einem vermutlichen Wert der Nachlassaktiva bis 4.000 Euro, eine absolute Anwaltspflicht, wenn dieser Betrag überschritten wird.

 

Verfahren, welche die Einantwortung nicht hindern (wie etwa die Pflichtteilsklage, die Pflichtteilsergänzungsklage sowie die Klage zur Geltendmachung von Legatsansprüchen), sind nicht in das außerstreitige Verfahren verwiesen, sondern nur die Rechtssachen über das Erbrecht.

 

Die Erbschaftsklage nach §823 ABGB bleibt von der Neuregelung völlig unberührt und wird durch die Ausschließung des Abänderungsverfahrens im Verlassenschaftsverfahren weiterhin erhebliche praktische Bedeutung haben."

Die Erläuterungen zu §161 AußStrG führen zur Einordnung des Erbrechtsverfahrens in das außerstreitige Verfahren Folgendes aus (RV 224 BIgNR 22. GP, 104 f.):

"Die Frage des Erbrechts ist die wesentlichste Einantwortungsvoraussetzung. Das neue Verfahren außer Streitsachen ist auf Grund seiner Ausgestaltung (Ermittlungsverfahren, Gehör, Rechtsschutzgarantien) vollkommen geeignet, auch über 'streitige' Tatsachen zu entscheiden. Das 'Ausweichen in den Zivilprozess' durch Verteilung der Klägerrolle und Durchführung einer Erbrechtsklage bei gleichzeitigem Aussetzen des Abhandlungsverfahrens soll daher der Vergangenheit angehören. Diese wesentliche Änderung gegenüber der geltenden Rechtslage hat auch bereits in der Literatur Beifall gefunden (Knoll, RZ 1995, 108; Rechberger, LBI XX, 49 f). Ihre Vorteile gegenüber der Erbrechtsklage liegen in zweierlei: Festgestellt werden konnte bisher nur das bessere Erbrecht (in der Form einer negativen Feststellungsklage hinsichtlich des 'schlechteren' Erbrechts), nun aber das beste Erbrecht, wobei auch einem Mehrparteienverfahren, anders als in der Erbrechtsklage, leicht Herr zu werden ist. Aus all diesen Gründen ist die Feststellung des Erbrechts eine Sache des Verlassenschaftsverfahrens selbst, das dazu keinen Zivilprozess benötigt. Gelegentlich wurde die Befürchtung geäußert, dass eine Erbrechtsfeststellung im Verfahren außer Streitsachen im Gegensatz zum Zivilprozess über das Erbrecht endlos werden müsste, weil es keine Beweislast gäbe. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Einerseits kennt das neue Verfahren außer Streitsachen dem Zivilprozess gleichwertige Konzentrationsregeln, andererseits aber auch die objektive Beweislast wie im Zivilprozess (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] Rz 2 zu §8; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 [2000] Rz 48): Unterliegen muss derjenige, der die Tatsachen, aus denen er seine Ansprüche ableitet, nicht beweisen kann. So trifft die Beweislast etwa a) im Streit um die Echtheit des Testaments den, der die Echtheit bestreitet; b) im Streit um die Gültigkeit den, der die Testierunfähigkeit behauptet, c) im Streit um Erbunwürdigkeit den, der sie behauptet oder d) im Streit um die Enterbung den, der das Vorliegen der Enterbungsgründe behauptet bzw sich darauf beruft (§771 ABGB). Darüber hinaus ergibt sich aus der Formel 'im Rahmen des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote' eine wesentliche Einschränkung des sonst herrschenden, hier aber nicht angemessenen Untersuchungsgrundsatzes. Steht somit als rechtspolitische Grundsatzentscheidung fest, dass auch das Verfahren zur Feststellung des Erbrechts innerhalb der Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt werden soll, so darf doch nicht verkannt werden, dass der 'Streit um das Erbrecht' verfahrensstrukturell einen vom mehr verwaltenden Charakter des Abhandlungsverfahrens verschiedenen Aufbau und Ablauf aufweist, weshalb der streitähnliche Charakter dieses Verfahrensteils nicht völlig geleugnet werden kann. Im §161 sind nun die wichtigsten Verfahrensgrundsätze dessen, was bisher Erbrechtsstreit und was nun das Verfahren über das Erbrecht heißen soll, festgelegt."

2.2.3. Dem Gesetzgeber sind durch den Gleichheitsgrundsatz insofern inhaltliche Schranken gesetzt, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=14039&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16407&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=8169&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=15590&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18269&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16176&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16504&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ).

Mit der sachlichen Rechtfertigung von Fristen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt befasst und festgestellt, dass die Bemessung einer Frist nur dann sachlich nicht gerechtfertigt wäre, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde (s VfSlg 5484/1967, 9314/1982, 15.661/1999; VfGH 3.12.2018, G103/2018). Dem Gesetzgeber kommt bei der Festsetzung der Frist sohin ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu, verfassungsrechtliche Grenzen sind durch den Gleichheitsgrundsatz insbesondere dahin gesetzt, dass die festgesetzte Frist – von einer Durchschnittbetrachtung ausgehend – hinreichen muss, um das Rechtsmittel auszuführen und einzubringen. Anderenfalls wäre Verfahrensbeteiligten durch die Frist der Zugang zum Gericht faktisch verwehrt und wäre eine solche Regelung mit dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot unvereinbar (vgl VfSlg 5484/1967, 9314/1982, 15.661/1999, 16.641/2012).

Die vom Gesetzgeber in unterschiedlichen Verfahrensbereichen getroffenen Regelungen zu Rechtsmittelfristen sind einem Vergleich aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes nicht ohne Weiteres zugänglich: Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass aus dem Vergleich unterschiedlicher verfahrensrechtlicher Regelungen unter Sachlichkeitsgesichtspunkten nichts zu gewinnen ist, weil es dem Gesetzgeber innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsrahmens grundsätzlich offensteht, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform ausgestaltet sind (vgl VfSlg 13.455/1993, 15.190/1998 mwN, 19.762/2013, 19.831/2013 und 19.881/2014; vgl auch VfGH 20.9.2012, G37/12 ua; 26.6.2018, G44/2018). Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seiner Rechtsprechung in bestimmten Konstellationen auch verfahrensrechtliche Regelungen unterschiedlicher Regelungssysteme am Gleichheitsgrundsatz gemessen (vgl zB VfSlg 18.412/2008, 19.690/2012, 19.831/2013 und 19.943/2014).

2.2.4. Die Bedenken des Obersten Gerichtshofes richten sich der Sache nach nicht gegen die Bemessung der Frist in den angefochtenen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes – diese seien ein "in sich schlüssige[s] Regelungskonzept" –, sondern dagegen, dass die im Außerstreitverfahren für Rekurse und Revisionsrekurse im Allgemeinen geltenden Fristen (auch) auf vor der Einantwortung geführte Streitigkeiten über das bessere Erbrecht gemäß den §§161 ff. AußStrG Anwendung fänden. Der Sache nach wendet sich also der Oberste Gerichtshof gegen die mit Bundesgesetz BGBl I 111/2013 erfolgte Zuordnung des vor der Einantwortung geführten Erbrechtsstreites zum Außerstreitverfahren nach den §§161 ff. AußStrG.

Es ist dem Gesetzgeber im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes nicht entgegenzutreten, wenn er zwischen vor und nach der Einantwortung auszutragenden (Erb‑)Streitigkeiten – ungeachtet der vergleichbaren Materie – differenziert und den Streit über das Erbrecht vor Einantwortung aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung dem Außerstreitverfahren zuweist. Der vom Obersten Gerichtshof angestellte (isolierte) Vergleich der Fristenregelungen für den Rekurs oder Revisionsrekurs in Erbrechtsverfahren vor Einantwortung einerseits und für die Berufung oder Revision gegen ein Urteil in einem Erbschaftsprozess andererseits lässt die Gründe für die Zuweisung des Verfahrens nach den §§161 ff. AußStrG in das Regelungssystem des Außerstreitverfahrens außer Betracht. Die Anwendung der vierzehntägigen Frist auf das Erbrechtsverfahren nach den §§161 ff. AußStrG ist Folge der Neuordnung des Erbrechtsstreites als außerstreitiges Verfahren und steht mit dem damit verfolgten Ziel des Gesetzgebers im Einklang, die Entscheidung über das Erbrecht vor Einantwortung zu beschleunigen (vgl RV 224 BlgNR 22. GP , 17 ff.).

Vor diesem Hintergrund ist es nicht unsachlich, dass im außerstreitigen Erbrechtsverfahren (im Zeitpunkt vor der Einantwortung) kürzere Rechtsmittelfristen gelten als im Erbschaftsprozess (nach der Einantwortung).

2.2.5. Der vom Obersten Gerichtshof zudem angestellte Vergleich zwischen den angefochtenen Bestimmungen einerseits und den Sonderregelungen für bestimmte Materien des Außerstreitverfahrens, in denen eine vierwöchige Frist gilt (vgl §37 Abs3 Z15 und Z16 MRG, gegebenenfalls iVm §52 Abs2 WEG, §22 Abs4 WGG sowie §12 Z6 Landpachtgesetz im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren, §30 Abs3 EisbEG bei Beschlüssen über Enteignungsentschädigungen, §49 Abs2 KartellG 2005 bei Endentscheidungen im Kartellverfahren), andererseits vermag eine gleichheitswidrige Differenzierung ebenso nicht aufzuzeigen.

Es ist dem Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar, dass es sich bei den ins Treffen geführten Sonderbestimmungen betreffend Rechtsmittelfristen um mit dem Streit über das Erbrecht nach den §§161 ff. AußStrG vergleichbare Verfahrensgegenstände des Außerstreitverfahrens handelt. Dem Gesetzgeber ist es aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes nicht verwehrt, für verschiedene Sachmaterien innerhalb des Außerstreitverfahrens differenzierende (Fristen‑) Regelungen zu treffen. Angesichts der Unterschiede zwischen den vom Obersten Gerichtshof in Vergleich gezogenen Angelegenheiten des Wohnrechtes, Eisenbahnentschädigungsrechtes und Kartellrechtes zum einen und dem Streit über das Erbrecht vor Einantwortung zum anderen ist es nicht gleichheitswidrig, wenn der Gesetzgeber jeweils unterschiedliche Rechtsmittelfristen im Außerstreitverfahren vorsieht.

Der Verfassungsgerichtshof vermag daher auch insofern keinen Verstoß gegen Art2 StGG und Art7 B‑VG zu erblicken.

2.2.6. Im Übrigen ist dem Gesetzgeber aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes nicht entgegenzutreten, wenn er vierzehn Tage als einen im Regelfall hinreichenden Zeitraum zur Ausführung und Erhebung eines Rekurses oder Revisionsrekurses im außerstreitigen Erbrechtsverfahren erachtet. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vierzehntägige Frist im Hinblick auf Verfahren nach den §§161 ff. AußStrG zu kurz bemessen und daher unsachlich wäre.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen" in §63 Abs2 AußStrG, der Wortfolge "beträgt vierzehn Tage. Sie" in §65 Abs1 AußStrG und der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen" in §68 Abs1 AußStrG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.

Hinsichtlich der Wortfolge "beträgt vierzehn Tage. Sie" in §46 Abs1 AußStrG und der Wortfolge "binnen vierzehn Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung an sie" in §48 Abs2 AußStrG ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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