§ 1a UWG soll die Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit der Marktteilnehmer schützen,1 indem verhindert werden soll, dass sie durch Belästigung, Nötigung oder unzulässige Beeinflussung Entscheidungen treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.2 Dabei ist es unerheblich, ob der aggressive Marktteilnehmer aus der Geschäftspraktik Gewinn zieht; es kommt auch auf die tatsächlich eingetretenen Auswirkungen nicht an. Maßgebend ist vielmehr die Eignung der Geschäftspraktik zu einer wesentlichen Beeinflussung des Marktteilnehmers. Voraussetzung ist, dass durch die geschäftliche Handlung die Rationalität der Entscheidung der Abnehmer vollständig in den Hintergrund tritt.3
Zentrale Begriffe
Geschäftspraktik | S § 1 Abs 4 Z 2 UWG, wesentlich ist eine Korrelation zwischen Handlung und Produktabsatz; es müssen „wirtschaftliche Interessen“ betroffen sein,4 reine Imagewerbung5 reicht nicht; es kann eine „sonstige unlautere Handlung“ sein. |
Geschäftliche Entscheidung | S § 1 Abs 3 Z 7 UWG, betroffen sind unlautere Geschäftspraktiken „vor, während und nach Abschluss des Handels(Unternehmens)geschäfts“.6 |
Belästigung | Werbemaßnahme, die persönliche Lebensführung und Ressourcennutzung beeinträchtigt, Umworbener muss sich mit Anliegen des Werbenden auseinandersetzen;7 „wesentlichen Beeinträchtigung“ der Entscheidungsfähigkeit der Marktteilnehmer.8 |
Nötigung | Korreliert nicht mit § 105 StGB, erfasst sind psychischer oder physischer Druck zur Erlangung der Kaufentscheidung.25 |
Unzulässige Beeinflussung | Ausnutzung einer Machtposition, zB Stundung einer Zahlung nur bei weiterem Produktkauf;33 Kauf von Produkten eines Herstellers auf Empfehlung des Betriebsrats, wenn Betriebsrat Provision erhält;34 Ausnutzen von Angst und Zwangslagen sowie die Überrumpelung, zB Abschleppunternehmen spricht Unfallbeteiligte zum Zweck eines Vertragsabschlusses am Unfallort an.35 |
Anspruch
Aktivlegitimiert |
| |
Passivlegitimiert |
| |
Ansprüche |
| |
Anspruchskonkurrenz |
Geltendmachung
Gerichtliche Geltendmachung | Streitiger Rechtsweg, mit Ausnahme des Verfahrens nach dem Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen (NVG), dort Verfahren nach dem AußStrG 2003. | |
Verjährung Unterlassungsanspruch und Beseitigungsanspruch |
| |
Verjährung Schadenersatzanspruch | Nach ABGB | |
Sachliche Zuständigkeit |
| |
Örtliche Zuständigkeit |
| EugVVO, § 83c JN |
Inländische Gerichtsbarkeit | Rechtsstreitigkeiten mit Auswirkungen auf den österreichischen Markt können in Österreich geführt werden.
| § 27 a Abs 1 JN, Art 5 Abs 1 EuGVVO, Art 7 Z 3 EuGVVO, Art 24 Z 4 EuGVVO |
Kosten | Fällt während des Prozesses die Wiederholungsgefahr weg, ist das Klagebegehren auf Kosten einzuschränken. |
Fallprüfungsschema:
S Arbeitshilfe „Fallprüfungsschema zum UWG allgemein“.
Was man sonst noch wissen sollte
- Strafrechtliche Sanktionen in §§ 168c und 168d StGB überlagern § 10 UWG (Privatanklagedelikt).
- Verwaltungsübertretungen (Zuständigkeit BVB) bei Zuwiderhandeln gegen in §§ 27–33a UWG aufgezählte Verbote (Geldstrafen)
- Spezialbestimmungen für Konzessionäre und Bewilligungsinhaber inländischer Spielbanken (§ 56 Abs 1 GSpG)
- Sonderbestimmungen der EO
- „Kopflastige“ Vorspannangebote fallen nicht unter § 1a UWG.39
- Im digitalen Kontext werden sog „Dark Patterns“ iZm dem Verbot aggressiver Geschäftspraktiken diskutiert.40