OGH 4Ob2365/96i

OGH4Ob2365/96i17.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichischer Verband der Markenartikelindustrie, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei d***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Norman Dick und Dr.Michael Dyck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10.Oktober 1996, GZ 2 R 191/96p-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 30.Juli 1996, GZ 8 Cg 41/96i-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß das Unterlassungsgebot wie folgt zu lauten hat:

"Zur Sicherung des mit Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches wird der Beklagten aufgetragen, es ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, von Lieferanten Geldleistungen oder sonstige Zuschüsse für Werbe- und/oder Marketing-Aktivitäten zu fordern und/oder anzunehmen, wenn bei den angesprochenen Lieferanten der Eindruck entstehen kann, daß sie bei einer Ablehnung der erbetenen Leistung wirtschaftliche Nachteile erleiden könnten und diese Leistungen sachlich nicht gerechtfertigt sind, insbesondere wenn ihnen keine entsprechenden Gegenleistungen gegenüberstehen, insbesondere das Fordern und/oder Annehmen eines Investitionsbonus, eines Kommunikations- und Verkaufsförderungs-Anteils und/oder einer bestimmten Anzahl von unentgeltlichen Produkten, wenn diesen Leistungen lediglich generelle, nicht mit den Lieferanten vereinbarte Werbe- und/oder Marketing-Aktivitäten als Gegenleistung gegenüberstehen."

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen, die klagende Partei hat diese Kosten vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Satzungsmäßiger Zweck des klagenden Verbandes ist es, allen Industriezweigen der Markenartikelindustrie zu dienen, den Schutz der guten Sitten und der Loyalität im geschäftlichen Wettbewerb zum Vorteil und Nutzen der Industrie, des Gewerbes, des Handels und der Verbraucher zu wahren und zu fördern. Vor allem obliegt dem Kläger die Bekämpfung aller Erscheinungsformen des unlauteren Wettbewerbs, insbesondere auch durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nach § 14 UWG. Dem Kläger gehören rund 160 Unternehmen an, von denen viele mit der Beklagten in Geschäftsverbindung stehen.

Die Beklagte betreibt Drogeriemärkte unter der Bezeichnung "d*****" in rund 200 Filialen in ganz Österreich. Sie wurde 1976 gegründet und besteht daher nunmehr seit 20 Jahren. Aus diesem Anlaß gab sie eine große Werbekampagne mit einem Volumen von etwa 40 Millionen S in Auftrag. Dabei wurde beispielsweise folgender Werbeaufwand erbracht:

a) Es wurden zusätzliche Inserate in mehreren Tageszeitungen und Zeitschriften geschaltet, die größer, farbiger, wesentlich teurer und produktbezogen waren;

b) es wurden zusätzliche Flugblätter und Postwurfsendungen gedruckt, in denen für Produkte geworben wurde und die an ca. 2,3 Mio Haushalte verteilt wurden;

c) es wurde eine Couponswerbung für einzelne Produkte veranstaltet;

d) es wurden Waren verbilligt - "alles um S 20,--" - abgegeben; diese Aktivität lief über vier Monate;

e) es wurde die Aktion "alles um 20 % billiger" veranstaltet, die gleichfalls über vier Monate lief;

f) für das Jubiläum wurde im Hörfunk, auch mit konkreten Produkten, geworben;

g) zusätzliche, längere, häufigere Fernsehwerbung wurde durchgeführt;

h) Gewinnspiele und weitere verkaufsfördernde Maßnahmen wurden veranstaltet;

i) eine aufwendige Schaufenster- und Ladendekoration in allen 215 Filialen wurde installiert.

Dabei wurde für zahlreiche Produkte von Herstellern wie Procter & Gamble, Henkel, Unilever, Johnson & Johnson, L'Oreal, Smith Kline, Beiersdorf, Gillette, Milupa, Melitta, Hakle, Erdal, Scholl, Hipp und Masterfoods geworben.

Die Beklagte ersuchte Lieferanten, ihr einen Beitrag zu diesen Werbeaufwendungen zu leisten. Sie richtete in diesem Zusammenhang an die Lieferanten folgendes Schreiben:

" 'ES IST WAS LOS'

Sehr geehrte Herren!

Beim d***** ist wieder einmal ETWAS LOS; es geht in wenigen Wochen über die Bühne. Wir möchten Sie darüber in einem ca. 1 1/2-stündigen Gespräch informieren und sie dazu am ... einladen. Aufgrund der Bedeutung dieses Ereignisses ersuchen wir um unbedingte Einhaltung dieses Termins ...".

Bei diesem Gespräch wurde dann einem Teil der Lieferanten folgendes Formblatt (Beilage ./ E) vorgelegt:

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, von Lieferanten Gegenleistungen oder sonstige Zuschüsse für Werbe- und/oder Marketing-Aktivitäten zu fordern und/oder anzunehmen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind, insbesondere wenn ihnen keine entsprechenden Gegenleistungen gegenüberstehen, insbesondere das Fordern und/oder Annehmen eines Investitionsbonus, eines Kommunikations- und Verkaufsförderungs-Anteils und/oder einer bestimmten Anzahl von unentgeltlichen Produkten, wenn diesen Leistungen lediglich generelle, nicht mit den Lieferanten vereinbarte Werbe- und/oder Marketing-Aktivitäten als Gegenleistung gegenüberstehen.

Die Beklagte nehme ihr 20-jähriges Firmenjubiläum zum Anlaß, ihren Lieferanten einen Werbekostenzuschuß abzunötigen, dem keine oder doch keine entsprechende Gegenleistung gegenüberstehe. Sie beabsichtige offenbar, sich auch die generellen Marketing-Aktivitäten ihres Handelsunternehmens durch (gesonderte) Zuschüsse von Lieferanten finanzieren zu lassen. Sie habe nämlich mit ihren jeweiligen Lieferanten bereits Jahresvereinbarungen getroffen, in denen die einzelnen produkt- bzw unternehmensspezifischen Werbe- und Marketing-Maßnahmen der Beklagten (und deren Finanzierung) für das gesamte Jahr 1996 vereinbart worden seien. Deshalb hätten die Lieferanten keinen zusätzlichen Bedarf nach Marketing-Maßnahmen. Schließlich verlange die Beklagte von den Mitgliedsunternehmen des Klägers einen ziffernmäßig bestimmten Betrag, der sich aus der unentgeltlichen Lieferung einer bestimmten Anzahl von Produkten ergebe, welcher Gratisleistung sie eine vermeintliche Gegenleistung in der Form eines nicht näher definierten "nationalen Inserats am Mittwoch in der Kronen-Zeitung, 2 x 1/2 Seite" gegenüberstelle. Der den Mitgliedsunternehmen des Klägers abverlangte Gesamtbetrag, den die Beklagte im wesentlichen nach den Pozentsätzen des Umsatzes errechne, den sie mit den Produkten des jeweiligen Markenartikelunternehmens erziele, betrage zwischen S 500.000 und S 3,000.000. Die Beklagte sei bei der Verwendung der ihr von den einzelnen Lieferanten zur Verfügung gestellten Mittel in keiner Weise zweckgebunden, so daß sie diese Geldbeträge auch in die Entwicklung eigener Handelsmarken investieren könnte. Sie biete den jeweiligen Lieferanten keine besondere Hervorhebung ihrer Produkte oder sonstige, spezifisch auf die Produkte Bedacht nehmende Werbemaßnahmen. Dieses Verhalten der Beklagten sei wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG und verstoße darüber hinaus auch gegen § 1 Nahversorgungsgesetz (NVG) und gegen § 35 Abs 1 KartG, denn es bedeute ein sittenwidriges "Anzapfen" von Lieferanten im Sinne der ständigen Rechtsprechung, zumal die Beklagte in den einschlägigen Warengruppen einen Marktanteil von mehr als 50 % besitze und damit als Marktführerin zu bezeichnen sei. Es liege auf der Hand, daß die Beklagte auf Grund dieser Umstände mit ihrer Aktion einen erheblichen psychischen Druck auf die Lieferanten ausübe, den jeweils verlangten Werbekostenbeitrag zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe die Lieferanten eingeladen, um ihnen die Werbekampagne "20 Jahre d*****" vorzustellen. Sie habe dahei den Lieferanten aufgezeigt, welche Sonderleistungen erbracht würden, und ihnen anheimgestellt, daran teilzuhaben. Manche Lieferanten hätten die Gegenleistungen über den Daumen abgeschätzt, manche im einzelnen durchkalkuliert. In jedem einzelnen Fall seien mit den Lieferanten die Gegenleistungen verhandelt worden. Mit manchen Lieferanten sei daraufhin eine Vereinbarung zustande gekommen, mit manchen nicht.

Die Beklagte habe sich schon mangels eines Wettbewerbsverhältnisses mit den Lieferanten nicht wettbewerbswidrig verhalten. Sie erbringe entsprechende Gegenleistungen, und zwar sowohl solche, die allen Lieferanten zugute kämen, als auch solche, die spezifisch einzelnen Lieferanten zugute kämen. Die Leistungen der Lieferanten seien zweckgebunden, sie seien bereits erbracht oder in Auftrag gegeben worden. Nur das "nationale Inserat am Mittwoch" in der "Kronen-Zeitung" betreffe die Zukunft. Auch daran könnten sich einige Lieferanten beteiligen, wobei hiefür konkrete Gegenleistungen vereinbart würden.

Die Beklagte habe den Lieferanten keine Nachteile angedroht oder angedeutet. Es wäre auch nicht möglich gewesen, Druck auszuüben, weil es mit den Lieferanten Jahresverträge gebe, an welche beide Vertragspartner gebunden seien. Überdies könne auf die Lieferanten deshalb kein Druck ausgeübt werden, weil diese Waren erzeugten, die in jedem Laden zu finden seien und auf die kein Händler verzichten könne. Die Gefahr einer Marktverdrängung bestehe nicht, da die Hersteller Marktmacht und Marktbeherrschung besäßen. Das Verhalten der Beklagten entspreche allgemeiner Übung der großen Handelsunternehmen. Die Beklagte sei im Interesse der Chancengleichheit zu solchem Verhalten genötigt. Der Marktanteil der Beklagten in Österreich betrage innerhalb der Drogeriemärkte rund 40 %. Der Großteil der von ihr vertriebenen Waren werde auch in Kaufhäusern und Handelsketten angeboten.Verteilt auf den gesamten Handel betrage der Marktanteil der Beklagten nur 13,8 %.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es nahm noch als bescheinigt an:

Manfred L*****, der Chefeinkäufer der Beklagten, und seine Mitarbeiter luden Lieferanten ein, um ihnen die Werbekampagne "20 Jahre d*****" vorzustellen. Sie zeigten auf, welche Sonderleistungen erbracht wurden und stellten ihnen anheim, daran teilzuhaben. Bei einigen Lieferanten wurde das Formblatt Beilage ./E nicht verwendet, bei anderen wurden anhand des Formblattes die Gegenleistungen erörtert. Manche Lieferanten schätzten die Gegenleistungen über den Daumen ab, andere kalkulierten die Gegenleistungen im einzelnen durch. In jedem einzelnen Fall wurden mit den Lieferanten die einzelnen Gegenleistungen einzel verhandelt. Mit manchen Lieferanten wurde daraufhin eine Vereinbarung geschlossen, mit manchen nicht. Viele Lieferanten begrüßten die Kampagne als beispielgebende Jubiläumsaktivität im Handel und anerkannten sie als konkrete Gegenleistung. Manfred L***** drohte den Lieferanten keine Nachteile an und deutete solches auch nicht an.

Die Beklagte hat mit ihren Lieferanten Verträge abgeschlossen, die auf ein normales Geschäftsjahr abgestimmt sind und den Sonderfall des 20-jährigen Jubiläums nicht berücksichtigen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Jahresverträge war die Jubiläumskampagne noch nicht geplant. In den Jahresvereinbarungen sind zwar Rahmenkonditionen festgelegt, aber nur in Ausnahmefällen produktspezifische Werbe- und Marketing-Maßnahmen, weshalb die Jubiläumsaktion nicht von den Jahresvereinbarungen umfaßt ist. Der Marktanteil der Beklagten beträgt bei den Drogeriemärkten in Österreich 40 %, verteilt auf den gesamten Handel 13,8 % des Non-Food-Sektors.

Rechtlich bejahte das Erstgericht die Aktivlegitimation des Klägers, verneinte jedoch ein sittenwidriges Anzapfen durch die Beklagte. Der Kläger sei seiner Behauptungs- und Bescheinigungspflicht nicht nachgekommen. Möge das bei manchen Gesprächen mit Lieferanten verwendete Formular auch nicht unbedingt auf konkrete und zweckgebundene Gegenleistungen der Beklagten schließen lassen, habe doch die Beklagte die Gegenbescheinigung erbracht, daß ihre Mitarbeiter Gegenleistungen angeboten hätten und diese auch mit den Lieferanten vereinbart worden seien.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Anzapfen eines Lieferanten durch einen Händler verstoße unter dem Gesichtspunkt der Nötigung immer dann gegen die guten Sitten, wenn der angesprochene Unternehmer den Eindruck gewinnen könne, daß er bei Ablehnung der erbetenen Leistung wirtschaftliche Nachteile erleiden könnte. Es handle sich um einen typischen Fall des Mißbrauchs der Marktmacht eines Händlers gegenüber seinen Lieferanten. Kennzeichnend sei das Fordern einer Neben- oder Sonderleistung ohne eigene Gegenleistung.

Entgegen den Bescheinigungsannahmen des Erstgerichtes lasse schon der Inhalt des Formblattes erhebliche Zweifel daran aufkommen, ob die von den Lieferanten erbetenen Leistungen tatsächlich mit diese konkret betreffenden Gegenleistungen korrespondierten. So stelle die Beklagte dort einem vom Lieferanten zu erbringenden "Investitionsbonus" als ihre Leistung die im Zeitraum 1976 bis 1996 stattgefundene "Entwicklung des Marktsegments Drogeriemarkt von 0 auf über 10 Milliarden Schilling" gegenüber. Der Aufbau des eigenen Unternehmens durch die Beklagte sei jedoch keine echte Gegenleistung für die von den Lieferanten begehrte Sonderleistung der Zahlung eines "Investitionsbonus".

Bei der im Formular als weitere Gegenleistung der Beklagten angeführten "Listungsgarantie" handle es sich offenbar um einen Fall von "Eintrittsgeld", so daß auch hier eine tatsächliche Gegenleistung fraglich sei. Das Erstgericht lasse jede Begründung dafür vermissen, warum die von der Beklagten vorgelegten eidesstättigen Erklärungen die - vom Erstgericht selbst geäußerten - Bedenken in Ansehung der Gegenleistungen zu zerstreuen geeignet seien. Die Beklagte habe ja selbst betont, daß nur das "nationale Inserat" die Zukunft betreffe. Es müsse daher angenommen werden, daß die übrigen als Gegenleistung der Beklagten angeführten Maßnahmen zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderungen an die Lieferanten bereits getroffen oder doch fix geplant waren. Dies bedeute, daß die Lieferanten auch nachträglich mit Werbemaßnahmen konfrontiert wurden und sozusagen eingesehen haben, dafür - weil diese Werbemaßnahmen auch ihre Produkte betrafen - ihren Obulus leisten zu müssen.

Daß dabei eine gewisse Pression durch die Beklagte, die über eine nicht unerhebliche Marktmacht verfüge, eine Rolle spielen konnte, liege bei lebensnaher Betrachtung klar auf der Hand. Warum ein solcher Druck nicht hätte entstehen können, weil die betreffenden Hersteller Waren erzeugten, die in jedem Laden zu finden sind und auf die kein Händler verzichten könne, sei nicht recht verständlich, bedeute es doch sicher für jeden Lieferanten einen großen Nachteil, einen derart absatzstarken Abnehmer wie die Beklagte zu verlieren.

Soweit sich die Beklagte darauf berufen habe, sie hätte Druck auf die Lieferanten nicht ausüben können, weil diese Marktmacht und Marktbeherrschung besäßen, sei auf das Problem der Behauptungslast einzugehen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits entschieden habe, sei es nicht Sache des Klägers, zu behaupten und zu bescheinigen, daß der Beklagte auch kleine oder mittlere Unternehmen angezapft habe; vielmehr sei es Sache des Beklagten zu behaupten und zu beweisen, nur solche Lieferanten angesprochen zu haben, bei denen wegen ihrer überragenden Stellung auf dem Markt ein Gefühl der Pression gar nicht habe entstehen könne. Dieser Bescheinigungspflicht sei die Beklagte nicht nachgekommen. Die Beklagte vertrete freilich die Auffassung, daß diese Rechtsprechung dann nicht anwendbar sei, wenn nicht ein Mitbewerber, sondern ein Verband wie der Kläger die Klage erhebe. Damit verkenne aber die Beklagte das offenkundige Bedürfnis der betreffenden Lieferanten nach Anonymität. Für einen kleinen oder mittleren Hersteller hätte es keinen Sinn, mehr oder minder zähneknirschend zu zahlen, um die Geschäftsverbindung mit der Beklagten auch in kommenden Jahren aufrechterhalten zu können, dann aber im Wettbewerbsprozeß offen gegen die Beklagte aufzutreten und nun erst recht wirtschaftliche Nachteile riskieren zu müssen. Gerade dieses Dilemma bilde einen der Gründe für die Antragsberechtigung von Unternehmervereinigungen und die Zulässigkeit von Verbandsklagen.

Dem Kläger könne daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß seine Behauptungen vage und unkonkret seien. Aus seinem Vorbringen ergebe sich deutlich, daß er in dem Vorgehen der Beklagten die sittenwidrige Ausübung psychischen Drucks gegen Lieferanten, insbesondere auch kleine Markenartikelunternehmen erblicke. Er behaupte somit deutlich einen - Ungleichgewicht zwischen dem nachfragestarken Händler und seinen Lieferanten zwingend voraussetzenden - sittenwidrigen Mißbrauch von Marktmacht durch die Beklagte. Diese Voraussetzungen seien hier tatsächlich zu bejahen. Da der Kläger seiner Bescheinigungspflicht nachgekommen sei, wäre es Sache der Beklagten gewesen, glaubhaft zu machen, daß sich ihr Ersuchen um Zahlung eines Investitionsbonus udgl. nur an solche Lieferanten (Hersteller) gerichtet habe, bei denen wegen ihrer überragenden Marktstellung ein Gefühl der Pression gar nicht habe entstehen könne, so daß nicht vom Regelfall der Sittenwidrigkeit einer solchen Maßnahme ausgegangen werden könne. Eine solche Bescheinigung sei der Beklagten nicht gelungen, obwohl es ihr hätte leicht fallen müssen, eine vollständige Liste der angesprochenen Lieferanten vorzulegen.

Die Beklagte habe auch nicht bescheinigt, daß ihr Verhalten einer Usance entspreche. Dagegen spreche auch der Umstand, daß der sogenannte "Wohlverhaltenskatalog" der Bundeswirtschaftskammer vom 10. Oktober 1977 als einen der Sachverhalte, die geeignet sind, den leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden, auch das Verlangen nach Kostenzuschüssen bzw nach vollständiger Übernahme der Kosten bei Werbemaßnahmen des Handelsunternehmens bezeichnet, sofern diesen Leistungen keine entsprechende Gegenleistung gegenübersteht.

§ 1 UWG setze ein Wettbewerbsverhältnis voraus. Ein solches liege zwar gegenüber dem angezapften Lieferanten nicht vor, weil dieser kein Konkurrent des Händlers ist. Da sich aber der "Anzapfer" mittelbar einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft, sei diesen gegenüber eine Wettbewerbshandlung anzunehmen. Der Kläger vertrete nach seinem satzungsmäßigen Zweck nicht nur die Interessen der Lieferanten, sondern auch jene des Handels und der Verbraucher, wobei die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen seine vordringlichste Aufgabe bilde. Seine Aktivlegitimation sei daher gegeben.

Auch der Einwand der Beklagten, das Begehren sei zu weit gefaßt, sei nicht berechtigt. Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes sei - im Verein mit konkreten Einzelverboten - meist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Der Kläger habe diesen Weg gewählt. Die der Beklagten verbotenen Werbeaktivitäten seien mit "sachlich nicht gerechtfertigt" ausreichend substantiell umschrieben worden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionrekurs der Beklagten ist zwar entgegen der Meinung des Klägers zulässig, weil es einer Auseinandersetzung mit der im Schrifttum geäußertenKritik an der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bedarf; er ist aber nicht berechtigt.

Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, versteht man unter "Anzapfen" Verhaltensweisen von (nachfragestarken) Händlern, die zur Förderung ihres Absatzwettbewerbes eine Sonderleistung von Lieferanten verlangen, ohne ihrerseits dafür eine Gegenleistung zu erbringen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht19, 803 Rz 902 zu § 1 dUWG; ÖBl 1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß).Nach der Rechtsprechung

des Obersten Gerichtshofes (SZ 52/115 = ÖBl 1979, 152 -

Werbekosten-Beitrag; SZ 56/9 = ÖBl 1983, 55 - Metro-Post II; ÖBl

1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß) verstößt das "Anzapfen eines Lieferanten" durch einen Händler unter dem Gesichtspunkt der Nötigung, also der Ausübung psychischen Drucks, immer dann gegen die guten Sitten, wenn der angesprochene Unternehmer nach den Umständen des Falles den Eindruck gewinnen kann, daß er bei Ablehnung der erbetenen Leistung wirtschaftliche Nachteile erleiden könnte. Es kommt also darauf an, daß der Angezapfte zu einer Zuwendung veranlaßt werden soll, die er ohne das Gefühl einer Pression nicht gemacht hätte. Es handelt sich um einen typischen Fall von Mißbrauch der Marktmacht eines Händlers gegenüber seinen Lieferanten. Kennzeichnend hiefür ist das - unter bestimmten Voraussetzungen auch nach § 1 Abs 2 NVG verpönte - Fordern einer Neben-oder Sonderleistung ohne eigene Gegenleistung.

Koppensteiner (Wettbewerbsrecht2 II 260) hält die Argumentation des Obersten Gerichtshofes für fragwürdig, denn die Ablehnung einer Geschäftsverbindung bei Nichtannahme der gestellten Bedingungen gehöre - wie auch die Rechtsprechung zu Liefersperren zeige - zu den im Geschäftsleben üblichen und als solche unbedenklichen Verhaltensweisen. Vom Händler verlangte Preiskonzessionen könnten genauso "nötigend" wirken, begründeten deshalb aber keinen Sittenwidrigkeitsvorwurf. Hinzu komme, daß das Verpönen "unentgeltlicher" Nebenleistungen einer wettbewerbstheoretisch einsichtigen Grundlage entbehre und daher auch als Ansatzpunkt einer auf § 1 UWG gestützten Regel auszuscheiden habe. Richtig sei, daß zusätzliche Nebenleistungen anstatt offener Preiszugeständnisse vor allem deshalb verlangt werden, weil sie sich leichter geheimhalten lassen. Aber auch darauf lasse sich ein generelles Unwerturteil nicht stützen, denn auch der "Geheimwettbewerb" sei schutzwürdig, seine Unterbindung äußerst problematisch. Nach dem gegenwärtigen Diskussionsstand dürfte es daher ausgeschlossen sein, einen verallgemeinerungsfähigen Grund für den Einsatz von § 1 UWG gegen Anzapfpraktiken marktmächtiger Hersteller zu benennen. Ausgeschlossen sei es namentlich, nur auf Marktwirkungenabzustellen. Denn damit geriete man in Widerspruch zu den gedanklichen Grundlagen der Berücksichtigung von Folgenerwägungen bei der Anwendung von § 1 UWG. Unter diesen Umständen könne sinnvoll nur danach gefragt werden, ob Anzapfen wegen besonderer Gegebenheiten des Einzelfalles sittenwidrig sei. Das komme zB in Betracht, wenn sich das Fordern von Sondervorteilen in Form unentgeltlicher Nebenleistungen als Anstiftung bzw "Nötigung" zur Gewährung verbotener Zugaben darstelle. Sittenwidrig sei auch das Fordern einer nachträglichen Sonderkonzession im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses, den hier lasse sich die "unentgeltliche" Zusatzleistung in der Tat isolieren.

Auch Fitz/Gamerith (Wettbewerbsrecht 68) bezeichnen das "Anzapfen" als eine recht problematische Fallgruppe, weil einerseits das Ablehnen einer Geschäftsverbindung bei einem unattraktiven Angebot des Lieferanten zum Wesen des Wettbewerbs gehört und andererseits das beiderseitige Leistungspaket eine wirtschaftliche Einheit bildet und sich nicht in Haupt- und Sonderleistungen aufspalten läßt.

Entgegen der Meinung der Beklagten, die sich (vor allem) die Rechtsansicht Koppensteiners zu eigen macht, ist aber auch bei Berücksichtigung der kritischen Einwände gegen die Rechtsprechung im vorliegenden Fall doch die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten zu bejahen:

Koppensteiner ist darin Recht zu geben, daß es nicht wettbewerbswidrig ist, wenn es einem - auch besonders starken oder marktbeherrschenden - Handelsunternehmen gelingt, mit einem Lieferanten günstige Bedingungen auszuhandeln (Baumbach/Hefermehl aaO 806 Rz 906). Der Beklagten ist auch darin beizupflichten, daß es noch nicht wettbewerbswidrig ist, wenn ein Nachfrager erreicht, daß ihm der Lieferant unternehmerische Aufgaben und Risiken abnimmt, sind doch die Funktionen zwischen Anbietern und Nachfragern nicht zwingend festgelegt, so daß sie sich je nach der Wettbewerbslage verändern können (Baumbach/Hefermehl aaO). Es mag daher unbedenklich sein, wenn ein Händler beim Vertragsabschluß mit seinem Lieferanten verlangt, daß sich dieser an den Kosten der - nicht nur für den Händler, sondern naturgemäß auch für den Lieferanten vorteilhaften - Werbung beteiligt.

Richtig ist auch, daß die Ablehnung eines Geschäftsabschlusses bei Nichtannahme der gestellten Bedingungen kein unübliches Verhalten im Geschäftsleben bildet und daher - vom Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 35 KartG) abgesehen - erlaubt ist. Da beim Aushandeln der Preise und Konditionen häufig eine Drucksituation besteht und jede Marktpartei, auch eine marktmächtige, ihre Verhandlungschancen grundsätzlich nutzen darf, ist nicht jede Druckausübung ("Nötigung") als wettbewerbswidrig anzusehen (Baumbach/Hefermehl aaO 806 Rz 907). Damit ist aber für die Beklagte nichts zu gewinnen:

Die Besonderheit des beanstandeten Verhaltens der Beklagten liegt ja darin, daß sie ihren Lieferanten, mit denen sie schon Jahresverträge geschlossen hatte, nachträglich unter Hinweis auf eine bestimmte, ursprünglich nicht vorgesehene Werbeaktion Zahlungen abverlangt hat, für die keine konkrete Gegenleistung vorgesehen war. Zutreffend hat schon das Rekursgericht darauf verwiesen, daß die Beklagte die Möglichkeit hatte, die ihr von einem Lieferanten unter dem Titel eines "Investitionsbonus" oder eines "Kommunikations- und Verkaufsförderungs-Anteils" geleisteten Zahlungen auch anders als gerade für die Werbung zugunsten der Produkte dieses Lieferanten zu verwenden. Die Feststellung des Erstgerichtes, daß mit jedem Lieferanten eine konkrete Gegenleistung ausgehandelt worden sei, hat das Rekursgericht ausdrücklich nicht übernommen.

Diese von den Lieferanten verlangten Leistungen waren sohin nicht Bestandteil des eine wirtschaftliche Einheit bildenden beiderseitigen Leistungspaketes (Fitz/Gamerith aaO), sondern eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 1 Abs 2 NVG, der keine entsprechende Gegenleistung gegenüberstand. Sie ist damit einer nachträglich verlangten Preiskonzession (vgl ÖBl 1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß) gleichzuhalten, die zu fordern auch nach Koppensteiner (aaO 261 FN 117) gegen die guten Sitten verstößt. Das entspricht - wie sich aus § 1 Abs 2 NVG ergibt - auch der Wertung des Gesetzgebers.

Jeder Lieferant muß zwar damit rechnen, daß er sich mit einem Händler nicht über Preise und sonstige Konditionen einigen kann und daher zu keinem Vertragsabschluß gelangt. Hat aber der Lieferant keinen oder nahezu keinen Verhandlungsspielraum gegenüber dem Nachfrager und erzwingt dieser auf Grund seiner Marktmacht von ihm Sonderkonditionen ohne entsprechende Gegenleistung, kann darin ein nach § 1 UWG wettbewerbswidriges Verhalten des Nachfragers gegenüber seinen Mitbewerbern vorliegen; dann besteht auch die Gefahr, daß kleine und mittlere Handelsunternehmen, die vom Hersteller keine Sonderleistungen erhalten, vom Markt verdrängt werden, was letztlich auch für die Verbraucher vom Nachteil ist (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 907).

Erst recht muß das dann gelten, wenn ein Händler - wie hier die Beklagte - Lieferanten, die mit ihm schon Verträge ausgehandelt hatten, nachträglich zusätzliche Leistungen ohne Gegenleistung abverlangt, sofern dieses Verlangen - bei objektiver Betrachtung - geeignet ist, bei seinen Empfängern den Eindruck zu erwecken, daß sie bei einer Ablehnung der erbetenen Leistung wirtschaftliche Nachteile erleidenkönnten (SZ 52/115 = ÖBl 1979, 152 - Werbekosten-Beitrag; ÖBl 1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß). Daß dem festgestellten Verhalten der Beklagten diese Eignung zukommt, ist offenkundig.

Es mag zutreffen, daß bei manchen der Lieferanten der Beklagten wegen ihrer überragenden Marktstellung ein Gefühl der Pression gar nicht entstehen konnte, weil nicht so sehr sie auf die Beklagte angewiesen sind, sondern vielmehr die Beklagte auf die Markenartikel dieser Lieferanten angewiesen ist. Daß sich die Beklagte aber nur an solche "starken" Lieferanten gewendet hätte, hat sie nicht behauptet.

Das Rekursgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß) ausgeführt, daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, eine entsprechende Behauptung darüber aufzustellen, daß sie nur solche Lieferanten angesprochen habe, bei denen wegen ihrer überragenden Stellung auf dem Markt ein Gefühl der Pression nicht entstehen konnte. Daran ist entgegen den Revisionsrekursausführungen festzuhalten. Dies entspricht nämlich dem vor allem zur Beweislast bei der Alleinstellungswerbung aufgestellten (ÖBl 1984, 97 - Wir sind immer billiger, uva), darüber hinaus aber ganz allgemein geltenden Grundsatz (SZ 50/20 = ÖBl 1977, 71 - Fernschul-Gruppenunterricht; vgl auchÖBl 1984, 16 - KTZ-Nummer 1), daß es dann zu einer Verschiebung der Beweislast kommt, wenn der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben (so auch ÖBl 1995, 208 = ecolex 1995, 568 = WBl 1995, 250 - Persil Mega-perls).

Der mangelnden Kenntnis des Klägers muß aber die Unzumutbarkeit der Offenbarung von Kenntnissen gleichgehalten werden. Mit Recht hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß vom Kläger nicht verlangt werden könne, diejenigen seiner Mitglieder namhaft zu machen, die als Lieferanten der Beklagten nur deshalb die verlangten Zahlungen erbracht haben, umnicht allfällige wirtschaftliche Nachteile zu erleiden, würden sie doch auf Grund einer Prozeßführung noch viel eher solche Benachteiligungen zu befürchten haben. Der Beklagten war es hingegen nicht nur möglich, sondern auch durchaus zumutbar, die von ihr angesprochenen Lieferanten zu nennen und - gegebenenfalls - zu bescheinigen, daß sie nur ganz starke, keiner Pression zugängliche Unternehmen mit ihrem Ersuchen angegangen sei. Mangels einer solchen (Behauptung und) Bescheinigung ist aber davon auszugehen, daß sich die Beklagte auch an solche Lieferanten gewandt hat, die sich unter Druck gesetzt fühlten.

Die Beklagte hat daher gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstoßen.

Daraus, daß ihr Verhalten (auch) gegen § 1 Abs 2 NVG verstößt, kannentgegen den Revisionsrekursausführungen nicht der Schluß gezogen werden, es könne nicht auch einen Tatbestand nach dem UWG erfüllen. Wie der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat, regelt § 9 NVG das Verhältnis der Rechtsvorschriften nach dem UWG und dem Nahversorgungsgesetz dahin, daß durch dieses Gesetz "die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb unberührt bleiben". Das bedeutet jedenfalls, daß ein gegen das Nahversorgungsgesetz verstoßendes Verhalten gleichzeitig auch dem UWG zuwiderlaufen und daher nicht nur zur Einleitung eines (außerstreitigen) Verfahrens vor dem Kartellgericht, sondern auch zu einem Rechtsstreit vor dem

ordentlichen Gericht führen kann (SZ 52/115 = ÖBl 1979, 152 -

Werbekosten-Beitrag; SZ 56/9 = ÖBl 1983, 55 - Metro Post-II mwN aus

dem Schrifttum). Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof schon mehrmals erkannt, daß zwar eine Verletzung des NVG schon im Hinblick auf das in §§ 6 f dieses Gesetzes vorgesehene besondere Verfahren vor dem Kartellgericht nicht "ohne weiteres" auch dem § 1 UWG unterstellt werden könne; eine dem Beklagten subjektiv vorwerfbare, in der Absicht, im Wettbewerb einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, begangene Gesetzesverletzung sei aber immer auch ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (MR 1988, 164 - Bierverkaufsförderung; RdW 1989, 254 und 272; WBl 1989, 155 - Schlagobers; ÖBl 1989, 167 - Familia). Daß sich aber die Beklagte über § 1 Abs 2 NVG in der Absicht hinweggesetzt hat, sich damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, liegt auf der Hand, so daß sich auch aus diesem Gesichtspunkt eine Verletzung der guten Sittenim Wettbewerb ergibt.

Die Aktivlegitimation des Klägers ist zu bejahen, obwohl zwischen der Beklagten und ihren Lieferanten kein Wettbewerbsverhältnis besteht (Baumbach/Hefermehl aaO 804 Rz 902). Zutreffendhaben schon die Vorinstanzen dargelegt, daß demklagenden Verband die Klagelegitimation nach § 14 UWG als einer "Vereinigung zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern ... " zukommt, der Interessen vertritt, "die durch die Handlung berührt werden". Ob im Einzelfall zwischen einem Mitglied der Vereinigung und dem Beklagten ein Wettbewerbsverhältnis besteht, ist demnach nicht entscheidend (ÖBl 1970, 70 - Branchenverzeichnis-Werbung; ÖBl 1986, 80 - DINERS

CLUB). Folgerichtig wurde daher weder in SZ 52/115 = ÖBl 1979, 152 -

Werbekosten-Beitrag noch in SZ 56/9 = ÖBl 1983, 55 - Metro Post-II,

die Klagelegitimation des hier klagenden Verbandes, der auch damals als Kläger aufgetreten war, in Zweifel gezogen. Daß der Kläger Interessen vertritt, die durch die beanstandete Handlungsweise der Beklagten berührt werden, ergibt sich nicht nur aus seiner Satzung, sondern auch aus seiner gerichtsbekannterweise jahrzehntelangen Tätigkeit.

Entgegen der Meinung der Beklagten ist das vom Rekursgericht erlassene Unterlassungsgebot nicht zu weit gefaßt. Der dort verwendete, dem § 1 Abs 2 NVG entnommene Begriff "sachlich nicht gerechtfertigt" erfährt durch die Anführung des konkret beanstandeten Verlangens der Beklagten eine hinreichende Konkretisierung. Zu beachten war freilich, daß in dem Spruch (wie schon im Sicherungsantrag der Kläger) das in der Klage (und in der Begründung des Rekursgerichtes) hervorgehobene Tatbestandsmerkmal fehlt, daß die angesprochenen Unternehmer den Eindruck gewinnen können, bei einer Ablehnung der erbetenen Leistung wirtschaftliche Nachteile befürchten zu müssen. Ohne dieses Tatbestandsmerkmal wäre dann aber vom Spruch auch ein entsprechendes Ansinnen der Beklagten gegenüber einem mächtigen, keiner Pression zugänglichen Lieferanten umfaßt. Das entspräche weder dem Entscheidungswillen des Rekursgerichtes noch auch dem Antrag der Kläger. Insofern war daher der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe zu bestätigen, daß dieses Tatbestandsmerkmal noch hinzugefügt wurde.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, 52 ZPO, jener über die Kosten des Klägers auf § 393 Abs 1 EO.

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