Normen
KFG 1967 §102 Abs1
KFG 1967 §134 Abs8 idF 2020/I/134
KFG 1967 §134 idF 2019/I/019
KFG 1967 §135 Abs39 Z1 idF 2020/I/134
KFG 1967 §98a Abs1
KFG 1967 §98a Abs1 idF 2017/I/009
KFG 1967 §98a Abs2 idF 2017/I/009
KFG 1967 §98a Abs3 idF 2017/I/009
KFG 1967 §98a idF 2017/I/009
KFG 1967 §98a idF 2020/I/134
VStG §1 Abs1
VStG §17
VStG §18
VStG §19
VStG §39
VStG §44a Z2
VStG §7
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020064.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28. Juni 2019 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort einen konkret genannten PKW, an welchem für den Revisionswerber erkennbar ein „Radar‑ oder Laserblocker“ der Marke „Stinger“ angebracht gewesen sei, gelenkt, obwohl Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden dürfen. Er habe dadurch § 98a Abs. 1 KFG verletzt. Die belangte Behörde sah den Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung als nicht unerheblich an, ging vom Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit aus, berücksichtigte keinen Umstand als erschwerend und verhängte gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.000,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 403 Stunden). Zudem wurde gemäß § 98a Abs. 3 KFG der ausgebaute „Laserblocker“ der Marke „Stinger“ für verfallen erklärt. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit € 200,‑ ‑ festgelegt.
2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber zusammengefasst vor, er habe bereits bei der Verkehrskontrolle vor dem amtshandelnden Polizisten zugegeben, dass es sich beim eingebauten Gerät um einen „Laserblocker“ der Firma „Stinger“ handle, den er nicht eingeschaltet, nach der Kontrolle sofort ausgebaut und den Beamten ausgehändigt habe. Er ersuche daher diese Umstände im Rahmen der Überprüfung der behördlichen Strafbemessung zu berücksichtigen. Die verhängte Geldstrafe erweise sich aufgrund der Unbescholtenheit des Revisionswerbers, der Abgabe eines umfassenden Geständnisses und der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes als zu streng. Mit Verweis auf eine näher zitierte Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, wonach eine Revision zulässig erklärt worden sei, weil es sich beim Verfallsausspruch um eine administrative Sicherungsmaßnahme und nicht um eine (Neben‑)Strafe handle, erscheine der Verfallsausspruch in einem Straferkenntnis nicht berechtigt und möge daher dieser Ausspruch im Straferkenntnis aufgehoben werden. Darüber hinaus entspreche die ihm angelastete Übertretung mit dem PKW mit dem im Straferkenntnis angegebenen Kennzeichen nicht den Tatsachen, weil der von ihm zum Tatzeitpunkt gelenkte PKW ein anderes Kennzeichen gehabt habe.
3 Diese Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem angefochtenen Erkenntnis „mit der Einschränkung“ als unbegründet ab, als es im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anstelle „PKW IL‑...“ richtigerweise „PKW BR‑...“ zu lauten habe. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Verwaltungsübertretung dem Grunde nach nicht bestritten worden sei und sich daher Feststellungen zum Tathergang erübrigen würden. Auch seien Feststellungen zur Frage entbehrlich, ob der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ebenfalls gefällte Verfallsausspruch gemäß § 98a Abs. 3 KFG berechtigt gewesen sei, weil es sich bei der Verfallserklärung nicht um eine Ermessensentscheidung der Behörde, sondern um eine „Mussbestimmung“ handle.
5 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, dass die gegenständlich zu klärende Rechtsfrage nur sei, ob die von der Verwaltungsbehörde ausgesprochene Geldstrafe schuld‑ sowie tatangemessen und ob der ausgesprochene Verfall des „Radar‑ oder Laserblockers“ zulässig gewesen sei. Hierzu habe es nicht der Aufnahme weiterer Beweise bedurft und auch nicht der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, die zum einen nicht beantragt gewesen und zum anderen schon deshalb nicht notwendig gewesen sei, weil der Sachverhalt als solcher zur Gänze außer Streit stehe. Die Klärung der gegenständlichen Angelegenheit reduziere sich auf die Lösung der Rechtsfrage, ob der Revisionswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung im Sinne eines Verschuldens zu verantworten habe.
6 Rechtlich erkannte das Verwaltungsgericht schließlich, dass der Revisionswerber bei der Anhaltung durch die Polizei vollinhaltlich geständig gewesen sei. Dem Revisionswerber sei ein Verschulden in Form von Absicht vorzuwerfen. Das Verwaltungsstrafrecht kenne auf den hier relevanten Sachverhalt bezogen zwei wesentliche Strafbemessungskriterien: die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität der Beeinträchtigung desselben durch die Tat. Die Verwendung von gesetzlich verbotenen technischen Geräten zur Verhinderung einer Geschwindigkeitsmessung (§ 98a KFG) sei bei der Würdigung des objektiven Sachverhaltes geradezu darauf ausgerichtet, nach beiden Strafbemessungskriterien zu einer erheblich nachteiligen Strafbemessung zu gelangen. Zu beachten sei ferner die besondere Vorsatzform der absichtlichen Tatbegehung, die sich einerseits in einer Tatvorbereitung manifestiere, die sich nur mit dem erheblichen Aufwand (bis hin zum Umbau des Fahrzeuges des Beschuldigten) umsetzen lasse und die auch bei der Tatausführung noch ein aktives Zutun ‑ wie eben die Aktivierung des Störsystems ‑ erfordere. Vor diesem rechtlichen Hintergrund erscheine es aus spezialpräventiven Gründen (mit Verweis auf näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) gerechtfertigt, über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von 40 % des zur Verfügung stehenden Strafrahmens zu verhängen. Da der Revisionswerber keine Angaben zu seinen Einkommens‑ und Vermögensverhältnissen gemacht habe, gehe das erkennende Gericht in Anlehnung an die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von durchschnittlichen Verhältnissen aus. Das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, dass die Verhängung einer relativ hohen Geldstrafe gegenständlich trotz der Unbescholtenheit des Revisionswerbers angebracht sei, weil die Strafe nicht nur die spezialpräventive, sondern auch eine generalpräventive, also für „Außenstehende“ abschreckende Wirkung haben solle. Die in der Beschwerde beantragte Herabsetzung der Strafe sei somit nicht in Frage gekommen. Dem Begehren in der Beschwerde, die Verfallserklärung hinsichtlich des Radar‑ oder Laserblockers aufzuheben, habe schon deshalb keine Folge geleistet werden können, weil es nicht im Belieben der Behörde gelegen sei, den Verfall auszusprechen. Nach der klaren Textierung des § 98a Abs. 3 KFG seien diese Geräte oder Gegenstände für verfallen zu erklären. Hier gebe es keinen Ermessensspielraum. Die Beschwerde sei somit auch diesbezüglich als unbegründet abzuweisen gewesen. Dem Revisionswerber sei insofern beizupflichten, als in dem bekämpften Straferkenntnis tatsächlich ein falsches Kennzeichen angeführt sei. Dies habe berichtigt werden müssen. Das richtige Kennzeichen sei dem Revisionswerber bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde bekanntgegeben worden und habe daher durch das erkennende Gericht auch nach Ablauf eines Jahres noch berichtigt werden können. Noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei dem Revisionswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung vollinhaltlich richtig vorgeworfen worden.
7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
8 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der Revision sowie den Zuspruch der Kosten beantragte.
9 Die Revision erweist sich als zulässig und begründet.
10 § 98a KFG in der Fassung der 34. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 9/2017, lautet samt Überschrift:
„Radar ‑ oder Laserblocker
§ 98a. (1) Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, dürfen weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden.
(2) Verstöße gegen Abs. 1 sind sowohl dem Lenker als auch dem Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs anzulasten, es sei denn der Lenker hat diese Geräte ohne Wissen des Zulassungsbesitzers im Fahrzeug mitgeführt oder in diesem angebracht.
(3) Werden die in Abs. 1 beschriebenen Geräte oder Gegenstände an oder in Fahrzeugen entdeckt, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt, Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt zu setzen, bis diese Geräte oder Gegenstände ausgebaut sind. Diese Geräte oder Gegenstände sind für verfallen zu erklären.“
11 Die Revision macht einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z 1 VStG geltend, weil dem Revisionswerber unzulässiger Weise ein alternativer Tatvorwurf angelastet werde.
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (vgl. etwa VwGH 21.5.2019, Ra 2019/03/0009 bis 0010).
13 Mit dem vom Verwaltungsgericht insoweit übernommenen Spruch des Straferkenntnisses wird dem Revisionswerber nur vorgeworfen, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, an dem für ihn erkennbar ein näher genanntes Gerät angebracht gewesen sei. Die im Spruch enthaltenen weiteren Ausführungen, dass solche Geräte weder angebracht noch mitgeführt werden dürfen, geben lediglich erklärend die Verbotsnorm wieder und begründen damit keinen unzulässigen Alternativvorwurf.
14 Über den soeben dargestellten Tatvorwurf geht das Verwaltungsgericht insofern hinaus, als es zwar vermeint, keine weiteren Feststellungen treffen zu müssen, aber in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses vom Umbau des Fahrzeugs durch den Revisionswerber ausging. Dasselbe gilt für die in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses dem Revisionswerber zusätzlich angelastete Aktivierung und Verwendung des Störsystems. Da das Verwaltungsgericht daraus ‑ entgegen der dem Straferkenntnis zu Grunde liegenden Fahrlässigkeit ‑ einen Vorsatz in Form der Absichtlichkeit des Revisionswerbers ableitete, verstieß es gegen das in der Revision geltend gemachte Überraschungsverbot und das rechtliche Gehör (vgl. dazu etwa VwGH 19.6.2019, Ra 2019/02/0098, mwN). Die Relevanz dieses Verfahrensmangels liegt darin, dass nach § 19 Abs. 2 VStG für die Strafbemessung auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist.
15 Die Revision macht auch einen Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen § 44a Z 2 VStG geltend, weil § 102 Abs. 1 KFG die verletzte Rechtsvorschrift sei.
16 § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Wird bei der Bezeichnung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift eine Norm mitzitiert, die vom Beschuldigten nicht verletzt worden ist, und bildet die mitzitierte Norm einen eigenen Tatbestand, den der Beschuldigte nicht erfüllt hat, wird der Spruch durch das Anführen dieser Norm als verletzte Verwaltungsvorschrift rechtswidrig. Werden im Rahmen des § 44a Z 2 VStG betreffenden Spruchteiles neben der verletzten Strafnorm zur Verdeutlichung noch andere damit im Zusammenhang stehende, nicht eine selbständige Strafnorm bildende Bestimmungen zitiert, so bildet dies keinen Verstoß gegen das Erfordernis der bestimmten Bezeichnung der verletzten Strafnorm. Stellt die mitzitierte Norm für sich allein keine verletzbare Verwaltungsvorschrift dar, sondern z.B. nur eine Erläuterung oder die damit im Zusammenhang stehende Strafsanktionsnorm, dann schadet das Mitzitieren nicht (vgl. zu all dem VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).
17 § 98a Abs. 1 KFG nimmt keine weitere Determinierung des Täters vor, sodass jeder davon erfasst ist, der die dort genannten Handlungen setzt. Wie bereits ausgeführt, lässt sich dem angefochtenen Erkenntnis nicht eindeutig entnehmen, wer das in Rede stehende Gerät am Kraftfahrzeug angebracht hat. War es der Revisionswerber oder hat er einen Dritten im Sinn des § 7 VStG dazu bestimmt ‑ worauf seine Angaben laut Anzeige hindeuten ‑ wäre § 98a Abs. 1 KFG die verletzte Rechtsvorschrift. § 98a Abs. 2 KFG präzisiert das Verbot des Abs. 1 leg. cit. für den Lenker sowie den Zulassungsbesitzer und ist, wenn nicht schon § 98a Abs. 1 KFG erfüllt ist, gemeinsam mit dieser Bestimmung die verletzte Rechtsvorschrift. Erst wenn die bisher genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind und der Lenker seine Überzeugungspflicht verletzt, tritt § 102 Abs. 1 KFG als verletzte Rechtsvorschrift hinzu (vgl. zu dieser Konstellation etwa VwGH 15.4.2019, Ra 2018/02/0076).
18 Die im angefochtenen Erkenntnis getroffenen oder fehlenden Feststellungen lassen eine Prüfung, welche Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z 2 VStG verletzt wurde, noch nicht zu.
19 Der in der Revision behauptete Begründungsmangel des Fehlens jeglicher Beweiswürdigung dafür, dass der Revisionswerber sein Fahrzeug gelenkt habe, ist zwar insofern nachvollziehbar, als in der Anzeige eine näher genannte GmbH als Zulassungsbesitzer des vom Revisionswerber gelenkten Kraftfahrzeugs genannt ist, jedoch fehlt es der Revision an einer Darstellung der Relevanz dieses Verfahrensmangels. Bestraft wurde nämlich nicht nach § 98a KFG der Zulassungsbesitzer. Für eine Verletzung des § 98a Abs. 1 KFG kommt es nicht darauf an, ob der Täter das Gerät zur Beeinflussung oder Störung der Verkehrsüberwachung an seinem oder an einem anderen Kraftfahrzeug anbringt.
20 Darüber hinaus erweist sich die Revision auch hinsichtlich des geltend gemachten Begründungsmangels im Hinblick auf die Strafbemessung als berechtigt.
21 Nach der hg. Rechtsprechung führt ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Wird das Verwaltungsgericht den Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstellt (vgl. etwa VwGH 4.3.2020, Ra 2019/02/0227, mwN).
22 Diesen Anforderungen an die Begründung wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht:
23 Der Bestimmung des § 19 VStG ist zu entnehmen, dass auf das Ausmaß des Verschuldens bei der Strafzumessung besonders Bedacht genommen werden muss. Das Ausmaß des Verschuldens ist zwar nur eines von mehreren Kriterien, stellt jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine wesentliche Komponente für die Strafbemessung dar (vgl. VwGH 23.3.1998, 97/17/0201‑0203). Es ist nicht ausreichend nachvollziehbar, auf welchen Feststellungen aufbauend das Verwaltungsgericht ‑ abweichend von der Ansicht der belangten Behörde, die dem Revisionswerber hinsichtlich des Verschuldensgrades die Fahrlässigkeit vorwarf ‑ von einem vorsätzlichen Verschulden ausgeht.
24 Die Revision macht geltend, das Verwaltungsgericht habe im Revisionsfall entgegen näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt.
25 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, stellt die Verletzung der Verhandlungspflicht bzw. des Unmittelbarkeitsgrundsatzes einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze bzw. eine konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften und damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa VwGH 14.6.2018, Ra 2018/17/0055, mwN).
26 Im Revisionsfall hat der Revisionswerber in seiner Beschwerde keine mündliche Verhandlung beantragt. Das Verwaltungsgericht begründete das Absehen von der mündlichen Verhandlung nur damit, dass deren Abhaltung nicht beantragt worden sei und zum anderen schon deshalb nicht notwendig gewesen sei, weil der Sachverhalt als solcher zur Gänze außer Streit stehe.
27 Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG in Verwaltungsstrafsachen grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In den Abs. 2 bis 5 leg. cit. finden sich zulässige Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. Ein Absehen von der Verhandlung wäre nach dieser Bestimmung zu beurteilen und zu begründen gewesen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 8.3.2018, Ra 2017/02/0273, mwN).
28 So entfällt die Verhandlung nach § 44 Abs. 2 VwGVG, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Beide Voraussetzungen lagen im Revisionsfall nicht vor. Da das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis entschieden hat, kam auch ein Absehen von der Verhandlung nach § 44 Abs. 4 VwGVG, der voraussetzt, dass das Verwaltungsgericht einen Beschluss zu fassen hat, nicht in Betracht (vgl. erneut VwGH 14.6.2018, Ra 2018/17/0055, mwN).
29 Auch die das Absehen von einer Verhandlung ermöglichenden Bestimmungen des § 44 Abs. 3 Z 1 und 2 VwGVG (die weiteren Tatbestände dieser Bestimmung kommen fallbezogen nicht in Betracht) gelangen im Revisionsfall nicht zur Anwendung. Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber in seiner Beschwerde gegen das Straferkenntnis nämlich aufgrund des Vorbringens, es sei ein falsches Kennzeichen angelastet worden, die Begehung der Verwaltungsübertretung bestritten, Milderungsgründe für die Strafbemessung geltend gemacht und sich gegen den Verfallsausspruch gewendet. Damit hätte ein Absehen von der Verhandlung auch nicht auf § 44 Abs. 3 VwGVG gestützt werden können. Ebenso wenig ist den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ein Verzicht auf die Durchführung einer Verhandlung durch den Revisionswerber und die Bezirkshauptmannschaft zu entnehmen; solches wurde auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgebracht (§ 44 Abs. 5 VwGVG).
30 Dieser Verfahrensmangel war im Hinblick auf Art. 6 EMRK jedenfalls wesentlich (vgl. VwGH 19.2.2018, Ra 2018/02/0027).
31 Schließlich erweist sich die Revision auch noch gegen den im Straferkenntnis als Strafe ausgesprochenen Verfall des Laserblockers, weil es sich um eine administrative Sicherungsmaßnahme handle, die nicht von der nach §§ 26 f VStG einschreitenden und vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsstrafbehörde, sondern von einer anderen, nach §§ 1 und 3 AVG zuständigen Administrativbehörde zu entscheiden gewesen sei, als begründet.
32 § 98a Abs. 3 KFG nimmt Bezug auf die in Abs. 1 leg. cit. beschriebenen Geräte oder Gegenstände. Somit sind Geräte oder Gegenstände erfasst, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht bereits die bloße Eignung des im Kraftfahrzeug angebrachten oder mitgeführten Geräts oder Gegenstands zur Störung oder Beeinflussung von technischen Verkehrsüberwachungseinrichtungen (VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069). Dabei kommt es darauf an, dass das konkrete am Fahrzeug angebrachte oder dort mitgeführte Gerät die Beeinflussung oder Störung aktuell verursachen kann, also tatsächlich in Betrieb genommen werden kann (VwGH 13.10.2020, Ra 2020/02/0063).
33 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall unstrittig erfüllt, weil an dem vom Revisionswerber gelenkten Fahrzeug ein Laserblocker entdeckt wurde, sodass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt waren, Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt zu setzen, bis diese Geräte oder Gegenstände ausgebaut worden sind.
34 § 98a Abs. 3 KFG ordnet in der hier anzuwendenden und oben wiedergegebenen Fassung der 34. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 9/2017, in seinem zweiten Satz an, dass diese Geräte oder Gegenstände für verfallen zu erklären sind. Eine Strafe wird im gesamten § 98a KFG nicht angeordnet.
35 Der Verfall als Haupt‑ oder Nebenstrafe nach §§ 17 f VStG setzt jedoch voraus, dass der Verfall in der anzuwendenden Verwaltungsvorschrift ausdrücklich als Strafe angedroht ist (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² (2017) § 17 Rz 3f, mwN).
36 Die Strafsanktionsnorm des § 134 KFG in der hier anzuwendenden Fassung der 36. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 19/2019, steht unter der Überschrift „Strafbestimmungen“ und sieht generell Geld‑ und (Ersatz‑)Freiheitsstrafen vor. Darüber hinaus wird darin die Leistung einer vorläufigen Sicherheit, die Anordnung der Fahrtunterbrechung, die Beschlagnahme und für zwei konkrete Fälle der Verfall, nämlich von Kraftstoff und von Vorrichtungen zur Manipulation von Kontrollgeräten geregelt. Daraus ergibt sich daher für den Verfall nach § 98a Abs. 3 zweiter Satz KFG keine ausdrückliche gesetzliche Strafdrohung im Sinn des § 1 Abs. 1 VStG (zum Prinzip nulla poena sine lege vgl. VwGH 16.12.1997, 96/09/0149, mwN).
37 § 98a KFG enthält ebenso wenig Regelungen über eine Beschlagnahme, sodass § 39 VStG nicht angewendet werden kann, weil dafür der Verdacht einer Verwaltungsübertretung erforderlich ist, für die gleichfalls der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen sein muss. Der bloße Umstand, dass zur Sicherung des Verfalls nach § 98a Abs. 3 KFG die Anordnung einer Beschlagnahme zweckmäßig wäre, vermag das Erfordernis, dass der Verfall als Strafe vorgesehen sein muss, nicht zu ersetzen.
38 Der Verfall nach § 98a Abs. 3 zweiter Satz KFG in der Fassung der 34. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 9/2017, ist daher als administrative Sicherungsmaßnahme und nicht als Strafe anzusehen (vgl. zum Verfall nach § 72 Saatgutgesetz VwGH 15.7.1999, 99/07/0083; nach § 35 Pflanzenschutzmittelgesetz VwGH 19.11.2009, 2008/07/0137; nach § 76b Abs. 9 Arzneimittelgesetz VwGH 8.10.2014, 2012/10/0211; im Gegensatz zu dem ausdrücklich für bestimmte Verwaltungsübertretungen als Strafe konzipierten Verfall nach § 369 GewO VwGH 22.6.2011, 2008/04/0168, und VwGH 17.9.2010, 2006/04/0187).
39 Im Unterschied dazu ist der Verfall der in § 98a KFG angeführten Radar‑ oder Laserblocker oder deren Gerätekomponenten, die an oder in Fahrzeugen entdeckt werden, seit der 39. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 134/2020, in Abs. 8 des mit der Überschrift „Strafbestimmungen“ versehenen § 134 KFG geregelt und nunmehr ausdrücklich als Strafe normiert (vgl. ErläutRV 411 BlgNR 27. GP 6). Diese Neuregelung trat allerdings gemäß § 135 Abs. 39 Z 1 KFG erst am 16. Dezember 2020 in Kraft und ist daher auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
40 Das angefochtene Erkenntnis war daher aufgrund der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
41 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. April 2021
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