Normen
B-VG Art133 Abs4
EURallg
KFG 1967 §134 Abs1 idF 2017/I/009
KFG 1967 §134 Abs1b idF 2017/I/009
VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
VwRallg
32006L0022 HarmonisierungDV-RL Strassenverkehr AnhIII idF 32016R0403
32006R0561 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr
32014R0165 KontrollgeräteV Art34 Abs1
32014R0165 KontrollgeräteV Art34 Abs3
32014R0165 KontrollgeräteV Art34 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019020153.L00
Spruch:
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch betreffend die Spruchpunkte 2., 3. und 5. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 11. September 2018 richtet, zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
1. Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die verhängten Strafen zu den Spruchpunkten 2., 3. und 5. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Straferkenntnisses sowie den damit zusammenhängenden Kosten des Beschwerdeverfahrens zu den Spruchpunkten 2. und 3. und den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
2. Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 11. September 2018 wurde dem Revisionswerber als Lenker eines näher bezeichneten LKW vorgeworfen, er habe am 11. Juni 2018 zu einer näher genannten Uhrzeit am Tatort
1. nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt,
2. an einem näher bestimmten Tag und näher genannten Uhrzeit die in Art. 34 Abs. 5 Buchstabe b Ziffern ii‑iv der EG‑VO 165/2014 genannten Zeiträume nicht mittels manueller Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte eingetragen und auch nicht manuell nachgetragen,
3. an einem näher bestimmten Tag und näher genannten Uhrzeit die Fahrerkarte vor Ablauf des Arbeitstages entnommen, was sich auf die Aufzeichnungen der einschlägigen Daten ausgewirkt habe, und die tatsächlich durchgeführte Tätigkeit nicht aufgezeichnet,
4. an einem näher bestimmten Tag zu näher genannten Uhrzeiten den im Fahrzeug eingebauten digitalen Fahrtenschreiber nicht richtig verwendet, weil die Eintragung „Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn und bei Arbeitsende“ nicht durchgeführt worden sei,
5. an näher bestimmten Tagen zu näher genannten Uhrzeiten die Schaltvorrichtung des Fahrtenschreibers nicht so betätigt, dass die Lenkzeiten, alle sonstigen Arbeitszeiten, Bereitschaftszeiten und Arbeitsunterbrechungen oder Ruhezeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet worden seien, weil alle sonstigen Arbeitszeiten nicht aufgezeichnet worden seien,
6. das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen Fahrverbot für LKW mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen, ausgenommen Ziel- und Quellverkehr, nicht beachtet,
7. den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet.
Der Revisionswerber habe dadurch näher bezeichnete Verwaltungsübertretungen begangen, weshalb zu Spruchpunkt 1. gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG, zu den Spruchpunkten 2., 3. und 5. gemäß § 134 Abs. 1b KFG in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG idF VO (EU) 2016/403 ABl. Nr. L 74 vom 19. März 2016, zu Spruchpunkt 4. gemäß § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Anhang III Richtlinie 2006/22/EG idF der VO (EU) 2016/403 ABl. Nr. L 74 vom 19. März 2016, zu Spruchpunkt 6. gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO sowie zu Spruchpunkt 7. gemäß § 134 Abs. 3d KFG eine Ermahnung (ad 1.) und sechs Geld‑ sowie sechs Ersatzfreiheitsstrafen (ad 2. € 300,‑ ‑ bzw. 60 Stunden, ad 3. € 300,‑ ‑ bzw. 60 Stunden, ad 4. € 70,‑ ‑ bzw. 12 Stunden, ad 5. € 1.500,‑ ‑ bzw. 300 Stunden, ad 6. € 250,‑ ‑ bzw. 96 Stunden und ad 7. € 40,‑ ‑ bzw. 12 Stunden) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs. 2 VStG iHv. insgesamt € 265,‑ ‑ vorgeschrieben wurden.
2 Der Revisionswerber erhob nur gegen die Spruchpunkte 2. bis 6. des Straferkenntnisses mit näherer Begründung Beschwerde.
3 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg wurde mit Spruchpunkt I. die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 2., 3. und 6. des Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen, betreffend die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses der Spruch hinsichtlich der Strafnorm betreffend die VO (EU) 2016/403, ABl. Nr. L 74 mit dem Zusatz zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses „Anhang I Z 2, Punkt 19“ sowie zu Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses mit dem Zusatz „Anhang I Z 2, Punkt 14“ ergänzt und es wurde ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens von insgesamt € 170,-- vorgeschrieben. Mit Spruchpunkt II. wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses insofern teilweise Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Revisionswerber eine Ermahnung erteilt wurde. Mit Spruchpunkt III. wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses dahingehend Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf € 900,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 200 Stunden herabgesetzt wurden. Zudem wurden hier ebenso in Bezug auf die übertretene Norm der Zusatz „Anhang I Z 2, Punkt 19“ angefügt und die Kosten für das behördliche Strafverfahren zu diesem Punkt auf € 90,‑ ‑ reduziert sowie ausgesprochen, dass für das Beschwerdeverfahren kein Kostenbeitrag anfällt. Mit Spruchpunkt IV. erklärte das Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision zu den Spruchpunkten 2. bis 5. (des Straferkenntnisses) gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG, jene der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei hinsichtlich Spruchpunkt 6. (des Straferkenntnisses) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG für nicht zulässig.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren von Relevanz ‑ aus, dass hinsichtlich der übertretenen Normen zu den Spruchpunkten 2. bis. 5. des Straferkenntnisses die Bestimmungen des § 134 Abs. 1b KFG in Verbindung mit den im Straferkenntnis zitierten Artikeln der VO (EU) Nr. 165/2014 anzuwenden seien. Hinsichtlich der Strafnorm sei betreffend die Spruchpunkte 2., 3. und 5. des Straferkenntnisses die VO (EU) 2016/403 ABl. Nr. L 74 vom 19. März 2016 (Anhang III, Punkt 2.) anzuwenden. Aus den vorliegenden Aufzeichnungen des Kontrollgerätes habe sich ergeben, dass der Revisionswerber die in der Anzeige umschriebenen Unterlassungen (Übertretungen) gesetzt habe. Er habe demnach die entsprechenden Einträge am digitalen Fahrtenschreiber entweder unterlassen oder diesen nicht richtig verwendet. Diese Übertretungen seien von den genannten rechtlichen Bestimmungen umfasst. Die Ergänzung des Spruches habe zu erfolgen gehabt, weil auch anzuführen gewesen sei, nach welcher Gruppe von Verstößen und welcher Ziffer entsprechend Anhang III der VO (EU) 2016/403 der Kommission vom 19. März 2016 die Strafe verhängt worden sei.
5 Hinsichtlich der Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht ‑ sofern hier relevant ‑ aus, dass betreffend die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses gemäß § 134 Abs. 1b KFG ein sehr schwerer Verstoß vorliege, der mit nicht weniger als € 300,-- zu bestrafen sei. Die belangte Behörde habe daher ohnehin nur die Mindeststrafe verhängt. Hinsichtlich der Strafhöhe zu Spruchpunkt. 5 des Straferkenntnisses sei nur eine Geldstrafe zu verhängen gewesen, weil es sich hierbei um ein Dauerdelikt handle. Da es sich hier um einen sehr schwerwiegenden Verstoß handle, der entsprechend § 134 Abs. 1b KFG mit nicht weniger als € 300,‑ ‑ zu bestrafen sei und solche Übertretungen im Deliktszeitraum dreimal festgestellt worden seien, sei die verhängte Geldstrafe von € 1.500,‑ ‑ zu hoch gegriffen gewesen und habe daher mit einer Geldstrafe von € 900,‑ ‑ das Auslangen gefunden werden können. Zudem habe die Behörde hinsichtlich der Strafbemessung nicht aufgezeigt, weshalb hier gerade eine Geldstrafe von € 1.500,‑ ‑ verhängt worden sei. Die nunmehr festgesetzte Höhe sei sicherlich ausreichend, um auch hier die nochmalige Übertretung hintanzuhalten.
6 Soweit dieses Erkenntnis über die Spruchpunkte 2., 3. und 5. des Straferkenntnisses abspricht, richtet sich dagegen die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
7 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurück- oder Abweisung der Revision sowie den Zuspruch der Kosten beantragte.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht ‑ wie im gegenständlichen Fall ‑ ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Das vom Revisionswerber bekämpfte Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, sieben verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin sieben voneinander unabhängige Spruchpunkte (vgl. zu geteilten Spruchpunkten VwGH 21.6.2017, Ro 2016/03/0011). Mit der Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses übernahm das Verwaltungsgericht den Spruch des mit der Beschwerde bekämpften Straferkenntnisses der belangten Behörde. Durch die Übernahme dieser Spruchpunkte traf auch das Verwaltungsgericht getrennte Absprüche. Indem das Verwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses teilweise Folge gab, erfolgte auch in dem Fall ein getrennter Abspruch.
13 Liegen somit ‑ wie hier ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109, mwN).
14 Ein trennbarer Abspruch liegt auch in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe vor; auch insoweit ist die Zulässigkeit einer erhobenen Revision getrennt zu überprüfen (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0209, mwN).
15 I. Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision hinsichtlich des Schuldspruches durch Abweisung der Beschwerde zu den Spruchpunkten 2., 3. und 5. des Straferkenntnisses:
16 Die Revision bringt zu diesen Spruchpunkten zur Zulässigkeit im Wesentlichen vor, dass das Verwaltungsgericht von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 und 3 VStG abgewichen sei. Die Übertretungsnorm im Sinn des § 44a Z 2 VStG sei lediglich Art. 34 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 der VO (EU) Nr. 165/2014 idgF und nicht die Bestimmung des § 134 Abs. 1b KFG, welche nur Mindeststrafen für drei Schweregrade von Verstößen normiere und daher keine Übertretungsnorm darstelle. Das Verwaltungsgericht hätte jeweils den Passus „§ 134 Abs. 1b KFG iVm“ aus dem Bescheidspruch herausnehmen müssen.
17 § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. VwGH 20.2.2019, Ra 2018/03/0133, mwN). Wird bei der Bezeichnung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift eine Norm mitzitiert, die vom Beschuldigten nicht verletzt worden ist, und bildet die mitzitierte Norm einen eigenen Tatbestand, den der Beschuldigte nicht erfüllt hat, wird der Spruch durch das Anführen dieser Norm als verletzte Verwaltungsvorschrift rechtswidrig (vgl. VwGH 9.9.1996, 95/10/0190, mwN). Werden im Rahmen des § 44a Z 2 VStG betreffenden Spruchteiles neben der verletzten Strafnorm zur Verdeutlichung noch andere damit im Zusammenhang stehende, nicht eine selbständige Strafnorm bildende Bestimmungen zitiert, so bildet dies keinen Verstoß gegen das Erfordernis der bestimmten Bezeichnung der verletzten Strafnorm (vgl. VwGH 24.1.2013, 2012/07/0030, mwN). Stellt die mitzitierte Norm für sich allein keine verletzbare Verwaltungsvorschrift dar, sondern z.B. nur eine Erläuterung oder die damit im Zusammenhang stehende Strafsanktionsnorm, dann schadet das Mitzitieren nicht (vgl. VwGH 31.1.2000, 97/10/0139, mwN).
18 Im vorliegenden Fall ist auszuführen, dass die belangte Behörde § 134 Abs. 1b KFG nur mitzitierte. Ein Verstoß gegen § 44a Z 2 VStG kann im Sinne der dargestellten Rechtsprechung nicht erblickt werden, zumal die übertretenen bzw. verletzten Normen, nämlich gegenständlich Art. 34 Abs. 1, 3 und 5 VO (EU) 165/2014 , angeführt wurden. § 134 Abs. 1b KFG stellt keine selbständige Übertretungsnorm dar, sondern sie nimmt eine Kategorisierung der Übertretungen der Mindeststrafen nach ihrer Schwere vor. Das Mitzitieren des § 134 Abs. 1b KFG macht die angefochtenen Schuldaussprüche daher nicht rechtswidrig.
19 Mit diesem Revisionsvorbringen vermochte der Revisionswerber daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Die Revision war hinsichtlich der Schuldsprüche zu den Spruchpunkten 2., 3. und 5. des Straferkenntnisses zurückzuweisen.
20 II.1. Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision hinsichtlich des Strafausspruches durch Abweisung der Beschwerde zu den Spruchpunkten 2., 3. und 5. des Straferkenntnisses:
21 Die Revision bringt hierzu vor, die Heranziehung des § 134 Abs. 1b KFG als Strafnorm im Sinn des § 44a Z 3 VStG entspreche nicht näher zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Das Verwaltungsgericht hätte § 134 Abs. 1 KFG, welcher Strafrahmen für die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe enthalte, heranziehen müssen, zumal § 134 Abs. 1b KFG nur eine Kategorisierung der Übertretungen und Mindeststrafen enthalte.
22 Die Revision ist in diesem Punkt zulässig und berechtigt.
23 § 134 Abs. 1 und 1b KFG lautete in der zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung der 34. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 9/2017:
„(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
(1a) ...
(1b) Die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 165/2014 werden anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG , in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/403 , ABl. Nr. L 74 vom 19. März 2016, S 8, nach ihrer Schwere in vier Kategorien (schwerste Verstöße ‑ sehr schwere Verstöße ‑ schwere Verstöße ‑ geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro, im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro und im Falle eines schwersten Verstoßes nicht weniger als 400 Euro zu betragen. Dies gilt auch für Verstöße gegen die Artikel 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), die ebenso nach Maßgabe des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG einzuteilen sind.“
24 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. dazu nochmals VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109, mwN).
25 Unter angewendeter Gesetzesbestimmung im Sinn des § 44a Z 3 VStG ist die Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen, welche jene Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. dazu VwGH 27.6.2018, Ra 2018/15/0019, mwN).
26 Im gegenständlichen Fall ist die bei einer Übertretung des Art. 34 Abs. 1, 3 und 5 VO (EU) Nr. 165/2014, heranzuziehende Strafsanktionsnorm § 134 Abs. 1 KFG.
27 § 134 Abs. 1b KFG trifft eine Einteilung der Strafen bei Verstößen gegen die VO (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 165/2014 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG idF VO (EU) 2016/403, ABl. Nr. L 74 vom 19. März 2016 nach ihrer Schwere in vier Kategorien; bei schweren und sehr schweren Verstößen ist vorgesehen, dass die Höhe der Geldstrafe nicht weniger als € 200,‑ ‑ bzw. € 300,‑ ‑ und im Falle eines schwersten Verstoßes nicht weniger als € 400,-- zu betragen hat.
28 Das genaue Strafausmaß, anhand dessen die Bemessung der konkreten Geldstrafe ‑ auch unter Berücksichtigung des § 134 Abs. 1b KFG ‑ zu erfolgen hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht; sofern lediglich § 134 Abs. 1b KFG als Strafsanktionsnorm angegeben wird, ist der Spruch hinsichtlich der Strafsanktionsnorm nicht vollständig, weil mit § 134 Abs. 1b KFG keine konkrete Strafbemessung erfolgen kann (vgl. erneut VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109).
29 Das Verwaltungsgericht hätte, wie die Revision richtigerweise ausführt, § 134 Abs. 1 KFG als Strafsanktionsnorm heranziehen und den angefochtenen Spruchpunkten zu Grunde legen müssen.
30 Insofern belastete das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Ausspruches über die verhängte Strafe durch einen Verstoß gegen § 44a Z 3 VStG mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
31 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Ausspruches über die verhängten Strafen zu den Spruchpunkten 2., 3.und 5. des Straferkenntnisses sowie des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Ausspruches über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens (vgl. VwGH 1.4.2019, Ra 2018/17/0200) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
32 II. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 1. September 2020
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