VwGH Ra 2017/22/0016

VwGHRa 2017/22/001621.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des A P in Wien, vertreten durch die Schwarz Schönherr Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Parkring 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. Dezember 2016, VGW-151/032/14940/2016-2, betreffend Aufenthaltsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §25 Abs1;
NAG 2005 §25 Abs3;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAGDV 2005 §8 Z7 litb;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;
VwGVG 2014 §17;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017220016.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (Behörde) vom 4. Oktober 2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines iranischen Staatsangehörigen, vom 22. September 2016 auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung "Studierender" gemäß § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen, weil er den erforderlichen Studienerfolgsnachweis nicht erbracht habe.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 13. Dezember 2016 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes habe der Revisionswerber seit dem 17. September 2014 über eine zuletzt bis zum 14. November 2016 verlängerte Aufenthaltsbewilligung "Studierender" verfügt. Seit dem 1. Oktober 2014 sei er als außerordentlicher Studierender für einen Vorstudienlehrgang gemeldet gewesen, wobei am 5. September 2016 eine Verlängerung des Vorstudienlehrgangs um ein fünftes Semester genehmigt worden sei. Im Juli 2015 und im Februar 2016 habe der Revisionswerber jeweils einen Deutschkurs "im Ausmaß von 4 ECTS" besucht und positiv abgeschlossen. Einen weiteren, im Sommersemester 2016 besuchten Kurs habe er negativ abgeschlossen. Zu diesen Feststellungen gelangte das Verwaltungsgericht durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und durch Würdigung des Beschwerdevorbringens sowie der vorgelegten Unterlagen.

In seiner rechtlichen Beurteilung wies das Verwaltungsgericht zunächst darauf hin, dass vorliegend das Studienjahr 2015/2016 maßgeblich sei. Künftig zu erwartende Studienleistungen seien bei der Beurteilung des Studienerfolgs gemäß § 64 Abs. 3 NAG nicht zu berücksichtigen. Demnach könne der derzeit (im Wintersemester 2016/2017) vom Revisionswerber besuchte Kurs nicht herangezogen werden. Auch die Zulassung zu einem fünften Semester für den Besuch des Vorstudienlehrgangs könne den konkreten Nachweis von Studienleistungen nicht ersetzen. Die einzige vom Revisionswerber im maßgeblichen Zeitraum positiv absolvierte Lehrveranstaltung weise laut Kurszeugnis einen Umfang von 4 ECTS-Punkten auf. Dies liege deutlich unter dem in § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG) genannten Wert von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten. Im Übrigen - so das Verwaltungsgericht unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2009, 2008/22/0856 - stelle die positive Ablegung der Ergänzungsprüfung aus Deutsch keinen Studienerfolgsnachweis dar.

Da die in § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) in Verbindung mit § 75 Abs. 6 UG normierten Anforderungen an einen Studienerfolgsnachweis nicht erfüllt seien, fehle es an der besonderen Erteilungsvoraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Unvorhergesehene oder unabwendbare Gründe (im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG) seien nicht behauptet worden und auch nicht ersichtlich.

Das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht damit, dass sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt im Wesentlichen aus dem Vorbringen des Revisionswerbers ergebe und unstrittig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von dem, zu einem nahezu identen Sachverhalt ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 2013, 2012/22/0066, abgewichen.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem zitierten Erkenntnis 2012/22/0066 einen Bescheid über die Abweisung eines Antrags auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung "Studierender" wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die Begründung des aufgehobenen Bescheides habe sich darin erschöpft, dass näher bezeichnete Ergänzungsprüfungen keinen Studienerfolg im vom Gesetz geforderten Ausmaß darstellen würden. Dem hat der Verwaltungsgerichtshof entgegengehalten, dass ein Studienerfolg nicht von vornherein verneint werden könne, wenn eine Verlängerung des Vorstudienlehrgangs genehmigt worden sei, und dass die (dortige) Beschwerdeführerin Zeugnisse über zwei positiv abgelegte Ergänzungsprüfungen mit einer Semesterstundenanzahl von "24 + 20" bzw. "6 + 6" vorgelegt habe.

Somit ist der dort zugrunde gelegene Sachverhalt mit dem hier gegenständlichen Fall nicht vergleichbar, weil das Verwaltungsgericht hier - gestützt auf das vom Revisionswerber vorgelegte Zeugnis - von einem Studienerfolg im Ausmaß von lediglich 4 ECTS-Punkten ausgegangen ist. Dass das Verwaltungsgericht diesen Studienerfolg in seiner rechtlichen Beurteilung unter Verweis auf § 8 Z 7 lit. b NAG-DV und § 75 Abs. 6 UG nicht als nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften ausreichend angesehen hat, ist nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers stellt die universitätsrechtliche Genehmigung der Verlängerung des Vorstudienlehrgangs und somit die Zulassung zu einem weiteren Semester - ungeachtet dessen, dass sie Anhaltspunkte für einen der Zulassung zugrunde liegenden Studienerfolg liefern kann - für sich genommen noch keinen Nachweis über einen Studienerfolg in einem bestimmten (erforderlichen) Ausmaß dar (vgl. etwa hinsichtlich der Zulassung zu einem Masterstudium das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 2016, Ra 2016/22/0037). Auch aus dem vom Revisionswerber ins Treffen geführten hg. Erkenntnis 2012/22/0066 ergibt sich nichts Gegenteiliges, zumal der Verwaltungsgerichtshof dort zusätzlich auf die (oben angeführte) Semesterstundenanzahl abgestellt und die Beurteilung der dort belangten Behörde auch nicht als inhaltlich rechtswidrig angesehen, sondern den Bescheid (lediglich) wegen Verfahrensfehlern aufgehoben hat.

6 Ob das vom Verwaltungsgericht ergänzend ("Im Übrigen") herangezogene hg. Erkenntnis 2008/22/0856 - wie der Revisionswerber vorbringt - mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar sei und das Verwaltungsgericht daher zu Unrecht angenommen habe, dass eine Ergänzungsprüfung Deutsch keinen Studienerfolg begründen könne, kann dahinstehen. Das Verwaltungsgericht hat nämlich in seiner Begründung primär darauf abgestellt, dass der Revisionswerber mit der im maßgeblichen Zeitraum absolvierten Prüfung keinen Studienerfolgsnachweis im erforderlichen Ausmaß erbracht hat. Bei dieser Beurteilung ist das Verwaltungsgericht - wie dargestellt - nicht von der hg. Rechtsprechung abgewichen.

7 Der Revisionswerber moniert eine Verletzung des in § 25 NAG vorgesehenen Stellungnahmerechts durch das Verwaltungsgericht. Dazu genügt der Hinweis, dass (der damit inhaltlich angesprochene) Abs. 1 des § 25 NAG die Vorgehensweise bei Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung (des § 11 Abs. 1 und 2 NAG) regelt, während der Verlängerungsantrag des Revisionswerbers im vorliegenden Fall wegen Fehlen der besonderen Erteilungsvoraussetzung abgewiesen wurde (zum Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung siehe die Regelung des § 25 Abs. 3 NAG, wonach der Antrag diesfalls ohne weiteres abzuweisen ist; vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, 2011/23/0129).

Soweit der Revisionswerber rügt, das Verwaltungsgericht habe ein anderes Studienjahr als die Behörde als maßgeblich angesehen, ohne ihn darüber anzuhören, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, welches Studienjahr heranzuziehen ist (nämlich das zuletzt abgeschlossene), eine rechtliche Beurteilung darstellt (siehe den hg. Beschluss vom 19. April 2016, Ro 2015/22/0004). Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstreckt sich das einzuräumende Parteiengehör aber nicht auf die vorzunehmende rechtliche Beurteilung (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2016, Ra 2014/10/0003, mwN). Soweit der Revisionswerber meint, er habe keine Möglichkeit gehabt, zu seinen Studienleistungen im Studienjahr 2015/2016 Stellung zu nehmen, ist ihm entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ohnehin die vom Revisionswerber in seiner Beschwerde für diesen Zeitraum vorgebrachten Studienleistungen zugrunde gelegt hat. Zudem wird eine Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht aufgezeigt (siehe zur Erforderlichkeit einer Relevanzdarstellung in der Zulässigkeitsbegründung bei Verfahrensmängeln das hg. Erkenntnis vom 3. August 2016, Ra 2016/07/0040, mwN).

Der Revisionswerber bringt weiters vor, er sei nicht zu "sonstigen unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignissen" (im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG) gehört worden, behauptet aber nicht einmal, derartige Ereignisse im Verfahren vor der Behörde oder in der Beschwerde ins Treffen geführt zu haben.

Schließlich wird in der Zulässigkeitsbegründung ohne weitere Substanziierung moniert, das Verwaltungsgericht habe ohne Vorliegen der Voraussetzungen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Es wird aber nicht in Abrede gestellt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststand (vgl. den hg. Beschluss vom 22. November 2016, Ra 2016/03/0109, mwH).

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. März 2017

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