VfGH G346/2016 ua

VfGHG346/2016 ua14.3.2017

Keine Gleichheitswidrigkeit der Regelungen betreffend die Veröffentlichung des Urteils über eine Verbandsklage; Bestimmungen im öffentlichen Interesse des Konsumentenschutzes gelegen, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt; kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
KSchG §29 Abs1, §30 Abs1
UWG §25 Abs3 bis Abs7
StGG Art2, Art5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:G346.2016

 

Spruch:

I. Der Antrag auf Aufhebung der Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 des Bundesgesetzes vom 8. März 1979, mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz – KSchG), BGBl Nr 140/1979, in der Fassung BGBl I Nr 6/1997, und auf Aufhebung des §25 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl Nr 448/1984, in der Fassung BGBl I Nr 79/2007, wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge

"1.1 §30 Abs1 KSchG idF BGBl I Nr 6/1997 bezüglich dessen Wortfolge ', 25 Abs3 bis 7'

in eventu:

1.1.1 §29 Abs1 KSchG idF BGBl I Nr 185/1999 bezüglich dessen Wortfolge 'dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, dem Verein für Konsumenteninformation und dem Österreichischen Seniorenrat'

in eventu:

1.1.2 §29 Abs1 KSchG idF BGBl I Nr 185/1999 bezüglich dessen Wortfolge ', dem Verein für Konsumenteninformation'

 

und

1.2. §25 UWG idF BGBl I Nr 79/2007

in eventu:

1.2.1 §25 Abs3 bis 7 UWG idF BGBl I Nr 79/2007

in eventu:

1.2.2 §25 Abs3 UWG bezüglich dessen Wortfolge 'auf Kosten des Gegners' sowie §25 Abs6 UWG

 

sowie

1.3 §85a Abs5 AMG idF BGBl I Nr 110/2012 bezüglich dessen Wortfolge ', §25 Abs3 bis 7'

 

1.4 §113 Abs3 LFG idF BGBl I Nr 108/2013 bezüglich dessen Wortfolge ', §25 Abs3 bis 7'

 

1.5 §25 Abs1 Vermarktungsnormengesetz idF BGBl I Nr 68/2007 bezüglich dessen Wortfolge 'und 20 bis 28'

 

und

1.6 §460 Abs1 UGB idF BGBl I Nr 50/2013 bezüglich dessen Wortfolge ', §25 Abs3 bis 7';

 

[…] als verfassungswidrig aufheben".

 

II. Rechtslage

1. §§28 bis 30 des Bundesgesetzes vom 8. März 1979, mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz – KSchG), BGBl 140/1979, idF BGBl I 105/2015, lauten bzw. lauteten (die angefochtenen Wortfolgen, welche in der Fassung BGBl I 185/1999 bzw. der Fassung BGBl I 6/1997 gelten, sind hervorgehoben):

"II. HAUPTSTÜCK

Verbandsklage

Unterlassungsanspruch

 

§28. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Verbot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist.

 

(2) Die Gefahr einer Verwendung und Empfehlung derartiger Bedingungen besteht nicht mehr, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine gemäß §29 klageberechtigte Einrichtung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.

 

(3) Wer Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Formblätter für Verträge verwendet oder empfiehlt, hat diese einer nach §29 klagebefugten Einrichtung auf deren Verlangen binnen vier Wochen auszufolgen, sofern die Einrichtung glaubhaft macht, dass die Kenntnis der Geschäftsbedingungen oder Formblätter zur Wahrnehmung der Interessen der Verbraucher erforderlich ist.

 

§28a. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Haustürgeschäften, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, den allgemeinen Informationspflichten des Unternehmers (§5a), Verbraucherkreditverhältnissen, Pauschalreisevereinbarungen, Teilzeitnutzungsrechtsverhältnissen, Abschlüssen im Fernabsatz, der Vereinbarung von missbräuchlichen Vertragsklauseln, der Gewährleistung oder Garantie beim Kauf oder bei der Herstellung beweglicher körperlicher Sachen, der Forderung von Telefonkosten (§6b) oder zusätzlichen Zahlungen (§6c), der Leistungsfrist (§7a) oder dem Gefahrenübergang (§7b), im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft im elektronischen Geschäftsverkehr, Wertpapierdienstleistungen, Dienstleistungen der Vermögensverwaltung, Zahlungsdiensten, der Ausgabe von E-Geld gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt, im Zusammenhang mit der alternativen Streitbeilegung (§19 AStG) oder der Online-Streitbeilegung (Artikel 14 Abs1 und 2 der Verordnung (EU) Nr 524/2013) Informationspflichten verletzt oder gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot auf Grund der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr L 376 vom 27. 12. 2006, S. 36, bei der Erbringung von Dienstleistungen im Binnenmarkt verstößt und dadurch jeweils die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt, kann unbeschadet des §28 Abs1 auf Unterlassung geklagt werden.

 

(1a) Abs1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unternehmer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Heimverträgen gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt und dadurch die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt.

 

(2) §28 Abs2 ist anzuwenden.

 

Klageberechtigung

 

§29. (1) Der Anspruch kann von der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer, dem Österreichischen Landarbeiterkammertag, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, dem Verein für Konsumenteninformation und dem Österreichischen Seniorenrat geltend gemacht werden.

 

(2) Liegt der Ursprung des Verstoßes (§§28 Abs1 und 28a Abs1) in Österreich, so kann der Anspruch auch von jeder der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften von der Kommission gemäß Artikel 4 Abs3 der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr L 166 vom 11. Juni 1998, S 51, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geltend gemacht werden, sofern

1. die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und

2. der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung diese Klagsführung rechtfertigt.

 

(3) Die Veröffentlichung ist bei Klagseinbringung nachzuweisen.

 

Anwendung des UWG

 

§30. (1) Die §§24, 25 Abs3 bis 7 und 26 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 gelten sinngemäß.

 

(2) Der §7 Abs2 erster Satz und der §8 Abs2 JN sind nicht anzuwenden."

 

2. Die angefochtene Bestimmung des §25 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl 448/1984, idF BGBl I 79/2007, lautet:

"Urteilsveröffentlichung

 

§25. (1) In den Fällen der §§4 und 10 kann angeordnet werden, daß das verurteilende Erkenntnis auf Kosten des Verurteilten zu veröffentlichen sei.

 

(2) In den Fällen der §§4 und 10 kann das Gericht dem freigesprochenen Angeklagten auf seinen Antrag die Befugnis zusprechen, das freisprechende Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Privatanklägers zu veröffentlichen.

 

(3) Wird, ausgenommen die Fälle der §§11 und 12, auf Unterlassung geklagt, so hat das Gericht der obsiegenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen

 

(4) Die Veröffentlichung umfaßt den Urteilsspruch. Die Art der Veröffentlichung ist im Urteil zu bestimmen.

 

(5) Im Zivilverfahren kann das Gericht auf Antrag der obsiegenden Partei einen vom Urteilsspruch nach Umfang oder Wortlaut abweichenden oder ihn ergänzenden Inhalt der Veröffentlichung bestimmen. Dieser Antrag ist spätestens vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu stellen. Ist der Antrag erst nach Schluß der mündlichen Streitverhandlung gestellt worden, so hat hierüber das Erstgericht nach Rechtskraft des Urteils mit Beschluß zu entscheiden.

 

(6) Das Gericht erster Instanz hat auf Antrag der obsiegenden Partei die Kosten der Veröffentlichung festzusetzen und dem Gegner deren Ersatz aufzutragen. Auf Antrag der obsiegenden Partei kann es der unterlegenen Partei auch die Vorauszahlung der voraussichtlich für die Veröffentlichung auflaufenden Kosten binnen einer Frist von vier Wochen auftragen. Von einem Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten ist abzusehen, wenn die unterlegene Partei bescheinigt, dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine solche Leistung derzeit nicht zulassen. Der Lauf der Frist zur Urteilsveröffentlichung wird durch einen Antrag auf Erlag der voraussichtlichen Veröffentlichungskosten bis zum Tag des Einlangens der Vorauszahlung oder der Abweisung dieses Antrags gehemmt. Die obsiegende Partei hat nach erfolgter Veröffentlichung der unterlegenen Partei hierüber unter Bekanntgabe der tatsächlich aufgelaufenen Kosten einen Mehrbetrag samt Zinsen zurückzuerstatten.

 

(7) Die Veröffentlichung auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder eines anderen vollstreckbaren Exekutionstitels ist vom Medienunternehmer ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen."

 

3. §85a des Bundesgesetzes vom 2. März 1983 über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), BGBl 185/1983, idF BGBl I 110/2012, lautet (die angefochtene Wendung ist hervorgehoben):

"Unterlassungsklagen

 

§85a. (1) Wer Werbung betreibt, die nicht den §§50 bis 56 entspricht, kann auf Unterlassung geklagt werden. Die Gefahr eines entsprechenden Verstoßes besteht nicht, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine gemäß Abs2 klagsberechtigte Einrichtung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.

 

(2) Der Anspruch kann von der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer, dem Österreichischen Landarbeiterkammertag, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, der Patientenanwaltschaft, dem Verein für Konsumenteninformation, dem Österreichischen Seniorenrat, der Pharmig (Vereinigung pharmazeutischer Unternehmer), der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Apothekerkammer geltend gemacht werden.

 

(3) Liegt der Ursprung des Verstoßes im Sinne des Abs1 in Österreich, so kann der Anspruch auch von jeder der im Amtsblatt der Europäischen Union von der Kommission gemäß Art4 Abs3 der Richtlinie 2009/22/EG vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr L 110 vom 1. Mai 2009 S. 30, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geltend gemacht werden, sofern

1. die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und

2. der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung diese Klagsführung rechtfertigt.

 

(4) Die Veröffentlichung im Sinne des Abs3 ist bei Klagseinbringung nachzuweisen.

 

(5) §24, §25 Abs3 bis 7 und §26 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 gelten sinngemäß.

 

(6) Die Gerichtsbarkeit in Rechtsstreitigkeiten nach Abs1 wird durch die Handelsgerichte ausgeübt. §51 Abs2 Z10 und §83c der Jurisdiktionsnorm finden sinngemäß Anwendung."

 

4. §113 des Bundesgesetzes vom 2. Dezember 1957 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz – LFG), BGBl 253/1957, idF BGBl I 108/2013, lautet (die angefochtene Wendung ist hervorgehoben):

"Unterlassungsanspruch

 

§113. (1) Ein Luftfahrtunternehmen kann auf Unterlassung geklagt werden, wenn es gegen Ge- oder Verbote verstößt, die sich aus der Verordnung (EG) Nr 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr 295/91, ABl. Nr L 46 vom 17. Februar 2004, S. 1, ergeben, und dadurch die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt. Die Gefahr eines entsprechenden Verstoßes besteht nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nach Abmahnung durch eine gemäß Abs2 klageberechtigte Einrichtung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§1336 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.

 

(2) Der Anspruch kann von der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer, dem Österreichischen Landarbeiterkammertag, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, dem Verein für Konsumenteninformation und dem Österreichischen Seniorenrat geltend gemacht werden.

 

(3) Die §§24, 25 Abs3 bis 7 und 26 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, BGBl Nr 448/1984, gelten sinngemäß.

 

(4) §7 Abs2 erster Satz und §8 Abs2 der Jurisdiktionsnorm, RGBl. Nr 111/1895, sind nicht anzuwenden."

 

5. §25 des Bundesgesetzes über die Einstufung und Kennzeichnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für Zwecke der Vermarktung (Vermarktungsnormengesetz – VNG), BGBl I 68/2007, lautet (die angefochtene Wendung ist hervorgehoben):

"Verhältnis zu anderen gesetzlichen Vorschriften

 

§25. (1) Wer den in §21 angeführten Bestimmungen zuwiderhandelt, kann unbeschadet einer Strafverfolgung auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Der Anspruch kann nur im ordentlichen Rechtswege geltend gemacht werden. Die Bestimmungen der §§14 bis 18 und 20 bis 28 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 23. November 1984, BGBl Nr 448 und die Kundmachung BGBl Nr 422/1994 sind entsprechend anzuwenden.

 

(2) Wurden für Erzeugnisse Vermarktungsnormen eingeführt, so sind, so lange und in dem Umfang, als Verordnungen nach diesem Bundesgesetz in Geltung stehen, die Bestimmungen der §§32, 33 und 35 bis 37 UWG hinsichtlich dieser Erzeugnisse nicht anzuwenden. Im Übrigen bleiben dessen Bestimmungen unberührt.

 

(3) Das LMSVG und das Tierseuchengesetz (TSG), RGBl. Nr 177/1909, werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt."

 

6. §460 des Bundesgesetzes über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch – UGB), dRGBl. S 219/1897, idF BGBl I 50/2013, lautet (die angefochtene Wendung ist hervorgehoben):

"Verbandsklage

 

§460. (1) Ein Unternehmer, der im geschäftlichen Verkehr ohne sachliche Rechtfertigung grob nachteilige Vertragsbestimmungen im Sinn des §459 verwendet oder grob nachteilige Geschäftspraktiken in diesem Sinn ausübt, kann von Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern auf Unterlassung geklagt werden, soweit diese Vereinigungen Interessen vertreten, die durch die Handlung berührt werden. Der Unterlassungsanspruch kann auch von der Wirtschaftskammer Österreich und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs geltend gemacht werden. Die §§24, 25 Abs3 bis 7 und 26 UWG 1984 sind sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Die Gefahr einer Verwendung derartiger Vertragsbestimmungen oder einer Ausübung derartiger Geschäftspraktiken besteht nicht mehr, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine nach Abs1 klagebefugte Vereinigung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit Schriftsatz vom 4. April 2016 brachte der Verein für Konsumenteninformation (die beteiligte Partei im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, ein verbandsklagsberechtigter Verband iSd §29 KSchG) beim Landesgericht Wiener Neustadt eine Klage gegen die antragstellende Gesellschaft ein, in der die beteiligte Partei begehrte, die antragstellende Gesellschaft schuldig zu erkennen, die Verwendung einer näher bezeichneten Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen oder sinngleicher Klauseln im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen. Ferner begehrte die beteiligte Partei, das Gericht möge sie ermächtigen, den klagstattgebenden Teil des Urteilsspruches und die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft einmal in der Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der bundesweit erscheinenden Ausgabe der "Kronen Zeitung" auf Kosten der antragstellenden Gesellschaft zu veröffentlichen.

Mit Urteil vom 29. August 2016, 28 Cg 11/16m, wies das Landesgericht Wiener Neustadt die Klage der beteiligten Partei im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ab. Die beteiligte Partei erhob gegen dieses Urteil Berufung.

Aus Anlass der Berufungsbeantwortung brachte die antragstellende Gesellschaft den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag ein und begründete diesen folgendermaßen (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…]

2.3 Präjudizialität

 

Die drei bekämpften Gesetzesbestimmungen sind für das Ausgangsverfahren präjudiziell. Darf sie das Berufungsgericht nicht anwenden, muss dies zwingend zu einer Abweisung des Klagsantrags auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung bzw des Berufungsbegehrens auf Abänderung des Urteils und folglich Stattgebung des Klagsantrags führen. Die bekämpften Bestimmungen regeln mit §29 Abs1 KSchG die Aktivlegitimation der klagenden Partei, mit §25 UWG die Urteilsveröffentlichung und mit §30 Abs1 KSchG die Anwendbarkeit dieser UWG-Bestimmung selbst.

 

Da die Antragstellerin mit Stattgebung des auf Grundlage der bekämpften Bestimmungen gestellten Antrags der klagenden Partei zudem eine Kostentragungspflicht träfe, würde die Aufhebung der bekämpften Bestimmungen und somit die Abweisung des Antrages auf Ermächtigung zur kostenpflichtigen Urteilsveröffentlichung im Ausgangsverfahren die Gefahr beseitigen, dass die Antragstellerin in der zugrundeliegenden Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt wird.

 

3. Begründung der Verfassungswidrigkeit

 

3.1 Grundrechtswidrigkeit

 

3.1.1 Verletzte Grundrechte

 

Die oben genannten Bestimmungen verletzen die Grundrechte der Antragstellerin nach Art5, Art18 StGG, Art1 1. ZPEMRK sowie Art16, 17 GRC. Die Grundrechte der GRC sind anwendbar, da diese 'in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleich[en]' (VfSlg 19.632).

 

Bei Betrachtung dieser Grundrechtswidrigkeit sind §30 Abs1 KSchG (bzw dessen beanstandete Wortfolge) und §25 UWG als untrennbare Einheit anzusehen, da die genannten Grundrechte durch den Inhalt des §25 UWG verletzt werden, dieser jedoch im gegenständlichen Fall nur durch §30 Abs1 KSchG anwendbar wird. Würde nur der §30 Abs1 KSchG aufgehoben, würde die materielle Grundrechtswidrigkeit im Rechtsbestand bestehen bleiben, die Verfassungswidrigkeit also nur formell im Verfahren der §§28 ff KSchG, nicht jedoch materiell beseitigt werden. Würde hingegen nur der §25 UWG aufgehoben, so würde §30 Abs1 KSchG als 'sinnentleerter sprachlicher Torso' (VfGH 09.12.2014[,] G136/2014) das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B‑VG nicht mehr erfüllen. Die Grundrechtswidrigkeit dieser einheitlich zu betrachtenden Bestimmungen wird im Folgenden ausgeführt.

 

Die eventualiter beantragte Aufhebung des §29 Abs1 KSchG (bzw dessen beanstandeter Wortfolge) ergibt sich aus der Grundrechtswidrigkeit der Aktivlegitimation der dort angeführten Vereine zur Beantragung der Ermächtigung zur Veröffentlichung. Diese wird weiter unten (Punkt 3.1.4.2.) begründet.

 

3.1.2 Eingriffswirkung

 

Die vorliegende Bestimmung stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum dar (Art5 StGG; Art1 1.ZPEMRK; Art17 GRC).

 

Die Auferlegung von Strafen, Abgaben oder sonstigen Zahlungen greift in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht ein (VfSlg 12.967/1992; Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ1543 mwN).

 

Ein solcher Eingriff liegt hier vor, da die beklagte Partei bei Zuspruch des Veröffentlichungsbegehren zur Zahlung der Kosten der Veröffentlichung des Urteils an den Kläger zu Gunsten eines im Urteilsantrag bestimmten Dritten verpflichtet wird. Die beklagte Partei unterliegt hierbei einem Kontrahierungszwang, ohne beeinflussen zu können, zu welchem Preis oder Zeitpunkt und in welchem Medium die Veröffentlichung durchgeführt wird. Im Resultat wird jedenfalls der beklagten Partei einer Verbandsklage durch den Veröffentlichungszuspruch die Privatautonomie entzogen, die Ausfluss des Grundrechts auf Eigentum ist (VfSlg 12.227; Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ1543).

 

Doch nicht nur derartige Veröffentlichungsermächtigungen stellen einen Eingriff dar, sondern die gesamte durch die beanstandeten Bestimmungen geschaffene Regelung (insb §30 Abs1 KSchG iVm §25 Abs3 bis 7 UWG). Diese beinhaltet eine generelle Ermächtigung, dass der Obsiegende die Veröffentlichung auf Kosten des Unterlegenen durchführen darf. Da dies eine zwangsweise Auferlegung von Kosten darstellt, greift jede solche Ermächtigung und damit die Norm an sich schon in das Eigentumsgrundrecht ein.

 

Gegenstand des Parteiantrags sind zwar ausschließlich die vorgenannten Gesetzesbestimmungen, während deren Umsetzung durch die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte nicht vom hohen Verfassungsgerichtshof zu überprüfen ist. Dennoch mag der bei weitem häufigste Zuspruch einer Veröffentlichung in einer Samstagsausgabe der 'Kronen Zeitung' hier als Beispiel der Intensität des Grundrechtseingriffs gelten, vor allem weil dies im zugrundeliegenden Verfahren von der dort klagenden Partei begehrt wird.

 

Bei solch einer Veröffentlichung belaufen sich die Veröffentlichungskosten nach der aktuellen Preisliste der Kronenzeitung – je nach Platzierung – auf einen Betrag zwischen EUR 28.000,– und EUR 42.000,–. Es handelt sich dabei sohin um einen sehr substantiellen Betrag, dem de facto im wesentlichen Strafcharakter zukommt, weshalb jedenfalls ein erheblicher Eingriff in die genannten Grundrechte vorliegt.

 

Diese Eingriffswirkung durch hohe Kosten muss ebenfalls berücksichtigt werden, denn würde man Gegenteiliges annehmen und wäre nur die konkrete Veröffentlichung in der 'Kronen Zeitung' aufgrund der Höhe ihrer Kosten verfassungswidrig, so müsste das Gericht in jedem Verbandsprozess eine umfassende verfassungskonforme Interpretation und Reduktion der bekämpften Bestimmungen vornehmen. Verfassungskonform und daher von der Regelung erlaubte Veröffentlichungen wären dann wohl nur solche, deren Kosten höchstens einen Bagatellbetrag ausmachen würden. Was tatsächlich zugesprochen werden dürfte und was nicht, sowie wo die Kostengrenze läge, wäre unklar.

 

Die konkrete Veröffentlichung – die stets unter dem Verdacht der Verfassungswidrigkeit stünde – wäre auch einer Prüfung durch den VfGH nicht zugänglich. Folgte man also dieser Ansicht und verneinte man diese Eingriffswirkung der Bestimmung, so müsste man die Bestimmung im selben Atemzug als verfassungswidrig erkennen. Denn bei genannter Interpretation würde diese das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B‑VG verletzen.

 

Dieses ist dann verletzt, wenn aus der Bestimmung 'die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns' nicht eindeutig ersichtlich sind (Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ500). Gerade das läge hier vor, da nicht eindeutig festgeschrieben wäre, welche Veröffentlichungen das Gericht bzw bis zu welcher Kostenhöhe das Gericht Veröffentlichungen zusprechen dürfte. Im konkreten Fall ist sogar noch ein höherer Bestimmtheitsgrad erforderlich, da es sich um eine gesetzliche Bestimmung handelt, die zum Eingriff in ein Grundrecht ermächtigt (Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ507 mwN).

 

Zusätzlich greift die Bestimmung durch die Ermächtigung zur Veröffentlichung unabhängig von der Kostentragung durch den Unterlegenen in das Grundrecht auf Eigentum und die anderen genannten Grundrechte ein. Denn durch die Veröffentlichung des Urteilsspruches, wo festgestellt wird, dass der Unternehmer unzulässige AGB verwendete, wird dieser jedenfalls gegenüber der Öffentlichkeit 'in ein schlechtes Licht gerückt'.

 

Durch diesen Imageschaden ist die gegenständliche Regelung also geeignet, potentielle Kunden vom Eingehen von Vertragsbeziehungen mit dem Unterlegenen abzubringen. Durch den mit der Veröffentlichung also zwingend einhergehenden Imageschaden entsteht dem Unterlegenen jedenfalls ein Vermögensschaden, der ebenfalls einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und die genannten anderen Grundrechte begründet. Zusätzlich werden seine künftigen Erwerbschancen beschränkt.

 

Ebenso greift die gegenständliche Regelung in genannte Grundrechte ein, da durch die Kostentragungspflicht des Unterlegenen, dieser in seiner freien Mittelverwendung und Privatautonomie beeinträchtigt wird.

 

Aus all diesen Gründen ist offenkundig, dass die gegenständliche Regelung jedenfalls in die genannten Grundrechte, insbesondere das Grundrecht auf Eigentum, eingreift.

 

3.1.3 Verhältnismäßigkeitsprüfung

 

Die durch die beanstandeten Bestimmungen geschaffene Regelung vermag der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standzuhalten. Zwar mag sie einem legitimen Zweck – der Verbraucherinformation – dienen, allerdings ist sie zur Erreichung dieses Zwecks überschießend und nicht auf das Notwendige beschränkt.

 

3.1.3.1 Fehlende Notwendigkeit

 

Die gegenständliche Regelung stellt nicht das gelindeste Mittel dar, das zur Erreichung des legitimen öffentlichen Interesses zur Verfügung steht. Dies deshalb, da es andere Mittel gibt, die weniger stark in die genannten Grundrechte eingreifen, jedoch das legitime Interesse gleichermaßen (wenn nicht sogar effizienter) erfüllen würde.

 

Konkret betroffen ist das Recht, das die Regelung dem Gericht verleiht, die obsiegende Partei zu ermächtigen, das Urteil auf Kosten der unterlegenen Partei zu veröffentlichen. Diese Ermächtigung stellt – wie oben gezeigt – einen Eingriff in die Grundrechte des Unterlegenen dar.

 

Ein deutlich geringerer Eingriff in das Grundrecht – jedoch mindestens genauso zielführend – wäre es, die unterlegene Partei selbst zu verpflichten, das Urteil zu veröffentlichen. Die unterlegene Partei könnte sohin auf dem freien Markt den Preis der Veröffentlichung verhandeln und beispielsweise durch Zusage von Inseraten in der entsprechenden Tageszeitung und damit Aushandeln eines Rabattes einen günstigeren Preis erzielen. Immerhin ist weitreichend bekannt, dass Inserate am freien Markt tatsächlich fast ausschließlich unter dem Listenpreis vergeben werden.

 

Wird jedoch die obsiegende Partei ermächtigt, das Urteil zu veröffentlichen, wird sie kein Interesse daran haben, einen günstigen Preis zu erzielen und ohne Preisverhandlungen den von der Tageszeitung angesetzten Listenpreis – wie hoch dieser auch immer sein mag – auf Kosten der unterlegenen Partei vereinbaren. Dies wird dadurch verstärkt, dass die gegenständliche Regelung keine Prüfung der Angemessenheit der tatsächlich anfallenden Kosten der Veröffentlichung vorsieht.

 

Durch die Ermächtigung der obsiegenden Partei anstelle der Verpflichtung der unterlegenen Partei entsteht daher der unterlegenen Partei ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Nachteil. Diesem wirtschaftlichen Nachteil steht allerdings kein öffentliches Interesse gegenüber, da die Veröffentlichung in beiden Fällen in gleicher Form erfolgen würde. Dies insbesondere, da das Gericht [gemäß] §25 Abs4 UWG die Art der Veröffentlichung (Zeitraum, Schriftgröße, Schriftart, etc.) im Urteil festzulegen hat.

 

Zudem stellt die geltende Regelung eine unsachliche Differenzierung im Vergleich mit der grundlegenden Systematik der österreichischen Rechtsordnung dar. Nach dieser Gesetzessystematik ist es eine Folge des Grundsatzes der Privatautonomie, dass der Schuldner einer Leistung gerichtlich stets zunächst verpflichtet wird, diese Leistung zu erbringen und erst im Verzugsfall (wenn überhaupt) der Gläubiger zur gerichtlichen Ersatzvornahme ermächtigt wird.

 

Die gegenständliche Regelung folgt diesem Grundsatz nicht. Für diese Einschränkung der Privatautonomie gibt es allerdings – wie gezeigt – keinen rechtfertigenden Grund. Auch die Privatautonomie ist jedoch vom Schutzbereich des Grundrechts auf Eigentum umfasst (VfSlg 12.227; Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ1543). Auch die hier vorliegende ungerechtfertigte Einschränkung der Privatautonomie stellt sohin einen nicht notwendigen und damit nicht verhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht sowie die oben genannten Grundrechte dar.

 

Erwähnt sei auch, dass die gegenständliche Regelung nicht nur die Privatautonomie und damit die Grundrechte des Unterlegenen, sondern auch jene des veröffentlichenden Mediums beeinträchtigt, da auch dieses von einem Kontrahierungszwang mit dem Obsiegenden betroffen ist.

 

Die gegenständliche Regelung ist daher nicht das gelindeste zur Verfügung stehende Mittel, um das legitime Interesse zu erfüllen. Die Verpflichtung des Unterlegenen anstatt der Ermächtigung des Obsiegenden würde das legitime öffentliche Interesse auf (mindestens) gleiche Weise erfüllen. Es würde jedoch dem Unterlegenen weniger Kosten bereiten sowie weniger stark dessen Privatautonomie beschränken und somit weniger intensiv in die genannten Grundrechte eingreifen.

 

Da die gegenständliche Regelung somit nicht das gelindeste Mittel zur Zweckerreichung darstellt, ist die Veröffentlichungsermächtigung im gegenwärtigen Umfang zur Erreichung des Zwecks nicht notwendig. Da sohin die durch die bekämpften Bestimmungen gebildete Regel mangels Notwendigkeit zur Zweckerreichung der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhalten kann, ist sie verfassungswidrig.

 

3.1.3.2 Fehlende Eignung

 

Bereits das oben illustrierte Fehlen der Notwendigkeit begründet die Verfassungswidrigkeit der durch die bekämpften Bestimmungen geschaffenen Regelung. Doch selbst wenn man eine solche Notwendigkeit annähme, würde dies nicht zur Verfassungskonformität der gegenständlichen Regelung führen. Unabhängig davon hält die gegenständliche Regelung der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nämlich schon deshalb nicht stand, da sie zur Erreichung des legitimen öffentlichen Interesses nicht geeignet ist.

 

Der Zuspruch der Veröffentlichung auf Kosten des Unterlegenen stellt wie gezeigt einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und weitere Grundrechte dar. Dies bedeutet auch, dass dieser nur zulässig ist, wenn er im Interesse des Verbraucherschutzes unbedingt notwendig und unerlässlich ist, es also aus Sicht des Gerichts nicht zumutbar ist, dass die Information der Verbraucher unterbleibt. Zusätzlich muss die Veröffentlichung das gelindeste Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sein.

 

Bedenkt man dies, so wird offenbar, dass jedes Urteil, das auf Basis von (§30 Abs1 KSchG iVm) §25 Abs3 bis 7 UWG den Obsiegenden zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten des Unterlegenen ermächtigt, implizit mitausspricht, dass die Veröffentlichung aus Sicht des Gerichts und damit aus Sicht des Staates unbedingt notwendig, unerlässlich und deren Unterbleiben unzumutbar ist. Diese Notwendigkeit der Veröffentlichung wird durch Rechtskraft des Urteils Teil der Rechtsordnung.

 

Bedenkt man nun diesen impliziten Urteilsinhalt, so zeigt sich die fehlende Eignung der gegenständlichen Regelung zur Erreichung des legitimen öffentlichen Interesses, namentlich der Verbraucherinformation. Ob eine solche rechtskräftig als unerlässlich bestimmte Veröffentlichung nun erfolgt oder nicht, wird gem §29 Abs1 KSchG unter Anderem in die Hand einer privaten Körperschaft, namentlich des Vereins für Konsumenteninformation ('VKI'), gelegt.

 

Der VKI (im Ausgangsverfahren klagende Partei) ist ein Verein iSd Vereinsgesetzes (ZVR-Nr 389759993). Die einzigen beiden ordentlichen (und daher stimmberechtigten) Mitglieder dieses Vereins sind die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (BAK) und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB). Der ÖGB ist selbst ein privater Verein nach dem Vereinsgesetz (ZVR-Nr 576439352), in dem Privatpersonen die Stimmenmehrheit halten. Die öffentliche Hand kann daher keinen entscheidenden Einfluss auf die Handlungen des VKI nehmen und hat kein Weisungsrecht in Bezug auf dessen Leitung. Der VKI ist daher als private, nicht-staatliche Organisation zu werten.

 

Der Gesetzgeber legt nun aber durch die gegenständliche Regelung die rechtskräftig als unerlässlich festgestellte Veröffentlichung in die Hand eines Privaten (des VKI). Damit liegt es im Gutdünken dieses Privaten, ob die unerlässliche Veröffentlichung erfolgt oder nicht. Es gibt keinerlei Möglichkeit für den Bund oder für andere Verbraucherschutzorganisationen, – erst recht nicht für den einzelnen Verbraucher – diese Veröffentlichung zu erzwingen, sollte der VKI entscheiden, sie zu unterlassen.

 

Der VKI unterliegt in seinen Entscheidungen auch keiner weiteren staatlichen Aufsicht als der allgemeinen vereinsrechtlichen durch die Vereinsbehörde. Die Stellung des VKI ist daher auch nicht mit einer Gesellschaft vergleichbar, die mit behördlichen Aufgaben belehnt wurde. Eine solche würde entweder der Aufsicht einer Oberbehörde unterliegen, oder durch innerstaatliche oder gemeinschaftsrechtliche Normen weisungsfrei gestellt werden. Eine solche mit behördlichen Aufgaben belehnte Gesellschaft wäre jedoch besonderen Regelungen unterworfen, die im Resultat einer Erfüllungs- und Sorgfaltspflicht entsprechen. Dies ist beim VKI nicht der Fall, auch wenn er durch §29 Abs1 KSchG wohl zur Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse gesetzlich ermächtigt ist.

 

Da der Gesetzgeber durch die gegenständliche Regelung also die Durchführung einer aus seiner Sicht unbedingt notwendigen Veröffentlichung in die Hand eines Privaten legt, dessen Entscheidungen er nicht beeinflussen kann, ist die gegenständliche Regelung (insb die Ermächtigung des Obsiegenden) zur Erreichung des legitimen Zwecks, des Verbraucherinteresses, nicht geeignet. In anderen Worten: Die gegenständliche Regelung kann die Erreichung des legitimen Zwecks nicht garantieren. Ob sie diesen Zweck erfüllt oder nicht, liegt im Gutdünken eines Privaten.

 

Im Übrigen gilt dies nicht nur für die Veröffentlichungsermächtigung des VKI, die durch §§29 Abs1, 30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG ermöglicht wird, sondern ebenso für die diesbezügliche Berechtigung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und des Österreichischen Seniorenrates.

 

Aus den genannten Gründen kann die gegenständliche Regelung schon mangels Eignung zur Zweckerreichung der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhalten.

 

Da die vorliegende Regelung also weder geeignet, noch notwendig oder verhältnismäßig ist, hält sie der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Sie stellt daher eine nicht gerechtfertigte Grundrechtsverletzung dar, und ist sohin verfassungswidrig.

 

3.2 Verstoß gegen den Gleichheitssatz und das Sachlichkeitsgebot

 

Aus dem in Art7 B‑VG, Art2 StGG festgeschriebenen Gleichheitssatz leitet der VfGH ein allgemeines Sachlichkeitsgebot ab (VfSlg 13.781/1994; Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ1640). Unsachliche Regelungen sind folglich verfassungswidrig. Die im Folgenden begründete Unsachlichkeit und damit Verfassungswidrigkeit, betrifft nach Ansicht der Antragstellerin alle bekämpften Bestimmungen, insbesondere jedoch §30 Abs1 KSchG und §25 Abs3 bis 7 UWG.

 

3.2.1 Unsachlichkeit der Ermächtigung der obsiegenden Partei

 

Da es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, die obsiegende Partei zur Veröffentlichung zu ermächtigen, anstatt die unterlegene zu dieser zu verpflichten, ist diese Regelung unsachlich und damit verfassungswidrig.

 

Dies trifft insbesondere auf die reine Ermächtigung der obsiegenden Partei zu, die zu der – wie gezeigt – unerlässlichen Veröffentlichung nur berechtigt, nicht aber verpflichtet wird. Die obsiegende Partei kann über die Veröffentlichung also frei entscheiden. Dies mag im Bereich des UWG Sinn machen, wo der Kläger idR seine eigenen Interessen vertritt und daher im eigenen Interesse von der Veröffentlichung absehen kann. Da im Verbandsprozess jedoch der Kläger nicht seine eigenen Interessen, sondern die Verbraucherinteressen vertreten soll, ist diese Ermächtigung des obsiegenden Klägers, von der unerlässlichen Veröffentlichung abzusehen, unsachlich und sohin verfassungswidrig.

 

3.2.2 Unsachlichkeit der Veröffentlichungsermächtigung in jedem beliebigen Medium

 

Auch das Gebot bzw die Erlaubnis der Veröffentlichung in einem beliebigen Medium (je nach Antragstellung des Obsiegenden – im zugrundeliegenden Verfahren die 'Kronen Zeitung') ist unsachlich. Diese erlaubt dem Obsiegenden, für hohe Kosten die Veröffentlichung vorzunehmen, und zwingt das beantragte Medium gleichzeitig dazu, mit den Prozessparteien zu kontrahieren.

 

Insb für derartige Veröffentlichungen, bei denen ein Informationsinteresse der gesamten Bevölkerung besteht, hat der Gesetzgeber jedoch mit der Ediktsdatei gem §§89j f[.] GOG eine Plattform geschaffen, deren Inhalt der Öffentlichkeit nach zahlreichen Gesetzesbestimmungen als bekannt gemacht gilt. Somit ist ex lege davon auszugehen, dass eine Veröffentlichung in der Ediktsdatei der gesamten Bevölkerung – sohin auch allen Verbrauchern und auch Konkurrenten mit potentiell ähnlichen AGB-Klauseln – zur Kenntnis gelangt. Dies kann bei jeder anderen Veröffentlichung nicht angenommen werden, auch nicht bei der üblichen Veröffentlichung in der 'Kronen Zeitung', die hier beispielgebend ist. Deren Reichweite beträgt nach eigenen Angaben laut Preisliste 2016 zwischen 6% (in Vorarlberg) und 47% (im Burgenland).

 

Während also Fakten, die wesentlich weitreichendere Folgen haben als die Verwendung einer einzigen Klausel in den AGB der beklagten Partei – bspw eine Insolvenzeröffnung – bei Kundmachung in der Edikt[s]datei als ausreichend veröffentlicht gelten, kann für ein Urteil in einem Verfahren nach den §§28 ff KSchG nichts anderes gelten. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung ist daher unsachlich.

 

Darüber hinaus ist die geltende Regelung aufgrund der durch sie verursachten Kosten unsachlich: Bei einer Veröffentlichung in einem privaten Medium – etwa der 'Kronen Zeitung' – entstehen – zu Gunsten eines privaten Dritten – Kosten, die um ein Vielfaches höher sind, als jene, die eine Veröffentlichung in der Ediktsdatei verursachen würde (EUR 117,– gem TP 14 Z6, 12 GGG). Diese höheren Kosten entstehen, obwohl eine Veröffentlichung in der Ediktsdatei ex lege die gesamte Bevölkerung erreicht, was für eine Veröffentlichung in jedem anderen Medium jedenfalls nicht gilt.

 

Eine Veröffentlichung in der Ediktsdatei würde also für geringe Kosten die gesamte Bevölkerung erreichen. Durch die gegenständliche Regelung wird für hohe Kosten nicht die gesamte Bevölkerung erreicht.

 

Diese Differenzierung – insbesondere da bereits jetzt für Verbraucher sehr relevante Informationen, wie die Insolvenz eines Handelsunternehmens, ausschließlich in der Ediktsdatei veröffentlicht werden – ist unsachlich und daher verfassungswidrig. Dass die bekämpften Gesetzesbestimmungen nur die Veröffentlichung in einem privaten Medium zulassen, ergibt sich ua aus der Bestimmung des §25 Abs7 UWG, der ausdrücklich auf einen 'Medienunternehmer' Bezug nimmt.

 

Entscheidet sich der Gesetzgeber also nicht dafür, die Zugangsfiktion der Ediktsdatei aufzuheben, ist er im Lichte des Gleichheitssatzes dazu verpflichtet, auch die gegenständliche Veröffentlichung zur Verbraucherinformation auf die Ediktsdatei als Veröffentlichungsplattform zu beschränken. Damit ließe sich auch das zuvor relevierte Problem sehr einfach lösen, indem die Veröffentlichung in der Ediktsdatei nicht einer der Verfahrensparteien überlassen, sondern vom entscheidenden Gericht direkt angeordnet wird.

 

3.3 Verletzung des Bestimmtheitsgebots

 

Die angefochtenen Bestimmungen, insbesondere jedoch der §25 UWG, sind bereits deshalb auch verfassungswidrig, da sie gegen Art18 Abs1 B‑VG und das daraus entspringende Bestimmtheitsgebot verstoßen.

 

Wie bereits oben erwähnt, verpflichtet das Legalitätsprinzip des Art18 Abs1 B‑VG nach hA den Gesetzgeber dazu, die von ihm erlassenen Normen derart bestimmt abzufassen, dass die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns aus dem Gesetz ersichtlich sind [...] (Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ500)[.] Dieses Bestimmtheitserfordernis wird dann noch erhöht, wenn es sich um gesetzliche Bestimmungen handelt, die zu Eingriffen in Grundrechte ermächtigen – wie hier vorliegend [...] (Berka, Verfassungsrecht5 (2014) RZ507).

 

Hierzu der VfGH: 'Ein eingriffsnahes Gesetz (…) muß deutlich die Eingriffsschranken, wie sie [das Verfassungsrecht] vorschreibt, erkennen lassen.' (VfSlg 10.737/1985, ebenso VfSlg 11.455/1987, 13.336/1993)[.]

 

Solche Eingriffsschranken lässt die gegenständliche Regelung nicht erkennen. Auf Grundlage dieser Regelung könnte der klagende Verband auch die Veröffentlichung in allen Tages- und Wochenzeitungen Österreichs (oder gar Europas), sowohl in den Print-Ausgaben, als auch auf deren Websites, – selbst auf dem Titelblatt all dieser Zeitungen – beantragen. Das Gericht könnte ohne gesetzliche Schranken auf Grundlage des Wortlauts der durch die bekämpften Bestimmungen geschaffenen Regelung den Obsiegenden zu einer solchen Veröffentlichung ermächtigen – die Kosten von vielen hunderttausend Euro hätte der Unterlegene ohne Kontrollmöglichkeit durch den VfGH zu bezahlen. Die gegenständliche Regelung setzt der Reichweite der Veröffentlichung – und damit der Kostenbelastung des Unterlegenen – keine Grenzen.

 

Dass eine solche Veröffentlichung auf den Titelseiten aller österreichischen Tageszeitungen und all deren Websites nicht verfassungskonform wäre, erscheint offensichtlich und muss daher nicht weiter ausgeführt werden. Dass die unterlegene Partei darüber hinaus vom Gesetzgeber keine Möglichkeit eingeräumt bekommt, niedrigere notwendige Kosten nachzuweisen und lediglich diese zu tragen, verstärkt das Problem noch.

 

Dadurch zeigt sich jedoch, dass das Gericht bei jeder beantragten Veröffentlichung abzuwägen hat, ob sie bereits verfassungswidrig ist oder noch nicht. Die Regelung selbst lässt die Grenze, bis zu welcher ein Zuspruch verfassungskonform und sohin zulässig ist, nicht erkennen.

 

Da die gegenständlichen Gesetzesbestimmungen also weder Eingriffsschranken in Bezug auf die Grundrechte, in welche sie regelmäßig eingreifen, definieren, noch die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns aus dem Gesetz ersichtlich sind, verstoßen die gegenständlichen Regelungen gegen das Bestimmtheitsgebot und sind sohin verfassungswidrig.

 

3.4 Mit den bekämpften Normen in untrennbarem Zusammenhang stehende Normen

 

Dass §30 Abs1 KSchG und §25 Abs3 bis 7 UWG durch die generelle Verweisung ersterer Norm auf letztere, wobei erstere die Präjudizialität, letztere aber die materielle Verfassungswidrigkeit begründet, in untrennbarem Zusammenhang stehen, wurde bereits oben gezeigt.

 

Doch auch weitere Normen stehen insbesondere mit dem §25 UWG in untrennbarem Zusammenhang, weshalb jene gemeinsam mit diesen aufzuheben sind (ua VfGH 01.12.2014, G32/2014).

 

So sind zunächst zusätzlich zu den Abs3 bis 7 des §25 UWG auch dessen Abs1-2 aufzuheben, weshalb der gesamte §25 zu entfallen hat. Dies deshalb, da die Abs3 bis 7 die Modalitäten für die in Abs1 f[.] angeordneten Veröffentlichungen bestimmen. Würde der VfGH sohin nur die Abs3 bis 7 aufheben, würden Abs1 und 2 mit unklarem Inhalt bestehen bleiben. Da solche in untrennbarem Zusammenhang stehende Normen gemeinsam aufzuheben sind, ist der gesamte §25 UWG als verfassungswidrig aufzuheben. Dies führt auch zu keinem unbilligen Ergebnis, da die obigen Ausführungen natürlich auch für Veröffentlichungen nach §25 Abs1 bis 2 UWG gelten und deren Verfassungswidrigkeit begründen.

 

Umso mehr gilt dies für Verweisungsnormen auf §25 UWG in anderen Gesetzen. Diese – die idR sinngleich wie §30 Abs1 KSchG auf §25 UWG verweisen – müssen nach der Judikatur des VfGH ebenfalls aufgehoben werden, da sie sonst nur mehr einen 'sinnentleerten sprachlichen Torso' (VfGH 09.12.2014[,] G136/2014) bilden würden.

 

Dies betrifft die folgenden Verweisungsnormen im nachstehend angeführten Umfang:

- §85a Abs5 AMG idF BGBl I Nr 110/2012 bezüglich dessen Wortfolge

', §25 Abs3 bis 7';

- §113 Abs3 LFG idF BGBl I Nr 108/2013 bezüglich dessen Wortfolge ', §25 Abs3 bis 7';

- §25 Abs1 Vermarktungsnormengesetz idF BGBl I Nr 68/2007 bezüglich dessen Wortfolge 'und 20 bis 28' [es ist hier sprachlich nicht möglich, nur die Verweisung auf §25 UWG aufzuheben];

- §460 Abs1 UGB idF BGBl I Nr 50/2013 bezüglich dessen Wortfolge', §25 Abs3 bis 7';

 

3.5 Auswirkung der Entscheidung des VfGH auf die anhängige Rechtssache

 

Das Oberlandesgericht Wien müsste einer der Berufung stattgebenden Entscheidung die §§29 Abs1, 30 Abs1 KSchG sowie §25 Abs3 bis 7 UWG zugrunde legen. Diese Bestimmungen sind daher im gerichtlichen Verfahren präjudiziell. Wenn der VfGH dem vorliegenden Antrag stattgibt und die gegenständlich bekämpften Gesetzesbestimmungen im beantragten Ausmaß aufhebt und gleichzeitig das Wiederinkrafttreten der vorhergehenden Bestimmungen ausschließt, würde das Gericht jedoch nicht auf Grundlage dieser Normen entscheiden können.

 

Der Antrag der klagenden Partei (hier der mitbeteiligten Partei) auf Ermächtigung zur Veröffentlichung eines klagstattgebenden Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten wäre diesfalls ohne gesetzliche Grundlage. Das erkennende Gericht hätte daher die in dieser Sache gegen die erstgerichtliche Entscheidung erhobene Berufung in diesem Punkt abzuweisen.

 

[…]".

 

2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrags bestreitet und den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I.

Zur Rechtslage:

 

[…]

 

3. Das II. Hauptstück des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 6/1997 regelt die Verbandsklage (§§28 bis 30 KSchG). In den §§28 und 28a KSchG sind Unterlassungsansprüche geregelt, aus §29 KSchG ergibt sich die Klageberechtigung zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche. Für das Verfahren über eine Verbandsklage ist in §30 KSchG die sinngemäße Anwendung näher bezeichneter Bestimmungen des UWG angeordnet.

 

4. Der Zweck der Verbandsklage nach dem KSchG besteht darin, den Rechtsverkehr von rechtswidrigen Praktiken und Vertragsbedingungen zu befreien und dem konkret betroffenen Verbraucher das Prozesskostenrisiko abzunehmen (Langer in Kosesnik-Wehrle, KSchG4 §§28-30 Rz 1). Unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von Unternehmen sollen präventiv aus dem Verkehr gezogen werden (§28 KSchG) und gesetzwidrige Verhaltensweisen, die die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen (§28a KSchG), unterbunden werden (Langer, Urteilsveröffentlichung bei der Verbandsklage nach dem KSchG, ecolex 2004, 20 [23]).

 

5.1. Gemäß §28 Abs1 KSchG kann auf Unterlassung geklagt werden, wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Vertragsformblättern Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt. Gemäß §28a Abs1 KSchG kann auf Unterlassung geklagt werden, wer in bestimmten näher bezeichneten Rechtsbereichen Informationspflichten verletzt oder gegen gesetzliche Gebote und Verbote verstößt.

 

5.2. Diese Unterlassungsansprüche stehen nicht dem einzelnen Vertragspartner des betreffenden Unternehmens (bzw. den Verbrauchern), sondern den in §29 Abs1 KSchG taxativ aufgezählten Rechtsträgern zu. Dies sind die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundesarbeitskammer, der Landarbeiterkammertag, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Verein für Konsumenteninformation und der Österreichischen Seniorenrat.

 

Daneben können die Ansprüche gemäß §29 Abs2 KSchG von jeder der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften von der Kommission gemäß Artikel 4 Abs3 der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr L 166 vom 11. Juni 1998, S 51, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geltend gemacht werden, sofern die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung diese Klagsführung rechtfertigt.

 

5.3. Die Klagsberechtigung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und des Vereins für Konsumenteninformation war – neben der Klagsberechtigung der gesetzlichen Interessenvertretungen – bereits in der Stammfassung des §29 Abs1 KSchG, BGBl Nr 140/1979, enthalten. Jene des Österreichische Seniorenrats wurde mit dem Fernabsatz-Gesetz, BGBl I Nr 185/1999, eingefügt.

 

Zur Klagslegitimation des Vereins für Konsumenteninformation enthielt die Regierungsvorlage zur Stammfassung des KSchG (RV 744 BlgNR 14. GP 42) folgende Erläuterungen:

 

'Es ist augenscheinlich, daß neben den fünf Interessenvertretungen auch der alle Belange des Verbraucherschutzes abdeckende Verein für Konsumenteninformation – mit Rücksicht auf seine Schutzzwecke – bestrebt sein könnte, gleichfalls Unterlassungsklagen zu erheben; von ihm ist auch mit Sicherheit zu erwarten, daß er solche nur im Geist des §28 erheben wird. Damit fehlt es aber an sachlichen Gründen, diese Vereinigung von der Klagsbefugnis auszuschließen; sie soll ihr sohin gleichfalls zustehen.'

 

Der Verein für Konsumenteninformation setzte sich zum damaligen Zeitpunkt aus Vertretern der Bundesarbeiterkammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, der Wirtschaftskammer und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern zusammen.

 

5.4. Die Möglichkeit einer Verbandsklage ist außerdem unionsrechtlich geboten (vgl. auch OGH 17.1.2001, 6 Ob 324/00s): Gemäß Art7 Abs1 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. Nr L 95 vom 21. April 1993, S. 29, haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass im Interesse der Verbraucher angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in Verträgen mit Verbrauchern entgegenzuwirken. Diese Mittel müssen nach Art7 Abs2 dieser Richtlinie auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können. Die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden sollen darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.

 

Mit der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr L 166 vom 11. Juni 1998, S. 51, wurden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Unterlassungsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher weiter harmonisiert (zur Richtlinienumsetzung vgl. die Erläuterungen in RV 1998 BlgNR 20. GP 11 f, 14, 33 f). Die Richtlinie 98/27/EG wurde in der Richtlinie 2009/22/EG kodifiziert (ABl. Nr L 110 vom 1. Mai 2009, S. 30). Zur Einbringung einer Unterlassungsklage befugt ist jede Stelle oder Organisation, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ordnungsgemäß errichtet wurde und ein berechtigtes Interesse daran hat, die Einhaltung der in Artikel 1 genannten Interessen sicherzustellen ('qualifizierte Einrichtungen' nach Art3 der Richtlinie 2009/22/EG ). Klagebefugte Einrichtungen sind insbesondere unabhängige öffentliche Stellen, die speziell für den Schutz der in Artikel 1 der RL genannten Interessen zuständig sind (Art3 lita) und/oder (Art3 litb) Organisationen, deren Zweck im Schutz der in Artikel 1 genannten Interessen besteht, entsprechend den im Rahmen der nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Kriterien.

 

Klagsbefugte Einrichtungen können aus unionsrechtlicher Sicht auch Urteilsveröffentlichungen beantragen (Art2 Abs1 litb der Richtlinie 2009/22/EG ). Nähere Bestimmungen über die Veröffentlichung sieht die Richtlinie nicht vor.

 

5.5. Hinsichtlich des Verfahrens über eine Verbandsklage ordnet §30 Abs1 KSchG die sinngemäße Anwendung der §§24, 25 Abs3 bis 7 und 26 UWG an. Dieser Verweis war ebenfalls bereits in der Stammfassung des KSchG enthalten und ist seitdem inhaltlich weitgehend unverändert geblieben. Die Regierungsvorlage zur Stammfassung des KSchG (RV 744 BlgNR 14. GP 42) enthielt dazu folgende Erläuterungen:

'Mit Rücksicht auf die nahe Verwandtschaft der im §28 vorgesehenen Unterlassungsklage zu derjenigen des §14 UWG steht nichts entgegen, ja erscheint es vielmehr zweckmäßig, die bereits bewährten und eingelebten Verfahrensbestimmungen der §§22 bis 24, 25 Abs4 bis 6 und des §26 UWG für den gegenständlichen Bereich nutzbar zu machen.'

 

5.5.1. Gemäß §25 Abs3 UWG ist der obsiegenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb einer bestimmten Frist auf Kosten des Gegners zur veröffentlichen. Diese Möglichkeit der Urteilsveröffentlichung gemäß §25 Abs3 UWG beruht auf dem Gedanken, dass es häufig im Interesse der Allgemeinheit liegt, unlautere Handlungen eines Unternehmers in aller Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären. Die Urteilsveröffentlichung soll also vor allem das Publikum aufklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken (RIS-Justiz RS0079820). Normzweck des §25 UWG ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes daher das Bedürfnis, den entstandenen Schaden gutzumachen und den Verletzten vor weiteren Nachteilen zu bewahren, nicht hingegen die Bestrafung des Verletzers (vgl. OGH 16.10.2001, 4 Ob 226/01s). Der Zweck der Urteilsveröffentlichung nach §30 KSchG (iVm §25 Abs3 UWG) besteht konkret darin, die Öffentlichkeit über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein. Durch die Aufklärung wird die Aufmerksamkeit der Verbraucher für die Unzulässigkeit von Vertragsbestandteilen geschärft, und es wird ihnen damit erleichtert, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen (OGH RIS-Justiz RS0121963 [T5]). Dies gilt nach der Rechtsprechung insbesondere, aber nicht nur für jene Verbraucher, deren Verträgen mit der beklagten Partei noch die klagsgegenständlichen Klauseln zugrunde gelegt worden sind (OGH 18.12.2009, 6 Ob 81/09v). Die Urteilsveröffentlichung soll dazu dienen, 'eine Breitenwirkung eines klagsstattgebenden Urteils zu ermöglichen' (RV 744 BlgNR 14. GP , 41).

 

5.5.2. Das 'berechtigte Interesse' iSd §25 Abs3 UWG an der Veröffentlichung eines Urteils über eine Verbandsklage nach dem KSchG ergibt sich demgemäß aus dem Recht des Rechtsverkehrs bzw. der Verbraucher als Gesamtheit, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw. sittenwidrig sind (RIS-Justiz RS0121963 [T7]). Diese Beurteilung hat nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu erfolgen (vgl. OGH 18.12.2009, 6 Ob 81/09v mwN). Das Gericht hat somit nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob die vom Kläger zu beweisenden besonderen Umstände des Einzelfalls das Veröffentlichungsbegehren rechtfertigen (RIS-Justiz RS0079737 [T12]).

 

5.5.3. Gemäß §25 Abs4 UWG umfasst die Veröffentlichung den Urteilsspruch, wenn nicht gemäß §24 Abs5 UWG ein ergänzender Inhalt beantragt wurde. Im Übrigen ist die 'Art der Veröffentlichung' vom Gericht im Urteil zu bestimmen. Unter der 'Art der Veröffentlichung' sind einerseits die Bestimmung des Mediums, in dem die Veröffentlichung erfolgen darf, sowie allenfalls die Anzahl zulässiger Wiederholungen der Veröffentlichung zu verstehen; andererseits bezieht sich die Art der Veröffentlichung auf die Form und Aufmachung der Veröffentlichung, also das 'Wo', das 'Wie oft' und das 'Wie' der Veröffentlichung (Ciresa, Urteilsveröffentlichung³ [2006] Rz 257). Die Bestimmung umfasst also auch die technischen Details der Veröffentlichung (d.s. bei Veröffentlichungen in Printmedien etwa Schriftgröße und drucktechnische Hervorhebungen etc., Ciresa, aaO Rz 257).

 

5.5.4. Wesentliche Kriterien für die Bestimmung der Art der Urteilsveröffentlichung sind im Hinblick auf ihren Zweck vor allem die aufklärungsrelevante Öffentlichkeit, die Aufklärungswahrscheinlichkeit und die Publizität des Gesetzesverstoßes. Es kommt darauf an, in welcher Intensität und Verbreitung unzulässige Vertragsbedingungen vereinbart oder Praktiken gesetzt werden (Langer, Urteilsveröffentlichung bei der Verbandsklage nach dem KSchG, ecolex 2004, 20). Wesentlich ist, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw. den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (vgl. RIS-Justiz RS0121963 [T9]). Die Art und die Zahl der Medien, in denen die Veröffentlichung stattfindet, dürfen daher nicht in einem Missverhältnis zur Publizität der rechtswidrigen Handlung stehen (OGH 22.2.2001[,] 6 Ob 328/00d).

 

5.5.5. Das Gericht ist bei der Bestimmung der Art der Veröffentlichung grundsätzlich an den Inhalt des Parteiantrages gebunden. Der Parteiantrag kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes aber auch unsubstantiiert sein (OGH 25.6.1996, 4 Ob 2153/96p mwN). Überlässt die obsiegende Partei insofern die Wahl des Mediums dem Gericht, dann kann das Gericht jedes nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (aufgrund der Umstände des Einzelfalls bzw. entsprechend den oben genannten Kriterien) geeignet erscheinende Medium wählen (Schmid, in Wiebe/Kodek, UWG2012, 23. Lfg., §25 Rz 25). In diesem Fall muss das Gericht aber eine möglichst detaillierte Art der Veröffentlichung in das Urteil aufnehmen, damit die obsiegende Partei nicht die Gelegenheit erhält, im Rahmen des durch die Befugnis noch Gedeckten kostenerhöhende Zusatzwünsche bei der Veröffentlichung in Auftrag zu geben (RIS-Justiz RS0105336).

 

Wird im Antrag dagegen die Veröffentlichung in einem (oder mehreren) bestimmten Medium (Medien) begehrt, dann ist das Gericht nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes daran gebunden und kann nicht auf Veröffentlichung in anderen Medien erkennen (RIS-Justiz RS0079615). Ist das von der obsiegenden Partei beantragte Medium nach Auffassung des Gerichts nach den Umständen des Einzelfalls jedoch zu weitreichend, ist das Veröffentlichungsbegehren abzuweisen, selbst wenn das Gericht ein anderes Medium als angemessen ansehen würde (vgl. OGH 19.11.2008, 3 Ob 180/08d).

 

5.5.6.1. Im Hinblick auf den (dargelegten) Zweck der Urteilsveröffentlichung geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass bloß eine mögliche bzw. zu erwartende mediale Berichterstattung über das Urteil oder die Bereitstellung der entsprechenden Information (lediglich) auf der Website der obsiegenden Partei dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht werden (OGH RS0121963 [T10], OGH 30.5.2012, 8 Ob 49/12g).

 

5.5.6.2. Wurden die rechtswidrigen Handlungen jedoch im Internet begangen, so kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch auf Urteilsveröffentlichung im Internet erkannt werden. Dabei ist ein Zeitraum zu bestimmen, während dessen die Veröffentlichung auf der Website aufzuscheinen hat, durch deren Inhalt rechtswidrig gehandelt wurde. Es ist zweckmäßig, das Urteil in einem Fenster zu veröffentlichen, das sich öffnet (Pop-up-Fenster), wenn der Internetnutzer auf eine bestimmte Seite gelangt (OGH 15.10.2002, 4 Ob 174/02w; 12.6.2007, 4 Ob 57/07x; 20.5.2008, 4 Ob 18/08p). Suchen jedoch voraussichtlich nicht alle ehemaligen Kunden eines Unternehmens, die ein objektives Interesse an der Information über dessen bedenkliche Geschäftspraktiken bei Vertragsabschlüssen haben, neuerlich die Internetseiten dieses Unternehmens auf, so ist ein Unterlassungsurteil im Regelfall nicht nur dort zu veröffentlichen (OGH 20.5.2008, 4 Ob 18/08p; 1.4.2009, 9 Ob 54/08v; 1.4.2009, 9 Ob 66/08h; 17.11.2010, 17 Ob 15/10w; 23.9.2013, 4 Ob 27/13v). §25 Abs4 UWG ermöglicht es dem Gericht daher, auf neue technische Möglichkeiten der Veröffentlichung Rücksicht zu nehmen.

 

5.5.6.3. Bislang war der 'Normalfall' bei der Bestimmung des Mediums, in dem die Veröffentlichung stattfinden soll, die Festlegung einer Tageszeitung (vgl. Langer, aaO, 20).

 

Dies beruht auf dem Umstand, dass sich Unternehmen bei Verbrauchergeschäften in der Regel an das 'allgemeine Publikum' (und nicht an ein 'Fachpublikum') wenden. Sofern dies im Hinblick auf die aufklärungsrelevante Öffentlichkeit treffsicherer erscheint und auch unter Berücksichtigung der Leserzahl als ausreichend angesehen werden kann, kann aber auch die Urteilsveröffentlichung in einer Fachzeitschrift adäquat sein (so hat etwa das Oberlandesgericht Wien eine Urteilsveröffentlichung hinsichtlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Fitnesscenters in einer Sportfachzeitschrift angeordnet, vgl. Langer, aaO, 20).

 

Ob es sich um eine regionale oder um eine bundesweit vertriebene Tageszeitung handelt, ist unter Berücksichtigung der oben (unter Pkt. I.5.4.4.) genannten Kriterien im Einzelfall zu beurteilen. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die breite Verwendung gefunden haben (beispielsweise die Allgemeinen Geschäftsbedingungen großer Banken), wurde wiederholt auch die Veröffentlichung in zwei bundesweit erscheinenden Tageszeitungen zugesprochen (vgl. Langer in Kosesnik-Wehrle, KSchG4 §§28-30 Rz 10c mwN). Handelt es sich dagegen um ein weltweit tätiges Unternehmen, das aber nur zu einem ganz geringen Teil für österreichische Verbraucher tätig wird, kann eine Veröffentlichungsermächtigung in der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitung nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt werden (OGH 7.10.2003, 4 Ob 130/03a).

 

5.6. Eine obsiegende Partei, der die Befugnis zur Urteilsveröffentlichung gemäß §25 Abs3 UWG eingeräumt wurde, erteilt in der Regel dem zur Veröffentlichung bestimmten Medienunternehmen den Auftrag zur Durchführung der Veröffentlichung in der vom Gericht bewilligten Art. Das Medienunternehmen führt die Veröffentlichung durch und legt Rechnung an den Auftraggeber, der diese bezahlt und an den unterlegenen Prozessgegner zur Bezahlung weiterleitet (Ciresa, Urteilsveröffentlichung Rz 359 mwN). Nach der Judikatur hat die Urteilsveröffentlichung in einer für die unterlegene Partei möglichst kostensparenden Art und Weise, zB auch durch Verringerung des Zeilenabstandes und Verkleinerung der Schriftgröße zu geschehen (OLG Innsbruck 21.11.1985 1 R 325/85 = MR 1987, 24). Bezahlt die unterlegene Partei nach Aufforderung die Veröffentlichungskosten nicht, kann die obsiegende Partei einen Antrag gemäß §25 Abs6 1. Satz UWG auf Festsetzung der Kosten durch das Gericht erster Instanz stellen. Das Gericht hat dabei zu prüfen, ob 'die Veröffentlichung fristgerecht beauftragt, ermächtigungsgemäß durchgeführt und bereits bezahlt wurde' und ob die Höhe der geltend gemachten Kosten angemessen ist (Ciresa, Urteilsveröffentlichung Rz 399) und gegebenenfalls der unterlegenen Partei deren Ersatz auftragen.

 

5.7. Die Bestimmungen über die Urteilsveröffentlichung im UWG finden auch auf Unterlassungsklagen nach dem Arzneimittelgesetz (§85a Abs1 AMG), dem Luftfahr[t]gesetz (§113 Abs1 LFG), dem Vermarktungsnormengesetz (§25 Abs1 VNG) und dem Unternehme[ns]gesetzbuch (§460 Abs1 UGB) sinngemäß Anwendung. Entsprechende Verweise sind daher in §85a Abs5 AMG, §113 Abs3 LFG, §25 Abs1 VNG und §460 Abs1 UGB normiert.

 

II.

Zum Anlassverfahren und zu den Prozessvoraussetzungen[:]

 

1. Die antragstellende Gesellschaft ist beklagte Partei im Anlassverfahren vor dem Landesgericht Wiener Neustadt über eine vom Verein für Konsumenteninformation erhobene Verbandsklage gemäß §29 KSchG. Der Verein für Konsumenteninformation hatte die antragstellende Gesellschaft auf Unterlassung der Verwendung einer näher bezeichneten Bestimmung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern geklagt und die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung beantragt. Mit Urteil vom 29. August 2016 wies das Landesgericht die Klage des Vereins für Konsumenteninformation ab. Am 22. September 2016 hat der Verein für Konsumenteninformation Berufung gegen das Urteil erhoben. Der vorliegende Parteiantrag auf Normenkontrolle wurde am 7. Oktober 2016 aus Anlass der Berufungsbeantwortung der antragstellenden Partei erhoben.

 

2. Die antragstellende Gesellschaft hegt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der unterlegenen Partei im Verfahren über eine Unterlassungsklage nach dem KSchG. Diese Ermächtigung ergibt sich aus dem Verweis des §30 Abs1 KSchG auf die sinngemäße Anwendung des §25 Abs3 UWG. Die antragstellende Gesellschaft beantragt sowohl die Aufhebung des §30 Abs1 KSchG als auch des §25 UWG.

 

Aus dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft ergibt sich jedoch nicht klar, welche verfassungsrechtlichen Bedenken gegen welche der beiden angefochtenen Bestimmungen gehegt werden. Einerseits bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass der Sitz der 'materiellen' Grundrechtswidrigkeit in §25 UWG liege, der im Anlassverfahren nur durch §30 Abs1 KSchG anwendbar werde (s. Pkt 3.1.1. oder auch Pkt 3.3). Andererseits scheint sie jedoch davon auszugehen, dass der Sitz der Verfassungswidrigkeit (nur) im KSchG liege, wenn sie festhält, dass die Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Urteilsveröffentlichung im Verfahren über eine Verbandsklage nach dem KSchG deswegen, weil private Organisationen nach §29 Abs1 KSchG dazu ermächtigt werden könnten, unverhältnismäßig (s. Pkt. 3.1.3.2.) und im Übrigen unsachlich sei, im UWG jedoch 'Sinn machen' würde (s. Pkt 3.2.1).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist das Erfordernis der Darlegung von Bedenken im Einzelnen nach §62 Abs1 VfGG nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, dh. dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.710/1994, 13.851/1994 und 14.802/1997). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (vgl. VfSlg 17.099/2003, 17.102/2004, jeweils mwN). Da die antragstellende Gesellschaft – wie oben dargelegt wurde – ihre Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen nicht in diesem Sinne hinreichend darlegt, erweist sich der Antrag als unzulässig.

 

3. Soweit die antragstellende Gesellschaft ihre Bedenken gegen die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen damit begründet, dass die Ermächtigung des Vereins für Konsumenteninformation zur Urteilsveröffentlichung ungeeignet und damit unverhältnismäßig bzw. unsachlich sei, erweist sich der Hauptantrag zudem als zu eng gefasst. Mit diesen Bedenken macht die antragstellende Gesellschaft nämlich dem Grunde nach Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Vereins für Konsumenteninformation geltend. Diese ergibt sich jedoch nicht aus den im Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen, sondern aus §29 Abs1 KSchG. §29 Abs1 KSchG wird jedoch nur in eventu angefochten. Im Hinblick auf die geltend gemachten Bedenken hätte die antragsstellende Gesellschaft die Bestimmung des §29 Abs1 KSchG daher kumulativ anfechten müssen.

 

4. Soweit der Antrag gegen §85a Abs5 AMG, §113 Abs3 LFG, §25 Abs1 VNG sowie §460 Abs1 UGB gerichtet ist, erweist er sich im Übrigen mangels Präjudizialität als unzulässig. Die antragstellende Gesellschaft legt auch nicht dar, dass diese Bestimmungen im Anlassverfahren angewendet worden seien oder anzuwenden wären. Sie geht jedoch von einem untrennbaren Zusammenhang zwischen dem angefochtenen §25 UWG und diesen Verweisungsnormen aus. Ein solcher untrennbarer Zusammenhang besteht jedoch nicht:

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist ein untrennbarer Zusammenhang anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl. VfSlg 8155/1977, 8461/1978 uva.). Der Umstand allein, dass die nach Aufhebung einer Norm allenfalls verbleibenden Bestimmungen ganz oder zum Teil nicht mehr vollziehbar sind, ist hingegen in aller Regel zwangsläufige (und durchaus auch mitunter ganze Teile von Gesetzen und Verordnungen erfassende) Folge eines verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahrens, begründet aber für sich allein keinen solchen Sachzusammenhang, als dessen Folge die eine Norm ohne jene anderen Bestimmungen nicht in Prüfung gezogen werden dürfte (vgl. VfSlg 17.023/2003). Insbesondere schadet ein allfälliges Ins-Leere-Gehen einer Bestimmung zufolge Aufhebung einer anderen nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht (vgl. VfGH 7.10.2014, G27/2014 ua. mwN).

 

Allein der Umstand, dass die in §85a Abs5 AMG, §113 Abs3 LFG, §25 Abs1 VNG sowie §460 Abs1 UGB normierten Verweisungen im Falle einer Aufhebung von §25 UWG ins Leere gehen würden, führt daher nicht dazu, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den einzelnen verweisenden Normen und §25 UWG vorliegt.

 

Der Antrag auf Aufhebung von §85a Abs5 AMG, §113 Abs3 LFG, §25 Abs1 VNG sowie §460 Abs1 UGB erweist sich somit aus diesem Grund als unzulässig.

 

6. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag nach Auffassung der Bundesregierung zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

 

III.

In der Sache:

 

[…]

 

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art5 StGG, Art1 (1.) ZP EMRK und Art17 GRC:

 

3.1. Die antragstellende Gesellschaft bringt im Wesentlichen vor, dass die Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der unterlegenen Partei im Unterlassungsverfahren einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentumsfreiheit und die Privatautonomie der unterlegenen Partei darstelle. Die unterlegene Partei unterliege einem Kontrahierungszwang, ohne beeinflussen zu können, zu welchem Preis oder Zeitpunkt und in welchem Medium die Veröffentlichung durchgeführt werde. Nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaft wäre es ein deutlich geringerer, jedoch mindestens genauso zielführender, Eingriff in das Grundrecht, wenn die unterlegene Partei selbst verpflichtet würde, das Urteil zu veröffentlichen. Zudem widerspreche es der 'grundlegenden Systematik der österreichischen Rechtsordnung' und dem Grundsatz der Privatautonomie, dass zunächst der Schuldner einer Leistung zur Leistungserbringung verpflichtet und der Gläubiger erst im Verzugsfall zur Ersatzvornahme ermächtigt werde. Schließlich führe die bloße Ermächtigung (anstatt einer Verpflichtung) des Vereins für Konsumenteninformation, des Österreichischen Gewerkschaftsbunds und des Österreichischen Seniorenbundes als private Organisationen zur Urteilsveröffentlichung dazu, dass die Urteilsveröffentlichung 'im Gutdünken dieses Privaten' liege; sie sei daher ebenfalls nicht geeignet, das öffentliche Interesse durchzusetzen, auf dessen Schutz die Regelung abstelle.

 

3.2. Soweit die antragstellende Gesellschaft ihren Antrag auch auf [Art.] 17 GRC stützt, ist vorab festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dann, wenn ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht, insbesondere ein Recht der EMRK, den gleichen Anwendungsbereich wie ein Recht der Grundrechte-Charta hat, der Verfassungsgerichtshof auf Grundlage dieses Rechts entscheidet (vgl. VfSlg 19.632/2012; 19.892/2014). Art17 GRC entspricht dem Art1 1. ZPEMRK (vgl. die Erläut. zu Art17, Abl. 2012 C326, 391). Die Erwägungen zu Art1 1. ZPEMRK gelten daher auch in Bezug auf den behaupteten Verstoß gegen Art17 GRC.

 

3.3.1. Der Zweck der Verbandsklage besteht – wie dargelegt wurde (s. Pkt. I.4.) – darin, bereits präventiv unzulässige Geschäftsbedingungen aus dem Verkehr zu ziehen (§28 KSchG) und gesetzwidrige Verhaltensweisen, die die allgemeinen Interessen der Verbraucher (§28a KSchG) beeinträchtigen, zu unterbinden. Um dieses Ziel effektiv erreichen zu können, muss sichergestellt sein, dass der Rechtsverkehr bzw. die Verbraucher von entsprechenden klagsstattgebenden Urteilen Kenntnis erlangen. Die Veröffentlichung des Urteils über eine Verbandsklage dient daher dazu, die beteiligten Verkehrskreise von unzulässigen Geschäftsbedingungen und gesetzwidrigen Verhaltensweisen zu informieren und sie so vor Nachteilen zu schützen (RIS-Justiz RS0121963). Sie soll nicht nur eine schon bestehende unrichtige Meinung richtig stellen, sondern auch deren weiteres Umsichgreifen verhindern (RIS-Justiz RS0079764 [T19]). Zudem wird dadurch die Aufmerksamkeit der Verbraucher für die Unzulässigkeit von Vertragsbestandteilen geschärft und es wird ihnen damit erleichtert, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0121963 [T5]; ausf. oben Pkt. I.5.4.1.). Die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils aufgrund einer Verbandsklage gemäß §30 KSchG iVm §25 Abs3 UWG dient insofern der Sicherung der Unterlassungsansprüche (RIS-Justiz RS0079764) und damit der Effektuierung des dargelegten Zwecks der Verbandsklage. Eine Bestrafung des Unternehmers wird dagegen – entgegen der Auffassung der antragstellenden Gesellschaft – nicht bezweckt (OGH 16.10.2001, 4 Ob 226/01s; 7.10.2003, 4 Ob 130/03a).

 

3.3.2. Die angefochtenen Bestimmungen dienen dem rechtspolitischen Anliegen des Konsumentenschutzes und liegen daher im öffentlichen Interesse (vgl. VfSlg 11.853/1988; 16.222/2001; VfGH 12.10.2016, G159/2016). Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen und Bedingungen für die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung hat die Gesetzgebung nach Auffassung der Bundesregierung ihren weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Verfolgung von Zielen des Konsumentenschutzes auch nicht überschritten:

 

3.3.3. Zunächst weist die Bundesregierung darauf hin, dass Voraussetzung für die Erteilung einer Ermächtigung gemäß §25 Abs3 UWG ein urteilsmäßiger Abspruch über die Verbandsklage ist (vgl. Schmid in Wiebe/Kodek, UWG2012, 23. Lfg., §25 Rz 11). Im Hinblick darauf, dass die Ermächtigung gemäß §25 Abs3 UWG (im Gegensatz zu jener gemäß §25 Abs1 UWG) ausdrücklich der obsiegenden Partei zu erteilen ist, sowie vor dem Hintergrund des mit der Urteilsveröffentlichung verfolgten Zwecks ist sie daher primär für den Fall vorgesehen, dass eine Verbandsklage erfolgreich ist, das Gericht also zur Auffassung gelangt ist, dass bestimmte Geschäftsbedingungen oder Geschäftspraktiken eines Unternehmers gesetz- bzw. sittenwidrig sind. Nur in Einzelfällen – wenn die Verbandsklage etwa besondere Publizität erreicht hat und es daher darum geht, einen falschen Eindruck der Öffentlichkeit richtigzustellen – spricht der Oberste Gerichtshof auch dem obsiegenden Beklagten die Veröffentlichung des klagabweisenden Urteils zu (vgl. RIS-Justiz RS0079624; insb. betr. das KSchG: OGH 28.1.2009, 10 Ob 70/07b, kritisch Langer in Kosesnik-Wehrle, KSchG4 §§28-30 Rz 10b). Die Verpflichtung eines – verurteilten – Unternehmers zur Tragung der Kosten für die Veröffentlichung eines Urteilsspruchs über eine Verbandsklage steht somit regelmäßig in unmittelbarem Konnex mit dem rechtskräftigen Urteil über seinen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtungen gemäß den §§28 und 28a KSchG.

 

Daneben kann die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung nur bei Nachweis eines berechtigten Interesses der obsiegenden Partei an der Urteilsveröffentlichung erteilt werden. In Bezug auf Verbandsklagen nach dem KSchG liegt ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne dann bzw. insoweit vor, als von einem Recht des Rechtsverkehrs bzw. der Verbraucher als Gesamtheit, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw. sittenwidrig sind, auszugehen ist. Ob dies der Fall ist, ist vom Gericht nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (s. oben Pkt. I.5.4.2.).

 

Auch die Art der Veröffentlichung liegt – entgegen der offenbaren Auffassung der antragstellenden Gesellschaft – nicht im alleinigen Ermessen der obsiegenden Partei, sondern ist vom Gericht im Urteil zu bestimmen. Diese Bestimmung hat nach Maßgabe des Zwecks der Urteilsveröffentlichung und damit unter Berücksichtigung der aufklärungsrelevanten Öffentlichkeit, der Aufklärungswahrscheinlichkeit und der Publizität des Gesetzesverstoßes zu erfolgen (s. oben Pkt. I.5.4.4.). Zu bestimmen ist nicht nur das Medium, in dem die Veröffentlichung erfolgen soll, sondern auch die Anzahl zulässiger Wiederholungen der Veröffentlichung sowie die Form und Aufmachung der Veröffentlichung (s. oben Pkt. I.5.4.3.). Die Entscheidung des Gerichts hat insofern auch Auswirkungen auf die Kosten der Veröffentlichung. Einer detaillierten Bestimmung der Art der Veröffentlichung wird daher bei Veröffentlichungen gemäß §25 Abs3 UWG – da diese zugunsten der obsiegenden Partei erfolgen – besondere Bedeutung zugemessen (vgl. oben Pkt. I.5.4.5.; RIS-Justiz RS0105336).

 

Vor diesem Hintergrund hat die Gesetzgebung nach Auffassung der Bundesregierung ihren rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, indem sie eine Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Urteilsveröffentlichung (im Gegensatz zu einer – von der antragstellenden Gesellschaft als notwendig erachteten – Verpflichtung allein der unterlegenen Partei) vorgesehen hat. Außerdem wird dadurch effektiv sichergestellt, dass die Information der Öffentlichkeit tatsächlich zeitgerecht und entsprechend den Vorgaben des Urteils erfolgt. Im Übrigen müsste eine Verpflichtung des Unternehmers zur Urteilsveröffentlichung, der nicht freiwillig bzw. nicht angemessen nachgekommen wird, erst recht durch Ersatzvornahme durchgesetzt werden.

 

3.3.4. Vor diesem Hintergrund beruhen die angefochtenen Bestimmungen nach Auffassung der Bundesregierung auf einer sachgerechten Abwägung zwischen den Interessen eines (verurteilten) Unternehmers und den Interessen des Rechtsverkehrs bzw. der Gesamtheit der Verbraucher, über die Gesetz- bzw. Sittenwidrigkeit bestimmter Geschäftsbedingungen oder -praktiken informiert zu werden. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen somit nicht gegen das Eigentumsgrundrecht. Der Umstand, dass ein Unternehmer im konkreten Einzelfall durch hohe Kosten für die Veröffentlichung belastet werden kann, ist keine Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen, sondern ihres Vollzugs.

 

4. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz gemäß Art7 B‑VG und Art2 StGG:

 

4.1. Die antragstellende Gesellschaft erblickt in dem Umstand, dass nach den angefochtenen Bestimmungen nicht die unterlegene, sondern die obsiegende Partei zur Urteilsveröffentlichung ermächtigt wird, auch einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot. Die obsiegende Partei sei zur Veröffentlichung in einem beliebigen Medium mit entsprechend hohen Kosten berechtigt, obwohl – wie bei anderen Veröffentlichungen, bei denen ein Informationsinteresse der gesamten Bevölkerung bestehe – auch eine Urteilsveröffentlichung in der Ediktsdatei gemäß §§89j [f.] GOG genügen würde.

 

4.2. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (vgl. VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl. VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl. VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.167/2001, 16.504/2000).

 

4.3. Zum Vorbringen der Unsachlichkeit, weil die angefochtenen Bestimmungen eine Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der unterlegenen Partei (nicht jedoch eine Verpflichtung der unterlegenen Partei) vorsehen, wird zunächst auf die obigen Ausführungen zum Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums (s. oben Punkt III.3.3.3.) verwiesen. Die angefochtenen Bestimmungen erweisen sich aus den genannten Gründen auch als sachlich.

 

4.4. Soweit die antragstellende Gesellschaft die Veröffentlichung in einem 'Medium' für unsachlich hält, ist zunächst auf den Zweck der angefochtenen Bestimmungen – der primär in der Informierung der Öffentlichkeit besteht (s. oben Pkt. III.3.3.1.) – hinzuweisen. Ein Medium ist in §1 Abs1 Z1 Mediengesetz definiert als 'jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild an einen größeren Personenkreis im Wege der Massenherstellung oder der Massenverbreitung'. Nach Auffassung der Bundesregierung kann der Gesetzgebung nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Veröffentlichung in einem 'Medium' als taugliches Mittel zur Information der allgemeinen Öffentlichkeit bzw. der beteiligten Verkehrskreise über das Ergebnis eines Verbandsklageprozesses ansieht. Durch die, bei der Bestimmung der Art der Veröffentlichung vom Gericht zu beachtenden Kriterien (s. oben Pkt. I.5.4.3.) ist im Übrigen sichergestellt, dass die jeweilige Auswahl des Mediums nicht über das zur Erreichung dieses Regelungszwecks Erforderliche hinausgeht. Ob die Ermächtigung aber in jedem Einzelfall entsprechend dem Regelungszweck und den diesbezüglichen Kriterien erteilt wurde, betrifft nicht die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen, sondern stellt eine Frage ihres Vollzugs dar.

 

4.5. Zum Vorbringen der antragstellenden Partei, wonach die Veröffentlichung in der Ediktsdatei sachgerecht wäre, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nach §25 Abs4 UWG allein darauf ankommt, ob die Veröffentlichung im Einzelfall im Hinblick auf den bereits mehrfach angesprochenen Zweck der Veröffentlichung eines klagsstattgebenden Urteils über eine Verbandsklage (s. oben Pkt. I.5.4.1., Pkt. III.3.3.1. sowie III.4.4.) als Veröffentlichungsart geeignet ist. Dies ist vom Gericht bei der Bestimmung der Art der Veröffentlichung zu beurteilen. §25 Abs4 UWG steht einer Veröffentlichung im Internet grundsätzlich nicht entgegen (s. auch oben Pkt. I.5.4.5.2.). Eine Benutzung der Ediktsdatei als alleinige Veröffentlichungsplattform für entsprechende Urteile – wie von der antragstellenden Gesellschaft offenbar intendiert – erscheint nach Auffassung der Bundesregierung jedoch nicht sachgerecht. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher regelmäßig die Ediktsdatei konsultiert, um dort allfällige Veröffentlichungen über unzulässige Vertragsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder über unzulässige Geschäftspraktiken zu finden. Der von der antragstellenden Gesellschaft diesbezüglich angestellte Vergleich mit der Insolvenzdatei erweist sich insofern als unzutreffend, da dem – in aller Regel unternehmerischen – Rechtsverkehr vor relevanten Vertragsschlüssen oder Zahlungen durchaus zugemutet werden kann, die Insolvenzdatei auf ein allfälliges laufendes Insolvenzverfahren eines Vertragspartners oder Zahlungsempfängers zu überprüfen. Im Zusammenhang mit der Unzulässigkeit von Vertragsklauseln bzw. Geschäftspraktiken kann eine solche Einsichtnahme durch die Verbraucher dagegen realistischerweise nicht erwartet werden.

 

5. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip:

 

5.1. Die antragstellende Gesellschaft bringt vor, dass die angefochtenen Bestimmungen, insbesondere §25 UWG, mangels hinreichender 'Eingriffsschranken' gegen das Bestimmtheitsgebot nach Art18 Abs1 B‑VG verstoßen würde. Auf Grundlage dieser Bestimmung könnte 'der klagende Verband' auch die Veröffentlichung in allen Tages- und Wochenzeitungen Österreichs (oder gar Europas), sowohl in den Print- Ausgaben, als auch auf deren Websites, – selbst auf dem Titelblatt all dieser Zeitungen – beantragen' und das Gericht könnte 'ohne gesetzliche Schranken … den Obsiegenden zu einer solchen Veröffentlichung ermächtigen'. Der Reichweite der Veröffentlichung und damit der Kostenbelastung des Unterlegenen seien nach dem Wortlaut des Gesetzes keine Grenzen gesetzt.

 

5.2. Das in Art18 Abs1 B‑VG verankerte Legalitätsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Vollziehung vorherbestimmt ist. Es ist jedoch verfassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Vollziehungshandelns Abstand nimmt, falls dies im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich ist (vgl. VfSlg 13.785/1994; VfGH 9.12.2015, G165/2015, 2.4.2.).

 

Für die Bestimmung der Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des behördlichen Handelns stellt die Frage, ob die getroffene behördliche Entscheidung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann, das Entscheidungskriterium dar (vgl. VfGH 23.2.2015, G171/2014 ua). Dabei sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art18 B‑VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (VfSlg 11.859/1988, 18.738/2009, VfGH 20.9.2012, B783/12; vgl. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 603 f).

 

5.3. Nach Auffassung der Bundesregierung entspricht §25 Abs3 UWG diesen Anforderungen des Legalitätsprinzip gemäß Art[.] 18 Abs1 B‑VG:

 

5.3.1. Schon nach dem Wortlaut des §25 Abs3 UWG kann eine Ermächtigung zur Veröffentlichung nur erteilt werden, wenn die obsiegende Partei ein 'berechtigtes Interesse' an der Veröffentlichung hat. Dies liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Bezug auf eine Verbandsklage vor, wenn ein Recht des Rechtsverkehrs bzw. der Verbraucher als Gesamtheit anzunehmen ist, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw. sittenwidrig sind (OGH RIS-Justiz RS0121963 [T7]). Ob ein solches berechtigtes Interesse vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. OGH 18.12.2009, 6 Ob 81/09v mwN). Das Gericht darf einem Antrag auf Erteilung der Ermächtigung zur Veröffentlichung daher nur stattgeben, wenn angesichts der Umstände des Einzelfalls ein berechtigtes Interesse der antragstellenden Partei in diesem Sinne zu bejahen ist.

 

5.3.2. Daneben ist das Ermessen des Gerichtes bei der Bestimmung der Art der Veröffentlichung gemäß §25 Abs4 UWG durch den Zweck der Urteilsveröffentlichung und die diesbezüglichen Kriterien – aufklärungsrelevante Öffentlichkeit, Aufklärungswahrscheinlichkeit und Publizität des Gesetzesverstoßes (s. oben Pkt. I.5.4.4.) – eingeschränkt. Die Art der Veröffentlichung muss dem Ausmaß des Aufklärungs- bzw. Informationsinteresses (insbesondere hinsichtlich der Art und des Umfangs der aufzuklärenden Öffentlichkeit) entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dürfen Art und Zahl der Medien, in denen die Veröffentlichung stattfindet, demgemäß nicht in einem Missverhältnis zur Publizität der rechtswidrigen Handlung stehen (OGH 22.2.2001, 6 Ob 328/00d). Die Ausübung dieses Ermessen kann im gerichtlichen Instanzenzug nachgeprüft werden.

 

5.3.3. Die Regelung der Veröffentlichung gemäß §25 UWG ermöglicht es dem Gericht somit, die Art des Mediums der Veröffentlichung unter Bedachtnahme auf den Veröffentlichungszweck zu bestimmen und dabei den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (OGH 25.2.1992[,] 4 Ob 133/91). Durch die Verpflichtung des Gerichts, die Art der Veröffentlichung möglichst genau vorherzubestimmen, ist außerdem sichergestellt, dass die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten der Veröffentlichung das von der Befugnis gedeckte Kostenausmaß nicht überschreiten (s. oben Punkt I.5.4.3.). Daneben bietet auch die Möglichkeit der Kostenbestimmung gemäß §25 Abs6 1. Satz UWG Gewähr dafür, dass die obsiegende Partei bei der Durchführung der Veröffentlichung auf ein angemessenes Ausmaß an Veröffentlichungskosten Bedacht nimmt. Im Rahmen der Kostenbestimmung gemäß §25 Abs6 1. Satz UWG hat das Gericht erster Instanz nämlich auch zu prüfen, ob die Höhe der geltend gemachten Kosten angemessen ist. Dabei wird in der Judikatur davon ausgegangen, dass die obsiegende Partei bei der Veröffentlichung in einer möglichst kostensparenden Weise vorgehen muss (s. oben Pkt. I.5.5.).

 

5.3.4. Vor diesem Hintergrund bietet §25 UWG nach Auffassung der Bundesregierung Gewähr dafür, dass eine Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Urteilsveröffentlichung gemäß §25 Abs3 UWG im Einzelfall auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann. Der behauptete Verstoß gegen das Legalitätsprinzip liegt somit nicht vor.

 

6. In Bezug auf das Vorbringen eines Verstoßes der angefochtenen Bestimmungen gegen das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC und gegen die Berufsausübungsfreiheit [gemäß] Art18 StGG weist die Bundesregierung zunächst darauf hin, dass dieses von der antragstellenden Partei nicht näher begründet wurde, sondern sich auf die entsprechende Behauptung beschränkt. Im Übrigen erscheint im Hinblick darauf, dass es sich bei der antragstellenden Gesellschaft um eine juristische Person handelt, bereits zweifelhaft, ob der Schutzbereich des Art18 StGG überhaupt eröffnet ist (vgl. VfSlg 8968/1980).

 

7. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Wortfolge in §30 Abs1 Konsumentenschutzgesetz (KSchG), der §25 des Bundesgesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie die angefochtenen Wortfolgen in §85a Abs5 Arzneimittelgesetz (AMG), §113 Abs3 Luftfahrtgesetz (LFG), §25 Abs1 Vermarktungsnormengesetz (VNG) und §460 Abs1 Unternehmensgesetzbuch nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind.

 

[…]".

 

3. Die beteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurück- bzw. Abweisung des Antrages begehrt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", somit eines Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz (vgl. VfSlg 20.001/2015; VfGH 25.2.2016, G659/2015). Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden. Auch der Rechtsmittelgegner kann einen Parteiantrag stellen, wobei hinsichtlich des Rechtsmittelgegners die Frist zur Einbringung der Rechtsmittelbeantwortung maßgebend ist (vgl. VfGH 2.7.2016, G95/2016; 26.9.2016, G62/2016).

Der vorliegende Antrag wird aus Anlass einer Berufungsbeantwortung im Hinblick auf die von der beteiligten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 29. August 2016, 28 Cg 11/16m, erhobene Berufung gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Berufungsbeantwortung der antragstellenden Gesellschaft nicht innerhalb der Frist zur Einreichung der Rechtsmittelbeantwortung erstattet worden wäre, bestehen nicht. Da der Parteiantrag gleichzeitig mit der Rechtsmittelbeantwortung eingebracht wurde, ist er rechtzeitig.

1.2. Ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre. Ein Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG ist demnach mangels Präjudizialität zurückzuweisen, wenn die angefochtene Gesetzesbestimmung keine Voraussetzung der Entscheidung über das Rechtsmittel, aus Anlass dessen der Antrag gestellt wurde, bildet (VfGH 22.9.2016, G314/2016 ua.). Dies gilt auch für die Stellung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG aus Anlass einer Rechtsmittelbeantwortung.

Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl. VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. VfSlg 17.220/2004, 19.933/2014).

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.933/2014).

Unzulässig ist ein Antrag aber dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB VfSlg 19.824/2013 mwN, 19.933/2014).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfGH 5.3.2014, G79/2013, V68/2013 ua.; zu auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Anträgen von Gerichten, die, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im übrigen Teil abzuweisen sind, vgl. VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im gerichtlichen Verfahren nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (vgl. VfGH 9.12.2014, G73/2014; VfSlg 19.942/2014; VfGH 11.3.2015, G208/2014, V104/2014; 7.10.2015, G282/2015; 8.10.2015, G20/2015, G281/2015; 9.3.2016, G606/2015 ua.).

1.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Zweifel, dass das Gericht im Ausgangsverfahren die Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG anzuwenden hat. Da der Hauptantrag insoweit zulässig ist, erübrigt sich ein Eingehen auf den auf §29 Abs1 KSchG bezogenen Eventualantrag. Da §30 Abs1 KSchG von §25 UWG nicht offenkundig trennbar ist, ist der Hauptantrag auch hinsichtlich des §25 UWG zulässig.

1.2.2. Der Antrag ist, soweit er sich auf die Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §85a Abs5 AMG, die Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §113 Abs3 LFG, die Wendung "und 20 bis 28" in §25 Abs1 VNG und die Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §460 Abs1 UGB bezieht, mangels Präjudizialität dieser Bestimmungen unzulässig. Die antragstellende Gesellschaft brachte ihren Antrag aus Anlass eines Urteils des Landesgerichtes Wiener Neustadt ein, mit dem die Verbandsklage der beteiligten Partei hinsichtlich einer Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der antragstellenden Gesellschaft, welche die Höhe des Entgelts für eine notwendige Betankung des zurückgestellten Mietwagens betrifft, abgewiesen wurde. Eine Anwendung von §85a Abs5 AMG, §113 Abs3 LFG, §25 Abs1 VNG sowie §460 Abs1 UGB im gerichtlichen Ausgangsverfahren scheidet sohin aus.

Entgegen der Rechtsauffassung der antragstellenden Gesellschaft vermag der Umstand, dass eine Bestimmung im Falle der Aufhebung einer anderen Bestimmung ins Leere geht, einen untrennbaren Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen nicht zu begründen, soweit die verweisende Bestimmung keinen sprachlich unverständlichen Torso darstellt (vgl. VfSlg 19.985/2015). Letzteres ist bei den eben erwähnten Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes, des Luftfahrtgesetzes, des Vermarktungsnormengesetzes und des Unternehmensgesetzbuches, die alle auf §25 UWG verweisen, nicht der Fall.

1.3. Da sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung der Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG und des §25 UWG als zulässig. Im Übrigen ist der Antrag unzulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Soweit zulässig, ist der Antrag nicht begründet.

2.1. Die antragstellende Gesellschaft meint zunächst, §30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art2 StGG und Art7 B‑VG), weil die antragstellende Gesellschaft bei Zuspruch des Veröffentlichungsbegehrens zur Zahlung der Kosten der Urteilsveröffentlichung an den Kläger zugunsten eines im Urteil bestimmten Dritten verpflichtet werde. Die antragstellende Gesellschaft unterliege dabei einem Kontrahierungszwang, ohne beeinflussen zu können, zu welchem Preis oder Zeitpunkt oder in welchem Medium die Veröffentlichung durchgeführt werde.

2.2. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes treffen diese von der antragstellenden Gesellschaft gegen die angefochtene Wendung in §30 Abs1 KSchG und gegen §25 UWG geltend gemachten Bedenken im Lichte des Gleichheitssatzes nicht zu:

2.2.1. Der Zweck der Verbandsklage ist, die Verwendung unlauterer Vertragsklauseln möglichst von vornherein zu verhindern (vgl. §28 und §28a KSchG). Gemäß §30 Abs1 KSchG iVm §25 Abs3 UWG hat das Gericht der obsiegenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb einer bestimmten Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung des Urteils über eine Verbandsklage soll dazu dienen, die beteiligten Verkehrskreise über unzulässige Geschäftsbedingungen und gesetzwidrige Verhaltensweisen zu informieren und sie so vor Nachteilen zu schützen (zB OGH 20.3.2007, 4 Ob 221/06p). Die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils auf Grund einer Verbandsklage gemäß §30 KSchG iVm §25 Abs3 UWG effektuiert insofern den Zweck der Verbandsklage. Eine Bestrafung des Unternehmers ist hingegen nicht Zweck der Verbandsklage (zB OGH 16.10.2001, 4 Ob 226/01s; 7.10.2003, 4 Ob 130/03a).

2.2.2. Die angefochtenen Bestimmungen dienen dem Konsumentenschutz und liegen somit im öffentlichen Interesse (vgl. VfSlg 11.853/1988, 16.222/2001; VfGH 12.10.2016, G159/2016).

2.2.3. Die angefochtenen Regelungen sind zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt:

Die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gemäß §30 Abs1 KSchG iVm §25 Abs3 UWG setzt ein Urteil über die Verbandsklage voraus und ist der obsiegenden Partei zu gewähren. Die Verpflichtung eines verurteilten Unternehmers zur Tragung der Kosten für die Veröffentlichung eines Urteilsspruchs über eine Verbandsklage steht somit regelmäßig in unmittelbarem Konnex mit dem rechtskräftigen Urteil über seinen Verstoß gegen die Verpflichtungen nach §28 und §28a KSchG.

Das Gericht hat gemäß §30 Abs1 KSchG iVm §25 Abs3 UWG im Zusammenhang mit dem Veröffentlichungsbegehren auch zu beurteilen, ob der klagsberechtigte Verband im Fall des Obsiegens ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung hat. Ob dies der Fall ist, ist vom Gericht nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen.

Das Gericht hat im Urteil gemäß §30 Abs1 KSchG iVm §25 Abs4 UWG die Art der Veröffentlichung zu bestimmen. Diese Bestimmung hat nach Maßgabe des Zwecks der Urteilsveröffentlichung und unter Berücksichtigung der aufklärungsrelevanten Öffentlichkeit, der Aufklärungswahrscheinlichkeit und der Publizität des Gesetzesverstoßes zu erfolgen. Das Gericht hat nicht nur das Medium zu bestimmen, in dem die Veröffentlichung erfolgen soll, sondern auch die Anzahl zulässiger Wiederholungen sowie die Form und Aufmachung der Veröffentlichung. Einer detaillierten Bestimmung der Art der Veröffentlichung wird bei Veröffentlichungen gemäß §25 Abs3 UWG besondere Bedeutung zugemessen, weil die Entscheidung des Gerichts auch Auswirkungen auf die Kosten der Veröffentlichung hat (zB OGH 25.6.1996, 4 Ob 2153/96p).

Da in den angefochtenen Bestimmungen eine angemessene Abwägung zwischen den Interessen des (verurteilten) Unternehmers und den Interessen der Gesamtheit der Verbraucher, über die Gesetz- bzw. Sittenwidrigkeit bestimmter Geschäftsbedingungen oder -praktiken informiert zu werden, angeordnet ist, verstoßen die angefochtenen Regelungen nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG.

2.3. Ungeachtet der Frage, ob die angefochtenen Bestimmungen einen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK bewirken, scheidet eine Verletzung dieses Grundrechtes aus den soeben im Zusammenhang mit dem Gleichheitssatz dargestellten Erwägungen von vornherein aus.

2.4. Nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaft verstößt die Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG auch deswegen gegen den Gleichheitssatz, weil der Gesetzgeber mit der Ediktsdatei gemäß §§89j f. GOG eine Plattform geschaffen habe, deren Inhalt der Öffentlichkeit nach zahlreichen Gesetzesbestimmungen als bekannt gemacht gelte. Dies könne bei jeder anderen Veröffentlichung nicht angenommen werden, auch nicht bei der üblichen Veröffentlichung in der "Kronen Zeitung", die hier beispielgebend sei. Deren Reichweite betrage nach eigenen Angaben laut Preisliste 2016 zwischen 6% (in Vorarlberg) und 47% (im Burgenland). Weil also Fakten, die wesentlich weiterreichende Folgen hätten als die Verwendung einer einzigen Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der antragstellenden Gesellschaft – beispielsweise eine Insolvenzeröffnung – bei Kundmachung in der Ediktsdatei als ausreichend veröffentlicht gelten, könne für ein Urteil in einem Verfahren nach §§28 ff. KSchG nichts anderes gelten. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung sei daher unsachlich. Darüber hinaus sei die geltende Regelung auf Grund der durch sie verursachten Kosten unsachlich.

2.5. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er grundsätzlich die Veröffentlichung in einem "Medium" (§1 Abs1 Z1 Mediengesetz) als taugliches Mittel zur Information der allgemeinen Öffentlichkeit bzw. der beteiligten Verkehrskreise über das Ergebnis eines Verbandsklageprozesses ansieht. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, in welcher Form und wo er die Veröffentlichung des Urteils auf Grund einer Verbandsklage gemäß §28 oder §28a KSchG vorsieht, sofern die Regelung nicht in sich unsachlich ist. Für den Verfassungsgerichtshof ist jedoch nicht erkennbar, dass die Regelungen über die Veröffentlichung des Urteils auf Grund einer Verbandsklage nach §§28 ff. KSchG unsachlich sind.

2.6. Letztlich meint die antragstellende Gesellschaft, die angefochtene Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B‑VG, weil das Gericht ohne gesetzliche Schranken bestimmen könne, welche Veröffentlichungen und bis zu welcher Höhe der Kosten Veröffentlichungen vorzunehmen seien.

2.7. Gemäß Art18 Abs1 B‑VG müssen Gesetze einen Inhalt haben, durch den das Verhalten der Vollziehung vorherbestimmt ist. Es ist jedoch verfassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Vollziehungshandelns Abstand nimmt, falls dies im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich ist (vgl. VfSlg 13.785/1994; VfGH 9.12.2015, G165/2015). Bei der Ermittlung des Inhalts des Gesetzes sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verstößt das Gesetz gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B‑VG (VfSlg 11.859/1988, 18.738/2009; VfGH 20.9.2012, B783/12).

Nach dem Wortlaut des §25 Abs3 UWG iVm §30 Abs1 KSchG kann eine Ermächtigung zur Veröffentlichung nur erteilt werden, wenn die obsiegende Partei ein "berechtigtes Interesse" an der Veröffentlichung hat. Dies liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Bezug auf eine Verbandsklage vor, wenn ein Recht des Rechtsverkehrs bzw. der Verbraucher als Gesamtheit anzunehmen ist, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw. sittenwidrig sind (zB OGH 20.3.2007, 4 Ob 221/06p; 18.12.2009, 6 Ob 81/09v).

Der Spielraum des Gerichtes bei der Bestimmung der Art der Veröffentlichung gemäß §30 Abs1 KSchG iVm §25 Abs4 UWG ist ferner durch den Zweck der Urteilsveröffentlichung und die diesbezüglichen Kriterien – aufklärungsrelevante Öffentlichkeit, Aufklärungswahrscheinlichkeit und Publizität des Gesetzesverstoßes – eingeschränkt. Die Art der Veröffentlichung muss dem Ausmaß des Aufklärungs- bzw. Informationsinteresses (insbesondere hinsichtlich der Art und des Umfangs der aufzuklärenden Öffentlichkeit) entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dürfen Art und Zahl der Medien, in denen die Veröffentlichung stattfindet, demgemäß nicht in einem Missverhältnis zur Publizität der rechtswidrigen Handlung stehen (OGH 22.2.2001, 6 Ob 328/00d).

Die Bestimmungen des §30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG ermöglichen es dem Gericht, die Art der Veröffentlichung unter Bedachtnahme auf den Veröffentlichungszweck zu bestimmen und dabei den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (OGH 25.2.1992, 4 Ob 133/91). Durch die Verpflichtung des Gerichtes, die Art der Veröffentlichung möglichst genau vorherzubestimmen, ist außerdem sichergestellt, dass die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten der Veröffentlichung das von der Befugnis gedeckte Kostenausmaß nicht überschreiten.

2.8. Soweit die antragstellende Gesellschaft meint, die angefochtenen Bestimmungen verstießen auch gegen das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC und gegen die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art18 StGG, bleibt die antragstellende Gesellschaft jegliche nähere Darlegung der Bedenken schuldig, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

V. Ergebnis

1. Die gegen die Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG vorgebrachten Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.

2. Hinsichtlich der Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §85a AMG, der Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §113 Abs3 LFG, der Wendung "und 20 bis 28" in §25 Abs1 VNG und der Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §460 Abs1 UGB, ist der Antrag unzulässig und daher zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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