European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00092.14S.1029.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in Ansehung des Zuspruchs eines Betrags von 762,97 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 6. 10. 2012 und der Abweisung eines Betrags von 152,16 EUR brutto unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen, daher im Umfang eines restlichen Begehrens von 1.933,89 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen seit 6. 10. 2012, aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind Kosten des weiteren Verfahrens.
Text
Begründung
Die Klägerin war in einem von der Beklagten gepachteten Gastgewerbebetrieb seit 20. 6. 2012 als Zimmermädchen und Frühstückshilfe mit einem Bruttolohn von 885,85 EUR und einem Beschäftigungsausmaß von 24 Stunden pro Woche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin gelangt der Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel‑ und Gastgewerbe zur Anwendung.
Die Klägerin hatte an 6 Tagen pro Woche ihren Dienst von 6:00 Uhr bis 10:00 Uhr früh zu versehen, wobei vereinbart war, dass sie den Betrieb der Beklagten auch schon vor 10:00 Uhr verlassen kann, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig ist. Sowohl die Beklagte als auch deren Mutter kamen in der Regel erst mit der Eröffnung des Restaurants um 11:00 Uhr ‑ an Samstagen um 10:00 Uhr ‑ in den Betrieb. Die Mutter der Beklagten ist als faktische Betriebsführerin für die Beklagte tätig und auch für Personalangelegenheiten zuständig.
In den Tagen vor dem 20. 9. 2012 (Anm: einem Donnerstag) versuchte die Mutter der Beklagten mehrfach telefonisch, eine persönliche Aussprache mit der Klägerin zu vereinbaren. Die Klägerin verwies auf die Möglichkeit, diese Besprechung am kommenden Samstag durchzuführen, weil ja die Beklagte und deren Mutter an diesem Tag bereits um 10:00 Uhr in den Betrieb kämen.
Am Vormittag des 20. 9. 2012, als die Klägerin sich schon zu Hause befand, forderte die Mutter der Beklagten die Klägerin neuerlich zu einer Aussprache auf. Als die Klägerin wiederum auf die Möglichkeit einer Besprechung am folgenden Samstag hinwies, forderte die Mutter der Beklagten die Klägerin auf, sofort in den Betrieb zu kommen, widrigenfalls sie „die Fristlose habe“. Die Klägerin ging weder an diesem noch an den folgenden Tagen in den Betrieb der Beklagten.
Die Klägerin war aufgrund ihres psychischen Zustandsbilds vom 21. 9. 2012 bis zumindest 2. 12. 2012 arbeitsunfähig, sie war insbesondere nicht in der Lage, ihre vereinbarte Tätigkeit als Zimmermädchen auszuüben. Die erste Krankschreibung der Klägerin erfolgte am 21. 9. 2012 durch einen Arzt für Allgemeinmedizin, als voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit wurde der 28. 9. 2012 angegeben.
An einem der folgenden Tage deponierte die Klägerin diese Arbeitsunfähigkeitsmeldung mit dem Hotelschlüssel an der Türe des Privathauses der Beklagten. Daraufhin erhielt die Klägerin am 5. 10. 2012 ein mit 2. 10. 2012 datiertes Schreiben der Beklagten mit folgendem Inhalt:
„Sehr geehrte Frau K*****,
Eine Krankmeldung muss binnen 3 Tagen!! beim Arbeitgeber vorliegen, was bei Ihnen nicht der Fall war. Ich habe diese erst nach 7 Tagen erhalten. Des weitern haben Sie mir die Krankmeldung an meine privat Adresse in eine Tüte an die Tür gehangen, wo jeder, der vorbei gegangen ist, sie hätte mitnehmen können!! Somit werde ich die Krankmeldung nicht anerkennen. […] Da Sie bei mir mündlich und fristlos gekündigt haben, haben Sie auch keine weitern Ansprüchen. […]“
Die Klägerin wurde von der Beklagten mit 21. 9. 2012 von der Gebietskrankenkasse abgemeldet, ihre Ansprüche wurden bis einschließlich 21. 9. 2012 abgerechnet.
Die Klägerin brachte vor, dass die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis während ihres Krankenstands durch fristwidrige Arbeitgeberkündigung bzw ungerechtfertigte Entlassung mit 5. 10. 2012 beendet habe. Der von der Beklagten geltend gemachte Entlassungsgrund liege nicht vor. Eine durch Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit sei kein Entlassungsgrund. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Entlassung habe der Krankenstand der Klägerin gerade erst begonnen, sodass die Beklagte bei einer ex ante‑Betrachtung überhaupt nicht gewusst habe, dass der Krankenstand so lange dauern würde, weshalb sie von einer ‑ zum damaligen Zeitpunkt ‑ vorhersehbaren dauernden Arbeitsunfähigkeit nicht ausgehen habe können.
Die Klägerin machte folgende Ansprüche geltend:
Entgeltfortzahlung 22. 9. 2012 ‑ 2. 12. 2012 1.712,64 EUR
Jahresremuneration 20. 6. 2012 ‑ 2. 12. 2012 737,80 EUR
Urlaubsersatzleistung 20. 6. 2012 ‑ 19. 10. 2012 398,58 EUR
gesamt 2.849,02 EUR
Die Beklagte wandte dagegen ein, dass das Verhalten der Klägerin als unberechtigter vorzeitiger Austritt mit 21. 9. 2012 zu qualifizieren sei, sodass die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden. Selbst wenn nicht von einem Austritt der Klägerin auszugehen sei, sei diese gerechtfertigt entlassen worden, weil sie aufgrund ihres psychischen Zustands auf Dauer arbeitsunfähig iSd § 82 lit b GewO 1859 sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Betrag von 2.696,86 EUR brutto samt Zinsen statt und wies das Mehrbegehren von 152,16 EUR brutto ab. Die Abweisung des Mehrbegehrens erwuchs unangefochten in Teilrechtskraft. Eine durch Krankheit oder Unglücksfall bedingte Arbeitsunfähigkeit könne nicht Gegenstand des Entlassungstatbestands des § 82 lit b GewO 1859 sein. Die Äußerung, dass ein Arbeitnehmer „die Fristlose habe“ sei als Entlassung zu werten. Da die Klägerin der Aufforderung, umgehend im Betrieb der Beklagten zu erscheinen, nicht Folge geleistet habe, sei das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Entlassung am 20. 9. 2012 gelöst worden. Die Entlassung sei unberechtigt erfolgt, weil die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, außerhalb ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten zu erscheinen. Der Klägerin gebühre daher im Hinblick auf die festgestellte Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung und Jahresremuneration von 21. 9. 2012 bis 29. 11. 2012, sowie Urlaubsersatzleistung bis 4. 10. 2012.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung teilweise Folge. Es änderte das nur im Umfang der Stattgebung angefochtene Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es dem Klagebegehren mit 762,97 EUR brutto samt Zinsen stattgab und das Mehrbegehren von insgesamt 2.086,05 EUR brutto samt Zinsen abwies. Eine Entlassung am 20. 9. 2012 habe die Klägerin nicht behauptet, sodass davon nicht ausgegangen werden könne. Allerdings sei das Schreiben der Beklagten vom 2. 10. 2012 im Zusammenhalt mit der Abmeldung der Klägerin von der Gebietskrankenkasse und dem Telefonat vom 20. 9. 2012 insgesamt als Entlassungserklärung zu werten. Da dieses Schreiben am 5. 10. 2012 der Klägerin zugegangen sei, sei die Entlassung mit diesem Tag wirksam ausgesprochen worden.
Anders als eine bloß vorübergehende Arbeitsunfähigkeit berechtige das Vorliegen einer ‑ wenn auch unverschuldeten ‑ dauernden Arbeitsunfähigkeit den Arbeitgeber gemäß § 82 lit b GewO 1859 zur Entlassung des Arbeitnehmers. Es komme nicht darauf an, ob die dauernde Arbeitsunfähigkeit bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses vorlag, oder erst zu einem späteren Zeitpunkt. Der Entlassungsgrund müsse nach objektiven Gesichtspunkten erfüllt sein, die Arbeitsunfähigkeit müsse von einer so langen Dauer sein, dass dem Arbeitgeber nach den Umständen des Falls eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur während der Kündigungsfrist nicht zumutbar sei. Es sei denkunmöglich, diesen Entlassungstatbestand schon bei jedem länger dauernden Krankenstand immer dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber nur die subjektive Vorstellung habe, dass der Arbeitnehmer in absehbarer Zeit nicht wieder arbeitsfähig sein werde. Es obliege vielmehr dem Arbeitgeber, sich über den zu erwartenden Heilungsverlauf ausreichend zu informieren, widrigenfalls er das Risiko eingehe, dass sich die Entlassung als unberechtigt erweise. Im Fall lang andauernder Krankenstände sei eine aus der bisherigen Zahl der Krankenstandstage basierende Prognose für die weitere Dauer des Krankenstands bzw der Arbeitsunfähigkeit anzustellen. Die Klägerin habe weder behauptet, dass ihr Krankenstand auf verschiedene Krankheiten zurückzuführen sei, noch vorgebracht, dass sie mittlerweile gesundet bzw in absehbarer Zeit wieder arbeitsfähig sei. Hier habe die Zeit der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin unter Berücksichtigung des Vorbringens in ihrer Klage und ihrer Parteienaussage in der Verhandlung vom 18. 6. 2013 vom 21. 9. 2012 bis zum 18. 6. 2013 gedauert und damit die Dauer ihres gesamten Arbeitsverhältnisses um ein Vielfaches überstiegen, sodass der Beklagten der Nachweis einer dauernden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin iSd § 82 lit b GewO 1859 gelungen sei. Infolge der berechtigten Entlassung habe die Klägerin daher lediglich einen Entgeltfortzahlungsanspruch von 22. 9. bis 5. 10. 2013, darüber hinaus gebühre ihr Urlaubsersatzleistung in Höhe des bereits vom Erstgericht zuerkannten Betrags. Gemäß § 14 lit g KV stehe der Klägerin infolge der berechtigten Entlassung kein Anspruch auf Jahresremuneration zu.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als nicht zulässig.
Gegen den klageabweisenden Teil dieses Urteils richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Klagestattgebung im angefochtenen Umfang; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung der Revision.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen fehlender Spruchreife der Sache entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig. Sie ist im Sinn des Eventualantrags auch berechtigt.
1. Eine Auflösungserklärung in Bezug auf das Dienstverhältnis ist so zu beurteilen, wie sie der Empfänger nach ihrem Wortlaut und dem Geschäftszweck unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände bei objektiver Betrachtungsweise verstehen konnte; auf eine davon abweichende subjektive Auffassung des
Erklärenden kommt es nicht an (RIS‑Justiz RS0028622). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, dass das Gesamtverhalten der Beklagten als Entlassungserklärung zu qualifizieren ist, die das Arbeitsverhältnis am 5. 10. 2012 beendete (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Beklagte erhob gegen die Berufungsentscheidung keine Revision. Auf ihre Überlegung, dass das Arbeitsverhältnis durch unberechtigten Austritt der Klägerin schon am 20. 9. 2012 geendet habe, ist daher nicht mehr einzugehen.
2.1 Der Entlassungsgrund der Arbeitsunfähigkeit iSd § 82 lit b GewO 1859 liegt vor, wenn der Arbeitnehmer „zu der mit ihm vereinbarten Arbeit unfähig befunden wird“. Der Arbeiter muss danach zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung gänzlich unfähig und daher schlechthin unverwendbar sein (9 ObA 1/03t; ebenso zu der inhaltlich vergleichbaren Bestimmung des § 27 Z 2 AngG Pfeil in ZellKomm² § 27 AngG Rz 61; Kuderna , Entlassungsrecht² 92). Eine „dauernde“ Arbeitsunfähigkeit nimmt der Oberste Gerichtshof dann als gegeben an, wenn die Verhinderung des Arbeiters nicht bloß kurzfristig und vorübergehend, sondern ‑ selbst wenn sie in ihrem zeitlichen Ausmaß vorhersehbar ist ‑ von so langer Dauer ist, dass dem Arbeitgeber nach den Umständen des Falls eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (zB Führerscheinentzug über 10 Monate, 4 Ob 50/81 = Arb 10.108; RIS‑Justiz RS0029336; Kuderna aaO 93).
Die Arbeitsunfähigkeit ist zwar ein Dauertatbestand, sie muss jedoch ‑ worauf die Revisionswerberin zutreffend hinweist ‑ im Zeitpunkt der Entlassung bereits bestehen ( Kuderna aaO 94).
2.2 Eine dauernde Arbeitsunfähigkeit kann auch dann zur Entlassung berechtigen, wenn sie durch Krankheit bedingt ist (9 ObA 186/93; RIS‑Justiz RS0029336 [T4]). Weder kommt es auf ein Verschulden des Arbeitnehmers an, noch darauf, ob die Arbeitsunfähigkeit schon bei Beginn des Arbeitsverhältnisses gegeben war oder erst nachher eintrat (8 ObA 46/08k mwH; RIS‑Justiz RS0029336 [T9]). Der Entlassungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit wurde von der Rechtsprechung in Fällen bejaht, in denen der Arbeitnehmer unverwendbar war und die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit aussichtslos schien (zB Kleptomanie einer Reinigungsarbeiterin, 9 ObA 355/93; Krankenstände wegen eines Herzleidens von zuletzt mehr als durchgehend zwei Jahren, 8 ObA 79/02d; Sehnenleiden eines Pflasterers, 8 ObA 46/08k; weitere Nachweise bei Grillberger in Löschnigg , AngG 9 § 27 Rz 71 FN 151).
2.3 Der Arbeitgeber kann einen nur mehr beschränkt (partiell) leistungsfähigen Arbeitnehmer nur dann aus dem Entlassungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit entlassen, wenn er im dienstvertraglich vereinbarten Rahmen keine vernünftigerweise zumutbare Möglichkeit hat, dem Arbeitnehmer eine andere Arbeit, die dieser noch verrichten kann, zuzuweisen oder wenn der Arbeitnehmer ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers ablehnt. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, seinen Betrieb umzuorganisieren, um eine in Betracht kommende Tätigkeit überhaupt erst zu schaffen (8 ObA 79/02d; RIS‑Justiz RS0116675).
2.4 Auch der Entlassungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit liegt nur dann vor, wenn dem Arbeitgeber bei objektiver Betrachtung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur während der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist (8 ObA 157/02z;
9 ObA 68/02v mwN; RIS‑Justiz RS0029107). Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung muss im Zeitpunkt der Entlassung vorgelegen sein.
3.1 Ausgehend davon genügen aber die bisher getroffenen Feststellungen des Erstgerichts nicht, um das Vorliegen des von der Beklagten zuletzt geltend gemachten Entlassungsgrundes abschließend beurteilen zu können. Dafür kommt es nämlich nicht nur auf die Dauer eines Krankenstands bzw der Arbeitsunfähigkeit an. Vielmehr muss beurteilt werden, ob der Entlassungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit gemäß § 82 lit b GewO objektiv im Zeitpunkt des Entlassungsausspruchs vorliegt. Es muss daher geprüft werden, ob ‑ hier konkret am 5. 10. 2012 ‑ objektiv bei der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit ‑ das ist die Unfähigkeit zur Verrichtung der vereinbarten (oder den Umständen nach angemessenen) Dienste ‑ von so langer Dauer zu erwarten war, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte auch nur während der Kündigungsfrist nicht zumutbar war (8 ObA 79/02d).
3.2 Die Beklagte ist für das Vorliegen des Entlassungsgrundes beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0029127; RS0028971). Bisher steht lediglich fest, dass die Klägerin aufgrund ihres psychischen Zustandsbilds vom 21. 9. 2012 bis zumindest 2. 12. 2012 nicht in der Lage war, die vereinbarte Arbeitstätigkeit auszuüben. In der der Beklagten zum Zeitpunkt der Verfassung des Schreibens vom 2. 10. 2012 vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbestätigung vom 21. 9. 2012 wurde das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit bereits mit 28. 9. 2012 angegeben. Danach steht aber bisher nicht fest, ob die Klägerin im Zeitpunkt des Ausspruchs der Entlassung tatsächlich dauerhaft nicht mehr fähig war, die vertraglich vereinbarten (oder den Umständen nach angemessenen) Dienste zu verrichten.
3.3 Die Beklagte hat in ihrer Beweisrüge die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bekämpft. Damit hat sich das Berufungsgericht mit seiner Überlegung, dass schon nach dem Vorbringen der Klägerin in der Klage und deren Parteienaussage am 18. 6. 2013 davon auszugehen sei, dass sie jedenfalls bis zu diesem Tag zur vereinbarten Arbeit nicht fähig gewesen sei, nicht auseinandergesetzt.
Abgesehen davon aber, dass eine Parteienaussage niemals ein Vorbringen ersetzen kann (RIS‑Justiz RS0038037 ua), kommt diesen Ausführungen keine Berechtigung zu: Wie ausgeführt, kommt es zur Beurteilung des Vorliegens des Entlassungsgrundes der dauernden Arbeitsunfähigkeit nicht bloß darauf an, wie lange ein Krankenstand oder die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ist. Maßgeblich ist, ob der geltend gemachte Entlassungsgrund im Zeitpunkt des Ausspruchs der Entlassung vorgelegen ist. Es ist daher nicht von Bedeutung, dass die Beklagte ‑ wie sie nun in der Revisionsbeantwortung ausführt ‑ erst im Lauf des Prozesses erfahren habe, dass die Klägerin nicht nur vorübergehend, sondern dauernd arbeitsunfähig gewesen sei.
Die Beklagte hat im Verfahren erstmals mit Schriftsatz vom 15. 11. 2013 (ON 22) vorgebracht, dass für den Fall, dass nicht von einem vorzeitigen Austritt der Klägerin auszugehen sei, der Entlassungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit geltend gemacht werde. Dies hat die Klägerin ‑ die bis zu diesem Zeitpunkt im Verfahren keine Veranlassung zu einem entsprechenden Vorbringen hatte ‑ entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts sehr wohl damit bestritten, dass der geltend gemachte Entlassungsgrund im Zeitpunkt des Ausspruchs der Entlassung nicht vorgelegen wäre.
4. Ungeachtet des Umstands, dass das Berufungsgericht die Beweisrüge in diesem Punkt nicht behandelt hat, bedarf es aber jedenfalls einer ergänzenden Verhandlung erster Instanz, um die erforderliche Feststellungsgrundlage zur rechtlichen Beurteilung des Vorliegens des geltend gemachten Entlassungsgrundes nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung zu schaffen. Da derzeit noch nicht feststeht, ob überhaupt der Entlassungsgrund nach § 82 lit b GewO 1859 vorliegt, bedarf es noch keiner Auseinandersetzung mit der Jahresremuneration gemäß § 14 lit g des anzuwendenden Kollektivvertrags.
Es war daher der Revision der Klägerin Folge zu geben und die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung, Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf den § 2 ASGG, § 52 ZPO.
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