OGH 8ObA157/02z

OGH8ObA157/02z8.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Erika Helscher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sebastian G*****, *****, vertreten durch Kreibich, Bixner, Kleibl Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Gemeinnützige W*****" reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Albert Reiterer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen restlicher EUR 14.085,28 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. März 2002, GZ 12 Ra 15/02s-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Juli 2001, GZ 11 Cga 96/01f-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 812,52 (darin enthalten EUR 135,42 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichtes liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Die Frage, ob weiteren Feststellungen zu treffen gewesen wären, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl MGA ZPO15 § 503 E 144 mwN etwa MietSlg 51.735). Alleine der Umstand, dass das Berufungsgericht den Kläger zur Berufungsverhandlung geladen hat ohne ihn ergänzend zu befragen, begründet keinen Verfahrensmangel.

Dass sich die Anzahl der vom Kläger zu betreuenden Wohneinheiten von 1600 auf 1300 reduzierte, hat der Kläger weder in erster Instanz substantiiert bestritten noch wendet er sich jetzt konkret dagegen. Die von ihm konkret begehrte weitere Feststellung, dass sich die Anzahl der Objekte, in denen diese Wohneinheiten gelegen sind von 56 auf 79 erhöhte und darin auch neue Objekte enthalten waren, erübrigt sich, da dies die Beklagte im Ergebnis ohnehin zugestanden hat (vgl AS 19).

Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Berechtigung der Entlassung gemäß § 27 Z 2 AngG, zutreffend bejaht. Es ist daher grundsätzlich ausreichend, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der 1948 geborene Kläger war ab 1. 5. 1996 bei der Beklagten als Hausverwalter mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 38.930 S und verschiedenen Nebenleistungen angestellt.

Im September 2000 wurde seine Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten und mit Bescheid vom 22. Dezember 2000 auch sein Anspruch auf eine befristete Berufsunfähigkeitspension ab 1. Jänner 2001 bis 30. Juni 2002 festgestellt.

Mit Schreiben vom 5. 2. 2001 erklärte der Kläger, er sehe sich aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage, seine Aufgaben "kundenzufriedenstellend" zu bewältigen. Er werde in den nächsten Tagen einen Krankenhausaufenthalt antreten und habe auch bereits die Berufsunfähigkeitspension zuerkannt bekommen. Er wolle sein Arbeitsverhältnis zum 5. 5. 2001 beenden. Besonders betonte der Kläger in diesem Schreiben, dass seine Abfertigung mit 4. 5. 2001 abzurechnen sei. Die Beklagte entließ den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 7. 2. 2001 gemäß § 27 Z 2 AngG (Dienstunfähigkeit) unter Hinweis darauf, dass er diese ja auch selbst bekanntgegeben habe und die Berufsunfähigkeit festgestellt wurde.

Nach § 27 Z 2 AngG liegt ein wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, insbesondere dann vor, wenn der Angestellte unfähig ist, die versprochenen oder die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten. Es muss es sich dabei um eine "dauernde", nicht bloß vorübergehende Dienstunfähigkeit handeln, die von so langer Dauer ist, dass dem Arbeitgeber nach den Umständen des Falles eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl zuletzt OGH 13. 6. 2002 8 ObA 79/02d und 27. 3. 2002 9 ObA 68/02v mwN = RIS-Justiz RS0029336, Arb 10.108; 11.144, RdW 1987, 268, RdW 1991, 23; DRdA 1994, 320). Ein Angestellter ist auch nur dann im Sinne des § 27 Z 2 AngG "dienstunfähig", wenn sich aus seinem Verhalten zeigt, dass er die ihm aufgetragene angemessene Arbeitsleistung nicht bewältigen kann, weil er die körperlichen oder geistigen Voraussetzungen hiezu nicht erfüllt (vgl RIS-Justiz RS0029365 mwN insbes 4 Ob 50/81 = Arb 10108, zuletzt 8 ObA 2102/96t). Entscheidend ist, ob der Entlassungstatbestand nach objektiven Gesichtspunkten erfüllt ist (so zuletzt 9 ObA 68/02v mwN RIS-Justiz RS0029107).

Dass nun beim Kläger objektiv die Voraussetzungen für die Gewährung der Berufsunfähigkeitspension vorliegen, legt er selbst zugrunde. Danach ist aber davon auszugehen, dass aufgrund seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit seine Arbeitsfähigkeit auf weniger als die Hälfte eines vergleichbaren gesunden Versicherten herabgesunken ist (vgl § 273 ASVG). Dies muss beim Angestellten regelmäßig ausgehend von der zuletzt - nicht nur vorübergehend - ausgeübten Berufstätigkeit beurteilt werden (vgl RIS-Justiz RS0084954, RS0084943). Erst wenn feststeht, dass der Versicherte die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit nicht mehr ohne eine ins Gewicht fallende Gefahr der Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes ausüben kann, muss geprüft werden, ob für ihn eine andere Berufstätigkeit in Betracht kommt (vgl RIS-Justiz RS0084387 mwN). Verfügt der Versicherte noch über die Arbeitskraft, die ihn befähigt, den bisher ausgeübten Beruf ohne Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes weiterhin auszuüben, so gilt er nicht als berufsunfähig (vgl RIS-Justiz RS0084322 ferner RS0085056). Im Ergebnis ist also davon auszugehen, dass der Kläger die von ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Hausverwalter am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr ausüben kann.

Nun muss die Berufsunfähigkeit im Sinne des § 273 ASVG nicht gleichzeitig auch die Dienstunfähigkeits im Sinne des § 27 Z 2 AngG bedeuten, weil es für die Dienstunfähigkeit ja auf den konkreten Arbeitsplatz und nicht die allgemeinen Anforderungen am Arbeitsmarkt für diese Berufstätigkeit ankommt. Abweichungen stellen aber Sonderfälle dar, die sich etwa aus spezifischen Vereinbarungen oder besonderen Umständen am konkreten Arbeitsplatz (besonders günstige Anmarschwege etc) ergeben können (vgl Andexlinger Berufsunfähigkeitspension und Abfertigungsanspruch ecolex 1991, 335 mwN; Dusak Abfertigung und Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit RdW 1989, 163 ff insbes 167 auch zu den möglichen Abweichungen). Mangels gegenteiligen Vorbringens wird aber in der Regel davon auszugehen sein, dass die Parteien des Arbeitsvertrages keine von den typischerweise am Arbeitsmarkt erwarteten Arbeitsleistung abweichende Arbeitsleistung vereinbart haben und auch sonst keine von der Beurteilung der Berufsunfähigkeit abweichenden maßgeblichen Umstände im Zusammenhang mit der Feststellung der Dienstunfähigkeit vorliegen. Der Kläger vermeint im wesentlichen auch nur, dass der Entlassungsrund nur dann vorliegen könne, wenn sich die Dienstunfähigkeit aus der tatsächlichen Arbeitsleistung ergebe. Dies entspricht grundsätzlich auch der dargestellten Judikatur. Dabei übersieht der Kläger jedoch, dass er nicht nur bereits angekündigt hat, in Krankenstand zu gehen, sondern nach seinem eigenen Vorbringen auch bereits im Krankenstand war und selbst seine Dienstunfähigkeit - die Bekanntgabe hat sich ja nicht nur auf einen Krankenstand erstreckt - geltend gemacht hat. Damit ist aber die Dienstunfähigkeit aus der unterlassenen Arbeitsleistung und der allgemeinen Ankündigung, diese nicht entsprechend erbringen zu können, auch dem Arbeitgeber gegenüber hinreichend zum Ausdruck gekommen. Es kann auch nicht mehr von einer besonderen Anstrengung des Arbeitnehmers ausgegangen werden, trotz seiner Berufsunfähigkeit die konkrete Arbeit weiter zu verrichten. Darauf ist also nicht weiter einzugehen. Dass der Kläger von der Beklagten während des aufrechten Arbeitsverhältnisses eine seine Behinderung berücksichtigenden Arbeitszuteilung gefordert oder auch nur dass er bei einer angemessenen Arbeitsbelastung seine Arbeit weiter hätte verrichten können, wurde in erster Instanz nicht konkret vorgebracht (vgl im Zusammenhang - zur Berücksichtigung der Behinderteneigenschaft auch RIS-Justiz RS0030685 mwN = DRdA 1993, 284 [Ernst]; Ernst/Haller Behinderteneinstellungsgesetz, 277; Weiß Der besondere Bestandsschutz, 105 ua; zuletzt umfassend OGH 13. 6. 2002 8 ObA 79/02d zur partiellen Arbeitsunfähigkeit mwN; nunmehr auch § 8 Abs 4 lit b BEinstG).

Insgesamt war daher der Revision des Klägers nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.

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