European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0080OB00026.24T.0522.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
I. Die am 15. Juli 2023 eingebrachte Eingabe wird zurückgewiesen.
II. Der Revisionsrekurs wird als verspätet zurückgewiesen.
III. Aus Anlass des Revisionsrekurses wird das nach dem 9. August 2023 geführte Verfahren aufgehoben.
Begründung:
[1] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 14. 10. 2022 wurde der Vater der Minderjährigen dazu verpflichtet, beginnend ab 1. 7. 2022 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 80 EUR für * und von 100 EUR für * zu zahlen. Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Vaters nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
[2] Diese Rekursentscheidung wurde dem Vater am 10. 7. 2023 zugestellt, der daraufhin am 15. 7. 2023 eine selbst verfasste, nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigte Eingabe mit unklarem, nicht eindeutig gegen den Beschluss des Rekursgerichts gerichteten Inhalt einbrachte.
[3] Das Erstgericht stellte dem Vater die Eingabe zur Verbesserung binnen 14 Tagen zurück: Er möge angeben, ob es sich dabei um ein Rechtsmittel gegen die Rekursentscheidung handle; bejahendenfalls sei dieses neuerlich mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts bei Gericht einzubringen. Dieser Verbesserungsauftrag wurde dem Vater am 26. 7. 2023 durch Hinterlegung zugestellt.
[4] Am 2. 8. 2023 brachte der Vater eine wiederum selbst verfasste Eingabe ohne Unterschrift eines Rechtsanwalts bei Gericht ein, der – neben anderen Beilagen – der Verbesserungsauftrag, nicht aber das zur Verbesserung zurückgestellte Schriftstück angeschlossen war und die im Übrigen keine nachvollziehbare Erklärung dazu enthielt, ob der Beschluss des Rekursgerichts bekämpft werde oder nicht.
[5] Am 10. 8. 2023 nahm der Vater telefonisch mit dem Erstgericht Kontakt auf und gab zu erkennen, die Entscheidung des Rekursgerichts anfechten und dazu einen Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrenshilfe stellen zu wollen.
[6] Mit Beschluss vom 10. 10. 2023 hielt das Erstgericht den Vater, nachdem dieser bis dahin noch keinen (schriftlichen) Verfahrenshilfeantrag gestellt hatte, neuerlich zu einer Verbesserung seiner Eingabe vom 15. 7. 2023 durch Nachholen der Unterschrift eines Rechtsanwalts oder Beantragung der Verfahrenshilfe zur Beigebung eines Rechtsanwalts binnen 14 Tagen an.
[7] Am 23. 10. 2023 stellte der Vater den im Verbesserungsauftrag angeführten Antrag auf Verfahrenshilfe, die das Erstgericht in weiterer Folge mit Beschluss vom 17. 11. 2023 bewilligte.
[8] Nach der Zustellung des Bestellungsbescheids an den Verfahrenshelfer am 30. 11. 2023 erhob dieser am 13. 12. 2023 namens des Vaters – in Erfüllung des ursprünglichen Verbesserungsauftrags – eine Zulassungsvorstellung verbunden mit der Ausführung eines ordentlichen Revisionsrekurses gegen die Entscheidung des Rekursgerichts.
[9] Das Rekursgericht gab der Zulassungsvorstellung mit Beschluss vom 24. Jänner 2024 Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu.
Rechtliche Beurteilung
Zu I.:
[10] In Verfahren, in denen – wie hier in diesem Unterhaltsfestsetzungsverfahren (vgl 8 Ob 38/21b; RS0119968 [T16]) – einander Anträge zweier oder mehrerer Parteien gegenüber stehen können, müssen sich die Parteien im Revisionsrekursverfahren grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 6 Abs 1 AußStrG). Für einen Revisionsrekurs besteht damit – ebenso wie für eine damit zu verbindende Zulassungsvorstellung (Rassi in Schneider/Verweijen, AußStrG § 63 Rz 2) – Anwaltspflicht. Ein Revisionsrekurs kann rechtsgültig nur durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden, er bedarf daher der Unterschrift eines Rechtsanwalts (§ 65 Abs 3 Z 5 AußStrG).
[11] Da die am 15. 7. 2023, somit innerhalb offener Rechtsmittelfrist, eingebrachte persönlich verfasste Eingabe des Vaters, die mit Blick auf seine nachfolgenden Prozesserklärungen als Rechtsmittel gegen den Beschluss des Rekursgerichts zu werten ist, schon dieses Erfordernis nicht erfüllt und der gemäß § 10 Abs 4 AußStrG unternommene Verbesserungsversuch erfolglos blieb, ist diese – aus verfahrensökonomischen Gründen vom Obersten Gerichtshof selbst – als unwirksam zurückzuweisen (RS0119968 [T7]; RS0120077 [T1, T9]; RS0115805 [T2, T6]).
Zu II.:
[12] In Ansehung der später durch den Verfahrenshelfer des Vaters erhobenen Zulassungsvorstellung samt ordentlichem Revisionsrekurs bleibt festzuhalten, dass die Rechtsprechung – unbeschadet des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels – bei inhaltlich fehlerhaften Rechtsmitteln unvertretener Parteien die Verbesserung durch einen eigenen Schriftsatz des Rechtsanwalts zwar grundsätzlich zulässt (8 Ob 113/10s; vgl auch RS0036673 [T3]).
[13] Die unerstreckbare (§ 10 Abs 5 AußStrG; s RS0124824) Verbesserungsfrist, die konkret am 9. 8. 2023 endete, war allerdings zum Zeitpunkt des weiteren Verbesserungsauftrags des Erstgerichts schon abgelaufen, der neuerliche Auftrag zur formgerechten Einbringung des Rechtsmittels daher unzulässig (vgl RS0115048). Am Ablauf der ursprünglichen Verbesserungsfrist und damit an der mittlerweile eingetretenen Rechtskraft der Entscheidung des Rekursgerichts änderte der Umstand, dass der Vater der zweiten Verbesserungsaufforderung letztlich nachkam, nichts mehr (10 ObS 64/15g; 5 Ob 135/18s; vgl RS0036251 [T11, T12]; RS0126392 [T2]).
[14] Da der Vater erst nach Ablauf der ursprünglichen Verbesserungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrenshilfe beantragte, kommt nämlich auch die in § 7 Abs 2 AußStrG angeordnete Unterbrechungswirkung nicht zum Tragen. Nur dann, wenn eine Partei innerhalb einer verfahrensrechtlichen Notfrist oder einer für eine solche eingeräumten Verbesserungsfrist einen entsprechenden Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe stellt, beginnt für sie die Frist mit der Zustellung des Bescheids über die Bestellung des Rechtsanwalts und, wenn ein Schriftstück fristauslösend war, mit Zustellung auch dieses an den bestellten Rechtsanwalt neu zu laufen (1 Ob 22/19w; vgl RS0036235 [T13]; RS0111923 [T2]).
[15] Der letztlich anwaltlich eingebrachte Revisionsrekurs erweist sich somit wegen Verspätung als unzulässig.
Zu III.:
[16] Das trotz Eintritts der Rechtskraft des vom Rekursgericht bestätigten erstgerichtlichen Beschlusses über die Unterhaltsfestsetzung nach dem 9. 8. 2023 abgeführte Verfahren (betreffend die neuerliche Verbesserung der Eingabe vom 15. 7. 2023, die Bewilligung der nachfolgend beantragten Verfahrenshilfe sowie die inhaltliche Entscheidung über die Zulassungsvorstellung) ist von Amts wegen aufzuheben (s dazu RS0007171 [T9]; vgl weiters RS0041322 [T1]).
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