OGH 8Ob38/21b

OGH8Ob38/21b29.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mittlerweile volljährigen M*****, geboren ***** 2003, *****, wegen Unterhalt, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Vaters Dipl.‑Ing. P*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 27. Jänner 2021, GZ 2 R 236/20p‑113, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 4. November 2020, GZ 47 Pu 34/15m‑107, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00038.21B.0429.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Das Rekursgericht erhöhte den vom Vater an den Sohn monatlich zu leistenden Unterhalt von 180 EUR für die Zeit vom 1. 2. 2020 bis 30. 6. 2020 um 140 EUR auf 320 EUR sowie ab 1. 7. 2020 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes um 155 EUR auf 335 EUR. Das Unterhaltsmehrbegehren des Sohnes von monatlich 30 EUR für 1. 2. 2020 bis 30. 6. 2020 und 15 EUR ab 1. 7. 2020 wies es ab. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[2] Gegen diesen Beschluss erhob der Vater einen „Widerspruch“, in dem er zur Sache ausführte, er könne seine Verträge (Kfz, diverse Versicherungen, Internet etc) nicht von heute auf morgen kündigen. Einen Kredit für die geforderten Nachzahlungen bekomme er nicht; er lasse sich nicht zur Armut verdammen.

[3] Das Erstgericht legte diese Eingabe als „außerordentlichen Revisionsrekurs“ unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

[4] Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.

[5] 1. Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.

[6] Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007110 [T32]).

[7] 2. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung noch strittig war. Der Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RS0122735).

[8] Schon der 36‑fache Betrag der vom Sohn begehrten Erhöhung von 170 EUR liegt mit 6.120 EUR deutlich unter 30.000 EUR. Im Rekursverfahren war gar nur mehr eine Erhöhung von 100 EUR ab 1. 1. 2021 strittig.

[9] In Betracht käme hier daher nur eine mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellung an das Rekursgericht (§ 63 AußStrG).

[10] 3. Zu beachten ist allerdings, dass wegen der Verbindungspflicht mit dem Revisionsrekurs gemäß § 6 Abs 1 letzter Halbsatz AußStrG für die Zulassungsvorstellung Anwaltspflicht besteht ( Rassi in Schneider/Verweijen , § 63 AußStrG Rz 2). Die Beurteilung der Frage, ob hier ein Verbesserungsverfahren einzuleiten ist oder aber der Vater die Eingabe im Bewusstsein ihrer Fehlerhaftigkeit eingebracht hat (RS0036385 [T5, T11]), sodass sie ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl 7 Ob 50/17d; 1 Ob 193/17i), zu der der Oberste Gerichtshof funktionell nicht zuständig ist (RS0120898), bleibt den Vorinstanzen vorbehalten.

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