OGH 3Ob213/13i

OGH3Ob213/13i21.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. N*****, vertreten durch Rechtsanwälte Hochsteger Perz Wallner und Warga, Hallein, gegen die beklagte Partei E*****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenbichler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 23. August 2013, GZ 53 R 69/13y‑28, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 4. Jänner 2013, GZ 31 C 399/12k‑18, und das zu AZ 31 C 399/12k des Bezirksgerichts Salzburg geführte Verfahren von Amts wegen als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00213.13I.0521.000

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts vom 23. August 2013 wird ersatzlos aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Zwischen den Streitparteien behängt seit 5. Mai 2006 ein von der (hier) Beklagten eingeleitetes Scheidungsverfahren. Das Verhältnis zwischen ihnen ist äußerst angespannt. Am 28. Jänner 2008 brachte die (hier) Beklagte gegen den (hier) Kläger eine auf § 1330 ABGB gestützte, mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbundene Unterlassungsklage ein.

Am 1. August 2008 erließ das Gericht eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts (beim „Antragsgegner“ handelt es sich um den ‑ hier ‑ Kläger, bei der „Klägerin“ um die ‑ hier ‑ Beklagte):

„1. Der Antragsgegner ist bei sonstiger Exekution schuldig, es zu unterlassen, in Mitteilungen jedweder Art, welche von dritten Personen wahrgenommen werden können, insbesondere in E-Mails an Versicherungen sowie auch Überweisungsträgern bzw. Überweisungsaufträgen an Banken Behauptungen aufzustellen, die Klägerin habe Vollmachten, welche er erteilt habe, missbräuchlich verwendet bzw. missbraucht oder Behauptungen aufzustellen bzw. Anführungen auf diesen Schriftstücken zu machen, welche wie folgt oder ähnlich lauten: 'Verleumdung, Anstiftung, falsches Zeugnis'.

2. Diese einstweilige Verfügung gilt bis zur Rechtskraft des über die Klage im gegenständlichen Verfahren ... ergehenden Urteils.“

Gestützt auf diese einstweilige Verfügung beantragte die (hier) Beklagte als betreibende Partei am 26. April 2012 gegen den (hier) Kläger als Verpflichteten die Unterlassungsexekution sowie die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Antragskosten. Der Exekutionsantrag wurde auf die Behauptung gestützt, der (hier) Kläger habe dadurch gegen das titelmäßige Unterlassungsverbot verstoßen, dass er am 19. Dezember 2011 ein E-Mail an diverse Personen versandt habe, in dem unter anderem Folgendes angeführt sei:

„... hat … [= die hier Beklagte] mich mit Heimtücke und Hinterlist um den Genuss des Lebenstraumes gebracht, sie hat mich jahrelang verleumdet und mir mehrere strafbare Handlungen vorgeworfen“

„Durch ihre Lügen und die beispiellose Heimtücke ihrer Vorgangsweise hat mich … [= die hier Beklagte] nicht nur um mein Haus betrogen …“

„Aber der Tag wird kommen, an dem das Lügengebäude der … [= der hier Beklagten] einstürzen muss. Es wird der Tag des bösen Erwachens für die notorisch perfide Lügnerin … [= die hier Beklagte] sein.“

Die Exekution wurde am 22. Mai 2012 antragsgemäß bewilligt; über den (hier) Kläger wurde eine Geldstrafe von 750 EUR verhängt.

Der Kläger hat die im Exekutionsantrag genannten Äußerungen in E-Mails an mehrere Personen tatsächlich so getätigt wie im Exekutionsantrag behauptet.

Mit seiner am 12. Juni 2012 eingebrachten Oppositionsklage begehrt der Kläger den urteilsmäßigen Ausspruch, dass der Anspruch der Beklagten aus der einstweiligen Verfügung vom 1. August 2008 erloschen sei. Er habe zwar E-Mails mit dem beanstandeten Inhalt versandt, in diesen E-Mails jedoch ausschließlich die Wahrheit mitgeteilt. Die Beklagte habe den strafbaren Tatbestand der Verleumdung verwirklicht, vor Gericht falsch gegen den Kläger ausgesagt, ihn durch Äußerungen gegenüber dritten Personen in seiner Ehre verletzt und gegen ihn in Schädigungsabsicht (Unterhalts-)Exekutionsverfahren einge-leitet (die Vorwürfe sind in der Klage ausführlich darsgestellt). Zusammenfassend habe die Beklagte den Kläger mit Heimtücke und Hinterlist um den Genuss seines Lebenstraums, einer glücklichen Familie mit Heim gebracht, ihn jahrelang verleumdet und ihm fälschlicherweise mehrere strafbare Handlungen vorgeworfen, ihn mit Lügen und beispielloser Heimtücke in ihrer Vorgangsweise aus dem Haus gedrängt und ihn um dieses betrogen. Aus diesen Gründen sei der Anspruch der Beklagten aus der einstweiligen Verfügung erloschen.

In der Streitverhandlung vom 11. Dezember 2012 (ON 17) erörterte das Erstgericht mit den Parteien (unter anderem), ob der Titel erlöschen könne, worauf die Beklagte vorbrachte, es sei im Oppositionsverfahren rechtlich nicht zulässig, eine bestehende einstweilige Verfügung zu bekämpfen und diesen „Oppositionstitel“ zu beseitigen. Der Wahrheitsbeweis könne nicht in einem Oppositionsverfahren angetreten werden, zumal ein aufrechter Titel bestehe.

Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab. Der Umstand, dass ein zur Unterlassung Verpflichteter in der Folge Aussagen tätige, die zwar objektiv dem Titel zuwiderliefen, die jedoch ‑ wie vom Kläger behauptet ‑ der Wahrheit entsprächen, könne jedenfalls nicht zu einem Erlöschen oder zu einer Hemmung des Exekutionstitels im Sinne des § 35 EO führen. Dieser Umstand sei mit dem Kläger auch in der mündlichen Streitverhandlung erörtert worden, doch habe sich der anwaltlich vertretene Kläger nach wie vor auf Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 35 EO gestützt. Deshalb sei auch eine Umdeutung seines Klagebegehrens auf ein allfällig mögliches Impugnationsbegehren gemäß § 36 EO nicht möglich.

Weiters sei die Oppositionsklage auch deswegen unberechtigt, weil sie auf Umstände gestützt werde, von denen der Kläger bereits im Titelverfahren Gebrauch machen hätte können bzw teilweise auch Gebrauch gemacht habe. Ob dem Kläger damals alle nunmehr zur Verfügung stehenden Beweismittel bereits zur Verfügung gestanden seien, spiele keine Rolle.

Im Übrigen wäre auch eine Impugnationsklage nicht berechtigt, weil es sich beim Exekutionstitel um eine einstweilige Verfügung handle, in der dem Kläger für die Dauer des Hauptverfahrens die Unterlassung von Äußerungen wie „Verleumdung, Anstiftung, falsches Zeugnis“ im Zusammenhang mit der Beklagten auferlegt worden sei. Eine solche einstweilige Verfügung ergehe in einem Provisorialverfahren aufgrund eines Bescheinigungsver-fahrens. Sie habe den Sinn, während des anhängigen Verfahrens dem Verpflichteten bestimmte Äußerungen so lange zu verbieten, bis im Hauptverfahren eine umfassende Prüfung hinsichtlich eines allfälligen Unterlassungsanspruchs abgeschlossen sei. Ein Verstoß gegen eine derartige einstweilige Verfügung sei somit einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich, da ansonsten der Zweck der einstweiligen Verfügung vereitelt würde.

Aus Anlass der Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das Ersturteil sowie das vom Erstgericht geführte Verfahren von Amts wegen als nichtig auf und wies die Klage zurück.

Das gesamte Vorbringen des Klägers sowohl in erster Instanz als auch im Rechtsmittelverfahren ziele einzig darauf ab, mit der Oppositionsklage den Wahrheitsbeweis im Titelverfahren anzutreten. Nach der Rechtsprechung sei der Rechtsweg für eine Oppositionsklage, die sich gegen den durch eine einstweilige Verfügung gesicherten Anspruch richte, dann nicht ausgeschlossen, wenn die mit einem Urteil verbundenen Rechtswirkungen mit einem Antrag auf Aufhebung dieser einstweiligen Verfügung nicht erreicht werden könnten. Ein solcher Ausnahmefall, der die Oppositionsklage zulässig machen würde, liege hier jedoch nicht vor. Mit seinem Einwand der Änderung der Beweislage mache der Kläger nämlich nur geltend, dass die einstweilige Verfügung schon zu Unrecht bewilligt worden sei. Für ein derartiges Vorbringen stünden aber nur die Rechtsbehelfe des Rekurses und des Widerspruchs zur Verfügung. Demzufolge handle es sich bei der gegenständlichen Oppositionsklage um einen unzulässigen, weil konkurrierenden Rechtsbehelf, was die Nichtigkeit des Verfahrens und der Entscheidung sowie die Zurückweisung der Klage bedinge. Eine einstweilige Verfügung könne gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO wegen des Wegfalls der Gefährdung, nicht aber wegen geänderter Beweis- bzw Bescheinigungslage zur Anspruchsgrundlage (hier: Wahrheitsbeweis nach § 1330 ABGB) aufgehoben werden. Für das Begehren auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung sei der Rechtsweg nicht zulässig, weil hiefür bloß die in der Exekutionsordnung (vor allem § 399 EO) vorgesehenen Anträge zur Verfügung stünden.

Mit seinem auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Rekurs strebt der Kläger (vor allem) die Beseitigung des rekursgerichtlichen Beschlusses an.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

Das Rekursvorbringen des Klägers lässt sich dahin zusammenfassen, dass er mit der Oppositionsklage keineswegs den Wahrheitsbeweis im Titelverfahren antreten wolle, sondern den Beweis dafür, dass die Beklagte nach der Erlassung der einstweiligen Verfügung in Form von den Kläger verleumdenden Falschaussagen gegenüber Behörden Handlungen gesetzt habe, die den Anspruch auf Exekution aufheben würden.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

1. Wird vom Berufungsgericht ‑ unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Ersturteils ‑ die Zurückweisung der Klage ausgesprochen, ist dieser Beschluss stets anfechtbar (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO).

2. Das Berufungsgericht hat aus Anlass der Berufung des Klägers von Amts wegen ein Prozesshindernis wahrgenommen und aus diesem Grund die Nichtigerklärung und die Zurückweisung der Klage ausgesprochen. Der Kläger habe mit seiner Oppositionsklage einen unrichtigen Rechtsbehelf gewählt; für das von ihm erstattete Vorbringen sei der streitige Rechtsweg nicht die zulässige Verfahrensart.

Aus Anlass des zulässigen Rekurses des Klägers ist daher auch von Amts wegen zu prüfen, ob das angenommene Prozesshindernis gegeben ist. Dies ist zu verneinen.

3. Für die Beurteilung der zulässigen Verfahrensart sind der Wortlaut des Entscheidungsbegehrens des Klägers bzw Antragstellers und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen maßgebend (RIS‑Justiz RS0013639 [T23]; Fucik/Rechberger in Rechberger, ZPO3 Art I EGZPO Rz 6).

3.1. Der Kläger richtete sich mit seiner Oppositionsklage gegen die Bewilligung der Exekution, beantragte auch deren Aufschiebung und Einstellung und stellte das Urteilsbegehren, der Anspruch der Beklagten aus dem Titel sei erloschen (offenbar schwebt dem Kläger Rechtsmissbrauch oder „Titelverwirkung“ als Oppositionsgrund vor). Dieses Begehren ist im Zusammenhalt mit dem Klagevorbringen eindeutig als Oppositionsklagebegehren zu qualifizieren. Eine Umdeutung ‑ etwa in ein Impugnationsklagebegehren ‑ kommt im Hinblick auf das eindeutig spezifizierte, auch nach Erörterung nicht geänderte Begehren nicht in Betracht (vgl RIS-Justiz RS0001722 [T3]).

3.2. Darüber, ob eine Oppositionsklage zur Verfügung steht, wenn der Exekution als Titel eine einstweilige Verfügung zugrunde liegt, oder ob nur ein Aufhebungsantrag nach § 399 EO zulässig ist, bestehen im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen (ausführliche Wiedergabe des Meinungsstands etwa von König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren4 [2012] Rz 6/108 ff; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung [2000] § 399 Rz 1; Jakusch in Angst 2 § 35 Rz 63; E. Kodek in Angst 2 § 399 Rz 4; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner [1. Lfg 1999] § 35 Rz 25; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner [11. Lfg 2008] §§ 397, 398 Rz 34 ff).

Für die Zulässigkeit der Oppositionsklage zusätzlich zum Aufhebungsantrag sprechen sich die drei erstgenannten Autoren (König, Zechner und Jakusch) sowie Rinner (Bemerkungen zur einstweiligen Verfügung, insb nach § 382/1 Z 8 lit b EO, in Beiträge zum Zivilprozeßrecht V [1995] 129) aus. Andere Autoren sehen im Aufhebungsantrag das alleinige verfahrensspezifische Mittel, die mit einstweiliger Verfügung bewirkte Sicherung zu beenden (G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, §§ 397, 398 Rz 36; siehe in Rz 35 auch die Hinweise auf Lehrmeinungen von Petschek/Hämmerle/Ludwig, Holzhammer, Kininger, Prunbauer und König, Einstweilige Verfügungen1 [1994]).

3.3. Die Rechtsprechung zur Konkurrenz von Aufhebungsantrag und Oppositionsklage, wenn die gefährdete Partei aufgrund der zu ihren Gunsten erlassenen einstweiligen Verfügung die Exekution ‑ wie hier ‑ in einem förmlichen Exekutionsverfahren beantragt (Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 [1992] Rz 966), vermittelt ein uneinheitliches Bild (ebenso Zechner, § 399 Rz 1). Die Entwicklung der Rechtsprechung lässt sich in groben Zügen folgendermaßen nachzeichnen (siehe insbesondere die Rechtssätze RIS-Justiz RS0000839, RS0001131, RS0011503, RS0071301 [T1], RS0102900), wobei aus Gründen der Übersicht nicht zwischen den Aufhebungsgründen nach § 399 Abs 1 Z 2 und Z 4 EO unterschieden wird:

3.3.1. Der Entscheidung 1 Ob 788/31 (SZ 13/176) lag eine Oppositionsklage gegen eine Unterhaltsexekution zugrunde, die aufgrund einer einstweiligen Verfügung bewilligt worden war. In Abänderung der (vorerst) auf einen Antrag nach § 399 EO verweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts stellte der Oberste Gerichtshof das der Oppositionsklage stattgebende Urteil des Erstgerichts wieder her. Die den Unterhaltsanspruch teilweise aufhebende Tatsache seiner Arbeitslosigkeit könne der Unterhaltsschuldner nur mit Oppositionsklage geltend machen.

3.3.2. In diese Richtung gehen auch die ‑ jeweils zu Ansprüchen auf einstweiligen Unterhalt ergangenen ‑ Entscheidungen 3 Ob 120/62 (= EvBl 1962/459, 579) und 3 Ob 61/69 (= EvBl 1970/11, 19). Laut 3 Ob 120/62 könne nur die Erfüllung mit einem auf § 399 Abs 1 Z 4 EO gegründeten Aufhebungsantrag geltend gemacht werden, während bei Erlöschen des Anspruchs aus anderen Gründen eine Oppositionsklage erhoben werden müsse. Die Entscheidung 3 Ob 61/69 versteht unter „Anspruch“ iSd § 399 Abs 1 Z 4 EO „nicht [den] Gegenstand der einstweiligen Verfügung, sondern [den] Gegenstand des Urteils im Hauptprozess“; ein Streit darüber, ob die Exekution trotz Erfüllung der durch eV aufgetragenen Verbindlichkeit bzw trotz Einhaltung des erlassenen Verbots geführt werde, müsse im Rechtsweg ausgetragen werden.

3.3.3. In der zweitinstanzlichen Rechtsprechung haben das Oberlandesgericht Wien (5 R 160/75 = EFSlg 25.466) und das Oberlandesgericht Graz (1 R 248/87 = EvBl 1988/151, 760) den Standpunkt der Entscheidung 1 Ob 788/31 (SZ 13/176) geteilt und für die Einwendung, dass der (durch eV gesicherte) Unterhaltsanspruch verwirkt bzw erloschen sei, die Oppositionsklage als allein zulässigen Rechtsbehelf angesehen.

3.3.4. Die weiteren höchstgerichtlichen Entscheidungen in der Rechtssatzkette RIS-Justiz RS0000839 sind als von 1 Ob 788/31 (SZ 13/176) „teilweise abweichend“ bzw „abweichend“ indiziert, weil zwar weiterhin die Oppositionsklage generell als zulässiger Rechtsbehelf angesehen wurde (siehe auch 3 Ob 120/62 = EvBl 1962/459, 579 und 3 Ob 61/69 = EvBl 1970/11, 19), daneben aber auch der Aufhebungsantrag nach § 399 Abs 1 EO.

(a) In dem Fall, der der Entscheidung 2 Ob 541/87 (SZ 60/60) zugrunde lag, war über einen Antrag auf Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden, mit der einstweiliger Unterhalt nach § 382 Z 8 lit a EO zuerkannt worden war. Der Oberste Gerichtshof hob den den Antrag zurückweisenden Beschluss des Rekursgerichts auf und trug eine Sachentscheidung auf: Schon wegen der unterschiedlichen Wirkungen einer Oppositionsklage und eines Aufhebungsantrags müssten dem Unterhaltsschuldner für die Geltendmachung des Umstands, dass die Unterhaltsgläubigerin (Ehefrau) nun über hinreichendes eigenes Einkommen verfüge, beide Möglichkeiten offenstehen; die gegenteilige Aussage in der Entscheidung 1 Ob 788/31 = SZ 13/176 wurde explizit abgelehnt.

(b) Die Entscheidung 3 Ob 43/93 (SZ 66/108 = JBl 1994, 419; teilweise kritisch König, JBl 1997, 796 Fn 5) befasste sich mit dem Verhältnis der beiden Rechtsbehelfe im Zusammenhang mit einer Oppositionsklage, die auf das Erlöschen eines durch eine einstweilige Verfügung titulierten Unterlassungsanspruchs gestützt wurde (hier: Unterlassung der Benützung eines Grundstücks als Parkplatz für ein Einkaufszentrum; die Verpflichtung wurde durch eine Änderung des Flächenwidmungsplans obsolet). Der Oberste Gerichtshof kam zum Ergebnis, dass der Oppositionskläger nicht auf einen Aufhebungsantrag verwiesen werden kann, wenn und weil er die mit der Klage zu erzielenden Rechtswirkungen durch einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 399 EO nicht erreichen kann (RIS-Justiz RS0011503). Ebenso wurde in der Entscheidung 3 Ob 89/94 (EFSlg 79.269) der streitige Rechtsweg für das Begehren, es möge das Erlöschen des Anspruchs auf einstweiligen Unterhalt ausgesprochen werden (§ 35 EO), als zulässig erachtet.

(c) In der einen Antrag auf Einschränkung einer Unterhalts-eV betreffenden Entscheidung 4 Ob 534/95 (EFSlg 79.268) lehnte der Oberste Gerichtshof die Ansicht des Rekursgerichts ab, dass Umstände wie eine verminderte Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (wegen fehlender Relevanz für die Sicherungsfunktion der einstweiligen Verfügung) nur mit Oppositionsklage geltend gemacht werden könnten. Bis zur Bewilligung einer Exekution aufgrund einer einstweiligen Verfügung steht dem Unterhaltspflichtigen, wenn sich die für die Bestimmung des einstweilen zu leistenden Unterhalts maßgeblichen Umstände nach Erlassung der einstweiligen Verfügung wesentlich geändert haben, nur der Aufhebungsantrag gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO zur Verfügung; sobald Exekution geführt wird, steht dem Unterhaltspflichtigen das Wahlrecht zwischen einem Aufhebungs-(Einschränkungs-)antrag nach § 399 Abs 1 Z 2 EO und der Oppositionsklage gemäß § 35 EO zu.

(d) Die Entscheidung 4 Ob 70/95 (= ecolex 1996, 29) betraf wiederum einen durch eine einstweilige Verfügung gesicherten Unterlassungsanspruch. Nach dem Obersten Gerichtshof ist die einstweilige Verfügung nach § 399 Abs 1 Z 4 EO aufzuheben, wenn der Anspruch berichtigt oder rechtskräftig aberkannt oder dessen Erlöschen rechtskräftig festgestellt wurde; das Erlöschen aus anderen Gründen als durch Erfüllung kann aber nicht mit Aufhebungsantrag, sondern nur mit Feststellungsklage oder ‑ wenn bereits Exekution geführt wird ‑ mit Oppositionsklage geltend gemacht werden (ebenso schon 3 Ob 50/80 = SZ 53/111). Diese Aussage leitete der Oberste Gerichtshof aus den Entscheidungen 3 Ob 120/62 = EvBl 1962/459, 579 und 2 Ob 541/87 = SZ 60/60 ab, allerdings ohne nähere Auseinandersetzung damit (kritisch zur Bezugnahme auf 2 Ob 541/87 = SZ 60/60 auch König, JBl 1997, 796 Fn 5).

(e) In der folgenden Entscheidung 4 Ob 2004/96a (= SZ 69/61) ging es um das Erlöschen eines durch eine Unterhalts-eV gesicherten ehelichen Unterhaltsanspruchs infolge Rechtskraft der Ehescheidung. Bezugnehmend auf die Entscheidung 2 Ob 541/87 = SZ 60/60 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Möglichkeit, das Erlöschen des Unterhaltsanspruches auch mit negativer Feststellungsklage oder ‑ nach Einleitung der Exekution ‑ mit Oppositionsklage geltend machen zu können, den Aufhebungsantrag nicht ausschließt.

(f) Hatte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 134/06v (= ecolex 2007/125, 266 [Chr. Schumacher] = ÖBl 2007/40, 176 [Donath]) noch ausdrücklich offen gelassen, ob in Bezug auf eine einstweilige Verfügung ein nachträgliches Erlöschen einer Marke mit einem Antrag nach § 399 Abs 1 Z 4 EO oder mit Feststellungs- bzw Oppositionsklage geltend zu machen ist, sprach er zu 17 Ob 11/08d (= SZ 2008/68) aus, dass ein nachträgliches Erlöschen der Marke mit einem Antrag nach § 399 Abs 1 Z 2 EO geltend gemacht werden könne (kritisch zur Zulässigkeit des Aufhebungsantrags, weil damit die Z 4 durch die Z 2 konsumiert wäre, Grünzweig in der Entscheidungsbesprechung RdW 2008, 705); das Verhältnis des Aufhebungsantrags zur Oppositionsklage wird in der Entscheidung nicht unmittelbar berührt.

(g) Zu 3 Ob 185/08i (= SZ 2008/170) bekräftigte der Oberste Gerichtshof in einem Oppositionsstreit wegen einstweiligen Unterhalts, dass nach der Rechtsprechung das Oppositionsverfahren im streitigen Rechtsweg gemäß § 35 EO jedenfalls zulässig ist, weshalb die Zulässigkeit eines Aufhebungsverfahrens nach § 399 EO nicht weiter erörtert werden muss. In anderem Zusammenhang wird in dieser Entscheidung auf die Bedeutung des Umstands hingewiesen, dass die Einwendungen nach § 35 EO zum Gegenstand eines Aufschiebungsantrags nach § 42 Abs 1 Z 5 EO gemacht werden können.

(h) Zuletzt wurde das Wahlrecht des Unterhaltsschuldners zwischen Oppositionsklage und Aufhebungsantrag nach § 399 Abs 1 Z 2 EO in den Entscheidungen 1 Ob 139/11i und 6 Ob 103/12h ‑ obiter ‑ bestätigt.

3.4. Aus der dargestellten Rechtsprechung kann abgeleitet werden,

‑ dass bei Einwendungen gegen den in einer einstweiligen Verfügung titulierten Anspruch die Oppositionsklage (allenfalls neben dem Aufhebungsantrag nach § 399 Abs 1 Z 2 bzw Z 4 EO) durchwegs zugelassen wurde (zuletzt ausdrücklich 3 Ob 185/08i = SZ 2008/170), und

‑ dass speziell die jüngere Rechtsprechung ein Wahlrecht zwischen Aufhebungsantrag und Oppositionsklage bejaht (zuletzt 1 Ob 139/11i und 6 Ob 103/12h; für Wahlrecht ab der Bewilligung der Exekution auch König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren4 [2012] Rz 6/109).

3.5. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der vom Berufungsgericht unter Berufung auf die Rechtssatzkette RIS-Justiz RS0011503 angenommene unbedingte Vorrang des Aufhebungsantrags nach § 399 Abs 1 Z 2 EO vor der Oppositionsklage nicht in Einklang mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht. Der aus dem Leitsatz gezogene Umkehrschluss kann aus den Begründungen der schon erläuterten Entscheidungen 3 Ob 43/93 und 3 Ob 89/04 nicht gezogen werden. Der dritten Entscheidung der Rechtssatzkette, 3 Ob 2241/96x, lag kein Fall des Erlöschens des Anspruchs und „wohl“ ein Impugnationsbegehren zugrunde.

4. Die Rechtsprechung über ein Wahlrecht des Schuldners zwischen Oppositionsklage und Aufhebungsantrag ist fort zu schreiben:

4.1. Für die Zulässigkeit der Klage spricht zunächst der Umstand, dass § 399 Abs 1 Z 4 EO eine Klageführung auf Feststellung des Erlöschens des Anspruchs der gefährdeten Partei vorsieht und die rechtskräftige Feststellung als Grund für eine Aufhebung der Einstweiligen Verfügung (EV) normiert. Vor einer Exekutionsführung kann gegen einen titulierten, aber noch nicht betriebenen Anspruch eine negative Feststellungsklage erhoben werden, weil der Verpflichtete eine Exekutionsführung nicht abwarten muss. Gegen die Betreibung muss dann um so mehr die Oppositionsklage, mit der nach ständiger Rechtsprechung über den Bestand des (materiellen) Anspruchs entschieden wird (RIS‑Justiz RS0001674; RS0001699; auch im grenzüberschreitenden Kontext: 3 Ob 12/10a = SZ 2010/26 = iFamZ 2010/167, 216 [Fucik]), zulässig sein.

4.2. Für die Auffassung, § 399 EO sei gegenüber § 35 EO lex specialis, spricht zwar die Überlegung, dass eine EV bloß nach einem Bescheinigungsverfahren erlassen wird. Wenn dann aufgrund dieses Titels Exekution geführt wird, solle (dürfe) auch deren Beendigung nur im selben Verfahren, also nach einer Gegenbescheinigung über ein Erlöschen des zu sichernden Anspruchs erfolgen. Dies hätte aber zur Folge, dass ‑ worauf König (Einstweilige Verfügung4 Rz 6/109) zutreffend hinweist ‑ eine Aufhebung der EV nicht erreicht werden kann, wenn dem Gegner keine paraten Bescheinigungsmittel zur Verfügung stehen, er aber das Erlöschen des Anspruchs durchaus beweisen könnte.

4.3. G. Kodek (in Burgstaller/Deixler‑Hübner §§ 397, 398 Rz 36) wendet sich aus prozessökonomischer Sicht gegen eine Vermehrung von Rechtsbehelfen des Verpflichteten (Doppelgleisigkeit zwischen Oppositions‑ und Hauptprozess) und bezweifelt einen weitergehenden Rechtsschutz mittels Oppositionsklage, weil ein Urteil darüber nicht bindend sei. Letzteres vertritt auch König (Rz 6/108a) mit seiner Ansicht, dass sich die Oppositionsklage gegen den EV‑Anspruch und nicht gegen den Hauptanspruch richte und nur zur Folge habe, dass festgestellt werde, dass der prozessuale Sicherungsanspruch erloschen sei, wofür nur das in den Entscheidungsgründen erörterte Erlöschen des Hauptanspruchs die Grundlage bilde. Auch nach Zechner (Sicherungsexekution und EV § 399 Rz 1) bedeute eine „gegen einen EV‑Exekutionstitel“ erfolgreiche Oppositionsklage noch nicht das endgültige Erlöschen des gesicherten Anspruchs. Jedenfalls hat aber ein der Oppositionsklage stattgebendes Urteil weitergehende Wirkungen als ein erfolgreicher Aufhebungsantrag, wird doch damit die Unzulässigkeit der Exekutionsführung herbeigeführt (§ 35 Abs 4 EO). Weiters eröffnet die Oppositionsklage die Aufschiebung der Exekution nach § 42 Abs 1 Z 5 EO.

Den Argumenten eines unnötigen Verfahrensaufwands und der Doppelgleisigkeit von Oppositions‑ und Hauptprozess ist nur entgegenzuhalten, dass von der umständlicheren Klageführung wohl ohnehin nur dann Gebrauch gemacht wird, wenn das einfachere Aufhebungsverfahren voraussichtlich nicht zum Ziel führt. Zur Förderung der Anwendung des Aufhebungsverfahrens können allenfalls Kostenfolgen in Betracht gezogen werden (in diesem Sinne Zechner aaO). Einer Doppelgleisigkeit der Prozessführung kann durch Unterbrechung eines der beiden Verfahren begegnet werden.

5. Aus den dargelegten Gründen ist der Rechtsweg für die Oppositionsklage eröffnet. Ob das zur Rechtfertigung des Oppositionsklagebegehrens erstattete Vorbringen einen tauglichen Oppositionsgrund bildet, betrifft die Frage der sachlichen Berechtigung der Klage (3 Ob 74/77 = JBl 1978, 487 [Matscher] = RIS‑Justiz RS0001238). Das Berufungsgericht wird über die Berufung des Kläger meritorisch zu entscheiden haben.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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