OGH 3Ob43/93

OGH3Ob43/9315.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****GmbH, ***** vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Firma P*****KG, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25.Jänner 1993, GZ 2 R 188/92-16, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 7.Mai 1992, GZ 3 Cg 401/91-9, aus Anlaß der von beiden Parteien dagegen erhobenen Berufungen als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Entscheidung über die Rechtsmittel der Parteien aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der hier klagenden Partei wurde mit einstweiliger Verfügung verboten, im geschäftlichen Verkehr beim Betrieb eines Einkaufszentrums ein bestimmtes Grundstück als Parkplatz für Kraftfahrzeuge von Kunden, Lieferanten und Angestellten des von ihr betriebenen Einkaufszentrums zu verwenden, solange dieses Grundstück im Flächenwidmungsplan als Grünland gewidmet ist. Das Erstgericht bewilligte der hier beklagten Partei als betreibender Partei auf Grund dieser einstweiligen Verfügung zur Erwirkung des darin umschriebenen Unterlassungsgebotes die Exekution nach § 355 EO und zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Fahrnisexekution.

Am 20.12.1991 widmete der zuständige Gemeinderat die strittige Fläche in "Verkehrsfläche-Privatparkplatz" um. Diese von der Aufsichtsbehörde genehmigte Änderung des Flächenwidmungsplans wurde am 21. oder 22.1.1992 rechtswirksam.

In der am 30.12.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei, die von der beklagten Partei gegen sie geführte Exekution für unzulässig zu erklären, weil sie infolge Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht mehr zulässig sei.

Das Erstgericht hob mit dem nach Einbringung der Klage gefaßten, rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 18.2.1992 die den Exekutionstitel bildende einstweilige Verfügung auf. Die Exekution war jedoch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch nicht rechtskräftig eingestellt.

Das Erstgericht erklärte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Exekution für unzulässig, soweit sie zur Erwirkung des Unterlassungsgebots geführt wurde, und wies das Mehrbegehren, die Exekution auch für unzulässig zu erklären, soweit sie zur Hereinbringung der Exekutionskosten geführt wird, ab.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der von beiden Parteien gegen dieses Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufungen das gesamte erstgerichtliche Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die zu beurteilende Klage sei trotz des auf Unzulässigerklärung der Exekution gerichteten Klagebegehrens als Oppositionsklage im Sinn des § 35 EO zu werten, weil sie nicht Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung enthalte, sondern weil damit geltend gemacht werde, daß der der beklagten Partei im Titelverfahren zuerkannte Unterlassungsanspruch infolge Umwidmung der Liegenschaft erloschen sei. Der Rechtsweg und damit die Oppositionsklage sei aber grundsätzlich dann unzulässig, wenn das Gesetz die erhobenen Einwendungen in ein besonderes Verfahren außerhalb des Zivilprozesses verweise. § 399 EO stelle eine solche gesetzliche Bestimmung dar. Die Unzulässigkeit des Rechtsweges sei umso mehr gegeben, wenn - wie hier - der Rechtsbehelf des § 399 EO bereits ausgeschöpft und auf dasselbe Vorbringen wie die Oppositionsklage gestützt worden sei.

Der von der klagenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, daß es sich bei der hier zu beurteilenden Klage um eine Oppositionsklage im Sinn des § 35 EO handelt, weil damit geltend gemacht wird, daß der von der beklagten Partei betriebene Anspruch infolge Änderung des Flächenwidmungsplanes erloschen ist. Daß das Klagebegehren nicht der für Oppositionsklagen herrschenden Auffassung entspricht (vgl JBl 1977, 63; EvBl 1973/251; SZ 42/32 ua; Heller-Berger-Stix I 410), ist ohne Bedeutung, weil die Klage auf Grund ihres Inhalts eindeutig als Klage nach § 35 EO anzusehen und der Urteilsspruch in einem solchen Fall von Amts wegen entsprechend zu fassen ist (JBl 1992, 543; EFSlg

52.301 ua).

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, wurde die Frage, ob im Zuge einer auf Grund einer einstweiligen Verfügung geführten Exekution die Oppositionsklage zulässig ist, im Schrifttum verschieden gelöst. Petschek-Hämmerle-Ludwig führen aus (Zwangsvollstreckungsrecht 236), daß das Aufhebungsverfahren die Vollstreckungsgegenklage nach § 35 EO ersetze, die gegen eine einstweilige Verfügung unzulässig sei. Diese Ausführungen stehen allerdings bloß im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung gemäß § 399 Abs. 1 Z 2 EO. Heller-Berger-Stix (III 2884 f) wenden sich gegen die von diesen Autoren vertretene Auffassung mit dem Argument, daß die Oppositionsklage (ebenso wie die Impugnationsklage) eine Exekution zur Voraussetzung habe, weshalb § 402 EO sinngemäß angewendet werden könne. Die angeführten Autoren hätten übersehen, daß es Gründe des Erlöschens der gesicherten Forderung gebe, die nicht unter § 399 Abs. 1 Z 4 EO fallen. Nur in den in dieser Bestimmung genannten Fällen sei aber der Rechtsweg unzulässig. Für die Unzulässigkeit der Oppositionsklage ohne Einschränkung treten Holzhammer (Zwangsvollstreckungsrecht3 359) ein und auch Kininger (BeitrZPR III 238; Einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Rechtsverhältnissen 110 f) sowie Rechberger-Simotta (Exekutionsverfahren2 Rz 966) meinen, daß kein Bedürfnis nach Zulassung einer solchen Klage zu sehen sei, weil die jeweiligen Klagsgründe durch die Aufhebungstatbestände des § 399 Abs. 1 Z 2 und 4 EO vollkommen abgedeckt würden. Schließlich hält auch Prunbauer (ecolex 1990, 233) die Oppositionsklage für unzulässig, wobei er ins Treffen führt, aus § 402 Abs. 2 EO (nunmehr: Abs. 4 idF des BGBl 1992/756) sei die Subsidiarität der allgemeinen Vorschriften der EO abzuleiten, weshalb die Regelung des § 399 EO die primär (und auch alleinig) heranzuziehende sei. Mück (Die einstweiligen Verfügungen nach der EO2 53), Rintelen (Die einstweilige Verfügung 184, 186) und Schubert-Soldern (Zwangsverwaltung 547) bejahen hingegen - ohne sich allerdings mit dem Verhältnis zu § 399 EO überhaupt oder näher auseinanderzusetzen - die Zulässigkeit der Oppositionsklage. Ebenso hat der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit der Oppositionsklage bisher stets bejaht (EvBl 1970/10; EvBl 1962/459), wobei diese Entscheidungen allerdings einstweilige Verfügungen gemäß § 382 Z 8 EO über den einem Ehegatten einstweilen zu leistenden Unterhalt betrafen. Dabei wurde damit argumentiert, daß § 391 Z 4 EO auf solche Unterhaltsansprüche überhaupt nicht (EvBl 1970/10) oder daß sie im konkreten Fall deshalb nicht anzuwenden sei, weil dort nur die Entscheidung über das Erlöschen des Anspruchs durch Erfüllung den im Abs. 2 genannten Gerichten zugewiesen werde; diese Gerichte seien hingegen nicht befugt, darüber zu entscheiden, ob der Anspruch aus anderen Gründen erloschen ist, weshalb der Gegner der gefährdeten Partei in diesen Fällen ein Urteil erwirken müsse (EvBl 1962/459). In einer weiteren Entscheidung (SZ 13/176) wurde schließlich die Ansicht vertreten, daß der in der Änderung der Einkommensverhältnisse liegende Grund für das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs nicht § 399 Abs. 1 Z 2 EO unterstellt werden könne; dies wurde allerdings nicht zur Zulässigkeit des Rechtsweges, die offensichtlich als selbstverständlich angesehen wurde, sondern zur Berechtigung des Klagebegehrens gesagt.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Aus § 402 EO (seit der ZVN 1983 aus dessen Abs. 2, seit dem BGBl 1992/756 aus dessen Abs. 4) ist entgegen der von Prunbauer und Heller-Berger-Stix (jeweils aaO) vertretenen Meinung für die Lösung der hier zu beantwortenden Frage nichts zu gewinnen. § 35 EO setzt für die Zulässigkeit der darin geregelten Klage nämlich nur voraus, daß eine Exekution "im Zuge" ist, und unterscheidet nicht, welcher Exekutionstitel der Bewilligung der Exekution zugrundeliegt. § 402 EO kann daher nicht, wie Heller-Berger-Stix meinen, für die Zulässigkeit der Oppositionsklage im Zuge einer auf Grund einer einstweiligen Verfügung bewilligten Exekution ins Treffen geführt werden. Ist aber § 35 EO nicht erst auf Grund des § 402 EO anzuwenden, so ergibt sich aus dieser Bestimmung auch nicht, wie Prunbauer und die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung meinen, die Unzulässigkeit der Oppositionsklage, weil die darin für den Fall enthaltene Einschränkung, daß in den Vorschriften über die einstweilige Verfügung etwas anderes bestimmt ist, schon aus diesem Grund nicht zum Tragen kommen kann.

Überdies liegt hier entgegen der Meinung des Rekursgerichtes eine Konkurrenz von - gleichwertigen - Rechtsbehelfen nicht vor. Der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 399 Abs. 1 Z 4 EO stand der klagenden Partei nämlich nicht offen, weil er, abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Berichtigung des Anspruchs, eine rechtskräftige Entscheidung über die Aberkennung oder das Erlöschen des Anspruchs voraussetzt. Gerade eine solche Entscheidung kann die klagende Partei aber nur durch eine Klage erreichen, wobei ihr nach Bewilligung der Exekution jedenfalls auch die Oppositionsklage zusteht (so schon EvBl 1962/459).

Auch § 399 Abs. 1 Z 2 EO ist in dem hier erörterten Zusammenhang ohne Bedeutung. Selbst wenn man es für zulässig ansieht, daß ein Antrag nach dieser Gesetzesstelle auf das Erlöschen des Anspruchs gestützt werden kann (so anscheinend Petschek-Hämmerle-Ludwig, Holzhammer, Kininger und Rechberger-Simotta jeweils aaO; aM SZ 13/176), würde hierüber nur als Vorfrage entschieden werden. Da die Lösung einer Vorfrage in den Gründen von der Rechtskraft der Entscheidung nicht umfaßt wird (RZ 1990/109; JBl 1984, 489 ua), wäre damit das Erlöschen des Anspruchs zwischen den Parteien nicht bindend festgestellt. Dies könnte aber gerade hier von Bedeutung sein, weil in dem Rechtsstreit, der über den durch die einstweilige Verfügung gesicherten Anspruch geführt wurde, dem Klagebegehren rechtskräftig stattgegeben worden ist. Durch die Aufhebung der einstweiligen Verfügung allein ist es der beklagten Partei aber noch nicht verwehrt, auf Grund der in diesem Rechtsstreit ergangenen Entscheidung zur Durchsetzung des ihr darin zuerkannten Anspruchs Exekution zu führen. Hiezu bedarf es vielmehr der auch sie bindenden Feststellung des Erlöschens des Anspruchs. Das Argument des Rekursgerichtes, daß hier die Oppositionsklage auch deshalb unzulässig sei, weil die einstweilige Verfügung schon (offensichtlich auf Grund des § 399 Abs. 1 Z 2 EO) aufgehoben wurde, überzeugt daher nicht.

Kann aber der Verpflichtete, der eine Oppositionsklage einbringt, die damit zu erzielenden Rechtswirkungen durch einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 399 EO nicht erreichen, so kann er auch nicht auf diesen Antrag verwiesen werden. Diesem Umstand tragen nicht nur das Berufungsgericht, sondern es tragen ihm auch Petschek-Hämmerle-Ludwig, Holzhammer, Kininger und Rechberger-Simotta (jeweils aaO) nicht Rechnung, weshalb ihnen nicht gefolgt werden kann. Ob etwas anderes gilt, wenn die mit einem stattgebenden Urteil verbundenen Rechtswirkungen auch durch einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung erzielt werden können, ist hier nicht zu entscheiden, weil dieser Fall nicht vorliegt.

Da der Rechtsweg somit für die von der klagenden Partei erhobene Klage entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes zulässig ist, wird dieses über die Rechtsmittel zu entscheiden haben, welche die Parteien gegen das über das Klagebegehren gefällte Urteil des Erstgerichtes erhoben haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den § 52 ZPO.

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