OGH 3Ob2241/96x

OGH3Ob2241/96x10.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto T*****, Landwirt, ***** vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Herwig T*****, Forstwirt, ***** vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Einwendungen gegen eine Exekutionsbewilligung, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 20. April 1996, GZ 3 R 36/96w-9, womit aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 31. Oktober 1995, GZ 3 C 1052/95w-5, und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird beiden Rekursen Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz die Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Eigentümer mehrerer, dem Kläger schon von seinem Rechtsvorgänger verpachteter, in der KG G***** gelegener, im Ausmaß von 178,5 ha bewaldeter Liegenschaften.

In einem - noch nicht rechtskräftig beendeten - Prozeß der Streitteile wurde dem Kläger mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 5.1.1989 (in der Fassung des Beschlusses des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22.3.1989) bis zur rechtskräftigen Beendigung des Prozesses verboten, auf diesen Liegenschaften Holz durch Schlägerung zu entnehmen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St.Veit an der Glan vom 19.6.1995 (Bezirksforstinspektion Friesach) wurde der Kläger als Nutzungsberechtigter auf Grund näher genannter forstrechtlicher Bestimmungen verpflichtet, das im Waldgrundstück Nr ***** der KG G***** befindliche Schadholz "Borkenkäfer mit einem Holzanfall von ca 30 fm" bis längstens 30.6.1995 zu fällen und zu entrinden bzw sonst in geeigneter Weise bekämpfungstechnisch zu behandeln. In der Bescheidbegründung wird die entsprechende Verpflichtung des Waldeigentümers dargelegt. Der Bescheid wurde dem Beklagten nicht zugestellt. Nach Durchführung der Schlägerungen wurde der Bescheid wieder aufgehoben, der Aufhebungsbescheid wurde nur dem Beklagten zugestellt.

Mit Beschluß vom 14.7.1995, GZ 3 E 3100/95-1, bewilligte das Erstgericht dem Beklagten (als betreibender Partei) auf Grund von ihm behaupteter Titelverstöße des Klägers (als verpflichteter Partei) durch Holzschlägerungen und -entnahmen von vier vom Exekutionstitel umfaßten Grundstücken die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung der Entnahme von Holz durch Schlägerung sowie zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Fahrnisexekution.

Der Kläger erhob gegen diese Exekutionsbewilligung - neben einem mittlerweile erledigten Rekurs gegen die Auflage einer Sicherheit von 100.000 S - die vorliegenden Einwendungen mit der Behauptung, er habe als Pächter und Nutzungsberechtigter nur dem behördlichen Auftrag vom 19.6.1995 entsprochen und nicht gegen den Exekutionstitel verstoßen. Er stellte das Klagebegehren, der Anspruch auf Unterlassung der Entnahme von Holz durch Schlägerung auf den fraglichen Liegenschaften, zu dessen Erwirkung die Exekution bewilligt wurde, sei erloschen bzw die bewilligte Exekution sei unzulässig.

Das Erstgericht sprach in seinem Urteil aus, daß die bewilligte Exekution unzulässig sei. Es stellte noch fest, der Kläger sei Pächter ua der Liegenschaften, hinsichtlich welcher die Bezirkshauptmannschaft St.Veit an der Glan den Bescheid vom 19.6.1995 erlassen habe. Diesem Bescheid sei keine genaue Ortsbesichtigung durch den Bezirksförster vorausgegangen, die Menge des zu erwartenden Schadholzanfalles sei lediglich aus der Ferne geschätzt worden. Der vom Kläger beauftragte Schlägerungsunternehmer habe "ohne daß das Holz ausge- zeigt wurde" das Holz und nach forstwirtschaftlicher Übung die in unmittelbarer Nähe stehenden kranken oder wipfeldürren Bäume geschlägert. Dabei seien 76 fm erwirtschaftet worden, davon 25 fm Blochholz, 35 fm Blochholz Cx, der Rest Faserholz. Der Kläger weigere sich, die dafür vereinnahmten S 37.023,80 dem Beklagten auszuzahlen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger sei als nutzungsberechtigter Bescheidadressat nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt gewesen, Nutzungsmaßnahmen zu setzen. Dies gelte umso mehr, als durch die Befolgung des behördlichen Auftrages weder die vom Exekutionstitel umfaßte konkrete Gefährdung berührt worden, noch ein unwiederbringlicher Schaden eingetreten sei, weil - sollte der Kläger letztlich wegen nachteiligen Gebrauches die Liegenschaften endgültig zu räumen haben - der durch Behalten des Holzerlöses entstandene Schaden durch Geldersatz ausgeglichen werden könne. Eine Überschreitung des behördlichen Auftrages habe dem Kläger nicht nachgewiesen werden können. Die Exekution sei in Stattgebung des Klagebegehrens insbesondere deshalb für unzulässig zu erklären, weil der Kläger durch die in Befolgung des behördlichen Auftrages gesetzten Maßnahmen nicht in die Substanz der Liegenschaften des Beklagten schädigend eingegriffen habe und die zum Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Tatsachenbehauptungen der Kündigung (des Pachtvertrages) auf Grund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (vom 15.12.1993, 3 Ob 502/94, womit das Räumungsbegehren des - hier - Beklagten wegen seiner Bindung an den vom Rechtsvorgänger vereinbarten Kündigungsverzicht zur Gänze abgewiesen wurde) keine Rechtswirkungen mehr entfalten könnten. Dies hätte zwar nicht bei der Exekutionsbewilligung, jedoch im Impugnationsprozeß Berücksichtigung finden können.

Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlaß der Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichtes und das diesem vorausgegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Maßgebend sei § 399 Abs 1 Z 1 bis 4 EO; nach einheitlicher Rechtsprechung erlösche eine einstweilige Verfügung unter keinen Umständen von selbst, es bedürfe vielmehr ihrer ausdrücklichen Einschränkung oder Aufhebung, dies insbesondere bei Änderung der Verhältnisse (Z 2), wie dies im Grunde vom Kläger behauptet werde. Im vorliegenden Fall sei der Prozeß in der Hauptsache noch anhängig, sodaß der Kläger allein den Weg des § 399 EO beschreiten hätte müssen: er hätte die mit seiner Klage angestrebten Rechtswirkungen bei einer sofortigen (wohl gemeint: nach Kenntnis der OGH-Entscheidung 3 Ob 502/94) Antragstellung nach § 399 EO vollständig erreichen können, eine Exekutionsklage hätte nach der Lage des Falles - soweit überblickbar - keine darüber hinausgehende bindende Wirkung herbeiführen können. Sie sei sohin ein unzulässiger konkurrierender Rechtsbehelf. Da das Hauptverfahren noch anhängig sei, in welchem gemäß § 399 Abs 2 EO über die Aufhebung oder Einschränkung der einstweiligen Verfügung zu entscheiden wäre, sei sogar eine Streitanhängigkeit (gemeint: als Prozeßhindernis für die Impugnationsklage) zu bejahen. Es sei nicht vertretbar, daß in zwei parallel verlaufenden Hauptverfahren die selbe Streitfrage zu prüfen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von beiden Parteien gegen den zweitinstanzlichen Beschluß erhobenen Rekurse sind gerechtfertigt.

Im vorliegenden Verfahren ist - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht eine Verfahrens- oder Anspruchskonkurrenz zwischen dem sogenannten Hauptverfahren (auf Unterlassung des Holzbezuges und der dort erlassenen und mangels rechtskräftiger Beendigung des Hauptverfahrens aufrechten einstweiligen Verfügung, sowie eines allenfalls dort durchzuführenden Verfahrens nach § 399 EO) und dem vorliegenden Verfahren über die Einwendungen des Klägers gegen die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung im Sinne der §§ 35, 36 EO zu lösen, sondern die Frage, ob der Kläger im Sinne der von ihm bestrittenen mit dem Exekutionsantrag aufgestellten Behauptungen des Beklagten als betreibende Partei durch die verfahrensgegenständlichen Holzschlägerungen und -entnah- men gegen den Exekutionstitel (die aufrechte einstweilige Verfügung) verstoßen hat oder nicht. Von einem Anspruchsverlust (auf Grund des behördlichen Auftrages vom 19.6.1995 oder anderer Verfahrensentwicklungen zwischen den Streitteilen) geht weder der Kläger aus, noch liegt ein solcher Fall gar offen zutage. Den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet in der Tat allein die oben dargestellte Frage, ob ein Verstoß gegen den Exekutionstitel vorliegt oder nicht. Nur diese Frage wurde auch vom Erstgericht spruchmäßig in der Sache zugunsten des Klägers gelöst. Die im erstinstanzlichen Urteil enthaltenen Ausführungen über die Voraussetzungen des zum Exekutionstitel führenden Verfahrens (mangelnde Gefährdung des Waldbestandes, Ersetzbarkeit des Schadens in Geld und dergleichen) müssen als verfahrensfremde Erwägungen auf sich beruhen.

Zu Unrecht beruft sich das Gericht zweiter Instanz für seine Entscheidung auf die Entscheidung des erkennenden Senates JBl 1994, 419 = SZ 66/108, weil gerade dort in einem Falle einer Oppositionsklage gegen den auf Grund einer - wie hier auf Unterlassung gerichteten - einstweiligen Verfügung betriebenen Anspruch ausgesprochen wurde, daß für den Fall, daß mit der Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Wirkungen der Oppositionsklage nicht erreicht werden können, nicht auf die Antragstellung nach § 399 EO verwiesen werden kann, sondern die Oppositionsklage zulässig ist. Im vorliegenden Fall ist dem Kläger durch den Exekutionstitel - nach wie vor - verboten, aus den dem Beklagten gehörigen, ihm verpachteten rund 178,5 ha bewaldeten Liegenschaften Holz durch Schlägerungen zu entnehmen. Daß dieses Verbot durch den behördlichen Auftrag, etwa 30 fm Schadholz zu entfernen oder zu behandeln, zur Gänze erloschen sein könnte, hat nicht einmal der Kläger behauptet, dies kommt auch sonst nach der Aktenlage nicht in Betracht. Der Beklagte hat in seinem Exekutionsantrag lediglich behauptet, daß der Kläger entgegen dem bestehenden Schlägerungsverbot Holz geschlägert und entnommen habe. Dies hat der Kläger mit der vorliegenden Klage, die nach ihren Behauptungen und dem Hauptklagebegehren wohl als Impugnationsklage anzusehen ist, bestritten. Es liegt hier kein Fall einer auch nur denkbaren Konkurrenz mit den rechtlichen Möglichkeiten im Sinne des § 399 EO vor, worauf auch beide Parteien in ihren Rekursen zutreffend hinweisen.

Der Rechtsweg ist für die vorliegende Klage daher nicht unzulässig. Die Klage ist vielmehr einer Sachentscheidung zuzuführen. Der unzutreffende Beschluß des Berufungsgerichtes ist zu beheben. Dieses wird über die Berufung des Beklagten in der Sache zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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