Spruch:
Den Rekursen wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:
"Das Verfahren wird für nichtig erklärt und die Klage wird zurückgewiesen, soweit es sich um das Begehren auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15.7.1991, 4 C 52/91i-12, handelt.
Im übrigen, soweit also das Begehren auf Feststellung, daß der Anspruch auf einstweiligen Unterhalt erloschen ist, betroffen ist, wird der angefochtene Beschluß aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über die Rekurse der Parteien gegen den Beschluß des Erstgerichtes aufgetragen.
Die Kosten der Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Kosten des Rekursverfahrens vor dem Landesgericht für ZRS Wien.
Text
Begründung
Die Streitteile haben am 22.3.1991 die Ehe geschlossen. Der Kläger brachte am 11.6.1991 zu 4 C 52/91i des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien die Klage auf Aufhebung und Scheidung der Ehe ein.
Mit einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15.7.1991, 4 C 52/91i-12, wurde der Kläger auf Antrag der Beklagten dazu verpflichtet, ihr ab 20.6.1991 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens einen monatlichen Unterhalt von S 20.000 abzüglich je S 8.000 für Juni und Juli 1991 zu bezahlen; das Mehrbegehren von S 5.000 monatlich wurde abgewiesen. Infolge Rekurses des Klägers wurde diese einstweilige Verfügung mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 9.10.1991, 43 R 2097/91-40, in der Festsetzung eines monatlichen Unterhalts von S 17.000 bestätigt und im übrigen dahin abgeändert, daß für Juni und Juli 1991 Leistungen von nur S 5.000 je Monat abzuziehen sind und das Mehrbegehren von monatlich weiteren S 3.000 ab 20.6.1991 abgewiesen wird.
Der außerordentliche Rekurs des Klägers gegen diesen Beschluß wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 18.12.1991 mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Bereits am 29.11.1991 brachte der Kläger gegen die Beklagte zu 4 C 101/91w des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien die im Rubrum als Oppositionsklage bezeichnete Klage mit dem Begehren ein, die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15.7.1991, 4 C 52/91, auf Festsetzung vorläufigen Unterhalts werde aufgehoben; der Anspruch auf einstweiligen Unterhalt sei erloschen. Der Kläger brachte in dieser Klage vor, es sei eine wesentliche Änderung des der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Sachverhalts eingetreten; die Beklagte habe ihren Unterhaltsanspruch verwirkt; hiezu führte der Kläger mehrere Umstände an.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 19.12.1991 erörterte der Erstrichter das Klagebegehren und wies auf den Widerspruch "zwischen der Klage als Oppositionsklage und der Formulierung des Klagebegehrens" hin.
Die Beklagte beantragte die kostenpflichtige Klagsabweisung und brachte unter anderem vor, das Vorbringen des Klägers sei über weite Strecken unzulässig und unbeachtlich, weil damit entgegen § 35 Abs 1 EO keine neuen Tatsachen geltend gemacht würden, die erst nach Beendigung des Titelverfahrens eingetreten sind.
Der Kläger brachte am 3.4.1992 einen Schriftsatz (ON 14) ein, in dem er vorbrachte, er "stelle klar", daß es sich bei der Klage um eine Feststellungsklage handle. Weiters beantragte er die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der die einstweilige Verfügung vom 15.7.1991 auf Festsetzung des einstweiligen Unterhalts aufgehoben bzw für Oktober 1991 um S 2.500, für November 1991 bis Feber 1992 monatlich um S 7.500, für März und April 1992 monatlich um S 5.300 herabgesetzt werde. Diesen Antrag "dehnte" er mit Schriftsatz ON 17 dahin "aus", die einstweilige Verfügung werde für September 1991 um S 2.000 und für Oktober 1991 um S 7.000 herabgesetzt; die Anträge für den Zeitraum ab November 1991 hielt der Kläger aufrecht. Mit Schriftsatz ON 37 ergänzte der Kläger seinen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch Anführung weiterer Gründe der Unterhaltsverwirkung, die seit der Antragstellung eingetreten seien.
Das Erstgericht faßte in der Tagsatzung am 25.11.1993 den Beschluß auf Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 190 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung des zu 4 C 52/91 des Erstgerichtes anhängigen Antrags des Klägers auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 15.7.1991; die Fortsetzung dieses Verfahrens erfolge nur auf Antrag einer der beiden Parteien. Der Kläger habe zeitgleich mit der vorliegenden Klage den inhaltlich völlig identischen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu 4 C 52/91-55c erhoben, über den noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Da die Entscheidung über diesen vollinhaltlich deckungsgleichen Antrag präjudiziell sei, "vor allem aber aus prozeßökonomischen Gründen", sei das Verfahren zu unterbrechen.
Das Rekursgericht hob aus Anlaß der von beiden Parteien erhobenen Rekurse diesen Beschluß des Erstgerichtes und das gesamte Verfahren als nichtig auf und überwies das in der Klage gestellte Begehren des Inhaltes, "Die einstweilige Verfügung vom 15.7.1991 zu 4 C 52/91 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien auf Festsetzung vorläufigen Unterhaltes wird aufgehoben. Der Anspruch auf einstweiligen Unterhalt ist erloschen.", samt den weiters darauf im Verfahren abzielenden Anträgen und Sicherungsbegehren gemäß § 44 JN in das beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu 4 C 52/91i anhängige Scheidungsverfahren. Die vorliegende Klage sei keine Oppositionsklage nach § 35 EO, weil keine Exekution bekämpft werde; im Klagebegehren sei keine Exekution angeführt, die für unzulässig erklärt werden sollte. Sinn der Klage sei vielmehr nach dem Vorbringen des Klägers im Rekurs, "daß durch sie die bindungsmäßige Feststellung zu einer Einstellung der Exekution nach § 399 Abs 1 Z 4 EO bewirkt werden solle". Unrichtig sei die Auffassung des Klägers, daß ein Antrag nach § 399 Abs 1 Z 4 EO zwingend einer im Streitweg zu erwirkenden rechtskräftigen Feststellung bedürfe und die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung auch sonst "nur unter der Vorausetzung einer dahingehend im Prozeß zu erwirkenden Entscheidung möglich" sei, ebenso die Meinung des Klägers, daß einem solchen Klagebegehren eine über die Einstellung nach § 399 Abs 1 EO hinausgehende Wirkung zukomme. Vielmehr stellten auch rechtsvernichtende Urteile einen Aufhebungsgrund dar. Werde behauptet, daß der Anspruch "berichtigt" wurde, so sei dies im Exekutionsverfahren zu prüfen. Das Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung sei demnach nur ein Unterfall des § 399 Abs 1 Z 4 EO. Tatsächlich liege auch keine Feststellungsklage, sondern eine Rechtsgestaltungsklage vor, die einen im Exekutionsverfahren ergangenen Beschluß beseitigen wolle; dies sei unzulässig, weil derartige Beschlüsse nicht im Prozeßweg, sondern nur im Exekutionsverfahren selbst aufgehoben werden könnten. Im Streitverfahren könne, soweit zulässig, nur über die Ansprüche selbst entschieden werden, nicht aber über eine im exekutiven Sicherungsverfahren ergangene Entscheidung. In Wahrheit liege ein Antrag nach § 399 Abs 1 Z 4 EO vor, der nur im Exekutionsverfahren gestellt werden könne. Einen Antrag gleichen Inhalts habe der Kläger bereits im Scheidungsverfahren gestellt. Unterschiedlich sei nur, daß der eine Schriftsatz als Klage und der andere als Antrag bezeichnet worden sei und im einen Fall ein Antragsbegehren, im anderen Fall ein Klagebegehren - bei gleichem Inhalt - formuliert worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von beiden Parteien gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurse sind teilweise berechtigt.
Der Kläger hat mit dem als "Oppositionsklage" bezeichneten Schriftsatz mehrere Begehren gestellt, die nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und für die daher die Zulässigkeit des Rechtswegs getrennt zu beurteilen ist. Soweit er die Aufhebung der einstweiligen Verfügung begehrt, ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß in diesem Punkt der Rechtsweg nicht zulässig ist, weil hiefür bloß die in der Exekutionsordnung (vgl vor allem § 399 EO) vorgesehenen Anträge zur Verfügung stehen (vgl EvBl 1970/11). Da es hier nicht um die Frage der Zuständigkeit geht, hat das Rekursgericht allerdings zu Unrecht § 44 JN angewendet. In Betracht käme nur ein Ausspruch nach § 40a JN in der Richtung, daß das in der Exekutionsordnung vorgesehene Verfahren anzuwenden ist. Hiezu sieht sich der Oberste Gerichtshof aber nicht veranlaßt, weil der Kläger in diesem Verfahren ohnedies einen inhaltlich völlig gleichartigen Antrag eingebracht hat und daher nicht angenommen werden kann, es entspreche seinem Willen, daß ein weiterer Antrag in diesem Verfahren behandelt wird; dies wird im Revisionsrekurs im übrigen ausdrücklich verneint. In dem angeführten Punkt hat das Rekursgericht daher zu Recht gemäß § 240 Abs 3 ZPO das Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs für nichtig erklärt; die Klage war jedoch insoweit zurückzuweisen.
Zulässig ist der Rechtsweg hingegen für das Begehren auszusprechen, daß der Anspruch der Beklagten auf einstweiligen Unterhalt erloschen ist. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob es sich in diesem Punkt um eine Oppositionsklage oder eine (negative) Feststellungsklage handelt. Zur Oppositionsklage hat der Oberste Gerichtshof erst in jüngerer Zeit ausgesprochen, daß sie auch im Zuge einer auf Grund einer einstweiligen Verfügung geführten Exekution eingebracht werden kann (AnwBl 1994,384 = JBl 1994,419; zur einstweiligen Verfügung über vorläufigen Unterhalt schon EvBl 1970/10 und EvBl 1962/459). Nimmt man eine Feststellungsklage an, so ist allerdings zu bedenken, daß sie nach Einleitung eines Exekutionsverfahrens nicht mehr erhoben werden kann (SZ 60/88 = EF 55.147; EF 32.159 = EvBl 1979/11; EF 16.820 ua). Hier kann dahingestellt bleiben, ob in einem solchen Fall die Klage mangels Feststellungsinteresses abzuweisen ist (so anscheinend Rsp 1928/350 = ZBl 1928/279 und Rsp 1928/195) oder ob die Klage a limine zurückzuweisen und andernfalls das Verfahren für nichtig zu erklären ist (so EF 16.230). Die Nichtigerklärung des Verfahrens kommt hier nämlich deshalb nicht mehr in Betracht, weil nach dem Akteninhalt die zunächst anhängigen Exekutionsverfahren in der Zwischenzeit wieder eingestellt wurden und ein allfälliger Nichtigkeitsgrund daher weggefallen wäre.
Da der streitige Rechtsweg somit für die vom Kläger erhobene Klage entgegen der Meinung des Rekursgerichtes zulässig ist, wird dieses über die Rekurse zu entscheiden haben, welche die Parteien gegen den Unterbrechungsbeschluß des Erstgerichtes eingebracht haben.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
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