Rechtssatz
Nach § 90a Abs 2 Z 2 in Verbindung mit § 90b StPO sind diversionelle Maßnahmen unter anderem nur dann zulässig, wenn die Schuld des Verdächtigen (Angeklagten) nicht als schwer anzusehen wäre. Für den Begriff "schwere Schuld" ist jener Schuldbegriff maßgebend, der in § 32 Abs 1 StGB als Grundlage für die Bemessung der Strafe vorausgesetzt wird, wobei die Prüfung dieser Frage stets nach Lage des konkreten Falles eine ganzheitliche Abwägung aller unrechtsrelevanten und schuldrelevanten Tatumstände verlangt. Handlungsunwert und Gesinnungsunwert müssen insgesamt eine Unwerthöhe erreichen, die im Wege einer überprüfenden Gesamtbewertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. Ob schwere Schuld vorliegt, ist nach Strafbemessungsgrundsätzen (§ 32 StGB) zu beurteilen, wobei hiefür keineswegs ein Überwiegen der Erschwerungsumstände vorausgesetzt wird (13 Os 111/00 mit weiteren Judikaturhinweisen und Literaturhinweisen).
15 Os 110/02 | OGH | 28.11.2002 |
nur: Für den Begriff "schwere Schuld" ist jener Schuldbegriff maßgebend, der in § 32 Abs 1 StGB als Grundlage für die Bemessung der Strafe vorausgesetzt wird, wobei die Prüfung dieser Frage stets nach Lage des konkreten Falles eine ganzheitliche Abwägung aller unrechtsrelevanten und schuldrelevanten Tatumstände verlangt. Handlungsunwert und Gesinnungsunwert müssen insgesamt eine Unwerthöhe erreichen, die im Wege einer überprüfenden Gesamtbewertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. Ob schwere Schuld vorliegt, ist nach Strafbemessungsgrundsätzen (§ 32 StGB) zu beurteilen. (T1) |
13 Os 16/04 | OGH | 19.05.2004 |
Auch; Beisatz: Bei der Frage nach schwerer Schuld fällt neben dem Gesinnungsunwert und den Strafbemessungsgründen der §§ 32 ff StGB auch das vom Täter verwirklichte Handlungs- und Erfolgsunrecht ins Gewicht. (T2) |
12 Os 45/04 | OGH | 05.08.2004 |
Auch; Beisatz: Bei der Prüfung der Diversionsvoraussetzung nach § 90a Abs 2 Z 2 StPO im Sinn einer umfassenden Strafzumessungsschuld ist das Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie der Gesinnungsunwert jeweils tat- und täterbezogen einer Bewertung zu unterziehen. (T3) |
11 Os 26/05s | OGH | 31.01.2006 |
Auch; nur: Handlungsunwert und Gesinnungsunwert müssen insgesamt eine Unwerthöhe erreichen, die im Wege einer überprüfenden Gesamtbewertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. (T4) |
14 Os 84/06v | OGH | 14.11.2006 |
Auch; Beis wie T2; Beisatz: Hier: Angesichts des - nach den Urteilsannahmen - grundlosen brutalen Angriffs gegen ein dem Angeklagten völlig unbekanntes Opfer auf offener Straße schlagen diese Kriterien insgesamt zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus, sodass sich die vom Schuldspruch (§ 83 Abs 1 StGB) umfasste Tat nicht für eine diversionelle Erledigung eignet. (T5) |
13 Os 35/07g | OGH | 02.05.2007 |
Auch; Beis wie T2; Beisatz: Hier: falsche Beweisaussage eines Polizeibeamten vor einer Verwaltungsbehörde - keine diversionelle Erledigung. (T6) |
14 Os 76/07v | OGH | 28.08.2007 |
Auch; Beis wie T2; Beisatz: Unter dem Aspekt spezialpräventiver Notwendigkeit einer Bestrafung ist auch eine gänzlich leugnende Verantwortung des Angeklagten durchaus beachtlich. (T7) |
15 Os 128/07y | OGH | 22.11.2007 |
Beisatz: Bei der Gesamtwertung kommt auch der vom Gesetzgeber in der Strafdrohung zum Ausdruck gebrachten Vorbewertung des deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehaltes eine Indizwirkung für die Schuldabwägung zu (WK-StPO § 90a Rz 13f, 16, 21f und 27ff). (T8) |
14 Os 32/08z | OGH | 15.04.2008 |
Auch; Beisatz: Bei der Bewertung des Grades der Schuld als „schwer" ist von jenem Schuldbegriff auszugehen, der nach §§ 32 ff StGB die Grundlage für die Strafbemessung bildet, wobei stets nach Lage des konkreten Falls eine ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände vorzunehmen ist. Demnach müssen sowohl das Handlungs-, Erfolgs- als auch das Gesinnungsunrecht insgesamt eine Unwerthöhe erreichen, die im Wege einer überprüfenden Gesamtwertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. (T9)<br/>Beis wie T8; Beisatz: Nunmehr „schwere Schuld" im Sinn des § 198 Abs 2 Z 2 StPO. (T10) |
15 Os 64/08p | OGH | 21.08.2008 |
Beisatz: Hier: Angesichts der vollkommen grundlosen Aggressionshandlung, die sich einer vorsätzlichen Tatbestandsverwirklichung annähert, der dabei vorhersehbaren Nähe eines Schadenseintritts, des nicht bloß geringfügigen verschuldeten Erfolgsunrechts und vor allem der sich in den gesamten Umständen der Tat konkretisierenden, gravierenden täterspezifischen Schuld erreichen Handlungs- und Gesinnungsunwert insgesamt eine Unwerthöhe, die als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist, und die auch nicht durch das Nachtatverhalten des Verurteilten gemindert werden kann. Die Schuld des Täters ist im konkreten Fall als schwer zu qualifizieren, sodass sich die vom Schuldspruch umfasste Tat - auch im Hinblick auf den nicht unerheblichen sozialen Störwert - nicht für eine diversionelle Erledigung eignet. (T11) |
15 Os 162/08z | OGH | 13.11.2008 |
Auch; Beis wie T9; Beisatz: Dabei kommt auch der vom Gesetzgeber in der Strafdrohung zum Ausdruck gebrachten Vorbewertung des deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalts eine Indizwirkung für die Schuldabwägung zu. (T12) |
12 Os 27/09a | OGH | 28.05.2009 |
Vgl; Beisatz: Das Unterbleiben einer diversionellen Erledigung durch die Staatsanwaltschaft (§ 7 JGG) ist einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren nicht zugänglich. (T13)<br/>Beisatz: Im Übrigen liegen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Kriterien, insbesondere des vom Gesetzgeber nicht nur durch die Strafdrohung, sondern auch durch die Bezeichnung des Verbrechens nach § 206 Abs 1 StGB als schweren sexuellen Missbrauch als hoch eingestuften Tatunrechts und der vielfachen Tatwiederholung im Tatzeitraum 14 bis 15-jährigen Angeklagten zum Nachteil der eigenen, erst 8 bzw 9-jährigen Schwester, die Voraussetzungen für ein diversionelles Vorgehen nach dem 11. Hauptstück der StPO nicht vor. (T14) |
13 Os 87/11k | OGH | 13.10.2011 |
Auch; Beisatz: Bei der Frage nach schwerer Schuld (neben dem Gesinnungsunwert, den Strafzumessungsgründen und dem Erfolgsunrecht) fällt auch das vom Täter verwirklichte Handlungsunrecht ins Gewicht. (T15) |
11 Os 64/12i | OGH | 28.06.2012 |
Auch; nur: Für den Begriff "schwere Schuld" ist jener Schuldbegriff maßgebend, der in § 32 Abs 1 StGB als Grundlage für die Bemessung der Strafe vorausgesetzt wird, wobei die Prüfung dieser Frage stets nach Lage des konkreten Falles eine ganzheitliche Abwägung aller unrechtsrelevanten und schuldrelevanten Tatumstände verlangt. (T16) |
15 Os 61/12b | OGH | 27.06.2012 |
Auch; Beisatz: Bei der Bewertung des Grades der Schuld als „schwer“ ist von jenem Schuldbegriff auszugehen, der nach §§ 32 ff StGB die Grundlage für die Strafbemessung bildet, wobei stets nach Lage des konkreten Falls eine ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände vorzunehmen ist. Demnach müssen sowohl das Handlungs-, Erfolgs- als auch das Gesinnungsunrecht insgesamt eine Unwerthöhe erreichen, die im Wege einer überprüfenden Gesamtwertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. Dabei kommt auch der vom Gesetzgeber in der Strafdrohung zum Ausdruck gebrachten Vorbewertung des deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalts eine Indizwirkung für die Schuldabwägung zu. (T17) |
17 Os 15/13d | OGH | 30.09.2013 |
Auch; Beis wie T17; Beisatz: Hier: Ungerechtfertigte Datenabfrage. (T18) |
17 Os 34/14z | OGH | 13.10.2014 |
Auch; Beisatz: Die Anwendung der Diversion ist bei Missbrauch der Amtsgewalt auf leichte Fälle beschränkt, wie sich schon aus dem Ausnahmecharakter des § 198 Abs 3 (gegenüber Abs 2 Z 1) StPO ergibt. (T19)<br/>Beisatz: Die Voraussetzung bloß geringfügiger oder sonst unbedeutender Schädigung an Rechten stellt nach ihrem Wortlaut und den eindeutigen Gesetzesmaterialien nicht bloß auf Vermögensrechte ab, weshalb auch jeder „Schaden an immateriellen Rechten und Persönlichkeitsrechten sowie an öffentlichen Rechten“ bei Beurteilung dieses Ausschlusskriteriums ins Kalkül zu ziehen ist. (T20)<br/>Beisatz: Das Tatbild des § 302 Abs 1 StGB verlangt keinen tatsächlichen Schadenseintritt. Auch deshalb ist die von § 198 Abs 3 StPO, der überdies an die „Tat“ und nicht an die strafbare Handlung anknüpft, angesprochene (wirkliche) Herbeiführung einer Schädigung an Rechten dem Bezugspunkt des tatbestandsmäßigen Schädigungsvorsatzes nicht gleichzusetzen. (T21)<br/>Beis wie T8; Beis wie T12; Beis wie T17 |
12 Os 113/15g | OGH | 22.10.2015 |
Auch; Beis wie T8; Beisatz: Bei Jugendlichen ist von dem durch § 5 Z 4 JGG modifizierten Strafrahmen auszugehen. (T22) |
14 Os 12/17x | OGH | 04.04.2017 |
Vgl; Beis ähnlich wie T17; Beisatz: Bei einer (hier gemäß § 87 Abs 1 StGB iVm § 19 Abs 1 JGG) maßgeblichen Strafdrohung von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe könnten nur besonders mildernde Umstände der Annahme nicht schwerer Schuld rechtfertigen. (T23) |
14 Os 110/19m | OGH | 07.10.2019 |
Vgl; Beis wie T8; Beis wie T12; Beis wie T17; Beis wie T24 |
14 Os 87/19d | OGH | 07.10.2019 |
Vgl; Beis wie T8; Beis wie T12; Beis wie T17 |
12 Os 71/20p | OGH | 15.10.2020 |
Vgl; Beis wie T8; Beis wie T12; Beis wie T17 |
12 Os 144/21z | OGH | 31.03.2022 |
Vgl; Beis wie T8; Beis wie T12; Beis wie T17 |
14 Os 63/23f | OGH | 01.08.2023 |
vgl; Beisatz wie T17; Beisatz wie T24 |
14 Os 18/24i | OGH | 19.06.2024 |
vgl; Beisatz wie T17; Beisatz wie T19; Beisatz wie T24 |
Dokumentnummer
JJR_20020110_OGH0002_0150OS00164_0100000_002
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