OGH 14Os76/07v

OGH14Os76/07v28.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter S***** wegen des Vergehens des Missbrauchs von Tonaufnahmegeräten als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 120 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 18. Dezember 2006, GZ 13 Hv 64/06i-29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält, wurde Peter S***** des Vergehens des Missbrauchs eines Tonaufnahmegerätes als Beteiligter nach (vgl Bertel in WK² § 313 Rz 3; 15 Os 109/99; richtig daher:) §§ 12 zweiter Fall, 120 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht zum 6. April 2006 in Murau als Beamter unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit, nämlich als Kommandant der Polizeiinspektion Murau, dadurch, dass er den abgesondert verfolgten GI Ernst P***** zum Anbringen und Einschalten eines Videorekorders inklusive Mikrophon und Videokassette in einem Dienstzimmer der Bezirksleitstelle der Polzeiinspektion Murau befindlichen Unterkasten veranlasste, ein Tonaufnahmegerät benützt, um sich von einer nicht öffentlichen und nicht zu seiner Kenntnisnahme bestimmten Äußerung anderer, nämlich der Gesprächsinhalte der diensthabenden Polzeibeamten RI Christian S***** und AI Georg Z*****, Kenntnis zu verschaffen. Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 9 lit c, 10 und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit c, der Sache nach Z 9 lit b; vgl RIS-Justiz RS0096043; Markel, WK-StPO § 2 Rz 30) behauptet das Nichtvorliegen einer auf eine bestimmte Person bezogenen Ermächtigung zur Strafverfolgung gemäß § 2 Abs 5 StPO und verweist dazu auf die in der Hauptverhandlung verlesenen (S 549/I) - von der Beschwerde isoliert und aus dem Zusammenhang gerissen zitierten - Ermächtigungserklärungen der Geschädigten Christian S***** und Georg Z***** (S 267, 281/I).

Weshalb sich diese aber nicht auf die Person des Angeklagten bezogen haben sollen, obwohl beide Geschädigten vom Büro für Innere Angelegenheiten als Zeugen explizit zu dem gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurf verbotener Abhörung ihrer miteinander geführten Privatgespräche befragt wurden, dort angaben, dass ihrer Information nach Peter S***** Aufsteller der Anlage war und im Anschluss daran jeweils ausdrücklich erklärten, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen (S 259 f/I; S 275 f), legt die Rüge nicht dar. Dass vorliegend die ausdrückliche Anführung des Namens des Angeklagten zwingende Voraussetzung für die Beurteilung der Erklärung als Ermächtigung im Sinne des § 2 Abs 5 StPO sein sollte (vgl aber 13 Os 36/96; zum Ganzen Markel, WK-StPO § 2 Rz 29 und 31), ist nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen übergeht der Nichtigkeitswerber die vor Beginn der Hauptverhandlung dem Gericht gegenüber abgegebene Erklärung des Christian S*****, sich dem Strafverfahren gegen den Angeklagten als Privatbeteiligter anzuschließen (ON 13; § 2 Abs 5 zweiter Satz StPO). Nominell aus Z 10 (der Sache nach Z 9 lit b) moniert die Beschwerde, dass es das Erstgericht unterlassen habe, Feststellungen dazu zu treffen, „ob der Angeklagte bei Begehung der ihm angelasteten Tat - zu Recht oder allenfalls irrtümlich im Sinne des § 8 StGB - einen Sachverhalt angenommen hatte, der die Rechtswidrigkeit der ihm angelasteten Tat ausschließen würde". Dazu wird die Urteilsannahme zitiert, wonach Peter S***** den Plan fasste, sich mittels eines in der Bezirksleitstelle versteckt aufgestellten Tonaufnahmegerätes Kenntnisse über den Inhalt der Gespräche seiner Kollegen zu verschaffen, um die Vermutung zu bestätigen, diese seien Verfasser mehrerer an die Staatsanwaltschaft Leoben und das Bundesministerium für Justiz gerichteter anonymer Schreiben, die Anschuldigungen gegen Polizeibeamte der Polizeiinspektion Murau enthielten (US 5). Der Nichtigkeitswerber kritisiert, dass die Tatrichter trotz dieser Konstatierung „weder auf die Frage des Vorliegens des Rechtfertigungsgrundes der Ausübung einer Amts- oder Dienstpflicht noch auf die irrtümliche Annahme dieses Rechtfertigungsgrundes im Sinne des § 8 StGB" eingegangen sind.

Ein Feststellungsmangel wird dadurch geltend gemacht, dass unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, aber indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat. Um einen Feststellungsmangel zu bewirken, müssen die Indizien in der Hauptverhandlung vorgekommen sein. Denn Feststellungen können nur anhand des der Beweiswürdigung zugänglichen Beweismaterials getroffen werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600). Auf solche Indizien weist die Beschwerde jedoch nicht hin (vgl dazu auch: Lewisch in WK² Nachbem zu § 3 Rz 253).

Der Angeklagte hat sich im Übrigenzudem niemals auf das Vorliegen der formellen Voraussetzungen für eine akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel (also eines Gerichtsbeschlusses; § 149e StPO) oder darauf berufen, aufgrund der Inanspruchnahme von Amts- und Dienstbefugnissen zu der angelasteten Maßnahme berechtigt gewesen zu sein oder irrtümlich das Vorliegen eines vollständigen Rechtfertigungssachverhaltes angenommen zu haben. Vielmehr hat er durchgehend behauptet, die Installation der Anlage sei aufgrund mehrfacher Beschwerden von Polizeibeamten über zu hohe Lärmentwicklung der elektronischen Geräte auf der Dienststelle zur „Lärmmessung" erfolgt und die Intention einer Abhörung seiner Kollegen - zu welchem Zweck auch immer - vehement bestritten (S 235 ff, 391 ff/I).

Demgemäß ist nicht nachvollziehbar aus welchem Grund sich die Tatrichter mit der in der Beschwerde in den Raum gestellten abstrakten Möglichkeit des Vorliegens oder der irrtümlichen Annahme eines Rechtfertigungsgrundes auseinandersetzen hätten sollen. Der Diversionsrüge (Z 10a) kommt ebenfalls keine Berechtigung zu. Gegenstand der Z 10a ist - neben einem hier nicht behaupteten Feststellungsmangel in Bezug auf in der Hauptverhandlung hervorgekommene Umstände, die für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäben - die rechtsfehlerhafte Beurteilung der tatsächlichen Urteilsannahmen, nicht aber deren einwandfreie Ermittlung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 659 ff); ein Urteil ist demnach - unter dem hier interessierenden Aspekt - dann nichtig iSd Z 10a, wenn die darin enthaltenen Feststellungen die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen.

Indem der Rechtsmittelwerber bloß die ihm nicht eröffnete Möglichkeit einer diversionellen Erledigung kritisiert und auf seine bisherige Unbescholtenheit und auf das vom Erstgericht angenommene, in der Rechtsrüge zitierte Motiv für die Tat hinweist, leitet er die angestrebte rechtliche Konsequenz nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab, was zur Zurückweisung des Rechtsmittels bereits in einer nicht öffentlichen Beratung führt (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass unter dem Aspekt spezialpräventiver Notwendigkeit einer Bestrafung vorliegend die gänzlich leugnende Verantwortung des Angeklagten durchaus beachtlich ist und bei der Frage nach schwerer Schuld neben dem Gesinnungsunwert und den Strafzumessungsgründen der §§ 32 ff StGB auch das vom Täter verwirklichte Handlungs- und Erfolgsunrecht ins Gewicht fällt (Schroll, WK-StPO § 90a Rz 16). Diese Kriterien schlagen angesichts der vorliegenden illegalen Abhöraktion zum Nachteil eigener Kollegen an der gemeinsamen Dienststelle, zu der der Angeklagte - als mit der Strafrechtspflege betrautes, in Führungsposition tätiges und solcherart zu besonderer Gesetzestreue und Fürsorge gegenüber seinen Mitarbeitern verpflichtetes Organ - einen ihm unterstellten Polizeibeamten anstiftete, insgesamt zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus, sodass sich die vom Schuldspruch umfasste Tat nicht für eine diversionelle Erledigung eignet.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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