European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00110.22S.0425.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten H* A*, K* A*, Ho* A*, N* A*, * K*, * N* und * V* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Schuldspruch eines Mitangeklagten sowie in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurden H* A*, K* A*, Ho* A*, N* A*, * K*, * N* und * V* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 2 und 3 SMG schuldig erkannt.
[2] Danach haben – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – in B* und andernorts ab einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 22. Juni 2016 bis Ende August 2018 unter Beteiligung eines weiteren Mitangeklagten, zweier abgesondert verfolgter, im Urteil namentlich genannter, sowie unbekannter Täter zur vorschriftswidrigen Ein- und Ausfuhr von Suchtgift in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 3.323.530 Stück Captagon‑Tabletten (darin enthalten 107.350 Gramm Amphetamin in Reinsubstanz), in wiederholten Angriffen durch jeweils grenzüberschreitenden Transport vom Libanon über Belgien, Dänemark und Deutschland nach Österreich und – nach Umverpackung der Captagon‑Tabletten in Pizzaöfen, Industriewaschmaschinen und Industriewäschetrockner – weiter nach Saudi Arabien dadurch beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), dass
1. H* A* den Vertrieb und die Lagerung organisierte, die Entscheidung über die Verpackungsmethode samt anschließender Einschulung der weiteren Angeklagten traf und den Versand der mit Suchtgift befüllten Elektrogeräte nach Saudi Arabien organisierte (US 13),
2. K* A* die Aufsicht über das Entladen der Suchtgiftlieferung übernahm, weitere Angeklagte zur Unterstützung des Umverpackungsvorgangs anwarb und in zahlreichen Angriffen am Umverpacken der Captagon‑Tabletten in die genannten Elektrogeräte mitwirkte,
3. Ho* A* die Räumlichkeiten einer Pizzeria zur Lagerung und Umverpackung des Suchtgifts zur Verfügung stellte und die mit der Befüllung der Pizzaöfen Beschäftigten motivierte und verpflegte,
4. N* A* und * V* die Verschiffung und Verfrachtung des Suchtgifts vom Libanon (US 14) nach Belgien samt dessen anschließender Zwischenlagerung unter Verschleierung des wahren Inhalts der jeweiligen Containerlieferungen vor den Schifffahrts-, Hafen- und Zollbehörden mitorganisierten und die Captagon‑Tabletten in Belgien entgegennahmen (US 14),
5. * K* Lagerräumlichkeiten in V* anmietete, das dorthin gelieferte Suchtgift verwahrte, Helfer zum Entladen sowie den Ankauf von geeigneten Elektrogeräten organisierte, am Befüllen von Industriewaschmaschinen und Industriewäschetrocknern mit Captagon‑Tabletten mitwirkte und das Lager verwaltete, sowie
6. * N* das gelieferte Suchtgift in ihren Hotels in N* und P* lagerte, es in der Folge für den Weitertransport nach B* und V* in Fahrzeuge verlud sowie die Captagon‑Tabletten gemeinsam mit dem Angeklagten H* A* nach L* und P* transportierte (US 17),
wobei sie die Taten als Mitglieder einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten nach § 28a Abs 1 SMG begangen haben.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richten sich die von K* A* und * K* aus Z 4, von H* A*, Ho* A*, N* A* und * V* aus Z 4 und 5 und von * N* aus Z 3, 4, 5 und 5a jeweils des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.
I./ Zu den Verfahrensrügen (Z 4):
[4] Soweit die (getrennt ausgeführten) Rügen der Angeklagten H* A*,K* A*,Ho* A*,K* undN* zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO im Wesentlichen inhaltsgleich, teils wortgleich argumentieren, werden sie im Folgenden gemeinsam behandelt (I./1./). Die weiteren Beschwerdeausführungen dieser Angeklagten zu Z 4 und die Verfahrensrügen der Angeklagten N* A* und V* verlangen hingegen eine gesonderte Beantwortung (I./2./).
Voranzustellen ist:
[5] Soweit die Rügen die Begründungen der Abweisungen der Beweisanträge durch das Erstgericht kritisieren, entfernen sie sich vom Prüfungsmaßstab der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO (RIS‑Justiz RS0116749 [T9], RS0121628 [T1]).
[6] Die in den Rechtsmitteln umfangreich nachgetragenen Ausführungen zur jeweiligen Antragsfundierung haben mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).
[7] In Bezug auf Antragstellung, Anschlusserklärungen und Inhalt der Anträge geht der Oberste Gerichtshof vom – ungerügt gebliebenen und aus seiner Sicht unbedenklichen – Hauptverhandlungsprotokoll aus (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 312).
[8] 1./ Zu den Beschwerdeausführungen der Angeklagten H* A*,K* A*,Ho* A*,K* (zu den im Folgenden mit a, b, c und f bezeichneten Beweisanträgen) undN* (zu den im Folgenden mit d bis f bezeichneten Beweisanträgen), soweit sie gemeinsam zu beantworten sind:
[9] Den Rügevorbringen zuwider wurden durch die Abweisung (ON 1386 S 34 f, ON 1411 S 12) folgender, in der Hauptverhandlung am 24. Februar 2022 von H* A*, K* A* und Ho* A* gestellter Beweisanträge (ON 1372 S 31 ff), denen sich – mit Ausnahme des K* (vgl ON 1372 S 36 f – Anschlusserklärung nur in Bezug auf die beantragte Vernehmung der Zeugin * F*) – alle genannten Angeklagten anschlossen (ON 1372 S 36 ff; zur Zulässigkeit RIS‑Justiz RS0099244), und am 16. März 2022 von K* A* gestellter Beweisanträge (ON 1411 S 2 ff [S 8 ff]), denen sich ebenfalls alle genannten Angeklagten anschlossen (ON 1411 S 11), Verteidigungsrechte aus folgenden Gründen nicht verletzt:
[10] Die Anträge auf
a) Vernehmung des Kriminalbeamten * P* als Zeugen zum Beweis dafür, dass dieser „bereits im Jahr 2018 Kontakt mit * H* hatte bzw. ihm dieser Name und dessen Rolle als Vertrauensperson bzw. 'source of information' bekannt war und die diesbezüglichen Ermittlungsberichte und Einvernahmen somit – zumindest in zeitlicher Hinsicht – als manipuliert zu beurteilen sind“, er „spätestens im April 2019 von * H* auf den 14.Angeklagten * S* hingewiesen wurde“, dass „also der nunmehrige 'Kronzeuge' […] H* bereits im April 2019 als Vertrauensperson des LKA Salzburg tätig war (und zwar im Hinblick auf das gegenständliche Strafverfahren)“, wobei der Zeuge aufzufordern wäre, „sämtliche schriftlichen Unterlagen (AVs, Korrespondenz, Konzeptakt etc.) vorzulegen“ (ON 1411 S 8), sowie
b) „Beischaffung des E‑Mails des 23.04.2019 von Insp. A* Va* an das Polizeipräsidium Oberbayern Süd VP‑Führung […]“, zum Beweis dafür, dass „das LKA Salzburg bereits zu diesem Zeitpunkt von * H* auf den 14.‑Angeklagten * S* hingewiesen wurde und die diesbezüglichen Ermittlungsberichte und Einvernahmen somit – zumindest in zeitlicher Hinsicht – als manipuliert zu beurteilen sind“ (ON 1411 S 8),
betrafen mit ihren Beweisthemen per se keine für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage erheblichen Tatsachen (siehe aber RIS‑Justiz RS0116503, RS0118319 [T1]), lassen sich aus der thematisierten zeitlichen Komponente doch keine Rückschlüsse auf das konkrete Tatgeschehen ziehen.
[11] Das weitere Antragsvorbringen, aus den (zuvor umfangreich) „dargelegten Umstände[n]“ und den „augenscheinlich unrichtigen zeitlichen Angaben“ ergäbe sich der Verdacht, der Belastungszeuge H* sei „zumindest ab Beginn der Telefonüberwachung“ als Vertrauensperson der Ermittlungsbehörde tätig geworden, habe „somit in deren Auftrag […] als 'agent provocateur' iSd § 5 Abs 3 StPO agiert“ und sei „zur Erlangung von Geständnissen via Telefonüberwachung eingesetzt“ worden (ON 1411 S 7), legte weder dar, in welcher Weise eine Beeinflussung der jeweiligen Beschwerdeführer betreffend die Begehung der inkriminierten strafbaren Handlungen oder ein darauf bezogenes Geständnis erfolgt, noch welche konkrete, eine strafbare Handlung zugestehende Aussage iSd § 5 Abs 3 zweiter Fall StPO (vgl dazu Wiederin, WK‑StPO § 5 Rz 126) erschlichen worden sein soll. Der Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten K* A*, wonach H* „treibende Kraft“ und „Ideengeber“ gewesen sei und den Kontakt zum „'Onkel' A* Al *“ hergestellt habe, genügt in diesem Zusammenhang ebenso wenig (vgl dazu RIS‑Justiz RS0132243, RS0130354) wie die These, H* sei „zur Erlangung von Geständnissen via Telefonüberwachung eingesetzt worden“. Gleiches gilt für die – im Übrigen erst in den Rechtsmitteln nachgetragene – Behauptung, der Genannte habe sämtliche der vom Erstgericht als belastend angesehenen Äußerungen der Angeklagten anlässlich zwischen diesen geführter (überwachter) Telefongespräche durch die Drohung, die von ihm angefertigten Fotos und Videos zur Polizei zu schicken, und durch seine anschließende Flucht „provoziert“ (vgl dazu Wiederin, WK‑StPO § 5 Rz 127 ff). Überdies zielten die Anträge bloß auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (RIS‑Justiz RS0118444, RS0118123), weil dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen war, weshalb selbst aus dem gelungenen Nachweis zeitlich früherer Kontakte des Zeugen H* zu Ermittlungsbehörden die Richtigkeit der zitierten Einlassung des Angeklagten K* A* folgen sollte (vgl dazu auch US 28 ff) und inwiefern die begehrten Beweisaufnahmen die weiteren spekulativ behaupteten Ergebnisse erwarten ließen (RIS‑Justiz RS0099453).
[12] Bleibt aus dem Blickwinkel einer Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK hinzuzufügen, dass der Einwand des Vorliegens einer unzulässigen Tatprovokation (§ 5 Abs 3 StPO; RIS‑Justiz RS0130354; Wiederin, WK‑StPO § 5 Rz 16 ff) den staatlichen Behörden nur dann eine Beweislast für das Nichtvorliegen von Tatprovokation im Sinn der Rechtsprechung des EGMR auferlegt (dazu eingehend und mwN Zerbes, WK‑StPO § 133 Rz 22 ff; jüngst EGMR 24. 1. 2023, 48105/16, Nikolov/Österreich; RIS‑Justiz RS0130354 [T1]), wenn die Behauptungen des Angeklagten nicht (wie hier aufgrund fehlender Anhaltspunkte für ein solches Vorgehen) völlig unwahrscheinlich sind.
[13] Soweit diese Beweisanträge darauf abstellten, die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen H* zu erschüttern, waren sie zwar grundsätzlich auf eine erhebliche Tatsache gerichtet, weil die Beweisführung zur Beweiskraft von – wie hier – schulderheblichen Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0028345; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 340). Sie gaben aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeuge in Bezug auf entscheidende Tatsachen die Unwahrheit gesagt hätte (RIS‑Justiz RS0120109 [T3]).
[14] Dies gilt auch für den Antrag,
c) „beim Bundeskriminalamt […] zu erheben, ob * H* als Vertrauensperson für das Landeskriminalamt Salzburg oder eine andere kriminalpolizeiliche Ermittlungsbehörde registriert war oder ist“ und – bejahendenfalls – (zusammengefasst) „in welchem Zeitraum, unter welcher Identität“ er tätig war, „ob er hierfür insbesondere im Rahmen des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens eine Belohnung erhalten hat und wenn ja, in welcher Höhe, mit welchen Umständen die konkrete Höhe […] begründet wurde“, wer ihn „als VP‑Führer führte und ob dieser dafür eine Führungsprämie erhielt“, wer „die zweite Person war, die diese Vertrauensperson führte“ und „welche konkreten Umstände dem Bundeskriminalamt zur eigenen Beteiligung des * H* an gegenständlichen Straftaten, zu dessen dabei eingenommener Rolle und zur Quelle seiner diesbezüglichen Informationen bekannt gegeben wurden“, dies zum Beweisthema der „umfassenden Aufklärung der Hintergründe der Aussagen des Kronzeugen * H* und damit auch zur Beurteilung dessen Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit“ (ON 1372 S 32 f),
weil auch dieses Vorbringen offen ließ, warum aus der angestrebten Beweisaufnahme Rückschlüsse darauf gezogen werden könnten, der Zeuge habe zu entscheidenden Tatsachen die Unwahrheit gesagt.
[15] Die Anträge auf
d) „Beischaffung der Captagon‑Tabletten, welche in der I* Straße * in * B* vor der Außentreppe, die zum Haupteingang der dortigen Pizzeria führt, vergraben bzw. einbetoniert wurden“, zum Beweis dafür, dass K* A* weder „Captagon‑Tabletten verkaufte noch nach Saudi‑Arabien verschickte“ und „die vom Kronzeugen […] an das LKA Salzburg übergebenen Captagon‑Tabletten nicht aus dem Keller der Pizzeria Pa* stammen und in keinem Zusammenhang mit diesem Verfahren stehen“ (ON 1411 S 9), sowie
e) „kriminaltechnische Untersuchung der dort vorgefundenen Captagon‑Tabletten samt quantitativen Bestimmung des Suchtmittelgehalts“ zum Beweis dafür, dass „die in Rede stehenden Captagon‑Tabletten von minderer Qualität sind und einen geringeren Reinheitsgehalt aufweisen als in der Anklage angenommen“ (ON 1411 S 9),
bezogen sich angesichts der gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfe nicht auf entscheidende Tatsachen, weil ihnen der „Verkauf“ der eingeführten Suchtmittel (iSd § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG) nicht angelastet wurde, mit dem angestrebten Wegfall (bloß) deren Ausfuhr nur eine der beiden (gleichwertigen) Begehungsformen des insoweit als alternatives Mischdelikt angelegten § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG in Frage gestellt werden sollte (vgl RIS‑Justiz RS0115527 [T3]) und schließlich gar nicht behauptet wurde, dass selbst bei Nachweis eines „geringeren Reinheitsgehalts“ der exorbitant großen tatverfangenen Menge an Captagon‑Tabletten (vgl US 3, 19 f) die Qualifikation des § 28a Abs 4 Z 3 SMG nicht erfüllt wäre. Unter dem Aspekt der Beweisführung zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit des angesprochenen Zeugen scheitert die Kritik an der Abweisung der Beweisanträge demgemäß gleichfalls, weil eine erhebliche (und damit beweisbedürftige) Tatsache nur dann vorgelegen wäre, wenn sich aus den Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für eine Falschaussage des Zeugen zu entscheidenden Tatsachen ergeben hätten (vgl erneut RIS-Justiz RS0120109 [T3]).
[16] Im Übrigen legten die Anträge nicht dar, weshalb die begehrten Beweisaufnahmen die (spekulativ) behaupteten Ergebnisse erbringen sollten und waren demnach auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (erneut RIS‑Justiz RS0118123, RS0118444, RS0099453; Ratz WK‑StPO § 281 Rz 330 f).
[17] Selbiges gilt auch für den Beweisantrag auf
f) „lückenlose und wortwörtliche Übersetzung von der ersten bis zur letzten Sekunde aller TKÜ‑Protokolle, welche durch die Dolmetscherin * F* übersetzt wurden“, zum Beweis dafür, dass die Übersetzungen „fehlerhaft sind und entscheidende Stellen ausgelassen oder falsch übersetzt wurden und somit unrichtige Vorwürfe gegen einzelne Angeklagte erhoben wurden“ (ON 1372 S 31).
[18] Denn auch er ließ – wie die Angeklagten K* A*, Ho* A* und N* einräumen – nicht erkennen, aus welchen nachvollziehbaren (nicht auf bloßen Mutmaßungen beruhenden) Gründen, das behauptete Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Mit Blick auf die ohnehin vorgenommene Neuübersetzung der gesamten Gesprächsaufzeichnungen durch eine andere Dolmetscherin (ON 1301), die keinen Hinweis auf Fehler der (ausgeschlossenen) Dolmetscherin * F* ergab (US 27 f), hätte es nämlich eines Vorbringens dazu bedurft, inwiefern durch die begehrte zusätzliche Übersetzung einzelner – nur in Bezug auf ein einziges Telefonat deutlich angesprochener – Gesprächspassagen, die die neue Dolmetscherin zusammenfassend übersetzte oder als „belanglos“ einstufte, der Nachweis erbracht werden könnte, dass „unrichtige Vorwürfe“ gegen die Angeklagten erhoben wurden (vgl auch RIS‑Justiz RS0114573 [T2a]). Auf die „Gewährung entsprechender Akteneinsicht nach § 51 Abs 2 StPO“ war der Antrag – entgegen den Beschwerdevorbringen – nicht gerichtet (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0133676).
[19] 2./ Zum weiteren Rügevorbringen der Angeklagten H* A*, K* A*, Ho* A*,K*und N* sowie zu den Verfahrensrügen der Angeklagten N* A* und V*:
[20] Auf die Abweisung von Beweisanträgen (ON 1386 S 35), die der Angeklagte * S* stellte (ON 1386 S 4 f betreffend Vernehmungen des P* und der Va*), denen sich H* A*,K* A*und Ho* A*aber nicht angeschlossen haben, kann deren diesbezügliches Rügevorbringen nicht gestützt werden (RIS‑Justiz RS0119854, RS0099244 [T6, T10]).
[21] Selbiges gilt für jene Rügekritik des Angeklagten K*, die sich auf die abgewiesenen Beweisanträge (ON 1386 S 34 f), die von H* A*, K* A* und Ho* A* (ON 1372 S 31 ff betreffend die vollständige Übersetzung „aller TKÜ‑Protokolle“ und die Durchführung von Erhebungen beim Bundeskriminalamt) sowie von K* A* (ON 1372 S 34 betreffend die Vernehmung des P* zu dort genannten Beweisthemen) gestellt wurden, denen sich der Angeklagte K* aber nicht angeschlossen hat (vgl ON 1372 S 36 f), bezieht.
[22] Die von den Angeklagten K* A* und Ho* A* erhobene Kritik an der Abweisung (ON 1386 S 35) ihrer Anträge auf
‑ Vernehmung des P*, die (zusammengefasst) zum Beweis für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen H* „im Hinblick auf dessen Funktion als Vertrauensperson des LKA Salzburg“, für die er eine „entsprechende Belohnung erhielt“, sowie dafür gestellt wurden, dass H* die „den Angeklagten zur Last gelegten strafbaren Handlungen im Auftrag der Ermittlungsbehörde initiierte“ und dessen Aussage, wonach er „niemals außerhalb der Vernehmung“ mit der Dolmetscherin F* „über die gegenständliche Sache gesprochen hat“, falsch sei (ON 1372 S 34),
versagt bereits deshalb, weil auch diesem Vorbringen weder konkrete Anhaltspunkte für ein Agieren des Zeugen H* als „agent provocateur“ im oben dargelegten Sinn noch dafür, dass der Zeuge in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt hätte (erneut RIS‑Justiz RS0120109 [T3]), zu entnehmen sind. Weshalb der beantragte Zeuge die thematisierten Wahrnehmungen zu zwischen H* und F* geführten Gesprächen gemacht haben soll, bleibt unklar; das weitere Beweisthema, dass F* „ja selbst im E-Mail des 19. November 2021 von einer engen, täglichen, mehrjährigen Zusammenarbeit in diesem Fall gesprochen hat und sich das rein rechnerisch vom November 2019 und dem Eintritt des Kronzeugen am 23. Juli 2020, also 14 Monate vorher, nicht ausgehen kann“, ist aus den bereits genannten Gründen unerheblich.
[23] Soweit der Angeklagte K* in der Hauptverhandlung am 4. März 2022 (ON 1386 S 6 iVm S 4 f) die zeugenschaftlichen Vernehmungen des P* und der Va* zum selben Beweisthema beantragte, wie im in der Hauptverhandlung am 16. März 2022 wiederholt gestellten Antrag auf Vernehmung des P* als Zeugen (ON 1411 S 11 iVm S 8), ist er mit seiner Kritik an deren Abweisung dieser Begehren auf die oben angeführte Antwort zu den diesbezüglichen Rügevorbringen zu verweisen. Inwieweit der Umstand, dass „der deutschen Polizei mitgeteilt worden war, dass der Hinweis auf den […] Angeklagten S* von einer Vertrauensperson an das LKA Salzburg herangetragen worden war“, für den Angeklagten K* von Bedeutung sein sollte, ist dem Antrag auf Vernehmung der Va* nicht zu entnehmen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 327).
[24] Desgleichen verfiel der Antrag der Angeklagten N* auf
‑ Vernehmung der * J*, M* Se*, I* Se* und * B*, die (zusammengefasst) als im Tatzeitraum Angestellte der in Rede stehenden Hotels zum Beweis dafür beantragt worden waren, dass dort keine „Drogen gelagert, verpackt oder verliefert worden sind“ und „derartige Vorgänge, wie vom Kronzeugen behauptet, nie […] stattgefunden haben“ (ON 1404 S 52 f),
zu Recht der Abweisung (ON 1411 S 11). Dieser Beweisantrag erklärte nämlich nicht, weshalb der bloße Umstand der beruflichen Tätigkeit und der Zugang zu diversen Hotelbereichen den Zeuginnen die Möglichkeit zu einer lückenlosen Beobachtung geboten haben soll und auf welcher Wahrnehmungsgrundlage es den Genannten möglich sein sollte, verlässliche Angaben zu diesem Beweisthema zu machen. Solcherart war auch dieser Antrag auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (erneut RIS‑Justiz RS0099453, RS0099189 [insb T20], RS0118444 [insb T1, T17]).
[25] Ebenso wenig wurden durch dieAbweisung (ON 1386 S 35) der in der Hauptverhandlung am 28. Februar 2022 von N* A* gestellten Beweisanträge (ON 1377 S 8 ff), denen sich V* (zulässig [erneut RIS‑Justiz RS0099244]) anschloss (ON 1377 S 15), die er aber nur in Betreff des zweitangeführten Antrags releviert, Verteidigungsrechte verletzt:
[26] Der Antrag auf
‑ „Beischaffung sämtlicher mit den belgischen Behörden im ggst. Ermittlungsverfahren geführte Korrespondenz – insbesondere die seitens der belgischen Behörden […] geteilten negativen Ermittlungsergebnisse, sämtliche Amtsvermerke bzw. sonstigen Aufzeichnungen betreffend die seitens der belgischen Behörden in den Besprechungen mit den österreichischen Beamten geteilten Informationen, insbesondere […] hinsichtlich des Treffens der österreichischen Polizeibeamten mit einem belgischen Ermittlungsrichter“, um „entlastende Ermittlungsergebnisse zum Vorschein zu bringen“ (ON 1377 S 8 ff [11]),
zielte auf eine Erkundungsbeweisführung ab, ließ er doch nicht erkennen, welche (entlastenden) Beweisergebnisse den beantragten (allenfalls vorhandenen) Schriftstücken zu entnehmen sein sollen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 331). Der Hinweis auf die Ablehnung einer „JIT‑Vereinbarung mangels 'Verbindung zu Captagon' (ON 169, Seite 59)“ durch die belgischen Behörden geht diesbezüglich ins Leere, lag doch dem belgischen Ermittlungsverfahren die im August 2018 erfolgte Sicherstellung von 1,9 Tonnen Kokain, das aus Brasilien eingeführt worden war, zugrunde (ON 60 S 33, ON 169 S 59 f, vgl im Übrigen auch ON 113). Als Antrag auf Gewährung von „Akteneinsicht“ verstanden (ON 1377 S 9) genügt der Hinweis, dass § 51 StPO nur Aktenbestandteile umfasst (vgl erneut RIS‑Justiz RS0133676).
[27] Einen bloßen Erkundungsbeweis sprach auch das weitere Begehren um
‑ „Stellung eines Rechtshilfeersuchens bzw. der Erlass einer europäischen Ermittlungsanordnung an die belgische Strafverfolgungsbehörde mit dem Inhalt“, (zusammengefasst) „zu den nationalen Steuernummern und den EORI‑Nummern“ von (namentlich genannten) natürlichen und juristischen Personen „die angemeldeten oder abgeführten Einfuhrsteuern und Zölle für Einfuhren aus dem Drittland Libanon“, sowie die Anmeldung oder Abfuhr von Einfuhrsteuern und Zöllen in deren „Vollmachtsnamen“ und (für eine namentlich genannte juristische Person) im Fall der „negativen Abfrage […] die TCUIN […], dazu abgeführte Einfuhrsteuern und Zölle für Einfuhren aus dem Drittland Libanon und der Sendungsempfänger betreffend Einfuhren [dieser Gesellschaft] in die Europäische Union durch das Empfangsland Belgien“ zu erheben, dies zum Beweis, dass N* A* in Zusammenarbeit mit V* „zu keinem Zeitpunkt Transporte von Gütern aus dem Libanon nach Belgien“ oder „für Frachten – sei es als Spediteur oder Sendungsempfänger […] – die Einfuhrverzollung im eigenen Namen, im Auftrag für Dritte und nicht durch Dritte in seinem Auftrag aus dem Drittland Libanon“ durchgeführt habe (ON 1377 S 11 ff),
an.
[28] Zu Recht erfolgte überdies die Abweisung (ON 1386 S 34) des in der Hauptverhandlung am 26. Jänner 2022 gestellten Beweisantrags des V* auf
‑ „Beiziehung und Auswertung“ seines Firmenmobiltelefons (mit einer im Antrag bezeichneten Serien- und Rufnummer), zum Beweis dafür, dass er „keinen Transport von Captagon‑Tabletten von Belgien nach Österreich“ und „vom Libanon nach Europa organisiert“ habe, zumal sich auf diesem Telefon in zwei (im Antrag bezeichneten) E-Mail-Accounts sein „gesamte[r] E‑Mailverkehr“ befinde (ON 1289 S 7),
denn auch dieser Antrag machte – auch mit Blick auf die bereits erfolgte Auswertung (ON 1386 S 34 iVm ON 877 S 453 ff) – nicht klar, weshalb die begehrte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse. Solcherart war auch er auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (erneut RIS‑Justiz RS0099453).
II./ Zur weiteren Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H* A*:
[29] Das Erstgericht hat die Verantwortung des Angeklagten H* A* im Urteil erörtert, sie jedoch mit mängelfreier Begründung für nicht glaubwürdig erachtet (US 28 ff). Ausgehend davon war es unter dem geltend gemachten Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht verhalten, sich mit einzelnen – von der Beschwerde relevierten – Details dieser Aussage gesondert auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0098642 [T1]).
[30] Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf die Ein- und Ausfuhr einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge amphetaminhältiger Captagon‑Tabletten (US 20) wurden – unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden – aus dem objektiven Tatgeschehen, unter anderem dem „betriebenen Aufwand“ und der „enormen Menge“ an „manipulierten Captagon‑Tabletten“, dem „aufwendige[n] Verbergen“ von einer „im Millionenbereich liegenden Stückzahl“ solcher Tabletten in eigens dafür präparierten Elektrogeräten, sowie dem „professionelle[n] und gezielte[n] Vorgehen“ und dem Inhalt der überwachten Telefongespräche erschlossen (US 61 f).
[31] Mit dem bloß einzelne dieser Begründungselemente und einen von den Tatrichtern verwendeten Ausdruck (es liege „schlichtweg auf der Hand“) herausgreifenden Vorwurf der „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) versäumt es die Rüge, an der Gesamtheit der dargestellten Beweiswerterwägungen Maß zu nehmen (siehe aber RIS‑Justiz RS0119370; vgl auch RS0099494 [T5, T11, T12]).
III./ Zur weiteren Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ho* A*:
[32] Die Feststellungen zur Täterschaft der Angeklagten Ho* A* in objektiver und subjektiver Hinsicht (US 12 ff, 20) leitete das Erstgericht, deren leugnenden Verantwortung nicht folgend, insbesondere aus den Angaben des Zeugen H* und den von ihm aufgenommenen Lichtbildern, den Ergebnissen einer Telefonüberwachung und den Angaben der Angeklagten N* A* vor der Ermittlungsbehörde ab (US 22 ff [34 ff]). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit sind diese Erwägungen nicht zu beanstanden.
[33] Die Rügekritik (Z 5 zweiter und vierter Fall), der Inhalt des Telefonüberwachungsprotokolls vom 21. März 2019 (ON 546 S 115) sei nicht „nachvollziehbar“ gewürdigt worden und die Angaben des Zeugen H* hierzu seien unberücksichtigt geblieben, ist unzutreffend (s US 34 ff [36]; vgl auch RIS‑Justiz RS0098362 [insb T17]).
[34] Entgegen der behaupteten Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) wurden auch die Angaben des Zeugen H* zum Aufgabenbereich der Angeklagten Ho* A* nicht übergangen (insb US 36). Bei der Beurteilung dessen Glaubwürdigkeit hat das Erstgericht sowohl die teilweise Widersprüchlichkeit seiner Depositionen als auch sein Zerwürfnis mit der Familie A* ins Kalkül gezogen (US 22 ff [US 24, 26]).
[35] Das Eingehen auf jedes Detail dieser Zeugenaussage oder der überwachten Telefongespräche war aus dem Blickwinkel des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO nicht erforderlich, es hätte vielmehr gegen das Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) verstoßen (RIS‑Justiz RS0098778, RS0106295).
[36] Soweit die Beschwerde aus einzelnen Verfahrensergebnissen (etwa den Angaben des Zeugen H*, wonach er und die Angeklagte Ho* A* in F* gewohnt hätten und erst im September 2017 in das Haus in B* gezogen seien, das Umverpacken des Suchtgifts jedoch im März/April 2017 erfolgt sei [ON 1170 S 21 und 36 f] und einigen Passagen aus den Telefonüberwachungsprotokollen [ON 541 S 387, 393, 423]) anhand eigener Beweiswerterwägungen für die Angeklagte Ho* A* günstigere Schlüsse als das Erstgericht zieht, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
IV./ Zur weiteren Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten N* A*:
[37] Die Kritik, die – von der Rüge auf Basis nicht nachvollziehbarer Erwägungen ersichtlich als dem Urteil implizit zu entnehmen erachtete – „Feststellung“, wonach V* „vor dem 01.01.2015 über ein Frachtunternehmen in Belgien verfügte“ (vgl aber US 14), sei unbegründet geblieben, übersieht, dass hinsichtlich nicht getroffener Konstatierungen eine Mängelrüge (Z 5) von vornherein nicht in Betracht kommt (RIS‑Justiz RS0128974).
[38] Indem die Rüge die Konstatierungen zu den Tathandlungen dieser Beschwerdeführerin in Verbindung mit der Feststellung, wonach der Angeklagte V* vom 1. Jänner 2015 bis zum 7. Juli 2016 als Manager des in Belgien ansässigen Unternehmens E* tätig war (US 14) als undeutlich (Z 5 erster Fall) releviert, weil „nicht erkennbar ist, ob das Erstgericht die Tatausführung, respektive Einfuhr, durch das Unternehmen des * V* feststellte oder nicht“, spricht sie keine entscheidende Tatsache (vgl zum Begriff Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399) an (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268).
V./ Zur weiteren Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten * N*:
[39] H* wurde in der fortgesetzten Hauptverhandlung am 21. Dezember 2021 (ON 1170 S 16 ff), am 22. Dezember 2021 (ON 1172 S 4 ff) und am 11. Jänner 2022 (ON 1214 S 3 ff) als Zeuge vernommen. In der infolge Richterwechsels am 24. Jänner 2022 neu durchgeführten Hauptverhandlung (ON 1270 S 3) wurde dieser Zeuge erneut vernommen, wobei er sich (auch) auf die genannten, bisherigen Aussagen in der Hauptverhandlung berief (ON 1270 S 15 ff), die sodann in der Hauptverhandlung am 26. Jänner 2022 wörtlich verlesen wurden (ON 1289 S 8 f).
[40] Indem die Verfahrensrüge (Z 3) diese ergänzende Verlesung von früheren Aussagen des in der neu durchgeführten Hauptverhandlung vernommenen Zeugen H* kritisiert, zeigt sie kein Nichtigkeit begründendes Unmittelbarkeitssurrogat im Sinn des § 252 Abs 1 StPO auf (RIS‑Justiz RS0110150 [T3], RS0107793 [T1]; Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 31, 68; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 230).
[41] Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider blieben bei den Feststellungen zur objektiven und zur subjektiven Tatseite weder die als übergangen relevierten Angaben der Angeklagten N* vor der Kriminalpolizei (ON 394 S 23 ff) noch die Protokolle der Telefonüberwachung (ON 546 S 21 ff) und die – die Angeklagte N* teilweise entlastenden – Aussagen des Zeugen H* (ON 1214 S 24 ff;ON 1270 S 25;ON 1314 S 46 ff) unberücksichtigt (US 43 ff). Zu einem Eingehen auf jedes Detail dieser Verfahrensergebnisse waren die Tatrichter zufolge des Gebots zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS‑Justiz RS0106642) nicht verhalten (erneut RIS‑Justiz RS0098778, RS0106295). Dass die Beschwerdeführerin die ihr angelasteten Taten (in einer Notstandssituation iSd § 10 StGB) aus Angst vor Repressalien des „A* Al *“ gesetzt hätte, ergibt sich aus ihrer Einlassung – entgegen dem Beschwerdevorbringen – übrigens nicht.
[42] Dass das Erstgericht aus diesen Beweisergebnissen nicht die von der Angeklagten N* gewünschten Schlüsse zog, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS‑Justiz RS0099455 [T9], RS0098471 [T5, T7]).
[43] Inwieferne zur rechtsrichtigen Subsumtion der dieser Angeklagten vorgeworfenen Beitragshandlungen (US 14 ff) Feststellungen zu den „konkreten Besitzverhältnissen“ an zwei Hotels und zur „konkrete[n] […] Verfügungsgewalt“ der N* (und diesbezügliche beweiswürdigende Überlegungen; vgl dazu aber erneut RIS‑Justiz RS0128974) erforderlich gewesen wären, sagt die Beschwerde (nominell Z 5 zweiter Fall) nicht.
[44] Soweit sich die Rüge ausschließlich gegen die festgestellte Lagerung des Suchtgifts durch N* (US 15) richtet, spricht sie – im Hinblick auf die Konstatierungen zu weiteren Beitragshandlungen dieser Angeklagten, nämlich zum Verladen der Captagon‑Tabletten in ein Fahrzeug und zu deren zunächst mit H* A* nach L* und P* erfolgten Transport (US 17) und zum erneuten Verladen in ein Fahrzeug (US 14) – zudem keine entscheidende Tatsache an (RIS‑Justiz RS0106268).
[45] Den Einwand, die Lagerung von Tabletten nach deren (vollendeter) Einfuhr nach Österreich stelle (rechtlich) keinen strafbaren Beitrag zur Ausführung dieser strafbaren Handlung (§ 28a Abs 1 zweiter Fall SMG) dar, entwickelt die weitere Beschwerde im Übrigen prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099810) nicht auf Basis der Feststellungen zur hierarchischen Struktur und arbeitsteiligen Organisation der Tätergruppe, zur von Beginn an (also vor der ersten Lieferung nach Österreich) festgelegten Rollenverteilung deren Mitglieder, zum konkreten Aufgabenbereich der Beschwerdeführerin und zur Kausalität ihrer Beitragshandlungen (auch) für die Einfuhr des Suchtgifts (US 12 ff, 30; vgl dazu RIS‑Justiz RS0087917).
[46] Mit dem Vorwurf der „Scheinbegründung“ der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (nominell Z 5 fünfter Fall, der Sache nach Z 5 vierter Fall) wird die Angeklagte N* auf die Beantwortung der diesbezüglichen Mängelrüge des Angeklagten H* A* verwiesen.
[47] Indem die Beschwerde – unter Hinweis auf eine nach den Feststellungen ohne physische Involvierung der Beschwerdeführerin durchgeführte Suchtmittellieferung von Dänemark nach V* (US 16 f) – eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Kausalität des konstatierten Tatbeitrags der N* zur Ein- und Ausfuhr der festgestellten Gesamtmenge an Amphetamin (107.350 Gramm Reinsubstanz) sowie zu einem darauf bezogenen Vorsatz releviert, spricht sie erneut keine entscheidende Tatsache an, behauptet sie doch nicht, dass die ihr angelasteten Beitragshandlungen (hinsichtlich der nach N* gelieferten Tabletten) bloß in Bezug auf eine das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG; hier 250 Gramm Amphetamin) nicht übersteigende Menge erfolgt wären (vgl RIS‑Justiz RS0120681).
[48] Der Vorwurf des Fehlens von Feststellungen zur Menge und Ausgestaltung der „nach Tirol verbrachten Tabletten“ (der Sache nach [soweit erkennbar] Z 9 lit a oder Z 10) übergeht ein weiteres Mal die Konstatierungen (zum Bezugspunkt einer Rechtsrüge und einer Subsumtionsrüge siehe aber RIS‑Justiz RS0099810), wonach „insgesamt 21 Kilogramm Captagon‑Tabletten pro Pizzaofen“ in zumindest 15 Pizzaöfen und „50 Kilogramm“ pro Industriewäschetrockner bzw Industriewaschmaschine in insgesamt fünf solchen Elektrogeräten, sohin eine Gesamtmenge von 3.323.530 Stück amphetaminhältigen Captagon‑Tabletten verbaut wurden, wobei eine Captagon‑Tablette 0,17 Gramm wog und einen Reinheitsgehalt von 19 % des Wirkstoffs Amphetamin aufwies (US 18 ff, 55 f) und jedes Mitglied der Verbindung durch (im Urteil im Einzelnen festgestellte Beitragshandlungen) zur Ein- und Ausfuhr von amphetaminhältigen Captagon‑Tabletten in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) weit übersteigenden Menge beitrug (US 13, 20; vgl auch US 44, 56).
[49] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den Angaben der Angeklagten sowie derZeugen * Su*, * Si*,* Ba*,* Pi*, * D* und H*anhand eigener Beweiswert-erwägungen andere, für die Angeklagte N* günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht (US 43 ff, 51 f), bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (erneut RIS‑Justiz RS0099674).
[50] Mit dem bloßen Hinweis auf die leugnende Verantwortung des (letztlich) freigesprochenen Mitangeklagten * Y* gelingt es der Beschwerde nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu wecken.
[51] Das weitere, eine schon im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4) relevierte Beweisaufnahme, nämlich die vollständige Übersetzung eines zwischen N* und N* A* geführten Telefongesprächs, einfordernde Vorbringen verkennt die insoweit bestehende Subsidiarität der Aufklärungsrüge gegenüber der Verfahrensrüge, die daraus resultiert, dass andernfalls die wesentlichen Inhaltserfordernisse Letzterer unterlaufen würden (RIS‑Justiz RS0115823 [T6, T10]).
[52] Durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird ein aus Z 5a beachtlicher Mangel nicht aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0102162, RS0117445 [T2]).
[53] Die Rügekritik, die Tatrichter hätten „eine viel zu hohe Suchtgiftmenge […] angenommen“, bezieht sich nicht deutlich und bestimmt auf eine entscheidende Tatsache, weil sie ein Nichterreichen einer das 25‑Fache der Grenzmenge überschreitenden Quantität gar nicht behauptet (vgl erneut RIS‑Justiz RS0120681).
VI./ Zur weiteren Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * V*:
[54] Den als übergangen relevierten (Z 5 zweiter Fall) Aussagen der Angeklagten N* A* (ON 1386 S 23) und der Zeugen * M* (ON 1353 S 30) und Si* (ON 1372 S 24) zu einem gespannten Verhältnis zwischen V* und N* sowie H* A* ist zu entgegnen, dass das Erstgericht von einem solchen ohnehin ausging (US 40). Indem die Rüge daraus andere Schlüsse in Bezug auf die Zugehörigkeit dieses Angeklagten zur gegenständlichen Tätergruppierung zieht, bekämpft sie bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 285 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[55] Der weitere Einwand der Unvollständigkeit verfehlt – indem er sich auf den „Schuldspruch“ bezieht, ohne dass deutlich gemacht wird, welche Feststellungen damit gemeint sind – schon mangels konkreter Bezeichnung von zu entscheidenden Tatsachen getroffenen Konstatierungen eine prozessordnungskonforme Ausführung (RIS‑Justiz RS0130729 [T1]).
[56] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[57] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
[58] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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