BVwG W172 2224700-1

BVwGW172 2224700-129.1.2020

B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
KMG §1 Abs1 Z1
KMG §1 Abs1 Z2
KMG §1 Abs1 Z3
KMG §10 Abs3
KMG §16 Z1
KMG §16 Z3
KMG §4 Abs3
KMG §6 Abs1
VStG 1950 §1 Abs2
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W172.2224700.1.00

 

Spruch:

W172 2224700-1/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin MORITZ als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Dr. Sibylle BÖCK als Beisitzerin und den Richter Mag. Rainer FELSEISEN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Brandl & Talos, Rechtsanwälte GmbH, Mariahilfer Straße 116, 1070 Wien, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 24.07.2019, Zl. FMA-UL0001.100/0018-LAW/2018, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 27.09.2019, Zl. FMA-UL0001.100/0012-LAW/2019, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.01.2020 nach Vorlageantrag zu Recht erkannt:

 

 

A)

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch

 

- der mit dem Satz beginnende Abschnitt: „Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:“ des Straferkenntnisses in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung folgendermaßen zu lauten hat:

 

„II.2. § 4 Abs 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 78/2005 iVm § 16 Z 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 150/2015

 

und

 

- der mit dem Satz beginnende Abschnitt: „Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:“ in der Spalte „Gemäß §§“ des Straferkenntnisses in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung folgendermaßen zu lauten hat:

 

„I.2 und II.3

§ 16 Z 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 107/2017

 

II.2

§ 16 Z 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 150/2015"

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist ein Beitrag von EUR 2.400,- zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten, das sind 20 % der durch die belangte Behörde verhängten Strafe.

 

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

 

I. Verfahrensgang

 

1. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 06.08.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der XXXX (im Folgenden auch: „AL-GmbH“) (ON 25a; im Folgenden sind mit der Angabe von „ON“ Teile des FMA-Aktes gemeint) ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verstoßes gegen die Veröffentlichungsvorschriften gemäß § 10 Abs. 3 KMG sowie gegen die Werbevorschriften gemäß § 4 Abs. 3 KMG eingeleitet (ON 25a).

 

2. Weiters wurde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 06.08.2018 gegen den Beschwerdeführer als Vorstand der XXXX (im Folgenden auch: „WM-AG“) ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verstoßes gegen die Veröffentlichungsvorschriften gemäß § 10 Abs. 3 KMG sowie gegen die Werbevorschriften gemäß § 4 Abs. 3 KMG eingeleitet (ON 25).

 

3. Mit Schreiben vom 21.09.2018 brachte der Beschwerdeführer jeweils eine schriftliche Rechtfertigung ein (ON 29a und ON 29).

 

4. In Folge erging das oben angeführte Straferkenntnis der FMA vom 24.07.2019 (ON 31) an den Beschwerdeführer, zugestellt am 01.08.2019.

 

5. Hiergegen wurde mit Schriftsatz vom 22.08.2019 Beschwerde (OZ 1.1 des BVwG-Aktes [im Folgenden sind mit der Angabe von „OZ“ Teile des BVwG-Aktes gemeint]), eingebracht am gleichen Tag, erhoben.

 

Beantragt wurde, das BVwG möge

1. der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid der FMA vom 24.07.2019 wegen mangelhafter Sachverhaltsfeststellung und Rechtswidrigkeit des Inhalts ersatzlos aufheben;

2. in eventu lediglich eine Ermahnung aussprechen;

3. in eventu die Strafen herabsetzen;

4. für den Fall, dass das Gericht den Bescheid nicht schon aufgrund der Aktenlage aufhebt, gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündlichen Verhandlung anberaumen.

 

6. Daraufhin erging eine Beschwerdevorentscheidung der FMA vom 24.07.2019 zur oben angeführten Zahl (OZ 1.2), an den Beschwerdeführer, zugestellt am 02.10.2019, mit folgenden an den Beschwerdeführer gerichteten Spruch:

 

„Sie sind seit 08.05.2014 Geschäftsführer der AL-GmbH sowie seit 04.06.2014 Vorstand der XXXX . Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in XXXX .

 

Die AL-GmbH hat am 16.05.2014 einen Kapitalmarktprospekt vom 15.05.2014 gemäß Schema C für das öffentliche Angebot der „ XXXX “ (in Folge auch: „ALE-Substanzgenussrechte“) gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 Kapitalmarktgesetz (KMG) an ihrem Sitz veröffentlicht. Zu diesem Prospekt wurden am 06.11.2014 und am 14.04.2016 zwei Nachträge an ihrem Sitz veröffentlicht. Die Substanzgenussrechte werden bis dato auf der Website der Emittentin AL-GmbH unter www. XXXX .eu als auch auf der Website der WM-AG unter www. XXXX .at öffentlich angeboten. Die WM-AG fungiert gemäß Prospekt vom 15.05.2014 als Vertriebskoordinatorin und Anbieterin der Substanzgenussrechte.

 

I. In der Funktion als Geschäftsführer der Emittentin AL-GmbH haben Sie, als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen Berufener, Nachstehendes zu verantworten:

 

1. Der Prospekt vom 15.05.2014 sowie die Nachträge vom 06.11.2014 und 14.04.2016 für das öffentliche Angebot von Substanzgenussrechten an der AL-GmbH wurden seit 07.02.2017 bis zum 26.06.2018 nicht entsprechend § 10 Abs. 3 KMG zusätzlich zur Zurverfügungstellung am Sitz der Emittentin AL-GmbH und der WM-AG im Internet veröffentlicht.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 KMG (in Kraft seit 19.06.2015) gilt ein Prospekt als im Sinne des KMG veröffentlicht, wenn er im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder einer anderen im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Zeitung veröffentlicht (Z 1), dem Publikum in gedruckter Form kostenlos ua am Sitz des Emittenten und des Anbieters zur Verfügung gestellt (Z 2) oder im Internet (Z 3 bis 5) veröffentlicht wurde. Wird – wie im vorliegenden Fall - eine Veröffentlichungsart gemäß Z 1 oder Z 2 gewählt, so hat der Emittent oder der Anbieter den Prospekt samt Nachträgen zusätzlich auf einer Internet-Seite gemäß Z 3, Z 4 oder Z 5 zu veröffentlichen. Dies ist bis zumindest zum 26.06.2018 nicht erfolgt.

 

2. Die AL-GmbH hat seit 07.03.2018 bis zum 26.06.2018 im Sinne des § 4 Abs. 3 KMG irreführend für die „ALE-Substanzgenussrechte“, welche bis dato über die Website der AL-GmbH unter www. XXXX .eu öffentlich angeboten werden, geworben.

 

Auf der Homepage der AL-GmbH waren unter www. XXXX .eu seit 07.03.2018 bis zum 26.06.2018 unter der Rubrik „INVESTMENT Möglichkeiten“ zwei Varianten (Informationsblätter) zur Investition in die „ALE-Substanzgenussrechte“ abrufbar (Kündigungsvariante A und Kündigungsvariante B, siehe Beilage ./1 und ./2, die einen integrierenden Bestandteil des Straferkenntnisses bilden).

 

Bei den beiden Informationsblättern werden lediglich die Vorteile der Veranlagung hervorgehoben. Vor allem wird nicht auf die Nachrangigkeit der Substanzgenussrechte hingewiesen bzw. ist der Hinweis „vorrangige Gewinnbeteiligung der Genussrechtszeichner vor Gesellschafter“ zur Irreführung des Anlegers geeignet, da er keine Information zur Ausgestaltung der Substanzgenussrechte erhält. Ein geeigneter Risikohinweis ist nicht zu finden.

 

Die Darstellung der „ALE-Substanzgenussrechte“ durch die blickfangartig hervorgehobenen Schlagworte „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ sowie „kein Fremdkapital“ widerspricht den Angaben im Prospekt vom 15.05.2014 und ist darüber hinaus zur Irreführung geeignet. Gemäß dem vorliegenden Prospekt samt Nachträgen erfolgt eine Erfolgsbeteiligung in der Höhe von bis zu 6,7% p.a., kann dem Wortlaut zufolge demnach auch darunter liegen. Darüber hinaus steht die laufende Auszahlung einer Erfolgsbeteiligung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Bilanzgewinns und ausreichender Liquidität der Emittentin. Der Anleger ist ab Einzahlung des Genussrechtsbetrages am Gewinn oder am Verlust beteiligt. In der vorliegenden Werbung wird ausschließlich die Gewinnbeteiligung hervorgehoben.

 

Weiters stellt der Prospekt klar, dass die Emittentin zwar keine Aufnahme von Fremdkapital plant, aber sie keiner Beschränkung zur Aufnahme von Fremdkapital unterliegt.

 

Auch die Schlagworte „gesicherte Abnahme durch renommierte Partner“ sowie „kalkulierbare Einnahmen“ bzw. „kalkulierbare Einnahmensicherheit“ sind zur Irreführung geeignet, da sie dem Anleger suggerieren, dass es sich um eine sehr sichere Form der Anlage handelt.

 

Die Vorteile der Veranlagung werden überproportional dargestellt, während Risiken, welche für das Publikum von kaufentscheidender Bedeutung sind, völlig ausgeblendet werden und bloß im Prospekt dargelegt werden.

 

II. In der Funktion als Vorstand der WM-AG haben Sie, als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen Berufener, Nachstehendes zu verantworten:

 

1. Der Prospekt vom 15.05.2014 sowie die Nachträge vom 06.11.2014 und 14.04.2016 für das öffentliche Angebot von Substanzgenussrechten an der AL-GmbH wurden seit 07.02.2017 bis zum 26.06.2018 nicht entsprechend § 10 Abs. 3 KMG zusätzlich zur Zurverfügungstellung am Sitz der WM-AG und der AL-GmbH im Internet veröffentlicht.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 KMG (in Kraft seit 19.06.2015) gilt ein Prospekt als im Sinne des KMG veröffentlicht, wenn er im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder einer anderen im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Zeitung veröffentlicht (Z 1), dem Publikum in gedruckter Form kostenlos ua am Sitz des Emittenten und des Anbieters zur Verfügung gestellt (Z 2) oder im Internet (Z 3 bis 5) veröffentlicht wurde. Wird – wie im vorliegenden Fall – eine Veröffentlichungsart gemäß Z 1 oder Z 2 gewählt, so hat der Emittent oder Anbieter den Prospekt samt Nachträgen zusätzlich auf einer Internet-Seite gemäß Z 3, Z 4 oder Z 5 zu veröffentlichen. Dies ist bis zum heutigen Tag nicht erfolgt.

 

2. Die WM-AG hat zumindest am 07.02.2017 im Sinne des § 4 Abs. 3 KMG irreführend für die „ALE-Substanzgenussrechte“, welche bis dato über die Homepage der WM-AG unter XXXX öffentlich angeboten werden, mit Newslettern auf der Website der WM-AG geworben.

 

Dies dadurch, dass die WM-AG in den Newslettern 92/2016 (5.12.2016), 01/2017 (2.1.2017), 03/2017 (9.1.2017), 07/2017 (23.1.2017) sowie 09/2017 (30.1.2017) (siehe Beilagen ./3 bis ./7), die einen integrierenden Bestandteil des Straferkenntnisses bilden und welche jedenfalls am 07.02.2017 www. XXXX .at abrufbar waren, lediglich die Vorteile der Veranlagung hervorgehoben hat, ohne auf die mit den Substanzgenussrechten verbundenen Risiken hinzuweisen. Vor allem wird nicht auf die Nachrangigkeit der Substanzgenussrechte hingewiesen.

 

Zusätzlich werden in den Newslettern 52/2016 (13.7.2016), 59/2016 (8.8.2016), 63/2016 (24.8.2016), 76/2016 (10.10.2016), 85/2016 (9.11.2016) sowie 87/2016 (16.11.2016) (siehe Beilage ./8 bis ./13), die einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden und welche jedenfalls am 07.02.2017 unter www. XXXX .at abrufbar waren, die „ALE-Substanzgenussrechte“ mit den blickfangartig hervorgehobenen Schlagworten „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ sowie „kein Fremdkapital“ beworben.

 

Gemäß dem vorliegenden Prospekt samt Nachträgen erfolgt eine Erfolgsbeteiligung in der Höhe von bis zu 6,7% p.a., kann dem Wortlaut zufolge demnach auch darunter liegen. Darüber hinaus steht die laufende Auszahlung einer Erfolgsbeteiligung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Bilanzgewinns und ausreichender Liquidität der Emittentin. Der Anleger ist ab Einzahlung des Genussrechtsbetrages am Gewinn oder am Verlust beteiligt. In der vorliegenden Werbung wird aber ausschließlich die Gewinnbeteiligung hervorgehoben. Die Darstellung bloß der Gewinnbeteiligung ist daher zur Irreführung geeignet.

 

Weiters stellt der Prospekt klar, dass die Emittentin zwar keine Aufnahme von Fremdkapital plant, aber sie keiner Beschränkung zur Aufnahme von Fremdkapital unterliegt. Die Zusicherung „kein Fremdkapital“ steht daher im Widerspruch zum Prospekt und ist darüber hinaus zur Irreführung geeignet, zumal weitere Informationen sowie ein geeigneter Risikohinweis fehlen.

 

Die Vorteile der Veranlagung werden in den Anzeigen in den oben genannten Newslettern überproportional dargestellt, während Risiken, welche für das Publikum von kaufentscheidender Bedeutung sind, völlig ausgeblendet werden und bloß im Prospekt dargelegt werden.

 

3. Die WM-AG hat seit 07.03.2018 bis zum 26.06.2018 im Sinne des § 4 Abs. 3 KMG irreführend für die „ALE-Substanzgenussrechte“, welche bis dato über die Homepage der WM-AG unter www. XXXX .at öffentlich angeboten werden, aufgrund der auffälligen Verlinkung von der Website der WM-AG (www. XXXX .at) auf die Website der AL-GmbH (www. XXXX .eu), geworben.

 

Auf der Homepage der AL-GmbH waren seit 07.03.2018 bis zum 26.06.2018 unter der Rubrik „INVESTMENT Möglichkeiten“ zwei Varianten (Informationsblätter) zur Investition in die „ALE-Substanzgenussrechte“ abrufbar (Kündigungsvariante A und Kündigungsvariante B, siehe Beilage ./1 und ./2, die einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden).

 

Bei den beiden Informationsblättern werden lediglich die Vorteile der Veranlagung hervorgehoben. Vor allem wird nicht auf die Nachrangigkeit der Substanzgenussrechte hingewiesen bzw. ist der Hinweis „vorrangige Gewinnbeteiligung der Genussrechtszeichner vor Gesellschafter“ zur Irreführung des Anlegers geeignet, da er keine Information zur Ausgestaltung der Substanzgenussrechte erhält. Ein geeigneter Risikohinweis ist nicht zu finden.

 

Die Darstellung der „ALE-Substanzgenussrechte“ durch die blickfangartig hervorgehobenen Schlagworte „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ sowie „kein Fremdkapital“ widerspricht den Angaben im Prospekt vom 15.05.2014 und ist darüber hinaus zur Irreführung geeignet. Gemäß dem vorliegenden Prospekt samt Nachträgen erfolgt eine Erfolgsbeteiligung in der Höhe von bis zu 6,7% p.a., kann dem Wortlaut zufolge demnach auch darunter liegen. Darüber hinaus steht die laufende Auszahlung einer Erfolgsbeteiligung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Bilanzgewinns und ausreichender Liquidität der Emittentin. Der Anleger ist ab Einzahlung des Genussrechtsbetrages am Gewinn oder am Verlust beteiligt. In der vorliegenden Werbung wird ausschließlich die Gewinnbeteiligung hervorgehoben.

 

Weiters stellt der Prospekt klar, dass die Emittentin zwar keine Aufnahme von Fremdkapital plant, aber sie keiner Beschränkung zur Aufnahme von Fremdkapital unterliegt.

 

Auch die Schlagworte „gesicherte Abnahme durch renommierte Partner“ sowie „kalkulierbare Einnahmen“ bzw. „kalkulierbare Einnahmensicherheit“ sind zur Irreführung geeignet, da sie dem Anleger suggerieren, dass es sich um eine sehr sichere Form der Anlage handelt.

 

Die Vorteile der Veranlagung werden überproportional dargestellt, während Risiken, welche für das Publikum von kaufentscheidender Bedeutung sind, völlig ausgeblendet werden und bloß im Prospekt dargelegt werden.

 

III. Die AL-GmbH und die WM-AG haften jeweils gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

 

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

I.1. und II.1. § 10 Abs 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 98/2015 iVm § 16 Z 1 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 107/2017

I.2. und II.3. § 4 Abs 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 78/2005 iVm § 16 Z 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 107/2017

II.2. § 4 Abs 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 78/2005 iVm § 16 Z 3 KMG BGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 107/2017

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß §§

12.000 Euro

34 Stunden

---

I.1 und II.1

§ 16 Z 1 KMGBGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 107/2017

I.2, II.2 und II.3

§ 16 Z 3 KMGBGBl Nr 625/1991 idF BGBl I Nr 107/2017

    

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

--

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

 1.200 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

 

 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für .

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

 

13.200,- Euro.“

 

  

 

 

7. Hiergegen wurde mit Schriftsatz vom 16.10.2019 ein Vorlageantrag des Beschwerdeführers gestellt (OZ 1.3), eingebracht am 17.10.2019.

 

 

8. Mit Schreiben vom 16.01.2020 wurde vom Beschwerdeführer eine Urkundenvorlage erstattet (OZ 3).

 

 

9. Am 27.01.2020 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG durchgeführt (OZ 5), an der der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter sowie drei Vertreterinnen der FMA teilnahmen.

 

 

10. An entscheidungswesentlichen Unterlagen wurden in das Verfahren eingebracht:

 

- Firmenbuchauszug AL-GmbH (ON 1);

- Firmenbuchauszug WM-AG (ON 3);

- Kapitalmarktprospekt nach Schema C der AL-GmbH (ON 4);

- Erster Nachtrag zum Kapitalmarktprospekt der AL-GmbH (ON 5);

- Zweiter Nachtrag zum Kapitalmarktprospekt der AL-GmbH (ON 6);

- Screenshots der Homepage der AL-GmbH vom 07.02.2017 (ON 7);

- Screenshots der Homepage der WM-AG vom 07.02.2017 (ON 8);

- Informationsblatt Genussrechte Variante A (ON 9);

- Informationsblatt Genussrechte Variante B (ON 10);

- Screenshots der Homepages der AL-GmbH und WM-AG vom 27.06.2018 (ON 11);

- Newsletter 52/2016 vom 13.07.2016 (ON 12);

- Newsletter 59/2016 vom 08.08.2016 (ON 13);

- Newsletter 63/2016 vom 24.08.2016 (ON 14);

- Newsletter 76/2016 vom 10.10.2016 (ON 15);

- Newsletter 85/2016 vom 09.11.2016 (ON 16);

- Newsletter 87/2016 vom 16.11.2016 (ON 17);

- Newsletter 92/2016 vom 05.12.2016 (ON 18);

- Newsletter 01/2017 vom 02.01.2017 (ON 19);

- Newsletter 03/2017 vom 09.01.2017 (ON 20);

- Newsletter 05/2017 vom 16.01.2017 (ON 21);

- Newsletter 07/2017 vom 23.01.2017 (ON 22);

- Newsletter 08/2017 vom 15.01.2017 (ON 23);

- Newsletter 09/2017 vom 30.01.2017 (ON 24);

- Screenshots der Homepage der AL-GmbH vom 21.09.2018 (Beil. ./A zu ON 29a);

- Strafverfügung gegen den Beschwerdeführer vom 10.08.2018 (ON 30);

- Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2017 der WM-AG (ON 32a);

- Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2018 der WM-AG (ON 32b);

- Jahresabschluss zum 31.12.2017 der AL-GmbH (ON 33a);

- Jahresabschluss zum 31.12.2018 der AL-GmbH (ON 33b);

- Vertriebsvereinbarung vom 12.04.2017 (Beil. ./G zu OZ 1.1);

- Raiffeisen Bank Finanzübersicht XXXX (Beil. ./H zu OZ 1.1);

- Volksbank Finanzübersicht XXXX (Beil. ./I zu OZ 1.1);

- Lohn / Gehaltsabrechnung Juli 2019 (Beil. ./J zu OZ 1.1);

- Lohn / Gehaltsabrechnung Dezember 2019 sowie Steuerunterlagen aus dem Jahr 2017 (Beil. ./K zu OZ 3);

- Anlegerprofil (Beil. ./L zu OZ 3).

 

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen

 

1.1. Der Beschwerdeführer ist seit 2007, so auch am 04.06.2014, Vorstand der WM-AG sowie seit 2014, so auch am 08.05.2014, Geschäftsführer der AL-GmbH und übt beide Funktionen bis heute ununterbrochen aus. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in XXXX (ON 1 und ON 3, OZ 5, S. 5).

 

Der Beschwerdeführer war im Tatzeitraum sowohl bezüglich der WM-AG als auch bezüglich der AL-GmbH der alleinige einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer bzw. Vorstand. Die AL-GmbH hatte während ihrer Geschäftsjahre 2017 und 2018 keine weiteren Mitarbeiter (ON 33a und ON 33b). Die WM-AG beschäftigte in den Geschäftsjahren 2017 und 2018 vier bzw. fünf Angestellte (ON 32a und ON 32b). Ein verantwortlicher Beauftragter zur Einhaltung der Aufsichtsgesetze im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG war nicht bestellt worden (OZ 5, S. 5).

 

Aktionär der WM-AG ist die XXXX (im Folgenden auch: „PI-GmbH“), ebenfalls mit Sitz in XXXX , die gleichzeitig auch Gesellschafterin der AL-GmbH ist (AL-GmbH, FN XXXX - ON 1; PI-GmbH, FN XXXX - ON 2; WM-AG, FN XXXX - ON 3).

 

Die auffälligen Verlinkungen auf die jeweils andere Homepage, die personellen Überschneidungen sowie die Tatsache, dass bei den Kündigungsvarianten A und B (ON 9 und ON 10) die Logos beider Unternehmen aufscheinen, zeigen den einheitlichen Werbeauftritt der WM-AG sowie der AL-GmbH und dass diese in Angebot des Produktes sowie bei Vertrieb des Produktes eine Einheit bilden.

 

 

1.2. Die AL-GmbH fungierte gemäß Prospekt vom 15.05.2014 als Emittentin und Anbieterin der ALE-Substanzgenussrechte (ON 4, S. 4 f., 8), die WM-AG gemäß Prospekt vom 15.05.2014 als Vertriebskoordinatorin und Anbieterin der ALE-Substanzgenussrechte (ON 4, S. 7 f.).

 

Am 16.05.2014 wurde für die Substanzgenussrechte der AL-GmbH ein Veranlagungsprospekt nach Schema C vom 15.05.2014 bei der OeKB als Meldestelle gemäß KMG hinterlegt (ON 4).

 

Am 07.11.2014 wurde weiters ein Nachtrag zum Prospekt bei der OeKB hinterlegt (ON 5).

 

Am 14.04.2016 erfolgte ein weiterer, zweiter Nachtrag zum Prospekt (ON 6).

 

 

1.3. Der Prospekt vom 15.05.2014 sowie die Nachträge vom 06.11.2014 und 14.04.2016 für das öffentliche Angebot von Substanzgenussrechten an der AL-GmbH wurden im Zeitraum von 07.02.2017 (s. Screenshots vom 07.02.2017 - ON 7 und ON 8) bis 26.06.2018 (s. Screenshot 27.06.2018 - ON 11) durch Zurverfügungstellung am Sitz der Emittentin AL-GmbH und der WM-AG veröffentlicht.

 

Dieser Vorgang der Veröffentlichung des gegenständlichen Prospekts wurde am 16.05.2014 vom RA XXXX (im Folgenden auch: „RH“) nach den Vorgaben des Beschwerdeführers erstellt. Der Prospekt wurde von XXXX (im Folgenden auch „SM“), XXXX (im Folgenden auch: „IB“) geprüft und dessen Veröffentlichung von diesem durchgeführt. Sowohl RH als auch SM bestätigten damals dem Beschwerdeführer, dass der KMG-Prospekt in gedruckter Form gemäß den damals geltenden Vorschriften des KMG am Sitz der Gesellschaft zu veröffentlichen sei. Im November 2014 erfolgte dann der erste Nachtrag, dessen Veröffentlichung wie bei der Erstveröffentlichung vorgenommen wurde, nämlich in gedruckter Form am Sitz der Gesellschaft. In gleicher Weise erfolgte die Veröffentlichung des zweiten Nachtrags im April 2016. Die Gesetzeskonformität dieser Vorgangsweise bezüglich der Veröffentlichungen wurde sowohl von RH als auch von der IB bestätigt, sowie auch von der gegenwärtigen Rechtsanwaltschaft des Beschwerdeführers, die mit der Vertretung des Beschwerdeführers im August 2019 beauftragt worden ist (OZ 5, S. 7). Eine Rechtsauskunft bei der FMA wurde nicht eingeholt (OZ 5, S. 9).

 

Allerdings waren im Zeitraum vom 07.02.2017 bis 26.06.2018 weder auf der Homepage der AL-GmbH noch auch auf der Homepage der WM-AG eine elektronische Veröffentlichung des Prospekts ersichtlich.

 

 

1.4. Gemäß dem gegenständlichen Prospekt, aber auch bei dessen Nachträgen, wurde unter anderem eine Erfolgsbeteiligung in der Höhe von bis zu 6,7% p.a. angekündigt. Weiters wurde ausgeführt, dass darüber hinaus die laufende Auszahlung einer Erfolgsbeteiligung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Bilanzgewinns und ausreichender Liquidität der Emittentin stehe. Der Anleger sei ab Einzahlung des Genussrechtsbetrages am Gewinn oder am Verlust beteiligt (ON 4, S. 51; vgl. auch ON 4, S. 31 und S. 43). Weiters stellte der Prospekt unter anderem klar, dass die Emittentin zwar keine Aufnahme von Fremdkapital plane, aber sie keiner Beschränkung zur Aufnahme von Fremdkapital unterliege (ON 4, S. 47).

 

 

1.5. Die W-AG vertrieb gemäß ihrer Funktion als Vertriebskoordinatorin (ON 4, S. 8) nicht direkt an Anlageinteressenten, d.h. sie betrieb kein Kundengeschäft. Ihre Geschäftstätigkeit war und ist das Steuern des Vertriebs, indem sie ihren Vertriebspartnern Dienstleistungen und laufende Unterstützung anbietet. Unter diese Services fielen auch die verfahrensgegenständlichen Newsletter, die auf der Website der W-AG abrufbar waren (OZ 1.1, S. S. 2; OZ 5, S. 5).

 

Zwischen der WM-AG und ihren Vertriebspartnern bestand eine Vertriebsvereinbarung, in der unter anderem deren Pflichten festgelegt sind (s. § 2 in Beil. ./G zu OZ 1.1). Bei den von den Vertriebspartnern verpflichtend zu dokumentierenden Kundengesprächen werden Anlegeprofile (s. Beil. ./L zu OZ 3) von den Kunden ausgefüllt und an die WM-AG weitergeleitet. Ihr Konzept ist die Abwicklung der Zeichnungsscheine, damit verbunden auch die Provisionsabrechnungen und die Servicierung der Vertriebspartner. Die Stichproben erfolgten sporadisch, ca. alle zwei Wochen, sowie Rücksprachen mit den Vertriebspartnern und/oder mit den Kunden, ob die Angaben auch den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gemacht wurden. Nachfragen gab es nicht nur bei Ungereimtheiten, sondern auch, wenn die Anlageprofile korrekt ausgefüllt wurden, zur Überprüfung, ob alles gepasst hat und ob alle Aspekte des Investments, somit auch dessen Vor- und Nachteile besprochen wurden. Die Rückfragen erfolgten nicht durch den Beschwerdeführer selbst, sondern durch dessen Back-Office (OZ 5, S. 6).

 

 

1.6. Die Homepages der AL-GmbH und der WM-AG waren außer den Vertriebspartnern auch für jede andere Person im Jahr 2016 bis zum Jahr 2018 zugänglich gewesen (OZ 5, S. 5). Ebenso war der Link, der auf die Homepage der WM-AG zur Startseite der Homepage der A-AG führte, für jede Person zugänglich (OZ 5, S. 6).

 

 

1.7. Der Beschwerdeführer sah vor, dass die Homepages der AL-GmbH und der WM-AG zwar ohne Passwort zugänglich waren, doch bei der Homepage der WM-AG war für weitere Informationen eine Registrierung erforderlich. Dabei war eine Anfrage an die WM-AG zu richten, diese gab dann nach Prüfung ein User und ein Passwort bekannt (OZ 5, S. 6). Ebenso war es Aufgabe des Beschwerdeführers, sämtliche Registrierungen sowohl in Bezug auf die Kunden als auch auf die Vertriebspartner durchzusehen und alle Registrierungen zu kontrollieren, anderenfalls würde er keine User oder Passwörter vergeben (OZ 5, S. 9).

 

Gleichwohl konnte die FMA, ohne sich zu registrieren, nicht nur über die Homepage der AL-GmbH, einerseits über Submenüs die Informationen über die ALE-Substanzgenussgerechte (OZ 7), andererseits die beiden Informationsblätter (OZ 11) abrufen, sondern auch über die Homepage der WM-AG (OZ 8) die Newsletter beziehen (OZ 12 bis OZ 24) (OZ 5, S. 8).

 

 

1.8. Die Homepage der AL-GmbH war bis August 2018 so konzipiert, dass Allgemeines, wie z.B. Informationen zur W-AG, aber auch zur Gewinnung von Alternativenergie und zur Emittentin, ohne Weiteres zugänglich waren (vgl. OZ 1.1, S. 2, OZ 1.2, S. 7).

 

 

1.9. Die AL-GmbH hat seit 07.03.2018 (s. Screenshots vom 07.02.2017 – ON 7 und ON 8; zum Zeitpunkt 07.03.2018 s.a. Screenshots vom 07.03.2018 - ON 9 und ON 10) bis zum 26.06.2018 (s. Screenshots vom 27.06.2018 - ON 11) die „ALE-Substanzgenussrechte“, welche bis dato über die Website der AL-GmbH unter www. XXXX .eu öffentlich beworben (ON 7, S. 6). Ein Link auf dieser Website führte zur Homepage der WM-AG (ON 7, S. 2).

 

 

1.10. Auf der Homepage der WM-AG unter www. XXXX .at wurde seit 07.03.2018 (s. Screenshots vom 07.02.2017 – ON 7 und ON 8; zum Zeitpunkt 07.03.2018 s.a. Screenshots vom 07.03.2018 - ON 9 und ON 10) bis zum 26.06.2018 (s. Screenshots vom 27.06.2018 - ON 11) über einen Link auf die Website der AL-GmbH www. XXXX .eu verwiesen (ON 8, S. 2), wo – wie angeführt – die aktuelle Ausgabe der Genussrechte beworben wurde (ON 7, S. 6).

 

 

1.11. Auf der Homepage der AL-GmbH waren unter www. XXXX .eu zumindest seit 07.03.2018 (s. Screenshots vom 07.03.2018 - ON 9 und ON 10) bis zumindest zum 26.06.2018 (s. Screenshots vom 27.06.2018 - ON 11) unter der Rubrik „INVESTMENT Möglichkeiten“ zwei Informationsblätter zur Investition in die „ALE-Substanzgenussrechte“ abrufbar (ON 11).

 

In diesen zwei Informationsblättern wurde jeweils über eine Anlagevariante zu den ALE-Substanzgenussrechten Auskunft gegeben. Bei der einen Anlagevariante erfolgte die Rückführung des eingesetzten Kapitals auf 12 Quartale aufgeteilt („Kündigungsvariante A“ -ON 9), bei der anderen einmalig („Kündigungsvariante B“ - ON 10). Im Ergebnis führte das dazu, dass bei beiden Anlagevarianten das gesamte Kapital nach Ablauf des vierten Jahres vollständig zurückgezahlt war.

 

Die Informationsblätter enthielten detaillierte Informationen zu diesem Investment (insbesondere zu den Bedingungen des Angebots wie Preis, Zeichnungs- und Kündigungsmöglichkeit, Inhalt etc.) sowie folgende werbliche Äußerungen:

- „vorrangige Gewinnbeteiligung der Genussrechtszeichner vor Gesellschafter“

- „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“

- „kein Fremdkapital“

- „gesicherte Abnahme durch renommierte Partner“

- „kalkulierbare Einnahmen“

- „kalkulierbare Einnahmensicherheit“

 

Weiter unten befindet sich folgender Hinweis auf den beiden Informationsblättern:

 

„Diese Kurzinformation ist kein Verkaufsprospekt. Sie dient der Information über die darin beschriebene unternehmerische Beteiligung. Die hier gemachten Angaben stellen keine Anlageberatung dar. Eine Anlageentscheidung kann auf Basis dieser Information nicht begründet werden. Maßgeblich ist allein der nach den Vorschriften des Kapitalmarktgesetzes (KMG) erstellte, kontrollierte und veröffentlichte Verkaufsprospekt, welcher auch ausführliche Informationen zu den Risiken der Beteiligung enthält. Diesen stellt Ihnen Ihr Berater gerne zur Verfügung. Zeichnungen können nur in Verbindung mit dem veröffentlichten Verkaufsprospekt erfolgen. Interessierten Anlegern wird empfohlen, vor einer Beteiligung die steuerlichen Folgen mit ihren Steuerberatern zu erörtern. Aussagen und Angaben dieser Kurzinformation erhalten Risiken und Unsicherheiten, auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist möglich. Annahmen können nicht als Garantie verstanden werden, dass die tatsächliche Entwicklung den Planungen entspricht. Der veröffentlichte Verkaufsprospekt, der Gesellschaftsvertrag, die sonstigen Unterlagen sowie alle weiteren Informationen betreffend das Beteiligungsangebot stehen Ihnen bei der AL-GmbH, XXXX und bei der WM-AG, XXXX kostenlos zur Verfügung.“

 

Abschließend befand sich auf den Informationsblättern ein Hinweis zur Homepage der WM-AG für detailliertere Angaben. Die jeweils zweiseitigen Informationsblätter waren oben mit dem Logo der AL-GmbH sowie der WM-AG versehen. Weiters ist eine Zeichnungsmöglichkeit gegeben. Beide Informationsblättern unterschieden sich einzig hinsichtlich der Beschreibung der Kündigungsmöglichkeit.

 

 

1.12. Auf der Homepage der WM-AG war zusätzlich ein Link zu „Newsletter“ zu finden. Die gegenständlichen Newsletter (ON 12 bis ON 24) waren allgemein zugänglich bzw. jedenfalls am 07.02.2017 unter www. XXXX .at abrufbar (ON 8, S. 1). Die Newsletters konnten im Log-in Bereich der Vertriebspartner nicht aufbewahrt werden, da die dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestandene Standard-Software diese Funktion so nicht zuließ. Die verfahrensgegenständlichen Newsletters aus 2016 und 2017 waren lediglich 12 Monate lang online gewesen, danach waren sie auch nicht mehr in Archiven abrufbar. Ca. Mitte 2018 wurden die Newsletters schließlich offline gestellt und waren somit auch nicht mehr in den Archiven abrufbar, da ein neues Mail- bzw. Newslettersystem installiert wurde (OZ 5, S. 5 und 8).

 

In den Newslettern wurden die „ALE-Substanzgenussrechte“ beworben, wobei ein geeigneter Risikohinweis nicht zu finden war. Auch die Newsletter boten Informationen über die Bedingungen des Angebots (Preis, Zeichnungsmöglichkeit, Kündigungsmöglichkeit, Gewinnbeteiligung, Inhalt etc.).

 

In den Newslettern 92/2016 (05.12.2016), 01/2017 (02.01.2017), 03/2017 (09.01.2017), 07/2017 (23.01.2017) sowie 09/2017 (30.01.2017) war die Veranlagung wie folgt beschrieben (ON 18, ON 19, ON 20, ON 22 und ON 24):

 

„ XXXX

Segment: Energieeffizienz, Regelenergie, Energiebedarfsanlagen

Mindestbeteiligung: ab 2.500 Euro

Renditeerwartung: 6,7% p.a.

Substanzgenussrecht“

 

Die Vorteile der Veranlagung wurden hervorgehoben, ohne auf die mit den Substanzgenussrechten verbundenen Risiken hinzuweisen. Vor allem wurde nicht auf die Nachrangigkeit der Substanzgenussrechte hingewiesen.

 

Zusätzlich wurden in den Newslettern 52/2016 (13.07.2016), 59/2016 (08.08.2016), 63/2016 (24.08.2016), 76/2016 (10.10.2016), 85/2016 (09.11.2016) sowie 87/2016 (16.11.2016die „ALE-Substanzgenussrechte“ mit den blickfangartig hervorgehobenen Schlagworten „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ sowie „kein Fremdkapital“ beworben (vgl. ON 12 bis ON 17).

 

 

2. Beweiswürdigung

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.01.2020 mit der Befragung des Beschwerdeführers.

 

Der Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der angeführten Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie auf das Ergebnis dieser Verhandlung.

 

Die Feststellungen beruhen auf den oben in Ziff. II.1. angeführten schriftlichen Quellen. An der Echtheit dieser Quellen und am Wahrheitsgehalt ihrer Angaben sind keine Zweifel hervorgekommen.

 

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Screenshots der Homepage der AL-GmbH vom 21.09.2018 (siehe Beil. ./A zu ON 29a) zum Nachweis des kostenlosen Zugriffs von Interessierten über die Homepage der AL-GmbH auf weitere Unterlagen, so auch auf den KMG-Prospekt, konnten nicht verfangen. Diese erst nach dem gegenständlichen Tatzeitraum vorgenommenen Screenshots können - wie auch die belangte Behörde zu Recht ausführte (s. OZ 5, S. 4) - keinen geeigneten Nachweis des rechtmäßigen Zustandes im vorgeworfenen Tatzeitraum liefern. Zudem war selbst in diesem eingeloggten Status der Prospekt nicht leicht auffindbar, da es keinen Hinweis auf den Prospekt gab, sondern weitere Schritte gesetzt werden mussten, die aber auf diesem Screenshot nicht ersichtlich waren.

 

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerden

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden, bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

 

Gegenständlich wurde im bekämpften Straferkenntnis in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt, sodass die Zuständigkeit eines Senates vorliegt.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 59 Abs. 1 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, unberührt.

 

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG (unter der Überschrift: „Erkenntnisse") hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 24 VStG gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts Anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.

 

Das bekämpfte Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 01.08.2019 zugestellt, die dagegen rechtzeitig erhobene Beschwerden langte am 22.08.2019 bei der belangten Behörde ein.

 

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 VwGVG ist sinngemäß anzuwenden.

 

Die Beschwerdevorentscheidung, zugestellt am 02.10.2019, war somit rechtzeitig ergangen.

 

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

 

Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Aufl. (2017), § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP , 5).

 

Der Vorlageantrag langte am 17.10.2019 bei der belangten Behörde ein und war somit rechtzeitig. Die Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag ist auch zulässig.

 

 

3.2. Zu Spruchpunkt A)

 

3.2.1. Rechtslage und anwendbare Bestimmungen

 

3.2.1.1. Günstigkeitsvergleich

 

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

 

Mit 21.07.2019 trat das Kapitalmarktgesetz 2019, BGBl. I 62/2019 (KMG 2019) in Kraft und löste das Kapitalmarktgesetz a.F., StF. BGBl. 625/1991, welches bis 20.07.2019 in Geltung stand, ab. § 4 Abs 3 KMG 2019 entspricht, wie dies ebenfalls die belangte Behörde feststellte, der Vorgängerbestimmung des § 4 Abs 3 KMG a.F. Hinsichtlich der Strafdrohung sieht § 10 Abs. 1 Z 1 und 3 KMG 2019 gegenüber § 16 Z 1 und 3 KMG a.F. keine für den Beschwerdeführer günstigere Strafdrohung vor, sie ist vielmehr sogar ident zur alten Fassung. Da sie das im Tatzeitraum anwendbare Recht bildet, welches auf einen verwirklichten Sachverhalt grundsätzlich anwendbar bleiben soll, ist daher im Rahmen eines Günstigkeitsvergleichs gemäß § 1 Abs. 2 VStG als maßgebliche Strafsanktionsnorm § 16 Z 1 und 3 KMG a.F. heranzuziehen. Ebenfalls blieb die Höhe der Strafandrohung auch für die in Spruchpunkt II.2. des Straferkenntnisses in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vorgeworfene Tat, bei der, da nicht Dauerdelikt, auf ihren Zeitpunkt, den 07.02.2017, abzustellen war, gleich.

 

Auf die Kritik des Beschwerdeführers bezüglich der Frage der Anwendung der rechtsrelevanten Fassung des § 10 Abs. 3 KMG wird auf die Ausführungen weiter unten verwiesen (s. Pkt. II. 3.2.2.5.)

 

 

3.2.1.2. Die im Tatzeitraum in Geltung stehende Rechtslage

 

§ 1 KMG i.d.F. BGBl. I Nr. 98/2015 lautet:

 

„Begriffsbestimmungen

 

§ 1. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

 

[…]

 

2. Emittent: ein Rechtsträger, der Wertpapiere oder Veranlagungen begibt oder zu begeben beabsichtigt;

 

3. Veranlagungen: Vermögensrechte, über die keine Wertpapiere ausgegeben werden, aus der direkten oder indirekten Investition von Kapital mehrerer Anleger auf deren gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko oder auf gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko mit dem Emittenten, sofern die Verwaltung des investierten Kapitals nicht durch die Anleger selbst erfolgt; unter Veranlagungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind auch alle vertretbaren, verbrieften Rechte zu verstehen, die nicht in Z 4 genannt sind;

Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten unterliegen nicht der Prospektpflicht gemäß § 2;

 

[…]

 

6. Person, die ein Angebot unterbreitet („Anbieter“): eine juristische oder natürliche Person, die Wertpapiere oder Veranlagungen öffentlich anbietet;

 

[...]."

 

 

§ 4 KMG i.d.F. BGBl. I Nr. 78/2005 lautet:

 

„Werbung

 

§ 4. (1) Jede Art von Werbung, die sich auf ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen oder auf eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt bezieht, muss die Grundsätze der Abs. 2 bis 5 beachten. Die Abs. 2 bis 4 gelten nur für die Fälle, in denen der Emittent, der Anbieter oder die die Zulassung zum Handel beantragende Person der Prospektpflicht unterliegt.

 

(2) In allen Werbeanzeigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Prospekt samt allfälligen ändernden oder ergänzenden Angaben veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo die Anleger ihn erhalten können.

 

(3) Werbeanzeigen müssen als solche klar erkennbar sein. Die darin enthaltenen Angaben dürfen nicht unrichtig oder irreführend sein. Diese Angaben dürfen darüber hinaus nicht im Widerspruch zu den Angaben stehen, die der Prospekt und die allfälligen ändernden oder ergänzenden Angaben enthalten, falls die Genannten bereits veröffentlicht sind, oder zu den Angaben, die im Prospekt enthalten sein müssen, falls dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht wird.

 

[…]“

 

 

§ 6 Abs. 1 zweiter Satz KMG i.d.F. BGBl. I Nr. 83/2012 lautet:

 

„Dieser Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) ist vom Antragsteller (§ 8a Abs. 1) unverzüglich zumindest gemäß denselben Regeln zu veröffentlichen und zu hinterlegen, wie sie für die Veröffentlichung und Hinterlegung des ursprünglichen Prospektes galten.“

 

 

§ 10 KMG i.d.F. BGBl. I Nr. 69/2015 lautet:

 

„Veröffentlichung des Prospekts

 

§ 10. (1) Ein Prospekt darf vor der Billigung durch die FMA nicht veröffentlicht werden.

 

(2) Nach seiner Billigung ist der Prospekt durch den Emittenten, den Anbieter oder die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person so bald wie praktisch möglich zu veröffentlichen, auf jeden Fall aber spätestens einen Bankarbeitstag vor dem Beginn des öffentlichen Angebots bzw. einen Bankarbeitstag vor der Zulassung der betreffenden Wertpapiere zum Handel. Zudem muss im Falle eines öffentlichen Erstangebots von Aktien einer Gattung, deren Aktien noch nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, sondern zum ersten Mal zum Handel zugelassen werden sollen, der Prospekt mindestens sechs Bankarbeitstage vor dem Abschluss des Angebots veröffentlicht werden.

 

(3) Der Prospekt gilt als im Sinne dieses Bundesgesetzes veröffentlicht, wenn er

1. im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder sonst in wenigstens einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet veröffentlicht wurde oder

2. dem Publikum in gedruckter Form kostenlos bei den zuständigen Stellen des Marktes, an dem die Wertpapiere zum Handel zugelassen werden sollen, oder beim Sitz des Emittenten und bei den Finanzintermediären einschließlich der Zahlstellen, die die Wertpapiere platzieren oder verkaufen, zur Verfügung gestellt wurde oder

3. auf einer Internet-Seite des Emittenten oder auf einer Internet-Seite der die Wertpapiere platzierenden oder verkaufenden Finanzintermediäre einschließlich der Zahlstellen veröffentlicht wurde oder

4. auf einer Internet-Seite des geregelten Marktes, für den die Zulassung zum Handel beantragt wurde, veröffentlicht wurde oder

5. auf einer Internet-Seite der FMA oder auf der Internet-Seite einer von dieser dazu gegen angemessene Vergütung beauftragten Einrichtung veröffentlicht wurde, wenn die FMA entschieden hat, diese Dienstleistung anzubieten.

 

Wird der Prospekt gemäß Z 1 oder 2 veröffentlicht, so hat der Emittent, der Anbieter oder die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person diesen zusätzlich auch auf einer Internet-Seite gemäß Z 3, 4 oder 5 zu veröffentlichen. Der FMA ist – sofern Österreich Herkunftsmitgliedstaat ist – vorab anzuzeigen, wie veröffentlicht wird und wo der Prospekt erhältlich sein wird; die Kriterien für eine Veröffentlichung gemäß Z 1 kann die FMA durch Verordnung festlegen.“

 

 

§ 16 KMG i.d.F. BGBl. I 150/2015 bzw. BGBl I Nr 107/2017 lautet:

 

„§ 16. Wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist, oder im Zusammenhang mit der Zulassung zum geregelten Markt […],

 

1. Wertpapiere oder Veranlagungen anbietet oder gewerbsmäßig vermittelt, wenn der Prospekt oder die nach § 6 ändernden oder ergänzenden Angaben oder deren Veröffentlichung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes widerspricht oder als Emittent einen Rechenschaftsbericht diesem Bundesgesetz widersprechend erstellt oder veröffentlicht;

 

2. [...]

 

3. entgegen der Vorschrift des § 4 wirbt;

 

[...] begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe von bis zu 100 000 Euro zu bestrafen."

 

 

3.2.2. Zur objektiven Tatseite

 

3.2.2.1. Zur Veranlagung i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 3 KMG

 

Genussrechte stellen gemäß § 174 Abs. 3 AktG nur dann Wertpapiere dar, wenn sie verbrieft und als Inhaber- oder Orderpapier ausgestaltet sind. Gemäß Punkt 2.7 Genussrechtsbedingungen (Anlage C zum Prospekt, ON 4) werden die Genussrechte nicht verbrieft. Die anderen Voraussetzungen sind erfüllt (Pkt. 1.3. und 1.4. Genussrechtsbedingungen).

 

Die hier angebotenen ALE-Substanzgenussrechte fallen daher unter den Begriff der Veranlagungen. Der erkennende Senat teilt hiermit die auch von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung.

 

 

3.2.2.2. Zum Emittenten bzw. Anbieter gemäß § 1 Abs. 1 KMG

 

Gegenständlich ist die AL-GmbH sowohl als Emittentin als auch Anbieterin anzusehen, die WM-AG fungierte nur als Anbieterin.

 

Die werberechtlichen Vorschriften des § 4 KMG sind damit auf die AL-GmbH und WM-AG anzuwenden.

 

 

3.2.2.3. Zum öffentlichen Angebot gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 KMG

 

3.2.2.3.1. Der Begriff des öffentlichen Angebots setzt die nach den Materialien zur KMG-Novelle 2005, BGBI. I 2005/78, die in Art. 2 Abs. 1 lit. d) enthaltene Begriffsbestimmung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 („Prospekt-RL") um (Oberndorfer, Die Prospektpflicht nach dem KMG [2014], S. 29).

 

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Z 1 KMG ist unter einem öffentlichen Angebot „eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden" zu verstehen.

 

Dabei gilt es zu beachten, dass nicht alle im Zusammenhang mit dem Primär- oder Sekundärmarkt eines Wertpapiers oder einer Veranlagung gemachten Willensäußerungen dazu geeignet sind, eine Prospektpflicht auszulösen, sondern nur solche, die auch auf eine entsprechende, wenngleich im Falle von Zeichnungseinladungen noch unverbindliche, Veräußerungsabsicht schließen lassen (Russ in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz. 5).

 

Mit dem Begriff „Mitteilung" ist nicht nur der enge zivilrechtliche Angebotsbegriff mit Bindungswirkung für den Emittenten gemeint, sondern vielmehr schließt der Begriff auch die Einladung an den Anleger ein, ein Angebot an den Emittenten abzugeben (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. [2015] § 11 Rz. 5, 6; BVwG, 25.06.2015, W204 2010321-1/10E; Oberndorfer, Die Prospektpflicht nach dem KMG [2014], 29).

 

Um von einem öffentlichen Angebot i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 1 KMG ausgehen zu können, muss das betreffende Angebot - direkt oder indirekt - an die Allgemeinheit erfolgen, der intendierte Adressatenkreis muss prinzipiell also unbeschränkt sein bzw. an einen nur nach gewissen abstrakten Kriterien beschränkten Kreis von Adressaten gerichtet werden und allen Personen, die diese Kriterien erfüllen, Zugang gewährt werden. Bei namentlicher bzw. persönlicher Auswahl der Adressaten ist von einem öffentlichen Angebot grundsätzlich nicht auszugehen (vgl. OGH 26.11.2009, 2Ob 32/09h). Unter Mitteilung in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise ist eine Willenserklärung oder Willensmitteilung des Emittenten zu verstehen, die auf eine entsprechende, wenngleich im Fall von Zeichnungseinladungen noch unverbindliche, Veräußerungsabsicht schließen lässt (Russ in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz. 5; Kalss/Oppitz/Zoller, Kapitalmarktrecht I [2005] § 10 Rz. 5; Gruber, Das öffentliche Angebot im Kapitalmarktgesetz, ZFR 2007, 22 ff., 27). Eine solche Veräußerungsabsicht wird etwa dann angenommen, wenn ein konkreter Hinweis auf eine Zeichnungs- oder Kaufmöglichkeit enthalten ist (z.B. Kontaktdaten) (vgl. Rundschreiben der FMA vom 04.12.2012 zu Fragen des Prospektrechts, Rz. 4; so auch die BaFin, vgl. Schlitt/Wilczek in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. [2013] § 4 Rz. 31).

 

Nach herrschender Meinung muss lediglich die Verkaufsabsicht nach außen hin erkennbar sein und objektiv der Eindruck bestehen, dass verkauft werden soll (vgl. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. [2015] § 11 Rz. 5; Rundschreiben der FMA vom 04.12.2012 zu Fragen des Prospektrechts Rz. 4; Russ in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz. 5: „die auf eine entsprechende, wenngleich im Fall von Zeichnungseinladungen noch unverbindliche, Veräußerungsabsicht schließen lässt").

 

Hinsichtlich der Art und Weise, wie ein Angebot gestellt werden kann, lässt die gesetzliche Legaldefinition einen weiten Spielraum offen („in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise"). Hintergrund dieser Formulierung ist, dass neben dem üblichen Verständnis eines Angebotes, sei es in schriftlicher oder mündlicher Form, möglichst vielen weiteren Vertriebsformen, die etwa eine Umgehung der Prospektpflicht zum Ziel haben könnten, vorgebeugt werden soll (Russ in Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz. 18).

 

Als Untergrenze dessen, was als ausreichende Information i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 1 leg. cit. angesehen werden kann, ist die Bekanntgabe der essentialia negotii. Das Angebot muss somit inhaltlich hinreichend konkretisiert sein und einen solchen Detaillierungsgrad aufweisen, dass potenzielle Anleger in die Lage versetzt werden, sich für den Kauf oder die Zeichnung eines Anlageproduktes zu entscheiden (Russ in Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz. 19; Oberndorfer, Die Prospektpflicht nach dem KMG [2014], 37).

 

 

3.2.2.3.2. Das Bestehen eines prospektpflichtigen öffentlichen Angebots im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 KMG wird bereits dadurch indiziert, dass die Emittentin einen Veranlagungsprospekt für das öffentliche Angebot der Substanzgenussrechte erstellte, diesen an ihrem Firmensitz zur Verfügung stellte und vor Angebotsbeginn bei der OeKB hinterlegte. Die Genussrechte werden von der AL-GmbH weiterhin laufend öffentlich angeboten; die WM-AG fungierte als Anbieterin der ALE-Substanzgenussrechte. Es besteht - wie auch die belangte Behörde zutreffend feststellte - nach wie vor eine Zeichnungsmöglichkeit sowohl über die Homepage der AL-GmbH als auch über die Homepage der XXXX . Über die Homepage der WM-AG wurde auffällig auf die Homepage der AL-GmbH verlinkt. Das Angebot ist inhaltlich hinreichend konkretisiert, zumal Informationen über die Bedingungen des Angebots (Preis, Zeichnungsmöglichkeit, Kündigungsmöglichkeit, Gewinnbeteiligung, Inhalt, etc.) sowohl in den oben beschriebenen Informationsblättern als auch in den Newslettern enthalten sind. Das Angebot weist auch einen solchen Detaillierungsgrad auf, dass ein potenzieller Anleger in die Lage versetzt werden kann, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieses Anlageproduktes zu entscheiden.

 

Dem Beschwerdevorbringen, wonach aber die Homepage der WM-AG sich primär an Vertriebspartner gerichtet habe, im Besonderen die Newsletters nur über eine ausschließlich den Vertriebspartnern mögliche Registrierung diese zugänglich gewesen seien, geht jedoch ins Leere. Denn diesem ist zu entgegnen, dass aufgrund der Ermittlungsergebnisse im gegenständlichen Fall das Angebot jedem interessierten Besucher der Homepages der AL-GmbH und der WM-AG bzw. durch die über diese verlinkten Informationsblätter und Newsletters - jedenfalls zu den inkriminierten Zeitpunkten bzw. Zeitraum - frei und ohne Benützung eines Passwortes zugänglich war und nicht etwa nur einem bestimmten Benutzerkreis. Es lag daher ein öffentliches Angebot im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 KMG vor (Russ in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz. 12; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. [2015] § 11 Rz. 9).

 

 

3.2.2.4. Zur Veröffentlichung des Prospekts und von Nachträgen gemäß § 10 KMG

 

§ 10 KMG regelt insbesondere die Veröffentlichung von Wertpapier- und Veranlagungensprospekten sowie von Dokumenten gemäß dem Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011) und dem Immobilien-Investmentfondsgesetz (ImmoInvFG), wobei der Hauptanwendungsfall der Prospekt bildet: Neben dem Prospekt regelt § 10 KMG auch Art und Weise der Veröffentlichung von Nachträgen (vgl. Zib in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz (2008) § 10 Rz. 1 f.; Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 1 und 4).

 

Die Prospektveröffentlichung dient der Information des anlagesuchenden Publikums, indem nach Billigung des Prospektes durch die FMA der Prospekt dem Publikum auf eine der gesetzlichen vorgesehenen Veröffentlichungsarten zur Verfügung gestellt wird (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 1). Das maßgebliche Anliegen der früheren Richtlinie 2003/71/EG vom 31.12.2003 i.d.F. der Richtlinie 2010/73/EU vom 24.11.2010 (im Folgenden auch: „ProspektRL“) sowie der geltenden Verordnung (EU) 2017/1129 vom 14.06.2017 (im Folgenden auch: „ProspektVO“) liegt in der Sicherstellung des Anlegerschutzes und der Markteffizienz. Zweck des Prospektes ist es, die Informationsassymetrie zwischen den erwerbenden Anlegern und den Emittenten bzw. Anbietern abzubauen, um insgesamt die Transaktionskosten zu senken und den Rechtsverkehr reibungslos zu gestalten. Die Prospekt- bzw. Informationspflicht dient dazu, Anlegern als Erwerber und Vertragspartner die Gelegenheit zu geben, sich über Wertpapiere oder Veranlagungen, die Vertrauensgüter darstellen, zu informieren. Dies umso mehr, als es sich vielfach um komplexe und dauerhafte Produkte handelt (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. [2015] § 11, Rz. 1 und 43).

 

Mit § 10 Abs. 3 KMG i.d.F. BGBl. I Nr. 98/2015 wurde infolge des EuGH-Urteils C-359/12 vom 15.05.2014 zu Art. 14 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2003/71/EG i.d.F. der Richtlinie 2010/73/EU und der Berichtigung der deutschen Fassung der Richtlinie 2010/73/EU vorgesehen, dass ein Emittent, der einen Prospekt im Amtsblatt der Wiener Zeitung oder in gedruckter Form veröffentlicht, diesen nun auch auf seiner Internet-Seite zu veröffentlichen hat. Gleiches gilt für die Wertpapiere platzierenden oder verkaufenden Finanzintermediäre einschließlich der Zahlstellen. Durch diese Änderungen soll gewährleistet werden, dass künftig eine elektronische Veröffentlichung verpflichtend zu erfolgen hat und damit die Zugänglichkeit des Prospekts erleichtert wird (s. ErläutRV 562 BlgNR 25. GP . zu § 10 Abs. 3 KMG). Durch das Wort „oder“ in Z 3 wird klargestellt, dass der Emittent jedoch nicht verpflichtet ist, sowohl auf einer Internet-Seite des Emittenten, als auch auf einer Internet-Seite der die Wertpapiere platzierenden oder verkaufenden Finanzintermediäre einschließlich der Zahlstellen den Prospekt zur Verfügung zu stellen, da hinsichtlich der rein elektronischen Veröffentlichung eine solche kumulative Zurverfügungstellung des Prospekts weder durch das EuGH Urteil noch durch die Berichtigung der Richtlinie 2010/73/EU vorgesehen ist (s. ErläutRV 670 BlgNR 25. GP . zu § 10 Abs. 3 KMG). Wenngleich infolge BGBl. I Nr. 2015/08 der Emittent nunmehr nicht (mehr) verpflichtet ist, neben der elektronischen Veröffentlichungsform auch die Veröffentlichungsform der Schalterpublizität (Vorhandensein der Printfassung des Prospektes beim Emittenten bzw. bei den Finanzintermediären/Zahlstellen) vorzunehmen, so ist im umgekehrten Fall darüber hinausgehend auch elektronisch zu veröffentlichen (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 27 und 30). Grundsätzlich hat der Prospekt während der öffentlichen Angebotsfrist verfügbar gehalten zu werden (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 32)

 

Auf Grundlage von Art. 14 Abs. 8 ProspektRL sieht die Delegierte Verordnung (EU) 2016/301 vom 30.11.2015 (im Folgenden auch „DelVO“) diverse Klarstellungen im Hinblick auf EuGH 15.05.2014, C-359/12 und technische Entwicklungen vor (vgl. Art. 6 leg. cit.): Eine elektronische Veröffentlichung (sowohl als Hauptveröffentlichungsform als auch als begleitende Veröffentlichungsmaßnahme zur Print- oder Schalterpublizität) hat so vorgenommen zu werden, dass der Prospekt bei Aufruf der Website ohne weiteres zugänglich ist. Der Prospekt muss entweder direkt auf der Hauptwebsite abgerufen werden können oder ein leicht erkennbarer Link bzw. Pfad vorhanden sein. Unabhängig davon kann eine Erklärung aufgenommen werden, mit welcher der Adressatenkreis eingeschränkt bzw. spezifiziert wird. In diesem Zusammenhang ist die Aufnahme von Bestätigungen hinsichtlich der Nationalität des Adressatenkreises zulässig; andere Beschränkungen wie Registrierungsverfahren, Zustimmungen zu Haftungsbegrenzungsklauseln oder Gebühren sind nicht gestattet (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 12 f.). Demnach sind Filter, die gewährleisten, dass der Prospekt nur von Interessenten abgerufen werden kann, dies sich als Bewohner eines Staats qualifizieren, in dem die Wertpapiere öffentlich angeboten werden dürfen, zulässig (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 29).

 

Ob eine Veröffentlichung eines Prospektes als „leicht zugänglich“ beurteilt werden kann, wird vom OGH als nicht revisible Einzelfallfrage gesehen. In diesem Zusammenhang wurde die Beurteilung, dass die Veröffentlichung „ausreichend“ zugänglich gewesen sei, wenn keine Hindernisse vorliegen, die im elektronischen Verkehr übliche einfache Such- und Registrierungsschritte übersteigen, als vertretbar gesehen (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 10, Rz. 28 mit Hinweis auf OGH 08.11.2011, 3 Ob 195/11i).

 

 

3.2.2.5. Zu den Spruchpunkten I.1 und II.1. des bekämpften Straferkenntnissesin der Fassung der Beschwerdevorentscheidung

 

Ausgehend vom oben festgestellten Sachverhalt, dass seit 07.02.2017 bis zum 26.06.2018 keine elektronische Veröffentlichung des Prospektes oder der Nachträge erfolgte und weder auf der Homepage der AL-GmbH noch auf der Homepage der WM-AG diese zusätzlich zur Zurverfügungstellung am Sitz der Emittentin AL-GmbH sowie der WM-AG im Internet veröffentlicht wurden, wurde damit – wie auch die belangte Behörde zu Recht rügte, dem Erfordernis, dass diese bei Aufruf der Website ohne weiteres zugänglich sind, nicht Genüge getan. Der Prospekt muss entweder direkt auf der Hauptwebsite abgerufen werden können oder ein leicht erkennbarer Link bzw. Pfad vorhanden sein. Gemäß § 10 Abs 3 vorletzter Satz KMG ist jeder Prospekt nunmehr jedenfalls in elektronischer Form zu veröffentlichen. Sofern - wie hier gegenständlich - der Prospekt vom 15.05.2014 (ON 4) sowie die Nachträge vom 06.11.2014 und 14.04.2016 (ON 5 und ON 6) für das öffentliche Angebot von Substanzgenussrechten an der AL-GmbH bereits durch Zurverfügungstellung am Sitz der Emittentin AL-GmbH und der WM-AG veröffentlicht wurden, so sind diese gemäß der zitierten Bestimmung auch auf einer Internet-Seite gemäß Z 3, 4 oder 5 leg. cit. zu veröffentlichen.

 

Auf den Hinweis des Beschwerdeführers, dass sich Interessenten kostenlos hätten registrieren können und sodann auf weitere Unterlagen, so auch auf den KMG-Prospekt, hätten zugreifen können, sowie auch auf die daran anschließenden diesbezüglichen Vorbringen (OZ 1.1, Pkt. III.1.b bis e), war aber schon deswegen nicht näher darauf einzugehen, da aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Beschwerdeführer nicht nachzuweisen vermochte, dass dies im vorgeworfenen Zeitraum tatsächlich der Fall gewesen war (s. dazu näher oben Pkt. II.2.2.).

 

Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass das kostenlose Zurverfügungstellen am Sitz des Emittenten („Schalterpublizität") für das Erfüllen des Veröffentlichungskriteriums ausreichend gewesen sei. Im damaligen Zeitpunkt und bis heute würden sämtliche Unterlagen kostenlos bei der Emittentin und beim Finanzintermediär – der AL-GmbH und der WM-AG – aufliegen. Da das öffentliche Angebot mit dem Prospekt im Mai 2014 gestellt worden sei, sei somit auch die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden gewesen, nämlich § 10 KMG i.d.F. BGBl. I Nr. 83/2012. Da Nachträge zum Prospekt nach denselben Regeln zu veröffentlichen und zu hinterlegen seien wie der ursprüngliche Prospekt (§ 6 Abs. 1 zweiter Satz KMG), seien daher die gegenständlichen Nachträge vom 06.11.2014 und vom 14.04.2016 mit dem Veröffentlichen am Sitz der AL-GmbH ebenfalls rechtmäßig veröffentlicht worden (OZ 1.1, Pkt. III.2.f ff.).

 

Zur Novelle des § 10 Abs 3 KMG i.d.F. BGBl I. Nr. 69/2015 (in-Kraft getreten am 19.06.2015) führte der Beschwerdeführer an, dass das KMG damit erstmals vorgesehen habe, dass zusätzlich zur Schalterpublizität auch auf der Website veröffentlicht werden müsse. Allerdings würden die Übergangs- und Schlussbestimmungen die §§ 17 ff. KMG weder i.d.F. BGBl I Nr. 69/2015 noch i.d.F. BGBl I Nr. 98/2015 diesbezüglich eine Pflicht des Emittenten festlegen, nach den jeweils neuen Vorschriften wiederholt zu veröffentlichen. Der Gesetzgeber selbst habe also beabsichtigt, dass sich die Veröffentlichungspflichten nach der im Veröffentlichungszeitpunkt für den Prospekt jeweils geltenden Rechtslage richten würden. Unter Betonung des Vertrauens auf den kundgemachten Wortlaut als ein wesentliches Element des Rechtsstaates wies die Beschwerdeführer darauf hin, dass ein Wiederholen des Veröffentlichens weder in den Übergangsbestimmungen vorgesehen noch die Materialien eine solche als Absicht zu entnehmen sei. Zudem würde das Verwenden von Begriffen wie „künftig" in den Gesetzesmaterialien verdeutlichen, dass der Gesetzgeber die Regelung über das zusätzliche elektronische Veröffentlichen des Prospekts zukunftsbetrachtend sehe. Zudem lasse sich § 10 Abs 3 vorletzter Satz KMG i.d.F. BGBl I. Nr. 98/2015 („Wird der Prospekt gemäß Z 1 oder 2 veröffentlicht, so hat der Emittent, der Anbieter oder die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person diesen zusätzlich auch auf einer Internet-Seite gemäß Z 3, 4 oder 5 zu veröffentlichen“ [Hervorhebungen durch den Beschwerdeführer] nur so auslegen, dass das über die Schalterpublizität hinausgehende elektronische Veröffentlichen bloß für Prospekte, die nach Inkrafttreten dieser Bestimmung veröffentlicht werden, zu berücksichtigen sei. Diese Bestimmung sei daher nicht auf alle bis zu ihrem Inkrafttreten veröffentlichen Prospekte anzuwenden und somit auch nicht auf die„ALE Substanzgenussrechte". Zudem verwies der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG, auf das Rückwirkungsverbot des § 1 Abs 1 VStG sowie auf den Grundsatz des Art. 7 EMRK, wonach keine Strafe ohne Gesetz ausgesprochen werden dürfe, die einer Bestrafung des Beschwerdeführers entgegenstehen würde.

 

Der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsanschauung ist aber zu entgegnen, dass diese dem Schutzzweck der Norm, die der Sicherstellung des Anlegerschutzes und der Markteffizienz dient, widerspricht. Bei Zugrundelegung dieser Sicht würde es, wie auch die belangte Behörde zu Recht darauf hinwies, für Prospekte, die vor Inkrafttreten des § 10 Abs. 3 KMG i.d.F. BGBl I. Nr. 69/2015, veröffentlicht worden sind, bedeuten, dass diese in Folge nie elektronisch im Sinne dieser Regelung veröffentlicht werden müssen. Derartige Prospekte hätten kein Laufzeitende, sie müssten allerdings durch Nachträge im Anlassfall (lediglich) aktuell gehalten werden. Mit einer derartigen vom Beschwerdeführer vertretenen Auslegung würde die Pflicht zur elektronischen Veröffentlichung nicht nur umgangen werden, sondern es würde den vom Gesetzgeber mit der Neuregelung der Veröffentlichungsvorschriften beabsichtigten Zweck faktisch einen Großteil seiner Wirkung nehmen. Die Vorgabe der elektronischen Veröffentlichung würde demnach weder auf bereits veröffentlichte Prospekte samt bereits veröffentlichte Nachträge anzuwenden sein noch sogar auf erst nach Inkrafttreten des § 10 Abs 3 KMG i.d.F. BGBl I. Nr. 69/2015 veröffentlichten Nachträgen, wenn sich diese auf Prospekte beziehen, die noch vor Inkrafttreten dieser Bestimmung veröffentlicht worden sind.

 

Der zur Bekräftigung seiner Rechtsansicht erfolgte Literaturhinweis des Beschwerdeführers auf Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 6, Rz. 36 (OZ 5, S. 9) hilft insofern nicht weiter, als der zitierte Autor sich auf die Wiederholung des Wortlauts des § 6 Abs. 1 zweiter Satz KMG beschränkt, ohne dass hieraus ein zusätzlicher Informations- oder Erkenntnismehrwert zur Lösung der Frage entnommen werden könnte. Auch ist dem diesbezüglichen Hinweis der belangten Behörde zu folgen, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm § 6 Abs. 1 zweiter Satz KMG vorsehe, dass Nachträge „zumindest“ gemäß denselben Regeln zu veröffentlichen sind, wie sie für die Veröffentlichung des ursprünglichen Prospektes galten (OZ 5, S. 9).

 

Maßgeblich ist aber, dass der vom Beschwerdeführer angesprochene Günstigkeitsvergleich i.S.d. § 1 Abs. 2 VStG hier keine Anwendung findet. In ständiger Judikatur vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass Gegenstand des Günstigkeitsvergleichs ausschließlich die angedrohte Sanktion sei (VwGH 23.10.1995; s.a. Wessely in Raschauer/Wessely, VStG-Kommentar, 2. Aufl., [2016], § 1 Rz. 17 m.w.N.). Eine außerstrafrechtliche Gesetzesänderung für die Frage der Strafbarkeit habe keine Bedeutung, da das strafrechtliche Unwerturteil wegen des Verstoßes gegen strafrechtliche Vorschriften hiervon nicht betroffen wäre (vgl. jüngst VwGH 28.06.2016, Ra 2016/17/0057 m.w.N.). „Verschlechterungen“ sind daher insoweit möglich (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 1 Rz. 17). Folglich ist von der Anwendung der Bestimmung des § 10 Abs. 3 KMG i.d.F. BGBl I. Nr. 69/2015 betreffend die Veröffentlichungspflichten auszugehen (vgl. BVwG 23.11.2016, W210 2128674-1, das in einem nach dem KMG zu beurteilendem Sachverhalt zum gleichen Ergebnis kam). Der Beschwerdeführer hatte daher die für den Tatzeitraum 07.02.2017 bis 26.06.2018 geltende Bestimmung des § 10 Abs. 3 KMG zu beachten und verstieß somit mit der Unterlassung der elektronischen Veröffentlichung des Prospektes samt den beiden Nachträgen gegen diese Vorschrift.

 

 

3.2.2.6. Zur Werbung i.S.d. § 4 KMG

 

3.2.2.6.1. Das KMG selbst sieht keine Definition von „Werbung“ vor. Art. 2 Z 9 ProspektVO definiert „Werbung“ als Bekanntmachungen, die sich auf ein bestimmtes öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel auf einem geregelten Markt beziehen, (und) darauf abzielen, die mögliche Zeichnung oder den möglichen Erwerb von Wertpapieren besonders zu fördern. Die Anwendung des § 4 KMG setzt daher voraus, dass Ziel der Werbung die Verkaufsförderung von Wertpapieren oder Veranlagungen (auf die sich § 4 KMG ebenfalls bezieht) ist (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 4, Rz. 13).

 

Aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 4 Abs. 1 KMG und den folgenden Absätzen des § 4, der im Hinblick auf die wörtliche Übernahme des Richtlinientextes genau Art. 15 der früheren Prospekt-Richtlinie 2003/71/EG entspricht (nach Abs. 1 hat die dort genannte Werbung die Grundsätze der folgenden Absätze zu beachten), ist zunächst zu schließen, dass sich diese folgenden Absätze (und damit auch Abs. 2) nicht auf jegliche Werbung (des oder für den Emittenten), sondern nur auf „Werbung, die sich auf ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen" im Sinne des Abs. 1 bezieht. § 16 Z 3 KMG stellt damit übereinstimmend nur Handlungen „im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist" unter Strafsanktion (VwGH 10.09.2010, 2009/17/0143).

 

Werbung, die nur allgemein den Emittenten betrifft, ist nicht als Werbung im Sinn von § 4 Abs. 1 KMG anzusehen (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, Bd I, § 10 Rz. 70, Zib in Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz, § 4 Rz 8). Kalss/Oppitz/Zollner führen a.a.O. aus, dass sich „das Ziel der Werbung" auf die Verkaufsförderung der Wertpapiere oder Veranlagungen beziehen müsse. Auch Zib, a.a.O., § 4 Rz. 8, grenzt Informationen, die sich zwar auf ein öffentliches Angebot beziehen, aber nicht auf die Verkaufsförderung der Wertpapiere oder Veranlagungen abzielen, von der unter § 4 KMG fallenden Werbung ab (VwGH 10.09.2010, 2009/17/0143).

 

Es ist daher primär zu klären, wie Werbeaussagen gestaltet sein müssen und in welchem Zusammenhang Werbeaussagen eines Unternehmens mit öffentlichen Angeboten stehen müssen, um den Tatbestand des § 4 Abs. 1 KMG, sich „auf ein öffentliches Angebot zu beziehen", zu erfüllen, bzw. wie eine Werbung im Sinne des § 4 Abs. 1 KMG von einer „allgemeinen Werbung" des (oder für den) Emittenten abzugrenzen ist (VwGH 10.09.2010, 2009/17/0143).

 

Unter Werbung im Sinne des KMG sind Bekanntmachungen zu verstehen, die (i) sich auf ein bestimmtes öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt (ii) oder sich auf ein bestimmtes öffentliches Angebot von Veranlagungen beziehen und (iii) darauf abzielen, die Zeichnung oder den Erwerb von Wertpapieren zu fördern. In diesem Sinne ist daher von einem weiten Begriffsverständnis von Werbung auszugehen. Sofern in einem Dokument bereits eine Aussage enthalten ist, die werbemäßigen Charakter aufweist, ist das Dokument als Werbung i.S.d. § 4 KMG zu verstehen (Rundschreiben der FMA vom 04.12.2012 zu Fragen des Prospektrechts, Rz. 38).

 

Informationen, die sich zwar auf ein öffentliches Angebot beziehen, aber nicht auf die Verkaufsförderung der Wertpapiere abzielen – etwa allgemeine Informationen zu bestimmten Werten, z.B. Wertpapierkennnummer, Underlying oder kleinste handelbare Einheit, ohne Verkaufsförderungscharakter – fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 KMG (vgl. Zib in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz (2008) § 4 Rz. 8; s. OZ 1.2, S. 17).

 

 

3.2.2.6.2. Die über die Homepage der A-GmbH abrufbaren Informationsblätter (Kündigungsvariante A und B, siehe ON 9 und ON 10) bezogen sich offenkundig auf das öffentliche Angebot der ALE-Substanzgenussrechte und enthielten detaillierte Informationen zum Investment (insbesondere Informationen zu den Bedingungen des Angebots). Dabei waren auch werbliche Äußerungen zur Gewinnbeteiligung, Fremdkapital, zur Abnahme und Einnahmensicherheit zu finden. Der abschließende Risikohinweis war allgemein gehalten und bezog sich nicht konkret auf die gegenständliche Veranlagung.

 

In den jedenfalls am 07.02.2017 unter der Homepage der WM-AG abrufbar gewesenen Newslettern 92/2016 (05.12.2016), 01/2017 (02.01.2017), 03/2017 (09.01.2017), 07/2017 (23.01.2017) sowie 09/2017 (30.01.2017) wurde die Veranlagung zusammengefasst, in gestraffter Aufzählung betreffend Emittentin, Segment, Mindestbeteiligung und Renditeerwartung als „Substanzgenussrecht“ beschrieben (ON 18, ON 19, ON 20, ON 22 und ON 24).

 

Zusätzlich wurden in den ebenso jedenfalls am 07.02.2017 unter der Homepage der WM-AG abrufbar gewesenen Newslettern 52/2016 (13.07.2016), 59/2016 (08.08.2016), 63/2016 (24.08.2016), 76/2016 (10.10.2016), 85/2016 (09.11.2016) sowie 87/2016 (16.11.2016) „ALE-Substanzgenussrechte“ mit den blickfangartig hervorgehobenen Schlagworten „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ sowie „kein Fremdkapital“ beworben (vgl. ON 12 bis ON 17). Die Informationen in den Newslettern bezogen sich auf das öffentliche Angebot der ALE-Substanzgenussrechte.

 

Die Darstellung und die Wortwahl sowie das Hervorheben der Vorteile der Investitionen waren im gegenständlichen Fall, wie auch die belangte Behörde zutreffend feststellte, sohin jedenfalls als Werbung i.S.d. § 4 KMG zu qualifizieren.

 

 

3.2.2.7. Zur irreführenden Werbung gemäß § 4 Abs. 3 KMG

 

Werbung darf nicht unrichtig oder irreführend sein und auch nicht im Widerspruch zu Angaben im Prospekt stehen. Eine Werbeanzeige kann auch dann schon irreführend sein, wenn kein (formaler) Widerspruch zu den Angaben im Prospekt vorliegt (OGH 20.01.2009, 4 Ob 188/08p). Das trifft z.B. bei Verschweigen von Risikohinweisen zu, deren Kenntnis oder Unkenntnis für das Publikum bei realistischer Betrachtung von Bedeutung für die Kaufentscheidung ist. Das bedeutet, dass die Irreführungseignung unter Umständen durch einen deutlich aufklärenden Hinweis geheilt werden kann (VwGH 24.03.2014, 2010/17/0071). Ein formaler Hinweis auf den Prospekt genügt jedoch nicht, um eine sonst bestehende Irreführungseignung zu beseitigen (OGH 20.01.2009, 4 Ob 188/08p).

 

Ob eine Werbung irreführend nach § 4 Abs. 3 KMG ist, ist nach dem Gesamteindruck ihrer Ankündigung zu beurteilen. Der Gesamteindruck ist zwar nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung, denn er kann schon durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, entscheidend geprägt werden. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend sein. Hier kann nur ein ausreichend deutlicher aufklärender Hinweis zum Wegfall der Irreführungseignung führen. Dieser Hinweis muss zudem so gestaltet sein, dass ihn ein Durchschnittsverbraucher im Gesamtzusammenhang der Werbung nicht nur deutlich wahrnimmt, sondern auch als ernst gemeint auffasst (vgl. aus lauterkeitsrechtlicher Sicht den Beschluss des OGH vom 20.01.2009, 4 Ob 188/08p, m.w.N.; VwGH 24.03.2014, 2010/17/0071; BVwG 30.05.2018, W107 2182782-1, OZ 10E).

 

Nach der herrschenden Meinung und Judikatur reicht daher bereits die objektive Irreführungseignung. Insofern stellt § 4 Abs. 3 KMG auf eine potenzielle Irreführung des Anlegerpublikums ab. Eine Werbung ist somit schon dann irreführend im Sinne des § 4 Abs. 3 KMG, wenn sie objektiv dazu geeignet ist, Missverständnisse hervorzurufen (vgl. VwGH 24.03.2014, 2010/17/0071; Brandl, ZFR 2014/199, 318 ff. 320), einer tatsächlichen konkreten Irreführung zumindest eines einzelnen Anlegers bedarf es im Sinne der obigen Ausführungen nicht.

 

Für die Beurteilung, ob eine Angabe unrichtig oder irreführend ist, kann § 2 UWG herangezogen werden (vgl. Zib in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz (2008) § 4 Rz. 12, 27). Gemäß § 2 Abs. 1 UWG gilt eine Geschäftspraktik als irreführend, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen oder mehrere in § 2 UWG aufgezählte Punkte (z.B. Vorhandensein, Art und wesentliche Merkmale des Produkts, Preis etc.) derart zu täuschen, dass dieser dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG 2. Aufl., § 2 Rz. 47). Einige der Punkte in § 2 Abs. 1 UWG sind die wesentlichen Merkmale des Produktes (Z 2 leg. cit.), der Umfang der Verpflichtungen des Unternehmens (Z 3 leg. cit.) oder die Risiken, denen man möglicherweise ausgesetzt ist (Z 7 leg. cit.).

 

Gemäß Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist der objektive Erklärungswert einer Werbeanzeige maßgeblich und, wie dieser von einem potenziellen Anleger, der an einer Geldanlage interessiert ist, verstanden wird (vgl. VwGH 24.03.2014, 2010/17/0071). Von der Maßfigur eines „vernunftbegabten, durchschnittlich gebildeten Anlegers" kann wegen der Bedeutung von Anlageentscheidungen zwar eine höhere situationsbedingte Aufmerksamkeit erwartet werden. Rechtskenntnisse sind ihm allerdings ebenso wenig zu unterstellen wie eine vertiefte Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge (VwGH 24.03.2014, 2010/17/0071).

 

Ebenso hat der OGH ausgesprochen, dass eine Irreführungseignung jedenfalls auch nach dem Verständnis eines durchschnittlichen, möglicherweise erstmals in Wertpapiere investierenden Kleinanlegers zu beurteilen ist. Von einem solchen potenziellen Kleinanleger kann zwar wegen der Bedeutung von Anlageentscheidungen eine höhere situationsbedingte Aufmerksamkeit erwartet werden, Rechtskenntnisse sind ihm allerdings ebenso wenig zu unterstellen wie eine vertiefte Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge (OGH 20.01.2009, 4 Ob 188/08p).

 

In Anbetracht von geringeren Mindestinvestitionssummen, bei denen sich die Werbemaßnahmen deshalb primär auch an Kleinanleger richten, ist die Maßfigur für die Beurteilung der Irreführungseignung von Werbemaßnahmen somit der durchschnittliche Kleinanleger, der möglicherweise erstmals in Veranlagungen investiert. Somit ist eher von einer heterogenen Zielgruppe auszugehen. Dies hat zur Folge, dass an die Werbung ein strengerer Prüfungsmaßstab anzulegen ist, da primär auch Kleinanleger angesprochen werden und diese grundsätzlich über geringe Kenntnisse über Anlageprodukte und den Kapitalmarkt verfügen, was die dargestellte Irreführungseignung der gegenständlichen Werbung noch zusätzlich verstärkt (BVwG 22.06.2018, W107 2151963-1).

 

Was die grundsätzliche Darstellung der Vor- und Nachteile einer Emission betrifft, ist auszuführen, dass zwar keine allgemeine Pflicht zur Vollständigkeit von Werbeaussagen besteht, jedoch dürfen diese in der Darstellung von Vor- und Nachteilen nicht so unausgewogen sein, dass sie als irreführend angesehen werden. Der OGH schließt daraus - wie oben bereits ausgeführt -, dass eine Werbeanzeige auch dann irreführend sein kann, wenn kein (formaler) Widerspruch zu den Angaben im Prospekt vorliegt. Das trifft etwa bei Verschweigen von Risikohinweisen zu, deren Kenntnis oder Unkenntnis für das Publikum bei realistischer Betrachtung von kaufentscheidender Bedeutung ist (vgl. OGH 20.01.2009, 4 Ob 188/08p). Das bedeutet, dass die Irreführungseignung unter Umständen durch einen deutlich aufklärenden Hinweis geheilt werden kann (VwGH 24.03.2014, 2010/17/0071).

 

Insbesondere bei Werbungen zu Garantie und Kapitalschutz und für komplexe Produkte (s. Rundschreiben der FMA vom 04.12.2012, Rz. 42 f.) ist darauf zu achten, dass Aussagen so formuliert werden, dass die Anleger dadurch nicht in die Irre geführt werden – dies bedeutet eine genaue Beschreibung des Garanten und der Garantie oder von Zinsenregelungen, die auf eine Zinsenregelung anwendbar sein sollen (Zivny, KMG, 2. Aufl. [2016], § 4, Rz. 33).

 

Ein „Risikohinweis", der nicht eindeutig als solcher klar erkennbar und somit auch lesbar ist, ist vor dem Hintergrund seines Zweckes, nämlich Anleger u.a. über Risiken aufzuklären, als nicht den Bestimmungen des § 4 Abs. 3 KMG entsprechend zu betrachten.

 

Ein solcher Risikohinweis muss derart gestaltet sein, dass ihn ein Durchschnittsverbraucher im Gesamtzusammenhang der Werbung nicht nur wahrnimmt, sondern auch als ernst gemeint auffasst (OGH 20.1.2009, 4 Ob 188/08p).

 

Nach der oben zitierten Rechtsprechung zur irreführenden Werbung besteht zwar keine abstrakte Pflicht des Werbenden, auf alle denkbaren Risiken hinzuweisen, doch muss zur Vermeidung von Einseitigkeit bei der Hervorhebung nur der Vorteile auch auf zwangsläufig damit verbundene Risiken hingewiesen werden. Werden also Ertrag und Sicherheit in der Werbung nicht nur blickfangartig herausgestellt, sondern durch weitere Ausführungen bestätigt, müsste ein Risikohinweis ganz besonderes Gewicht haben, um das Entstehen eines irreführenden Gesamteindrucks zu verhindern (OGH 20.1.2009, 4 Ob 188/08p).

 

Um den Irreführungstatbestand zu verwirklichen, muss zwischen der durch Täuschung verursachten Fehlvorstellung und dem gesetzten geschäftlichen Verhalten ein kausaler Zusammenhang bestehen (vgl. Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG 2. Aufl., § 2 Rz. 4; s. OZ 1.2. S. 19).

 

 

3.2.2.8. Zu den Spruchpunkten I.2. und II.3. des bekämpften Straferkenntnissesin der Fassung der Beschwerdevorentscheidung

 

Auf der Homepage der AL-GmbH - zu der wiederum die Homepage der WM-AG auffällig verlinkte - waren die beiden Informationsblätter unter der Rubrik „INVESTMENT Möglichkeiten“ abrufbar. In den beiden Informationsblättern wurden zwei Varianten (A und B; ON 9 und ON 10) zur Investition dargestellt. Die Informationen bezogen sich auf die Genussrechte an der AL-GmbH und wiesen werbende Elemente auf. Die Informationen enthielten einen konkret auf den Verkauf abstellenden Mindestinhalt, d.h ausreichende Informationen über die Bedingungen des Angebots (Zeichnungsbetrag, Kündigungsmöglichkeit, Gewinnbeteiligung; Inhalt etc.), um den Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung der Veranlagung zu entscheiden. Die beiden Informationsblätter bezogen sich auf das öffentliche Angebot der Genussrechte an der Al-GmbH. Weiters war eine Zeichnungsmöglichkeit gegeben.

 

Die in den beiden Informationsblättern blickfangartig hervorgehobenen Schlagworte „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ sowie „kein Fremdkapital“ sowie „gesicherte Abnahme durch renommierte Partner“ und „kalkulierbare Einnahmen“ bzw. „kalkulierbare Einnahmensicherheit“ sollten den Anlagern suggerieren, dass es sich um eine sichere Form der Anlage handelt. Die Vorteile der Veranlagung wurden überproportional dargestellt, während Risiken, welche für das Publikum von kaufentscheidender Bedeutung waren, völlig ausgeblendet und bloß im Prospekt dargelegt wurden. Insgesamt war daher im Sinne der oben zitierten Literatur, die von einem weiten Verständnis ausgeht, festzustellen, dass die Ausgestaltung dieser Informationsblätter jedenfalls der Verkaufsförderung der Veranlagung diente.

 

Im Einzelnen waren folgende Angaben gemäß § 4 Abs. 3 KMG zur Irreführung geeignet und/oder im Widerspruch mit dem Prospekt, nämlich sowohl hinsichtlich der Kündigungsvariante A (Abschichtung auf 12 Quartale aufgeteilt; ON 9) als auch bezüglich der Kündigungsvariante B (einmalige Abschichtung; ON 10):

 

(i) „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,70 % p.a.“

 

Eine Erfolgsbeteiligung erfolgte in der Höhe von bis zu 6,70%, dem Wortlaut zufolge konnte diese daher auch darunter liegen. Darüber hinaus stand die laufende Auszahlung einer Erfolgsbeteiligung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Bilanzgewinns und ausreichender Liquidität der Emittentin. Der Anleger war ab Einzahlung des Genussrechtsbetrages am Gewinn oder am Verlust beteiligt (s. Prospekt S. 51, ON 4; Genussrechtsbeteiligungen, Anlage C zum Prospekt, Pkt. 4; diesbezüglich keine Änderungen in den beiden Nachträgen ON 5 und 6).

 

Es wurde in den vorliegenden Werbungen ausschließlich die Gewinnbeteiligung hervorgehoben sowie irreführend dargestellt, dass auf jeden Fall von einer Gewinnbeteiligung von 6,70% p.a. ausgegangen werden kann.

 

 

(ii) „Vorrangige Gewinnbeteiligung der Genussrechtszeichner vor Gesellschafter“

 

Eine nicht unwesentliche Bedeutung bei der Kaufentscheidung war die Nachrangigkeit der Ansprüche der Anleger. Nachrangigkeit bedeutete laut Prospekt (vgl. S. 50 der ON 4; s.a. ON 5 und ON 6), dass „die seitens der Emittentin gegenüber den Anlegern geschuldeten Zahlungen (Auszahlung von Genussrechtskapital, Zahlung von Substanz- und Erfolgsbeteiligungen) jedenfalls soweit und solange ausgesetzt sind, wie anderenfalls Zahlungen an Gläubiger bzw. Zahlungsverbindlichkeiten zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Emittentin führen würden. Sollte der nach Feststellung des Jahresabschlusses verfügbare Bilanzgewinn oder die Liquidität der Emittentin zum jeweiligen Auszahlungstermin zur Bedienung der Rückzahlungsansprüche nicht ausreichen, kann die Rückzahlung so lange ganz oder teilweise ausgesetzt werden, bis der Emittentin der notwendige Bilanzgewinn oder Liquidität wieder zur Verfügung steht.“

 

Aufgrund eines fehlenden verständlichen Hinweises auf der Homepage der AL-GmbH dieser durchaus wesentlichen Einschränkung der laufenden Zahlungen sowie der Rückzahlung aufgrund eines Verlustes oder fehlender Liquidität, lag eine Eignung zur Irreführung des Anlegers vor. Der auf eine mögliche Nachrangigkeit hinweisende Punkt „Vorrangige Gewinnbeteiligung der Genussrechtsbezieher vor Gesellschafter“ verstärkte die Irreführungseignung zusätzlich.

 

In diesem Zusammenhang ist auch – wie die belangte Behörde zutreffend anführte – zu beachten, dass der Begriff „Genussrecht“ gesetzlich nicht definiert ist. Genussrechte können unterschiedlich ausgestaltet sein. Eine Nachrangigkeit kann somit im Rahmen der Privatautonomie vereinbart werden, eine solche Vereinbarung ist jedoch weder zwingend noch ein typisches Ausstattungsmerkmal von Genussrechten. Eine solche Einschränkung der laufenden Zahlungen und der Rückzahlung ist daher für eine Kaufentscheidung von wesentlicher Bedeutung.

 

(iii) „Gesicherte Abnahme durch renommierte Partner“

(iv) „Kalkulierbare Einnahmensicherheit/kalkulierbare Einnahmen“

 

Darüber hinaus dürfen gemäß § 4 Abs 3 KMG Angaben in Werbeanzeigen nicht im Widerspruch zu den Angaben im Prospekt oder allfälligen Nachträgen stehen.

 

In den Werbeanzeigen auf der Homepage der AL-GmbH wurde von „kalkulierbaren Einnahmen“ bzw. einer „kalkulierbaren Einnahmensicherheit“ gesprochen.

 

Hinsichtlich der zukünftigen Wertentwicklung wurde im Prospekt (vgl. S. 31; ON 4) Folgendes festgehalten: „Abweichungen der Planungen von den tatsächlichen, wirtschaftlichen Ergebnissen der Emittentin sind daher aufgrund mangelnder Planungssicherheit anzunehmen. Darüber hinaus stehen Erfolgs- und Substanzbeteiligungen sowie Auszahlungen unter dem Vorbehalt der Aufrechterhaltung einer ausreichenden Liquidität der Emittentin. Es ist daher ungewiss, ob die Bilanzsituation oder Liquiditätslage der Emittentin entsprechende Auszahlungen ganz, nur teilweise oder überhaupt nicht zu den vorgesehenen Zeitpunkten zulässt. Es ist auch nicht sicher, ob die Emittentin rechtzeitig alle notwendigen Handlungen setzen bzw. ausreichende Liquidität aufbauen kann.“

 

Eine wie auch immer geartete Einnahmensicherheit war aufgrund der unternehmerischen Beteiligung nicht gegeben und stellte somit einen Widerspruch zum Prospekt dar.

 

Darüberhinaus kann eine Abnahme der Projekte durch Dritte auch niemals gesichert sein, ist doch die Veranlagung „mit typischen unternehmerischen Risiken verbunden. Die erzielbaren Ergebnisse sind abhängig von den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie von der Emittentin, ihrer Geschäftsführung, verschiedenen Vertragspartnern und Schlüsselpersonen.“ (Prospekt S. 43; ON 4).

 

(v) „Keine Fremdfinanzierung“

 

Obwohl „die Emittentin keine Aufnahme von Fremdkapital plant, unterliegt sie keiner Beschränkung zu Aufnahme von Fremdkapital. Die Fremdfinanzierung auf der Ebene der Emittentin kann auch mit vorrangigem Fremdkapital erfolgen. Die Aufnahme von vorrangigem Fremdkapital, insbesondere von Darlehen oder Bankgläubigern, kann dazu führen, dass die Emittentin die Anleger als nachrangige Gläubiger nicht oder nicht vollständig bedienen kann.“ (Prospekt S. 47; ON 4).

 

Die Zusicherung „Keine Fremdfinanzierung“ war demnach zur Irreführung geeignet und stand im Widerspruch zu den im Prospekt gemachten Angaben.

 

Es ist daher im Ergebnis festzuhalten, wie auch die belangte Behörde zu Recht feststellte, dass die Angaben in den beiden Anzeigen zur Irreführung geeignet waren und teilweise im Widerspruch zum Prospekt samt Nachträgen und den Genussrechtsbedingungen stand. Es wurden nur die Vorteile hervorgehoben; auf Risiken, insbesondere die Nachrangigkeit des Genussrechtes, wurde überhaupt nicht hingewiesen. Der abschließende Risikohinweis war bloß allgemein gehalten und bezog sich nicht konkret auf die gegenständliche Veranlagung. Der potentielle Anleger war quasi gezwungen, die Angaben aus den beiden Anzeigen A und B mit dem Prospekt samt Anzeigen und Genussrechtsbedingungen abzugleichen und zu verifizieren, um zu einer aussagekräftigen Information über die Genussrechte zu kommen. Auch wenn vom Anlegerinteressenten eine höhere situationsbedingte Aufmerksamkeit zu erwarten ist, können ihm weder Rechtskenntnisse noch eine vertiefte Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge unterstellt werden. Dies gilt umso mehr für Kleinanleger, an die sich die gegenständlichen Werbemaßnahmen in Anbetracht der relativ geringen Mindestinvestitionssumme von EUR 2.500,- primär richtete. Durch die Verbreitung der Informationen über das Internet beabsichtigte die AL-GmbH und die WM-AG, einen möglichst großen und breit gestreuten Adressatenkreis zu erreichen. Darüber hinaus kam hinzu, dass der Prospekt elektronisch nicht abrufbar war, sondern lediglich am Sitz der Gesellschaft zur Einsicht auflag. Der potenzielle Anleger kam daher nicht leicht zu weiteren Informationen und vertraute (bzw. musste vertrauen) wahrscheinlich im ersten Schritt den Angaben dieser Anzeigen.

 

Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 3 KMG liegt daher zumindest seit 07.03.2018 bis zum 26.06.2018 vor.

 

 

3.2.2.9. Zum Spruchpunkt II.2. des bekämpften Straferkenntnissesin der Fassung der Beschwerdevorentscheidung

 

Die Kurzbeschreibung des Angebots, welches in den Newslettern ON 18, 19, 20, 22 und 24 zu finden war, stellte sich dar wie folgt:

 

„ XXXX

Segment: Energieeffizienz, Regelenergie, Energiebedarfsanlagen

Mindestbeteiligung: ab 2.500 Euro

Renditeerwartung: 6,7% p.a.

Substanzgenussrecht“

 

Bei den Newslettern ON 12 bis ON 17 wurde zusätzlich zu diesen Angaben mit „Gewinnbeteiligung ab Einzahlung von 6,7% p.a.“ und „Kein Fremdkapital“ geworben.

 

Diese Kurzbeschreibung war vor allem in Zusammenschau mit der Homepage der WM-AG zur Irreführung geeignet, da nur unvollständige Informationen angeboten wurden, kein geeigneter Risikonachweis zu finden war und vor allem nicht auf die Nachrangigkeit der Genussrechte hingewiesen wurde.

 

Obwohl „die Emittentin keine Aufnahme von Fremdkapital plant, unterliegt sie keiner Beschränkung zu Aufnahme von Fremdkapital. Die Fremdfinanzierung auf der Ebene der Emittentin kann auch mit vorrangigem Fremdkapital erfolgen. Die Aufnahme von vorrangigem Fremdkapital, insbesondere von Darlehen oder Bankgläubigern, kann dazu führen, dass die Emittentin die Anleger als nachrangige Gläubiger nicht oder nicht vollständig bedienen kann.“ (Prospekt S. 47; ON 4).

 

Die Zusicherung „Kein Fremdkapital“ war demnach zur Irreführung geeignet und stand im Widerspruch zu den im Prospekt gemachten Angaben.

 

Die Anleger konnten eine Erfolgsbeteiligung „in Höhe von bis zu 6,70%“ erhalten. Dem Wortlaut zufolge kann die Erfolgsbeteiligung daher auch darunter liegen. Darüber hinaus stand die laufende Auszahlung einer Erfolgsbeteiligung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Bilanzgewinns und ausreichender Liquidität der Emittentin. Der Anleger war ab Einzahlung des Genussrechtsbetrages am Gewinn oder am Verlust beteiligt (s. Prospekt S. 51, ON 4; Genussrechtsbeteiligungen, Anlage C zum Prospekt, Pkt. 4; diesbezüglich keine Änderungen in den beiden Nachträgen ON 5 und 6).

 

Es wurde in den vorliegenden Werbungen ausschließlich die Gewinnbeteiligung hervorgehoben sowie irreführend dargestellt, dass auf jeden Fall von einer Gewinnbeteiligung von 6,70% p.a. ausgegangen werden kann. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen zu Spruchpunkten I.2 und II.3 des bekämpften Straferkenntnisses in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

 

Im Ergebnis liegt daher, wie dies ebenfalls die belangte Behörde feststellte, ein Verstoß gegen § 4 Abs. 3 KMG im Hinblick auf die im Spruch genannten Newsletter vor.

 

 

Zusammengefasst war somit die objektive Tatseite erfüllt.

 

 

3.3. Zur subjektiven Tatseite

 

3.3.1. Bei Ungehorsamsdelikten, wie dem vorliegenden, wird nicht der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr vorausgesetzt, sondern erschöpft sich das Tatbild in dem bloßen Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder in der Nichtbefolgung eines Gebotes. Das Tatbild umschreibt ein menschliches Verhalten ohne Rücksicht auf den Eintritt eines Erfolges oder einer Schädigung“ (VwGH 11.09.2015, 2013/17/0485). Da bei Ungehorsamsdelikten das Vorliegen von Fahrlässigkeit gesetzlich vermutet wird, muss der Beschuldigte glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 6 und 9; VwGH 30.10.1991, 91/09/0132; 18.06.1990, 89/10/0221).

 

§ 9 Abs. 1 VStG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend einzuschränken, dass die Strafbarkeit nur im Rahmen des eigenen Verschuldens eines Beschwerdeführers liegt, und dieser (bei Ungehorsamsdelikten) dazulegen hat, dass die Einhaltung der Norm ohne sein Verschulden nicht möglich war (vgl. VwGH 19.09.1990, 90/03/0148; 19.09.1989, 89/08/0221). Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 1 VStG ist zu entnehmen, dass es sich dabei um eine Glaubhaftmachung und nicht um einen Vollbeweis handelt (grundsätzlich dazu VwGH 30.10.1991, 91/09/0060; Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 9 ff.).

 

Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes gemäß § 5 Abs. 1 VStG ist demnach Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Sobald ein Vertretungsorgan die „vernünftigerweise geschuldeten Vorkehrungen trifft, hat es für die .... eintretende Tatbestandsverwirklichung nicht einzustehen" (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 6).

 

Die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift ist gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur in einigen wenigen Ausnahmefällen entschuldigend. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 VStG festgehalten hat, trifft den Normunterworfenen bei Veranlassung dazu eine Erkundigungspflicht (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 18). Werden derartige Erkundigungen bei der Behörde oder aber bei einem berufsmäßigen Parteienvertreter unterlassen (vgl. VwGH 30.11.1981, 81/17/0126), so trägt die Partei das Risiko des Irrtums (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 18). Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, muss darauf hingewiesen werden, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung letztlich nur Mitteilungen der Behörde aufgrund einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung entschuldigend wirken können (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 21).

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft eine solche Person allerdings dann kein Verschulden, wenn sie glaubhaft macht, ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet zu haben, mit dem die Überwachung der Einhaltung der Rechtsnormen, deren Übertretung dem Beschuldigten zur Last gelegt wurde, jederzeit sichergestellt werden kann (VwGH 26.06.2018, Ra 2016/05/0005; 24.07.2012, 2009/03/0141 m.w.N.). Die Einrichtung und Führung einer qualitätsgesicherten Organisation, die durch externe Prüfung oder durch interne Überwachung (z.B. durch Betrauung geeigneter Mitarbeiter mit Kontrollaufgaben, fortlaufende Schulungen, den Einsatz automatisierter Überwachungsinstrumente etc.) regelmäßig kontrolliert wird, muss demnach auch „mit gutem Grund erwarten lassen […], dass die Einhaltung der maßgeblichen Rechtsvorschriften gewährleistet ist (VwGH, 21.05.2019, Ro 2019/03/0009, Rz. 27). Die diesbezüglichen Anforderungen aufgrund der Rechtsprechung des VwGH sind laut Ansicht der herrschenden Lehre streng (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 9 Rz. 43).

 

 

§ 5 Abs. 1a in der seit 01.01.2019 anzuwendenden Fassung (BGBl. I Nr. 57/2018) lautet:

„Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.“

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 5 Abs. 1a VStG, mit dem jede Auslegung zu beginnen hat (VwGH, 29.03.2018, Ro 2018/02/0023 mit Verweis auf VwGH 21.9.2018, Ro 2018/02/0013), ergibt sich, dass die Vermutung und Anforderungen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bei Vorliegen der Voraussetzung einer drohenden Geldstrafe von über 50.000 Euro, wie im vorliegenden Fall, nicht mehr zur Anwendung kommen. Die Intention des Gesetzgebers ist aus den erläuternden Bemerkungen ersichtlich, die dazu wie folgt festhalten (RV 193 BlgNR 26. GP , S. 5):

 

§ 5 Abs. 1 VStG sieht in Bezug auf Fahrlässigkeitsdelikte unter weiteren Voraussetzungen vor, dass ein Verschulden „ohne weiteres anzunehmen“ ist; es handelt sich demnach um eine – allerdings widerlegliche – gesetzliche Vermutung, dass den Beschuldigten ein Verschulden trifft. Diese Vermutung soll dann nicht gelten, wenn eine (einzelne) Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist. Ist eine Verwaltungsübertretung (als solche) mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht, erreicht eine entsprechende Tat eine Gravität, bei der ein Verschulden nicht ohne weiteres anzunehmen ist.“

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner jüngsten Judikatur zu § 5 VStG festgehalten, dass diese Rechtsänderung nicht dem Günstigkeitsprinzip des § 1 Abs. 2 VStG unterliegt (VwGH 21.05.2019, Ra 2019/03/0009).

 

Im gegenständlichen Fall findet § 5 Abs 1a VStG daher auf die vorliegenden Verwaltungsübertretungen keine Anwendung.

 

 

3.3.2. Der Beschwerdeführer wendete ein, dass ihm im Hinblick auf die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe, weil er einen Rechtsanwalt und ein mit Veröffentlichungen von Prospekten und Nachlässen kundiges Unternehmen zur Prüfung dieser in Anspruch genommen und diesen darauf vertraut habe (OZ 5, S. 5). Dem ist zu begegnen, dass der Beschwerdeführer keine hinreichenden Anstrengungen unternommen habe, dass ihn an der gegenständlichen Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer unterlassen hat, einen den Anforderungen entsprechende Rechtsauskunft bei der FMA einzuholen, war vor allem zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer als ein zur Vertretung eines am österreichischen Kapitalmarkt tätigen Unternehmens nach außen Berufener nicht nur zumutbar, sondern darüber hinaus aufgrund seiner Geschäftsführerfunktion auch verpflichtet gewesen wäre, sich mit den einschlägigen österreichischen Vorschriften, insbesondere jenen des KMG, bekannt zu machen. Gerade diese Maßnahme wäre aber tauglich und zumutbar gewesen, um einen Verstoß gegen die einschlägigen Vorschriften des KMG zu vermeiden (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 5 Rz. 11).

 

Dem Hinweis des Beschwerdeführers, dass durch das ihm vorgeworfene Verhalten niemandem ein Schaden entstanden sei und auch nach der ursprünglichen Vorgehensweise nie die Interessen der Anleger gefährdet worden seien (OZ 1.1, Pkt. III.5.l), ist zu entgegnen, dass - wie oben angeführt - hinsichtlich der subjektiven Tatseite es sich bei den gegenständlichen Übertretungen der Bestimmungen des KMG um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt, da weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt noch über das Verschulden etwas bestimmt wird.

 

Der Beschwerdeführer traf, wie auch die belangte Behörde zutreffend hinwies, auch keine angemessenen Maßnahmen zur Einhaltung der § 4 Abs 3 KMG sowie § 10 Abs 3 KMG durch die AL-GmbH und durch die XXXX . Zudem gab es in den Geschäftsjahren 2017 und 2018 in der AL-GmbH keine weiteren vom Beschwerdeführer verschiedenen Mitarbeiter, welche in der Al-GmbH angestellt (ON 33a und ON 33b) oder für diese handlungsbefugt gewesen waren. Auch für die WM-AG konnte nicht festgestellt werden, dass der Verstoß im Wege der juristischen Person durch eine andere Person als den Beschwerdeführer begangen werden hätte können. Daher ist es, wie auch die belangte Behörde zu Recht feststellte, erwiesen, dass die Handlungen (irreführende und unrichtige Angaben) bzw. Unterlassungen (unvollständige Veröffentlichung) durch den Beschwerdeführer gesetzt werden mussten. Gegenteiliges hat der Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht.

 

Demgegenüber brachte der Beschwerdeführer im Beschwerdevorfahren zu seiner Schuldentlastung vor, dass es eine Vertriebsvereinbarung zwischen der WM-AG und ihren Vertriebspartnern gegeben habe, in der unter anderem deren Pflichten festgelegt waren (s. § 2 in Beil. ./G zu OZ 1.1). Die Einhaltung der Verpflichtungen in Bezug auf die Kunden bzw. Anleger sei laufend, auch mit Stichproben, kontrolliert worden (OZ 5, S. 6). Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer, dass diese für den gegenständlichen Vorwurf der Einhaltung der Veröffentlichungspflichten nicht von rechtlicher Relevanz sind, da sie sich ausschließlich auf den Vertrieb seiner Veranlagungsprojekte beziehen, die aber nicht Gegenstand dieses Verwaltungsstrafverfahrens waren.

 

Schließlich bemängelte der Beschwerdeführer, dass, wenn die Rechtsordnung ein bestimmtes gefährliches Verhalten (sog. erlaubtes Risiko) billige oder gebiete, eine (verwaltungs-) strafrechtliche Haftung ausscheide. Ein solcher Fall liege gegenständlich vor, da die belangte Behörde erst am 06.08.2018 die Aufforderung zur Rechtfertigung verfasst bzw. versendet und am 07.08.2018 zugestellt habe, obwohl die angeblichen Rechtsverstöße schon bis zum 07.02.2017 bzw. 07.03.2017 zurückreichen würden. Weiters rügte der Beschwerdeführer, dass der jeweils von der belangten Behörde angeführte Beginn des Tatzeitraums offensichtlich nur dazu diene, die Verjährungsfrist zu wahren und sei daher willkürlich festgelegt worden, da es nicht nachvollziehbar sei, aufgrund welcher Erwägungen die belangte Behörde den Beginn des Tatzeitraums mit 07.02.2017 festmache, anderenfalls sie gleich im Jahr 2014 bzw. 2016 gegen den Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen § 10 Abs 3 KMG hätte vorgehen müssen und nicht erst Jahre später (OZ 1.1, Pkt. III.5.b ff.).

 

Diesem Einwand ist allerdings schon mit dem Argument zu begegnen, dass mit der angeblichen Untätigkeit der belangten Behörde bezüglich den vom Beschwerdeführer inkriminierten Zeiträumen sich nicht daraus eine Billigung oder sogar ein Gebot eines an sich verwaltungsstrafrechtlich relevantem Verhalten ableiten lässt, zumal die belangte Behörde mit ihrem nachträglichen Vorgehen diese vom Beschwerdeführer ihr unterstellte Auffassung widerlegte. Vor allem kann aber der Beschwerdeführer mit dieser Behauptung nicht den Anspruch erheben, nur weil seine Verstöße gegen die Vorschriften des KMG in den von ihm inkriminierten Zeiträumen nicht verwaltungsstrafrechtlich geahndet wurden, dass dieser Umstand einer Bestrafung der nun gegenständlichen Verstöße entgegenstehe (vgl. sinngemäß Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht, 11. Aufl. [2015], Rz. 1372, mit weiteren Nachweisen in der Rechtsprechung zur „Gleichheit im [behaupteten] Unrecht“).

 

Im Ergebnis wurde somit die gebotene und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen, die Verwaltungsübertretungen wurden fahrlässig begangen. Dem Beschwerdeführer ist das Verhalten daher auch subjektiv vorwerfbar.

 

 

3.4. Zur Strafbemessung

 

3.4.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Durch das Verbot der irreführenden Werbung, das Transparenz- und Richtigkeitsgebot sowie das Gebot der Konsistenz mit dem Prospekt und die Meldeverpflichtung zum Emissionskalender soll der Funktionsschutz des Kapitalmarkts und der Anlegerschutz gewahrt werden (vgl. Zib in Zib/Russ/Lorenz (Hrsg.), Kapitalmarktgesetz (2008) § 4 Rz. 11 f.; zur Sicherstellung des Anlegerschutzes und der Markteffizienz s.a. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. [2015] § 11, Rz. 1). Durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden im öffentlichen Interesse gelegene Aufsichtsziele der Finanzmarktaufsichtsbehörde (Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts sowie Schutz der Anleger) erheblich beeinträchtigt.

 

Gerade die Höhe der Strafdrohung (Geldstrafe bis 100.000 Euro) macht deutlich, dass der Gesetzgeber dem Tatbestand der Verletzung der einschlägigen Vorschriften des KMG einen besonderen Unrechtsgehalt zugemessen hat. Die Einhaltung der Bestimmungen hinsichtlich der Werbung im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Prospekten samt ihrer Anlagen sowie mit öffentlichen Angeboten von Wertpapieren ist für das reibungslose Funktionieren des Kapitalmarkts sowie die Gewährleistung einer effektiven Information des Kapitalmarkts und eines wirksamen Schutzes der Interessen der Anleger unerlässlich.

 

Bei der Bemessung der Strafe ist auch auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Aus den angeführten Gründen kann gegenständlich das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als atypisch gering angesehen werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

 

 

3.4.2. Der Beschwerdeführer übt weiterhin die Funktion als Geschäftsführer der AL-GmbH sowie als Vorstand der WG-AG au, sodass die Verhängung der Strafe zur Abhaltung weiterer Verstöße gegen relevante Bestimmungen des KMG erforderlich ist.

 

Auch war zu berücksichtigen, dass, wie auch zu Recht die belangte Behörde darauf hinwies, bereits eine im Tatzeitraum, nämlich seit 26.08.2016 rechtskräftige Verwaltungsstrafe gegen den Beschwerdeführer für einen Verstoß gegen Vorschriften des KMG vorlag (als Geschäftsführer der XXXX GmbH; im Folgenden auch: „PP-GmbH“), welche noch nicht getilgt ist (ON 30). In diesem Fall hatte der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der PP-GmbH zu verantworten, dass diese es im Zeitraum von 20.10.2015 bis 12.04.2016 in Bezug auf das Nachrangdarlehen „ XXXX – Das XXXX Investment Programm“, wie es in der Informationsbroschüre beschrieben war, unterlassen hat, die Meldestelle gemäß § 13 KMG ehestmöglich über das beabsichtigte erstmalige Angebot von Veranlagungen, nämlich jeweils über den Emittenten, den voraussichtlichen Zeitpunkt der Emission, das Gesamtvolumen, die Stückelung, die Laufzeit und, im Falle öffentlicher Angebote, die sonstigen Konditionen, sowie gegebenenfalls über jene Umstände, die gemäß § 3 KMG eine Ausnahme von der Prospektpflicht begründen, in Kenntnis zu setzen. Es lag daher ein Verstoß gegen § 13 KMG i.V.m. § 16 Z 5 KMG vor.

 

Der Beschwerdeführer zeigte sich im Verfahren weder tat- noch schuldeingeständig. Die Dauer des Tatzeitraums wurde weder mildernd noch erschwerend bewertet. Der Umstand der Tatmehrheit wurde von der belangten Behörde auch entsprechend berücksichtigt.

 

Hinsichtlich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnissen legte der Beschwerdeführer erstmals im Beschwerdeverfahren Unterlagen vor. Danach bezieht er ein monatliches Nettoeinkommen von der WM-AG im Juli 2019 von EUR XXXX (Beil. ./J zu OZ 1.1). Für seine Funktion als Geschäftsführer der AL-GmbH erhält er kein Einkommen (OZ 5, S. 5). Seine vorgelegte Finanzübersicht (Beil. ./H zu OZ 1) weist ein Guthaben in Höhe von EUR XXXX am Girokonto und ein Guthaben von EUR XXXX am Depotkonto aus. Zu den aus der Finanzübersicht angeführten Verbindlichkeiten von EUR XXXX , die als Investitionsfinanzierungen bezeichnet werden, sowie von CHF XXXX (Beil. ./I zu OZ 1.1), die als Finanzierung angeführt werden, machte der Beschwerdeführer weder in seinen schriftlichen Äußerungen noch in der mündlichen Verhandlung weitere Angaben. Zudem legte der Beschwerdeführer - allerdings nicht mehr aktuelle - Steuerunterlagen aus dem Jahr 2017 vor, die u.a. auch einen Sachbezug für den Beschwerdeführer für seine Tätigkeit für die XXXX GmbH aufweisen. (Beil. ./K zu OZ 3). Sorgepflichten weist der Beschwerdeführer keine auf (OZ 5, S. 5). Aus den vorgelegten Dokumenten zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen war, wie auch der belangten Behörde beizupflichten war, aber nicht erkennbar war, dass die Bezahlung der verhängten Strafe und der Kosten für den Beschwerdeführer wirtschaftlich nicht tragbar wäre (zur grundsätzlichen Nichtberücksichtigung von Verbindlichkeiten s. Wessely in Raschauer/Wessely, VStG-Kommentar, 2. Aufl., [2016], § 19 Rz. 20 m.w.N.). Es ist bei der Strafbemessung von einem überdurchschnittlichen Einkommen des Beschwerdeführers auszugehen.

 

Ein weiteres Herabsetzen der Geldstrafe, der bereits durch die Beschwerdevorentscheidung reduzierten Höhe der im Straferkenntnis verhängten Strafe von EUR 19.000,- auf EUR 12.000,- ist für den erkennenden Senat angesichts des objektiven Unrechtsgehalts und der hohen Bedeutung des geschützten Rechtsgutes nicht schuld- und tatangemessen, gemessen am zur Verfügung stehenden Strafrahmen. Die Verhängung der Strafe war erforderlich, um auch Dritte von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

 

Aufgrund der hohen Bedeutung des zu schützenden Rechtsgutes und des nicht bloß geringfügigen Verschuldens des Beschwerdeführers war von einem Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z 6 bzw. § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG, Nachfolgebestimmung des § 21 VStG, entfallen mit BGBl. I 33/2013, abzusehen (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. [2017], § 45 Rz. 3).

 

 

3.5. Zur Haftung der haftungspflichtigen Gesellschaft

 

Die Haftung der haftenden Gesellschaft ergibt sich direkt aus § 9 Abs. 7 VStG.

 

 

3.6. Zum Kostenabspruch

 

Da das bekämpfte Straferkenntnis in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vollinhaltlich bestätigt und der Beschwerde in keinem Punkt stattgegeben wurde, waren gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG die Kosten des Beschwerdeverfahrens vorzuschreiben.

 

 

3.7. Zu Spruchpunkt B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die oben zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor und erweist sich eine Abwägung über die zu verhängende Strafe als im Allgemeinen nicht reversibel.

 

 

Zahlungsinformation:

 

Sie haben den Gesamtbetrag von 15.600,-- binnen 2 Wochen zu bezahlen. Die FMA und das BVwG betrachten es als schuldbefreiend, wenn die Zahlung auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT840100000005010167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht erfolgt. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben wird.

 

Dieser Gesamtbetrag von 15.600,-- Euro besteht aus:

- 12.000,-- Euro Straferkenntnis gemäß § 35 Abs. 3 erster Satz i.V.m. § 34 Abs. 1 Z 8 FM-GwG, BGBl. I Nr. 118/2016

- 2.400,-- Euro 20 % Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 52 Abs. 2 VwGVG)

- 1.200,-- Euro 10 % Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahren (§ 64 Abs. 2 VStG)

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte