BVwG W172 1427512-1

BVwGW172 1427512-122.10.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W172.1427512.1.00

 

Spruch:

W172 1427512-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin MORITZ als Einzelrichter über die Beschwerde vom 28.06.2012 von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2012, Zl. 11 14.927-BAG zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F. (AsylG 2005) der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.10.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005.

2. Vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer zu seiner Person im Wesentlichen an, den oben im Spruch wiedergegebenen Namen zu führen, am XXXX in XXXX geboren und Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein sowie der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glaubensbekenntnis anzugehören. Er sei verheiratet. Seine Muttersprache sei Dari.

3. Mit oben im Spruch genannten Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2012, Zl. 11 14.927-BAG, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m.

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 i. V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) sowie dieser gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

4. Gegen alle drei Spruchpunkte dieses Bescheides wurde mit Schriftsatz vom 21.06.2012 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

5. In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12.07.2012 durch Vorlage eines Taufscheines im Ergebnis vor, dass er vom Islam zum Christentum übergetreten sei, und dies mit seiner Taufe vom 24.06.2012 erfolgt sei. Am 30.05.2014 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schriftsatz eines XXXX, Migrationsbeauftragter XXXX, ein, indem dieser zum Beschwerdeführer im Wesentlichen ausführt, dass er in dieser Organisation eine Gruppe Iraner und Afghanen betreue, auch XXXX. XXXX habe Jesus in Afghanistan kennen gelernt. XXXX kenne er seit Anfang 2012. Dieser sei sehr im christlichen Glauben engagiert und praktiziere sein Leben als Christ mit anderen Christen. Er sei dort sehr hilfsbereit und habe in der Organisation mitgeholfen. XXXX sei auch in der persischen Kirche dort am Westbahnhof dabei. Für seinen Eifer, Jesus bekannt zu machen, würde er in Afghanistan sterben müssen.

6. Der Beschwerdeführer brachte folgende entscheidungswesentliche Bescheinigungsmittel in das Verfahren ein:

XXXX vom 25.05.2014 über das Interesse des Beschwerdeführers am Christentum und

dessen christliches Leben und Engagement.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zur Person des Beschwerdeführers

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Person und zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen sowie zu seiner Konversion vom Islam zum Christentum (s. oben Pkt. I. wiedergegeben) wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation

im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers

Das Bundesverwaltungsgericht führte folgende Beurteilung in das Verfahren ein (s.a. für viele AsylGH C13 422.521-3/2013/5E):

Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und ca. zehn Jahre nach dem Ende der Taliban-Herrschaft befindet sich Afghanistan noch immer in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Weitere ganz erhebliche Anstrengungen sind nötig, um die bisherigen Stabilisierungserfolge zu sichern und die Zukunftsperspektiven der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern. Die Internationale Afghanistan-Konferenz in Bonn am 05.12.2011 hat die Partnerschaft Afghanistans mit der internationalen Gemeinschaft erneuert und auf eine klare und belastbare Grundlage für das Jahrzehnt nach 2014 gestellt.

Zu einem der dominierenden innenpolitischen Themen hat sich die Frage einer Aussöhnung mit den bewaffneten Aufständischen entwickelt. Eine "Friedens-Jirga" gab der Regierung von Präsident Hamid Karzai Anfang Juni 2010 "grünes Licht" für Gespräche mit den Taliban und anderen regierungsfeindlichen Kräften, bekräftigte aber gleichzeitig, dass jeder Ausgleich an die Aufgabe des bewaffneten Kampfes, die Anerkennung der Verfassung und die Loslösung von al-Qaida gebunden sein müsse. Die Ermordung des Präsidenten des mit dem Aussöhnungsprozess betrauten Hohen Friedensrates, Rabbani, im September 2011 hat das Verhältnis Afghanistans zu seinem Nachbarn Pakistan einer schweren Belastungsprobe unterzogen. Als Reaktion auf das Attentat hat Präsident Karzai die Vorgehensweise bei den Friedensgesprächen in Frage gestellt, wodurch der Friedensprozess vorübergehend ins Stocken geraten ist. Die Afghanistankonferenz in Bonn formulierte sieben Prinzipien für den Friedensplan und sagte Unterstützung zu, wenn diese Prinzipien eingehalten werden.

Die Sicherheitslage in großen Teilen Afghanistans stabilisiert sich zunehmend, ist aber nach wie vor angespannt. Nach einer stetigen Verschlechterung seit 2006 ging die Zahl der Angriffe und Gefechte im Jahr 2011 insgesamt zurück. Dass die Zahl der zivilen Opfer 2011 insgesamt zugenommen hat, ist in erster Linie der Anschläge regierungsfeindlicher Kräfte geschuldet. Etwa 80% der zivilen Opfer des bewaffneten Konflikts werden durch sie verursacht.

Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Aufgrund günstiger Witterungsbedingungen war die Gesamtversorgungslage 2010 deutlich besser als in den Vorjahren. 2011 allerdings war die Getreideernte aufgrund unzureichender Niederschlagsmengen wieder signifikant niedriger als in den Vorjahren.

Verwaltung und Justiz funktionieren nur sehr eingeschränkt. Weder besteht Einheitlichkeit der Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia und Gewohnheitsrecht), noch werden rechtsstaatliche Verfahrensprinzipien regelmäßig eingehalten. Trotz bestehender Aus- und Fortbildungsangebote für Richter und Staatsanwälte wird die Schaffung eines funktionierenden Verwaltungs- und Gerichtssystems noch Jahre dauern.

Auch wenn im Bereich Korruptionsbekämpfung seit der Kabul-Konferenz im Juli 2010 einige Fortschritte zu vermelden sind (z. B. Einrichtung eines unabhängigen Monitoring and Evaluation Committee, das internationale Experten einschließt), bleibt Korruption ein allgegenwärtiges Problem. Dies hat nicht zuletzt die Krise um die größte Geschäftsbank des Landes (Kabul-Bank) verdeutlicht, bei der nach realistischen Einschätzungen Gelder im dreistelligen Millionenbereich veruntreut und größtenteils ins Ausland verbracht wurden.

Die Menschenrechtssituation hat sich nicht wesentlich zum Positiven verändert. Die Lage der Frauen in der konservativ-islamischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die größte Bedrohung der Menschenrechte geht weiterhin von der bewaffneten Aufstandsbewegung aus.

Die humanitäre Situation stellt das Land vor allem mit Blick auf die mehr als 4,5 Millionen - meist aus Pakistan zurückgekehrten - Flüchtlinge vor große Herausforderungen. Gut 2,8 Millionen afghanische Flüchtlinge halten sich noch in Pakistan und in Iran auf. In Iran sind zusätzlich rund 2 Millionen afghanische Staatsangehörige nicht als "Flüchtlinge" anerkannt. Die Bemühungen des UNHCR um die Rückkehr von Flüchtlingen werden durch die schlechte Sicherheitslage, die weitgehend fehlenden wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen zum Aufbau einer Existenz sowie die schwache Verwaltungsstruktur der Behörden beeinträchtigt.

Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan" vom 10.01.2012, Zusammenfassung)

Religionsfreiheit:

Nach offiziellen Schätzungen sind 84 % der Bevölkerung sunnitische Muslime und 15 % schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften (wie z.B. Sikhs, Hindus, Christen) machen nicht mehr als 1 % der Bevölkerung aus.

Art. 2 der Verfassung bestimmt, dass der Islam Staatsreligion ist. Die ebenfalls in der Verfassung verankerte Religionsfreiheit gilt ausdrücklich nur für die "Anhänger anderer Religionen als dem Islam" (Art. 2, Abs. 2). Auf die Rechte von Muslimen wird kein Bezug genommen. Demnach besteht Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionswahl beinhaltet, für Muslime nicht. Allerdings hält die Verfassung auch die Gültigkeit der von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen fest (Art. 7), was aber wiederum im Lichte des Islamvorbehalts zu lesen ist.

Am 17.09.2003 hat Präsident Karzai die Einsetzung eines zentralen islamischen religiösen Rates (Schura) per Dekret genehmigt. Die Schura, in der Religionsgelehrte aller Provinzen vertreten sein sollen, umfasst rund 2.600 Mitglieder, die dafür Sorge tragen sollen, dass die Gebote des Islams eingehalten werden.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 09.02.2011, 19; siehe auch United States Department of State, "International Religious Freedom Report 2010: Afghanistan", 17.11.2010)

Christen und Konvertiten:

Afghanische Christen sind im Wesentlichen vom Islam konvertiert; ihre Zahl kann nicht annähernd verlässlich geschätzt werden, da Konvertiten sich hierzu nicht öffentlich bekennen, beträgt aber wohl weniger als ein Prozent. Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Selbst zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NROs regelmäßig abgehalten werden, erscheinen sie nicht. Konversion wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht, und sorgt weiterhin für emotional aufgeladene öffentliche Diskussionen. Laut der AIHRC sind Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten wegen der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften.

2. Beweiswürdigung:

1. Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Asylakt des Beschwerdeführers samt den behördlich eingeholten Auskünften amtlicher Register. Die Annahme seiner Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und früheren Religionszugehörigkeit beruht auf seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren. Ebenso verhält es sich mit der Glaubwürdigkeit seiner Angaben zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich, da keine hinreichenden Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens hervorkamen. Zudem weist er entsprechende Orts- und Sprachkenntnisse auf.

Die Feststellungen hinsichtlich der Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum stützen sich auf das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers und auf die von ihm vorgelegten o.g. Bescheinigungsmittel.

Der Beschwerdeführer konnte glaubwürdig darlegen, dass er während seines Aufenthalts in Österreich aus freier persönlicher Überzeugung vom schiitischen Islam zum Christentum konvertiert sei. Es sind im Beschwerdeverfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass die Konversion des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben bloß asylzweckbezogen zum Schein erfolgt wäre. Vielmehr hat der Beschwerdeführer überzeugend anführen können, dass er sich auf Grund einer persönlichen Entscheidung vom Islam abgewendet und aus innerer religiöser Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Auf Grund der nunmehrigen Lebensumstände und der glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers kann davon ausgegangen werden, dass diese Tatsache der Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum über das persönliche Umfeld des Beschwerdeführers hinaus auch nach außen hin bekannt geworden ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner in Österreich erfolgten Konversion vom Islam zum Christentum war somit im Ergebnis ausreichend substantiiert, umfassend, in sich schlüssig und im Hinblick auf die besonderen Umstände des Beschwerdeführers und die allgemeine Situation in Afghanistan plausibel (vgl. allgemein zu den - hier beim Asylwerber vorliegenden - Grundanforderungen, dass eine Flüchtlingseigen-schaft glaubwürdig bzw. darüber hinaus glaubhaft ist: Materialien zum Asylgesetz 1991, RV 270 BlgNR 18. GP, zu § 3).

Der Beschwerdeführer legte darüber hinaus im Verfahren Bescheinigungsmittel zum Nachweis dieser Angaben vor, über deren Echtheit und inhaltliche Richtigkeit keine Zweifel aufkamen.

In ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch unter Berücksichtigung der diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage sowie zur derjenigen von Christen und Konvertiten in Afghanistan (zu deren Würdigung s. weiter unten Pkt. II.2.2.), war dieses insgesamt als glaubwürdig zu beurteilen (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Rz. 203, mit dem Hinweis, nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Antragsteller" zu verfahren).

2. Der vom erkennenden Gericht festgestellte Sachverhalt hinsichtlich der politischen und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bzw. bezüglich seiner Situation von ihm im Falle seiner Rückkehr in diesen Staat beruht im Wesentlichen auf Berichten von als seriös und fachlich-kompetent anerkannten Quellen (zu den in diesen Unterlagen angeführten und auch vom - nunmehr - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie vom Bundesverwaltungsgericht als speziell eingerichtete Bundesbehörden als notorisch anzusehenden und daher jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigenden Tatsachen vgl. die einschlägige Judikatur z.B. VwGH 12.05.1999, 98/01/0365, und VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; zu den laufenden Ermittlungs- bzw. Informationspflichten der Asylbehörden VwGH 06.07.1999, 98/01/0602, u.v.a.).

Die den Feststellungen zugrunde liegenden Ausführungen sind mit weiteren Nachweisen substantiiert, schlüssig und nachvollziehbar. Auf eine Ausgewogenheit von sowohl amtlichen bzw. staatlichen als auch von nichtstaatlichen Quellen, die auch aus verschiedenen Staaten stammen, wurde Wert gelegt.

Die herangezogenen Bescheinigungsmittel wurden im Hinblick sowohl auf ihre Anerkennung als seriöse und zuverlässige Quellen als auch auf ihre inhaltliche Richtigkeit von den Parteien dieses Verfahrens nicht bestritten, bzw. es sind diesbezüglich keine Zweifel hervor-gekommen. Weiters wurden im Verfahren von den Parteien keine Umstände vorgebracht und haben sich bisher keine Anhaltspunkte ergeben, auf Grund derer sich die Feststellungen zur Situation im betreffenden Herkunftsstaat in nachvollziehbarer Weise als unrichtig erwiesen hätten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 i.d.g.F. sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwal-tungsgericht [...] zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgaben-ordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1. Zu Spruchpunkt A):

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlings-konvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist).

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28.07.1951, BGBl. Nr. 55/1955, i.V.m. Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der [...] in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, 94/20/0858, u.a.m., s.a. VfGH 16.12.1992, B 1035/92, Slg. 13314).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Die o.a. Feststellungen (s. Pkt. II.1.) zugrunde legend kann hinreichend davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht (s. für viele VwGH 19.04.2001, 99/20/0273). Diese Beurteilung ergibt sich auf Grund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht (s. hierzu VwGH 12.05.1999, 98/01/0365), die nicht nur die individuelle Situation des Beschwerdeführers, sondern auch die generelle politische Lage in seinem Herkunftsstaat sowie die Menschenrechtssituation derjenigen Personen bzw. Personengruppe berücksichtigt, deren Fluchtgründe mit dem Beschwerdeführer vergleichbar sind (s.a. VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389 zur ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit [aktuellen] Länderberichten verlange).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, können diese neuen - in Österreich eingetretenen - Umstände, mit denen ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung (nunmehr) begründet, grundsätzlich zur Asylgewährung führen. Sie sind daher zu überprüfen, wenn sie geeignet sind, die Annahme "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" zu rechtfertigen (VwGH 18.09.1997, 96/20/0923).

Allein aus der Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit kann das Vorliegen von Verfolgung im Sinne der GFK aber nicht abgeleitet werden (VwGH, 09.11.1995, 94/19/1414). Es sind darüber hinausgehende konkret gegen den Asylwerber gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende bzw. von diesen geduldete Verfolgungshandlungen gegen seine Person erforderlich, um die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers zu erweisen (VwGH 08.07.2000, 99/20/0203; 21.09.2000, 98/20/0557).

Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG (Statusrichtlinie) kann die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, auf Aktivitäten des Antragstellers seit Verlassen des Herkunftsstaates beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind.

Bei einer erst nach Verlassen des Herkunftsstaates erfolgten Konversion eines Fremden vom Islam zum Christentum ist zu prüfen, ob die Konversion allenfalls bloß zum Schein erfolgt ist. Hat der Fremde nicht behauptet, im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat wieder vom christlichen Glauben zum Islam übertreten zu wollen, und ist der Fremde nicht nur zum Schein zum Christentum konvertiert, kommt es nicht auf die Frage an, welche Konsequenzen der Asylwerber wegen einer bloß vorübergehenden, der Asylerlangung dienenden Annahme des christlichen Glaubens zu befürchten hätte. Vielmehr ist maßgeblich, ob er bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion (allenfalls sogar mit der Todesstrafe) belegt zu werden (VwGH 24.10.2001, 99/20/0550; 19.12.2001, 2000/20/0369; 17.10.2002, 2000/20/0102; 30.06.2005, 2003/20/0544). In Ermangelung eines christlichen Taufaktes kommt es nicht darauf an, ob der Asylwerber aus Sicht einer christlichen Glaubensgemeinschaft auch ohne Taufe zu dieser zu zählen ist, sondern ob die religiöse Einstellung des Asylwerbers (sei es auch ohne vollzogene Taufe) im Heimatstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer asylrelevanten Verfolgung führen würde (VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544).

Aus dem oben zur Person des Beschwerdeführers festgestellten Sachverhalt und den Feststellungen zur Situation der Christen in Afghanistan, insbesondere der vom Islam zum Christentum konvertierten Personen, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Person mit innerer christlicher Überzeugung, die er nicht verleugnen, sondern offen ausüben wollte, im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen und Diskriminierungen im persönlichen Bereich auf Grund seiner religiösen Überzeugung sowie einem erheblichen Verfolgungsrisiko für seine persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater Seite - ohne dass in dieser Hinsicht staatlicher Schutz zukäme - als auch von staatlicher Seite ausgesetzt wäre. Es ist davon auszugehen, dass die Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum Personen in seinem familiären und sozialen Umfeld sowie auch den afghanischen Behörden nicht verborgen bleiben würde.

Auf Grund des in ganz Afghanistan gültigen islamischen Rechts nach der Scharia und der in der Praxis angewendeten islamischen Rechtsprechung sowie auf Grund der in der afghanischen Gesellschaft bestehenden Traditionen und Moralvorstellungen und der allgemein vorherrschenden Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten, insbesondere gegenüber Konvertiten, und den damit zusammenhängenden benachteiligenden Auswirkungen des traditionellen Gesellschaftssystems in ganz Afghanistan ist davon auszugehen, dass sich die oben dargestellte Situation für den Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet Afghanistans ergibt (zur - hiermit gegebenen fehlenden - inländischen Fluchtalternative s. VwGH 03.12.1997, 96/01/0947, 28.01.1998, 95/01/0615, u.a.m.; vgl. dazu auch allgemein zur Gefahrlosigkeit z.B. VwGH 25.11.1999, 98/20/0523, bzw. zur Frage der Zumutbarkeit z.B. VwGH 08.09.1999, 98/01/0614). Auch kann er sich aus den genannten Gründen keinen (ausreichenden) Schutz von Seiten der staatlichen Behörden erwarten (zur Frage des ausreichenden staatlichen Schutzes vor Verfolgung von nichtstaatlicher bzw. privater Seite s. für viele VwGH 10.03.1993, 92/01/1090, 14.05.2002, 2001/01/140 bis 143; s.a. VwGH 04.05.2000, 99/20/0177, u.a.).

Angesichts dieser Umstände war auf die vom Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren erstatteten Fluchtgründe nicht mehr weiter einzugehen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer aus wohl begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Afghanistans aufhält und dass auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte die Verhandlung entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben war.

3.2. Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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