BVwG I413 2125486-2

BVwGI413 2125486-225.3.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2125486.2.00

 

Spruch:

I413 2125486-2/18E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer stellte am 08.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er bei seiner Ersteinvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.05.2015 damit begründete, seine Heimat wegen dem Krieg verlassen zu haben und Angst zu haben, im Krieg zu sterben.

 

2. Am 14.11.2017 führte die belangte Behörde die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch. In dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer, befragt zu seinen Fluchtgründen, an, dass sein Problem im Jahr 2014 begonnen habe. So seien Milizen zu ihm und seiner Familie nach Hause gekommen und haben diese seinen Vater und seine Brüder mitnehmen wollen; es sei nur sein Vater zuhause gewesen und haben sie diesen mit Gewalt mitgenommen. Am nächsten Tagen in der Nacht seien sie wiedergekommen und haben auf das Haus des Beschwerdeführers geschossen und eine Nachricht auf der Hauswand hinterlassen ("Sie werden gesucht"). Die Mutter des Beschwerdeführers habe diesen angerufen und gesagt, dass er nicht nach Hause kommen solle; er solle ausreisen, da er persönlich gesucht werde. Daraufhin sei er zum Freund seines Vaters gegangen und zwei Tage später sei er in die Türkei geflüchtet.

 

3. Mit dem Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt VI.).

 

4. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 27.12.2017 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene vollumfängliche Beschwerde vom 18.01.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 18.01.2018).

 

5. Mit Schriftsatz vom 19.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 22.01.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

 

6. Mit Beschluss des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der gegenständliche Bescheid vom XXXX insofern berichtigt, als der Name des Beschwerdeführers XXXX zu lauten hat.

 

7. Mit Schreiben vom 31.10.2018 teilte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit, dass dieser geheiratet habe und übermittelte eine Mitteilung der Eheschließung.

 

8. Am 04.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer als Partei sowie dessen Ehefrau als Zeugin einvernommen wurden.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der volljährige Beschwerdeführer heißt XXXX, geb. am XXXX ist kinderlos, Staatsangehöriger des Irak, stammt aus Bagdad und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht fest.

 

Der Beschwerdeführer heiratete am 29.10.2018 zum Schein die ihm bis dahin persönlich unbekannte finnische Staatsangehörige XXXX, um auf diese Weise ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu erlangen. Er lebt mit Frau XXXX in keinem gemeinsamen Haushalt und führt keine umfassende Lebensgemeinschaft mit ihr. Frau XXXX kam lediglich zum Zwecke der Eheschließung kurz nach Österreich und kehrte unmittelbar nach erfolgter Eheschließung am 29.10.2018 wieder nach Finnland zurück. Es besteht kein maßgebliches Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

 

Der Beschwerdeführer reiste legal mit gültigem Reisedokument aus dem Irak in die Türkei aus und gelangte schlepperunterstützt nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 08.05.2015 in Österreich auf.

 

Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Finnland, wo diese über einen Asylstatus verfügt. Im Irak lebt noch ein Onkel des Beschwerdeführers. In Österreich verfügt er über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

 

Der Beschwerdeführer besuchte 11 Jahre lang die Schule. Er hat keinen Beruf erlernt, hat jedoch im Fotostudio seines Vaters gearbeitet und verfügt somit über berufliche Erfahrung, weshalb er eine Chance hat, auch hinkünftig im irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

 

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.

 

Der Beschwerdeführer nahm am "Werte- und Orientierungskurs" des Österreichischen Integrationsfonds und darüber hinaus am "Open Learning Center" des BFI Tirol teil. Er nahm weiters an gemeinnützigen Projekten teil und verrichtete gemeinnützige Tätigkeiten. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch zumindest auf Niveau A2, eine Deutschprüfung hat er allerdings nicht abgelegt. Darüber hinaus weist er in Österreich jedoch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

 

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Irak aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird.

 

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung und keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

 

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:

 

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt MOSUL, Hauptstadt der Provinz NINAWA, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.

 

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von MOSUL.

 

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

 

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei. Seitdem befindet sich der IS in einem taktischen Wandel, indem er sich auf die ländlichen Regionen des Landes fokussiert und dort versucht die Kontrolle zurückzuerlangen. Zugleich verstärkt er seine Konfrontation mit Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden IS-Angriffe vermehrt in Bagdad statt, wobei eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben festzustellen ist (Joel Wing 6.10.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren irakische Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang, mit dem Ziel, eine Etablierung des IS zu verhindern und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Betreffend vormals von IS kontrollierte ländliche Gebiete, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu IS-Angriffen (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018) und zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. In vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

 

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte.

 

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen.

 

Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt, mit sich brachte.

 

Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

 

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

 

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Bedrohung bzw Verfolgung durch die in BAGDAD aktiven schiitischen Milizen ausgesetzt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es ihm - bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - verwehrt gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

 

Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.09.2017 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Neben den militärischen Maßnahmen fasste die Zentralregierung in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum eine Reihe weiterer Maßnahmen, darunter: Die Sanktionierung kurdischer Banken, das Einfrieren von Fremdwährungstransfers, sowie das Einstellen von Flugverbindungen und mobilen Kommunikationsnetzen. Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die zentral-irakische Armee die zwischen Kurden und Zentralregierung umstrittenen Gebiete größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht (AA 12.2.2018).

 

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren.

 

In den südlichen Provinzen ist der Großteil der Gewalt, die dort stattfindet, nicht terroristischer Natur, sondern krimineller und "tribaler" (d.h. stammesbezogener) Natur. Die Provinz BASRA war nicht direkt von der Offensive der Gruppe Islamischer Staat (IS) im Juni 2014 betroffen und sind dort keine direkten Auseinandersetzungen zwischen IS-Kämpfern und irakischen Truppen festzustellen gewesen. Es wird zwar über Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Stämmen berichtet, jedoch finden sich keine Berichte über Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten. Auch wird über kriminelle Banden berichtet, die für Entführungen zur Erpressung von Lösegeld, einen Anstieg von Gewalttaten, von Diebstahlt, von bewaffneten Raubüberfällen, Tötungen und Drogenhandel verantwortlich gemacht werden (OSAC 07.03.2017). Die Bestrebungen der ISF gehen dahin, die Sicherheit in der Stadt und Provinz BASRA aufrecht zu erhalten, während bewaffnete Gruppen um die vorhandenen Ressourcen kämpfen/rivalisieren (OSAC 07.03.2017).

 

Die Verfassung des Iraks gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande. Bestimmte Berufsgruppen sind im Irak einem hohen Risiko, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden, ausgesetzt. Zu diesen Berufsgruppen zählen Künstler, Schriftsteller, Musiker und Poeten. Der Beschwerdeführer übt keinen Beruf aus, der ihm einem Risiko aussetzen würde, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden.

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Für den Süden des Irak (BABIL, BASRA, KERBALA, NAJAF, MISSAN, MUTHANNA, QADDISIYA, THI-QAR und WASSIT) liegen generell nur wenige Berichte über Menschenrechtsverletzungen von schiitischen Milizen an Sunniten vor. Weitere Regionen, in denen vor allem Sunniten leben, sind MOSSUL, TIKRIT, AL FALUJA oder ANBAR.

 

Im Süden des Irak leben ca. 400.000 Sunniten sowie Angehörige anderer Minderheiten. Die Region Südirak hat ca. 200.000 flüchtende irakische Staatsangehörige aufgenommen. Im Regelfall können sich irakische Staatsangehörige mit einer irakischen ID-Karte in den Gebieten des Südiraks frei und ohne Einschränkungen bewegen. Basra betreffend besteht Berichten zufolge grundsätzlich auch für Binnenflüchtlinge die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Leistungen des staatlichen Gesundheitssystems. Laut eines Berichtes der IOM haben in BASRA zudem 80% der Binnenflüchtlinge die Möglichkeit, am örtlichen Bildungssystem und am Arbeitsmarkt teilzuhaben.

 

Ferner sind die Provinzen MOSSUL, TIKRIT, AL FALUJA und ANBAR mehrheitlich bzw. ausschließlich von sunnitischen Moslems besiedelt.

 

Es ist nicht hervorgekommen, dass es dem Beschwerdeführer - bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - verwehrt gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

 

Quellen:

 

 

 

 

Es ist möglich, ohne Bürgschaft in die Autonome Region Kurdistan einzureisen. Eine Einreise ist über den Internationalen Flughafen ERBIL als auch auf dem Landweg möglich. Laut Bericht der International Organisation for Immigration (IOM) würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu Kurdistan oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Irakische Staatsbürger können sich z.B. in ERBIL frei bewegen und von dort aus in alle Provinzen einzureisen. Binnenflüchtlinge müssen sich bei der Einreise registrieren und können dann eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung beantragten. Ob eine Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bzw. eine verlängerbare Aufenthaltsgenehmigung in der Autonomen Region Kurdistan bekommt, hängt dabei oft vom ethischen, religiösen und persönlichen Profil ab. Die Notwendigkeit eines Bürgen zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung differiert von Provinz zu Provinz und wird zuweilen auch willkürlich gehandhabt. In manchen Provinzen kann ein Bürge notwendig werden, um sich dort niederzulassen oder dort zu arbeiten.

 

Arabische Binnenflüchtlinge können in der Region AL SULAYMANIYAH zunächst eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sodass den Daueraufenthalt beantragen. In AL SULAYMANIYAH ist nach UNHCR kein Bürge notwendig, um sich hier niederlassen oder eine Arbeitsbewilligung zu können. Berichten der IOM zufolge leben 90% aller Binnengeflüchteten in AL SULAYMANIYAH in stabilen sanitären Verhältnissen und haben 83% Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Im Regelfall können binnengeflüchtete Menschen in AL SULAYMANIYAH am Bildungssystem teilnehmen. Binnengeflüchtete haben in AL SULAYMANIYAH die Möglichkeit in den verschiedensten Feldern zu den gleichen Löhnen wie ortsansässige Personen zu arbeiten.

 

Quellen:

 

 

 

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch kommt es vor, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen werden.

 

Seit dem Jahr 2003 nahm die Dominanz der schiitischen Gemeinschaft in Bagdad stets zu. Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert. In Hinblick auf BAGDAD kam es seitdem verstärkt zur Spaltung BAGDADS in konfessionelle Linien, zu interkonfessioneller Gewalt und zu Vertreibungen und schließlich zur Bildung von separaten sunnitischen und schiitischen Vierteln. In Bezug auf BAGDAD ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die dort lebenden Sunniten einer Gruppenverfolgung bzw. einer systematischen Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt wären.

 

Quellen:

 

 

 

 

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht.

 

Obwohl die sunnitische Glaubensgemeinschaft in BAGDAD gegenüber der schiitischen Gemeinschaft die Minderheit darstellt, sie sie nach wie vor in der Gesellschaft und in der Regierung präsent.

 

In BAGDAD gibt es Bezirke und Stadtteile, in denen überwiegend Sunniten leben. Als solche werden in den Länderberichten insbesondere ADHAMIYA, MANSOUR und ABU GHRAIB genannt.

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Laut UNHCR wurden in fast allen Teilen des Landes für Binnenflüchtlinge verschärfte Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen implementiert. Zu den verschärften Maßnahmen gehören die Notwendigkeit des Vorweisens von Bürgen, die Registrierung bei lokalen Behörden sowie das Durchlaufen von Sicherheitsüberprüfungen durch mehrere verschiedene Sicherheitsbehörden. Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen variieren von Provinz zu Provinz und beinhalten nicht nur Sicherheits-Screenings, sondern hängen Berichten zufolge auch vom persönlichen Profil der flüchtenden Personen und Familien ab, wie z.B. vom ethnisch-konfessionellen Hintergrund, dem Herkunftsort oder der Zusammensetzung der Familie der jeweiligen Person.

 

Quellen:

 

 

 

Eine in den Irak zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zum Sachverhalt:

 

Beweis zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts wurde aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt, dem Erstbefragungsprotokoll durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 09.05.2015, dem Einvernahmeprotokoll des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde vom 14.11.2017, in den bekämpften Bescheid vom 20.12.2017, den Beschwerdeschriftsatz vom 18.01.2018, in das Strafregister, durch Abfrage des Zentralen Melderegisters, des Betreuungsinformationssystems über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich und in den aktuellen Länderbericht der Staatendokumentation für den Irak sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei und der Zeugin XXXX in der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018.

 

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zu seiner Identität, seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, Herkunft, Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom14.11.2017, S. 3 ff.) und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorgelegten Personalausweises zweifelsfrei fest.

 

Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, basiert auf seinen diesbezüglich glaubhaften Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2018 und aufgrund des persönlich gewonnenen Eindrucks durch das Bundesverwaltungsgericht im Zuge dieser Verhandlung.

 

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers und zum Beginn seines Aufenthalts in Österreich beruhen auf seinen Aussagen im Zuge der Erstbefragung am 09.05.2015, vor der belangten Behörde am 14.11.2017 und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018.

 

Die Feststellungen zur Familie des Beschwerdeführers basieren auf seinen diesbezüglich glaubhaften Aussagen im Rahmen seiner Einvernahme vor dem erkennenden Gericht am 04.12.2018. Danach steht zweifelsfrei fest, dass ein Teil der Familie des Beschwerdeführers als Asylberechtigte in Finnland lebt und er nach wie vor einen im Irak lebenden Onkel hat. Dass er in Österreich über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen verfügt, geht aus seiner diesbezüglichen Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 zweifelsfrei hervor.

 

Die Ehe des Beschwerdeführers mit der finnischen Staatsangehörigen XXXX ist durch folgende vorgelegte Urkunden belegt: Auszug aus dem finnischen Heiratsregister vom 28.11.2018, Beurkundung über Ehenamenserklärung des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes Fulpmes vom 29.10.2018, Zahl 001843/2018, Auszug aus dem Heiratseintrag vom 29.10.2018, Zahl 001894/2018. Dass es sich hierbei um eine Scheinehe handelt, welche er lediglich zum Erhalt eines unionsrechtlichen Aufenthaltstitels einging, resultiert aus nachstehenden Überlegungen:

 

Im Zusammenhang mit der Problematik von sogenannten "Aufenthalts- oder Scheinehen" stehen Behörden und Gerichte vor der Schwierigkeit, im höchstpersönlichen Bereich der Beteiligten ermitteln zu müssen. Ungeachtet der geltenden Offizialmaxime stößt die amtswegige Ermittlungspflicht oftmals an ihre Grenzen, sodass der Mitwirkungspflicht besondere Bedeutung zukommt; auch muss man dabei regelmäßig von äußeren Umständen Rückschlüsse auf das wahre Gefühlsleben der Eheleute ziehen.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch der indizielle Beweis ein Vollbeweis. Er besitze insoweit einen logischen Aufbau, als Folgerungen auf das zu beweisende Tatbestandsmerkmal mit Hilfe von Erfahrungstatsachen gezogen werden würden. Der Indizienbeweis erfordere damit zum einen Indizien (sogenannte Hilfstatsachen), zum anderen allgemeine Erfahrungssätze und schließlich Denkgesetze und logische Operationen, um auf das Vorhandensein der Haupttatsache folgern zu können. Der Grundsatz freier Beweiswürdigung schließe es daher nicht aus, Geschehensabläufen, die nach der Lebenserfahrung typisch sind, Gewicht beizumessen (vgl VwGH 26.05.1993, 90/13/0155).

 

Vor diesem Hintergrund sind im Zusammenhang mit der am 29.10.2018 erfolgten Eheschließung des Beschwerdeführers mit der finnischen Staatsangehörigen XXXX folgende Umstände hervorzuheben:

 

Der Beschwerdeführer hat seine Ehefrau im April 2018 über Facebook kennengelernt. Das erste Mal persönlich sahen sich die Eheleute am 23.10.2018, also nur wenige Tage vor der Heirat am 29.10.2018. Ansonsten besteht der einzige Kontakt in Videoanrufen (Protokoll vom 04.12.2018, S. 4 ff.) Hieraus ist klar zu erkennen, dass der Beschwerdeführer kurzfristig, um nicht zu sagen überhastet, eine Ehe mit XXXX eingegangen ist, obwohl er diese (und sie ihn) nicht wirklich kennen konnte. Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schwer vorstellbar und lebensfremd, dass eine Ehe unter solchen Umständen - kein persönliches Treffen, sondern lediglich Videoanrufe - in Erwägung gezogen, geschweige denn geschlossen wird. Dennoch verheirateten sich die beiden, die letztlich für einander Fremde sind. Zudem ist der "Zufall" der Eheschließung in zeitlicher Nähe zur mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 bemerkenswert und auch zu würdigen.

 

Hinzu kommt, dass die Ehefrau finnische Staatsangehörige ist und in Finnland lebt; der Beschwerdeführer hat seine Frau dort noch nie besucht und auch umgekehrt ist die Ehefrau das erste Mal aufgrund ihrer Ladung als Zeugin zur Verhandlung am 04.12.2018 nach Österreich gereist. Zusammengelebt haben die Eheleute nicht. Sie haben noch nie einen für eine Ehe erforderlichen gemeinsamen Haushalt geführt; sie konnten dem Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung am 04.12.2018 auch keinerlei sonstige Existenz einer umfassenden Lebensgemeinschaft glaubhaft machen. Die Ehefrau ist auch nach Verehelichung wieder nach Finnland zurückgekehrt. Bemerkenswert ist auch, dass die Ehefrau, als sie zur Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 01.12.2018 wieder nach Österreich anreiste, die Nächte bis zur Verhandlung am 04.12.2018 nicht beim Beschwerdeführer, sondern bei dessen Freund verbrachte. Eine gemeinsame Sprache sprechen die Eheleute auch nicht. Da der Beschwerdeführer in Österreich lebt und seine Ehefrau in Finnland, besteht auch kein gemeinsamer Wohnsitz und hat ein solcher auch noch nie bestanden. Da der Beschwerdeführer in Österreich um Asyl ansucht, ist auch nicht davon auszugehen, dass ein gemeinsamer Wohnsitz jemals geschaffen werden soll und ist hiervon auch in der gesamten Verhandlung nie die Rede gewesen. Eine umfassende Lebensgemeinschaft, wie sie die Ehe darstellt, ist damit ohne Zweifel nicht gegeben, zumal es nicht einen Funken an Wahrscheinlichkeit gibt, dass sich diese Situation in nächster Zeit ändern wird (Protokoll vom 04.12.2018, S. 4 ff. und Zeugeneinvernahme S. 18).

 

Über persönliche Fragen des erkennenden Richters wie etwa nach Hobbys und den Tagesabläufen des jeweils anderen Ehepartners, gaben sowohl der Beschwerdeführer als auch die Zeugin XXXX lediglich belanglose und vage Antworten, die auf jede beliebige Person zutreffen könnten; außerdem wirkten die Antworten auf den erkennenden Richter einstudiert (Protokoll vom 04.12.2018, S. 6 und Zeugeneinvernahme S. 18).

 

All das führt nahezu zwingend zum Schluss, dass diese Eheschließung einem einzigen Zweck diente, nämlich der "Aufenthaltsverfestigung" durch die Ehe mit einer Unionsbürgerin. Aufgrund dieser Erwägungen ist das Bundesverwaltungsgericht daher zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer die besagte Ehe mit der finnischen Staatsangehörigen XXXX nur zum Schein und nur deshalb einging, weil ihm diese Eheschließung ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht vermittelt.

 

Die Feststellungen zu seinem Bildungs- und Berufswerdegang basieren auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 14.11.2017, S. 3) und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 (Protokoll vom 04.12.2018, Seite 7 f.). Danach steht zweifelsfrei fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Berufserfahrung im Irak Erfahrungen am Arbeitsmarkt sammeln konnte und daher eine Chance hat, auch hinkünftig im irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

 

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht vorbestraft ist, beruht auf dem vom Bundesverwaltungsgericht erhobenen Strafregisterauszug.

 

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich keiner Beschäftigung nachgeht und Leistungen von der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erhobenen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung von vorübergehender Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Grundversorgung bezieht, ergibt sich zweifelsfrei die Feststellung seiner mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit.

 

Dass der Beschwerdeführer am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds und am Open Learning Center des BFI Tirol teilnahm, ergibt sich aus den vorgelegten Teilnahmebestätigungen des ÖIF vom 12.07.2018 und des BFI XXXX vom 17.05.2017 und vom 12.10.2017. Die Feststellungen zu seinen hauptsächlich gemeinnützigen Tätigkeiten ergibt sich aus folgenden Unterlagen: Dienstnachweis XXXX, Bestätigung des Stadtmagistrates XXXX über die gemeinnützige Teilnahme am Projekt "Innuferreinigung 2016", Bestätigung der XXXX Sozialen Dienste über Erledigung gemeinnütziger Tätigkeiten bei den Gebietskörperschaften vom 07.11.2017.

 

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers machen; so war es möglich, sich mit ihm in der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 ein wenig auf Deutsch zu unterhalten. Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen kann aber weder das Niveau seiner Sprachkenntnisse, noch die Absolvierung einer Sprachprüfung nicht festgestellt werden. Die darüber hinausgehende mangelnde Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht beruht auf den diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers und dem vom Bundesverwaltungsgericht gewonnenen persönlichen Eindruck im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018.

 

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er seinen Herkunftsstaat aufgrund von Angriffen der Milizen auf sein Haus verlassen habe, erachtet der erkennende Richter als nicht glaubhaft.

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist nämlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist.

 

Die vollkommen allgemein gehaltenen, vagen und unsubstantiierten Angaben zum Fluchtmotiv des Beschwerdeführers waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu getrieben hätte, sein Heimatland zu verlassen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers erschöpften sich zumeist in oberflächlichen und undetaillierten Angaben, die der Beschwerdeführer erst nach mehrfachem und näher präzisiertem Nachfragen auszuführen vermochte (Protokoll vom 14.11.2017, S. 7 ff. und vom 04.12.2018, S. 11 ff.). Ein spätes, gesteigertes Vorbringen kann aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes als unglaubwürdig qualifiziert werden, denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Genau das liegt hier vor.

 

Des Weiteren verstrickte sich der Beschwerdeführer in seinem Fluchtvorbringen in Ungereimtheiten und Widersprüche. So gab der Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme am 09.05.2015 befragt zu seinen Fluchtgründen an, seine Heimat wegen dem Krieg verlassen zu haben und Angst zu haben, im Krieg zu sterben (Protokoll vom 09.05.2015). In der mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 gab er hingegen an, bei der Erstbefragung nicht nach seinen Fluchtgründen befragt worden zu sein und dass es sich beim unterschriebenen Protokoll vom 09.05.2015 nicht um seine Unterschrift handle (Protokoll vom 04.12.2018, S. 10 f.). Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 14.11.2017 steigert der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen, indem er ausführt, das Haus seiner Familie sei von Milizen angegriffen und sein Vater von ihnen mit Gewalt mitgenommen worden. Weiters widersprüchlich sind die Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 14.11.2017, wenn er zuerst angibt, dass seine Mutter, ein Bruder und die drei Schwestern im Haus waren, als auf dieses geschossen wurde und nur wenige Fragen danach behauptet, dass niemand zu Hause gewesen sei, als auf das Haus geschossen wurde (Protokoll vom 14.11.2017, S. 7 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, dass bei gleichbleibenden Verhältnissen im Herkunftsland bei gesteigertem Vorbringen des Asylwerbers die Wertung des Vorbringens als unglaubwürdig schlüssig nachvollzogen werden kann (VwGH 27.04.2006, 2002/20/0170), weshalb - im Einklang mit dieser Rechtsprechung das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubhaft zu qualifizieren ist.

 

Generell schildert der Beschwerdeführer jenen Tag, als er und seine Familie von Milizen angegriffen worden seien, sehr vage und emotionslos (Protokoll vom 04.12.2018, S. 11 ff.).

 

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als unplausibel und unglaubhaft einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte der Beschwerdeführer keine schlüssigen und nachvollziehbaren Gründe angeben, die eine ernstliche Gefahr einer Verfolgung des Beschwerdeführers im Irak glaubhaft machen können. Das Bundesverwaltungsgericht gelangte ebenfalls aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer und den oben angegebenen Gründen zur Überzeugung, dass keine Gründe gegeben sind, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers im Irak von staatlichen und/oder privaten Gruppen aus politischen, rassischen, religiösen Gründen oder aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe glaubhaft erscheinen ließen.

 

In seiner Beschwerde tritt zudem der Beschwerdeführer den diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde nicht substantiiert entgegen. Da sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpft, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

 

Der Beschwerdeführer konnte auch nicht schlüssig aufzeigen, weshalb ihm keine innerstaatliche Fluchtalternative offen gestanden wäre. Es wäre ihm nämlich möglich gewesen, innerhalb des Irak einen anderen Ort aufzusuchen, hätte er sich bedroht gefühlt.

 

In einer Gesamtbetrachtung der zuvor genannten Umstände, erachtet das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der belangten Behörde die vom Beschwerdeführer behauptete politisch motivierte Verfolgung durch schiitische Milizen als nicht glaubhaft.

 

2.4. Zum Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Irak samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

 

Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat im Irak ergeben sich zweifelsfrei aus den folgenden Meldungen und Berichten:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegen. Trotz der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich hinsichtlich der für den Beschwerdeführer verfahrensgegenständlichen Situation im Herkunftsstaat keine negativen Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Vielmehr ist eine gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides deutlich verbesserten Lage im Irak auszugehen. Es war daher die diesbezügliche Feststellung zu treffen.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

3.1.1. Rechtslage

 

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

 

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

 

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

 

Im gegenständlichen Fall konnte der Beschwerdeführer - wie in der Beweiswürdigung näher dargelegt - keine Gründe glaubhaft machen, die für eine asylrelevante Verfolgung sprächen.

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer machte dagegen anlässlich seiner Einvernahme vor der belangten Behörde und auch vor dem erkennenden Gericht jedoch bloß allgemein gehaltene, vage und unsubstantiierte Angaben zum Fluchtmotiv und dies auch nur nach mehrmaligem Nachfragen; er verstrickte sich im Laufe seines Verfahrens zudem in Widersprüche, die er nicht glaubhaft zu entkräften vermochte. Sein Fluchtvorbringen ist - wie unter II.2.3. dargelegt - nicht geeignet, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen.

 

Mangels Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers kann von der Glaubhaftmachung einer ernstlichen Gefahr einer Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat keine Rede sein, sodass für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten keine rechtliche Grundlage gegeben ist.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

3.2.1. Rechtslage

 

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH). Im Sinne einer mit der Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) konformen Auslegung des § 8 Abs 1 AsylG ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art 15 der Statusrichtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat [lit b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).

 

Die Voraussetzungen nach Art 15 lit. c der Statusrichtlinie sind gegeben, wenn es sich erstens um eine Schadensgefahr allgemeinerer Art handelt - der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad der Gewalt hat ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder Region Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH 17.02.2009, C-465/07 , Elgafaji, Rn 35). Zweitens muss diese Situation ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit der subsidiären Schutz beantragenden Person anzusehen sein (vgl EuGH 17.02.2009, C-465/07 , Elgafaji, Rn 37 und 39 ua).

 

Die Voraussetzungen nach Art 15 lit. b Statusrichtlinie für einen ernsthaften Schaden in Form von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat erfordern dessen Verursachung durch das Verhalten Dritter (Akteure). Sind solche Schäden Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat, ist dagegen subsidiärer Schutz nicht zu erteilen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 unter Berufung auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer aus Gründen des Art 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, bedeutet hingegen nicht, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mHa EuGH 18.12.2014, C-542/13 , M'Bodj).

 

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

 

Dem Beschwerdeführer droht - wie oben bereits dargelegt wurde - im Irak keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung. Es droht ihm auch keine reale Gefahr, im Falle seiner Rückkehr entgegen Art 3 EMRK behandelt zu werden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzungen des Art 3 EMRK - was im Irak aufgrund der Sicherheitslage grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann - ist hingegen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend. Diese Lebensumstände betreffen sämtliche Personen, die im Irak leben und können daher nicht als Grund für die Zuerkennung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten herangezogen werden. So liegt hinsichtlich des Beschwerdeführers kein stichhaltiger Grund dafür dar anzunehmen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Irak zu erleiden oder einer ernsthaften individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Irak ausgesetzt zu sein. Nachdem der Beschwerdeführer selbst angibt, nie ernstliche Probleme mit den Behörden des Irak gehabt zu haben und auch keine Gründe ersichtlich sind, die auf den Vorwurf einer Straftat, welcher zu der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des Antragstellers im Herkunftsstaat hindeuten könnten, ist ein "ernsthafter Schaden" im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen. Ein bewaffneter Konflikt besteht im Irak ebenfalls nicht. Zwar ist es so, dass im Irak die Sicherheitslage nicht mit der österreichischen vergleichbar ist, jedoch erreichen die nach dem Länderinformationsblatt für den Irak vorgekommenen Bombenanschläge und Attentate nicht ein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak alleine durch seine Anwesenheit im Gebiet des Irak tatsächlich in Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner persönlichen Situation im Irak und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt im Irak betroffen wäre. Daher ist auch diese Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes nicht erfüllt. Eine Gefahr eines ernsthaften Schadens durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Beschwerdeführers im Irak liegt ebenfalls nicht vor.

 

Ganz allgemein besteht im Irak derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 oder Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine diesbezüglichen Umstände bekannt geworden. Es ergeben sich auch aus dem Länderinformationsblatt für den Irak keine Gründe, die es naheliegen würde, dass bezogen auf den Beschwerdeführer, ein reales Risiko gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder Strafe bzw der Todesstrafe besteht.

 

Damit erweist sich die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet, weshalb sie auch hinsichtlich dieses Spruchpunktes gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

 

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

 

3.3.1. Rechtslage

 

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

 

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

 

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

 

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

 

3.4.1. Rechtslage

 

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

 

Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde grundsätzlich zutreffend auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt und eine Rückkehrentscheidung erlassen, zumal die Eheschließung mit einer finnischen Staatsangehörigen erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erfolgte.

 

Zu prüfen ist nun, ob diese Eheschließung dem Beschwerdeführer die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG verschafft. Diese Stellung wird bei Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, auch dann angenommen, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl VwGH 07.04.2011, 2011/22/0005; 14.04.2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG vorliegt (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293). Gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen darf keine Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) - insbesondere in Verbindung mit einem seinen Antrag auf internationalen Schutz abweisenden Bescheid (siehe § 52 Abs 2 letzter Satz FPG) - erlassen werden (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0264).

 

Im gegebenen Fall kommt dem Beschwerdeführer als Ehegatte einer EWR-Bürgerin die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG nicht zu, da die Ehefrau des Beschwerdeführers ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich nicht in Anspruch genommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 29.09.2011, 2009/21/0386, festgehalten, dass nicht jede noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts (dort: im Rahmen des § 57 NAG) Relevanz entfaltet; vielmehr ist es erforderlich, dass die österreichische "Ankerperson" mit einer gewissen Nachhaltigkeit von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Nichts anderes kann für die (hier maßgebliche) Inanspruchnahme der Freizügigkeit im Rahmen des § 2 Abs 4 Z 11 FPG gelten (VwGH 10.12.2013 2011/22/0143; 17.04.2013, 2013/22/0062). Im vorliegenden Fall hat die finnische Ehefrau des Beschwerdeführers jedoch in keiner Weise von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht; sie lebt und arbeitet ausschließlich in Finnland und hat dort ihren Lebensmittelpunkt. Es liegen auch keinerlei Bemühungen ihrerseits vor, einen Arbeitsplatz in Österreich zu finden; sie besucht den Beschwerdeführer nicht mal in Österreich.

 

Daher ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratet ist (unabhängig davon, ob die Ehe als Scheinehe zu qualifizieren ist, was im konkreten Fall jedoch aus fremdenpolizeilicher Sicht zu bejahen ist), die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zukommt und die belangte Behörde daher - ex post betrachtet - gegen den Beschwerdeführer keine Rückkehrentscheidung nach dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstücks des Fremdenpolizeigesetzes erlassen hätte dürfen, sondern auf ihn sind die aufenthaltsbeendende Maßnahmen (unter anderem) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige regelnden Bestimmungen des 4. Abschnitts des genannten Hauptstücks anwenden hätte müssen (vgl VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349, mwN.), nicht auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

 

Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass "allein aus der Ehe mit einer kroatischen Staatsangehörigen aber weder aus unionsrechtlichen noch aus innerstaatlichen Regelungen ein Aufenthaltsrecht in Österreich abzuleiten [ist]. Die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, dass es sich beim Revisionswerber um keinen begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG handelt, ist im Ergebnis schon deswegen zutreffend, weil seine kroatische Ehefrau nach den unbestrittenen Feststellungen nicht in Österreich, sondern in Kroatien lebt, es also am Erfordernis des "Begleitens" oder "Nachziehens" durch den Drittstaatsangehörigen fehlt. ..." (vgl. VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0178, mwN.).

 

Aus dem soeben Ausgeführten ergibt sich, dass die "unionsrechtliche Ankerperson" des Beschwerdeführers (seine finnische Ehefrau) sohin keinerlei Elemente einer Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts aufweist und es somit am Erfordernis des "Begleitens" oder "Nachziehens" fehlt, weshalb dem Beschwerdeführer keine Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zukommt.

 

Zu prüfen ist daher, ob eine - grundsätzlich in diesem Fall zulässige (der Beschwerdeführer ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger) - Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

 

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 08.05.2015 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 20.12.2017 zwar eine gewisse, auch auf - dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende - Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 08.05.2015 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

 

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Es fehlen zudem alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund dreieinhalb Jahre langen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachprüfungen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

 

Zum Familienleben des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass das Bestehen eines schützenswerten Familienlebens in Österreich zu verneinen ist. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, mit der finnischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet zu sein, ist dem entgegen zu halten, dass - wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt - es sich hierbei offenkundig um eine Scheinehe handelt, welche lediglich zur Erlangung eines unionsrechtlichen Aufenthaltstitels eingegangen wurde. Als Scheinehe ist diese im Lichte des Art 8 EMRK nicht besonders geschützt. Es ist für die fremdenpolizeiliche Qualifikation einer Scheinehe auch nicht ausschlaggebend, dass diese Ehe - am Papier - fortbesteht und nicht aufgelöst wurde (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293).

 

Die vorliegende Scheinehe ist im Rahmen der Interessensabwägung auch dahingehend negativ zu werten, dass der Beschwerdeführer versuchte, ein nicht schützenswertes Familienleben vorzugeben, um sich eine vorteilshafte, eine Rückkehrentscheidung verhindernde Position zu verschaffen.

 

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

 

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

 

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

 

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

 

3.5. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.):

 

3.5.1. Rechtslage

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

 

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

 

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062). Da - wie oben angeführt - keine Gründe für die Zuerkennung von internationalem Schutz hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vorliegen, ist im Sinne der oben zitierten, auch nach dem Erkenntnis VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, weiterhin beachtlichen Judikatur eine neuerliche Prüfung eines Abschiebehindernisses aus Gründen der ernsthaften Gefahr der Todesstrafe, unmenschlichen Strafe oder Behandlung und der Gefahr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt persönlich zu Schaden zu kommen, nicht mehr neu zu prüfen. Da die nach § 50 Abs 1 FPG vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung über die von der Prüfung des subsidiären Schutzes erfassten Bereiche hinausgeht, ist in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeutet, weil sonstige ernste Schäden aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat dem Beschwerdeführer drohen, etwa, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht decken kann. Diese - bislang im Rahmen der Prüfung des subsidiären Schutzes vorgenommene Prüfung - ist im Sinne des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, nunmehr in diesem Rahmen vorzunehmen, wobei die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu gegenständlicher Fragestellung ungeachtet des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, anzuwenden ist. Daher ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

 

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der noch junge Beschwerdeführer arbeitsfähig und gesund ist und bereits im Irak einer Arbeit nachgegangen ist. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer deshalb bei seiner Rückkehr in den Irak jedenfalls einen zumindest bescheidenen Lebensunterhalt verdienen wird. Hierzu kommt, dass zumindest noch sein Onkel im Irak lebt, und der Beschwerdeführer daher auch nicht ohne familiären Rückhalt im Irak leben wird. Auch hat der Beschwerdeführer keine exzeptionellen Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak einer Art 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt werden könnte, weil Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer in Österreich allenfalls wirtschaftlich gegenüber einer Situation im Irak bessergestellt ist, genügt für die Annahme, er würde im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Es fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände. Damit erfolgte die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak zurecht.

 

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung in den Irak nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation im Irak bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

 

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

 

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak erfolgte daher zu Recht.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

 

3.6. Frist zur freiwilligen Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 55 Abs 1 FPG wird mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer nichts vorgebracht, was auf solche "besonderen Umstände" iSd § 55 Abs 2 FPG schließen ließen. Weder aus dem Verwaltungsakt noch in der mündlichen Verhandlung sind Umstände hervorgekommen, die als "besondere Umstände" iSd § 55 Abs 2 FPG zu werten wären. Daher traf die belangte Behörde zu Recht den Ausspruch, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beträgt.

 

Die Beschwerde erweist sich daher auch insofern als unbegründet, als sie sich gegen den Ausspruch über die Frist zur freiwilligen Ausreise wendet und war daher gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 55 FPG abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

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