Rechtssatz
Ein Versicherter ist wegen einer Gehbehinderung solange nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, als er ohne wesentliche Einschränkung ein öffentliches Verkehrsmittel benützen und vorher sowie nachher ohne unzumutbare Pausen und mit angemessener Geschwindigkeit eine Wegstrecke von jeweils zumindest fünfhundert Meter zu Fuß zurücklegen kann.
Normen
ASVG §255 Ca
ASVG §273
BSVG §124
10 ObS 301/88 | OGH | 24.01.1989 |
Beisatz: In öffentlichen Verkehrsmitteln ist in ausreichender Weise für Sitzplätze für Behinderte vorgesorgt. (T1) Veröff: SSV-NF 3/10 = ZAS 1992/17 S 135 (Firlei) |
10 ObS 334/88 | OGH | 20.12.1988 |
Beisatz: Eine zeitliche Einschränkung von dreißig Minuten bei der Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes bewirkt allein noch keinen Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt. (T2) Veröff: SSV-NF 2/145 |
10 ObS 346/90 | OGH | 23.10.1990 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Versicherter kann bei Einstellen des Rauchens wahrscheinlich in weniger als einem halben Jahr erreichen, dass er eine Wegstrecke von fünfhundert Meter, die er ohne diese zumutbare gesundheitsfördernde Maßnahme zweimal unterbrechen muss, in einem Zug zurücklegen. (T3) Veröff: SSV-NF 4/136 |
10 ObS 107/91 | OGH | 09.04.1991 |
Beisatz: Die Notwendigkeit, bei Temperaturen von null Grad Celsius und darunter auf einer Wegstrecke von eintausend Meter etwa drei-Minuten-Pausen im Stehen einlegen zu müssen, und zwar die erste nach vierhundert Meter schließt nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus. (T4) Veröff: SSV-NF 5/39 |
10 ObS 154/91 | OGH | 28.05.1991 |
Beis wie T1; Beisatz: Kurzfristige Mehranstrengungen machen die allfällige Benützung von Massenverkehrsmitteln auf den Wegen zum und vom Arbeitsplatz noch nicht unzumutbar (Schwierigkeiten beim Einsteigen und Aussteigen einer hochgradig übergewichtigen Person). (T5) |
10 ObS 236/92 | OGH | 29.09.1992 |
Beisatz: Dass der Versicherte während einer Gehstrecke von fünfhundert Meter insgesamt zehn Minuten rasten muss, ist noch nicht unzumutbar, weil zwei Pausen von je fünf Minuten die Wartezeiten nicht überschreiten, die öffentliche Verkehrsmittel benützende Arbeitnehmer mitunter auf der Fahrt zur Arbeitsstätte mehrmals auf sich nehmen müssen. (T6) |
10 ObS 21/96 | OGH | 20.02.1996 |
Beis wie T1; Beisatz: Dass auf die Einhaltung der Bestimmungen für die (ausreichende) Bereitstellung von Sitzplätzen für behinderte Personen in öffentlichen Verkehrsmitteln durch das Fahrpersonal seit dem Bestehen schaffnerloser Beförderungsmittel nur mehr erschwert Bedacht genommen werden kann, ist eine Erfahrungstatsache, die der Oberste Gerichtshof (auch schon in seinen Vorentscheidungen) entsprechend mitberücksichtigt hat. (T7) |
10 ObS 310/98f | OGH | 13.10.1998 |
Beisatz: Dass der Versicherte während einer Gehstrecke von fünfhundert Metern insgesamt zwölf Minuten rasten muss, ist noch nicht unzumutbar. (T8) |
10 ObS 117/99z | OGH | 29.06.1999 |
Vgl auch; Beisatz: Allfällige Angstzustände auf dem Weg zur Arbeit (im Sinn einer Agoraphobie, die medikamentös behoben werden können) bewirken keinen Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt. (T9) |
10 ObS 362/99d | OGH | 25.01.2000 |
Beisatz: Sofern nicht medizinische Gründe dem entgegenstehen, hat der Versicherte durch entsprechende Wahl seines Wohnortes, allenfalls Wochenpendeln, die Bedingungen für die Erreichung des Arbeitsplatzes herzustellen, die für Arbeitnehmer im Allgemeinen gegeben sind. (T10) |
10 ObS 121/01v | OGH | 12.06.2001 |
Vgl; Beisatz: Können durch psychotherapeutische Behandlungsmethoden (Verhaltenstherapie) in absehbarer Zeit die Hindernisse für die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf Dauer beseitigt werden, stellen die Angstzustände des Versicherten schließlich kein Hindernis mehr für eine Berufstätigkeit dar. (T11) |
10 ObS 153/02a | OGH | 28.05.2002 |
Beisatz: Hier: Erwerbsunfähigkeit nach dem BSVG. (T12)<br/>Beis wie T10; Beisatz: Ferner ist vom Versicherten zu verlangen, dass er ein öffentliches Verkehrsmittel benützt, wenn ihm dies aufgrund seines körperlichen und geistigen Zustandes zugemutet werden kann. (T13) |
10 ObS 116/03m | OGH | 08.04.2003 |
Vgl auch; Beis wie T13; Beisatz: Daran ändert nichts, dass der Versicherten das Begehen von steilen ungestreuten Wegen im Winter nicht zumutbar ist. (T14) |
10 ObS 265/03y | OGH | 13.01.2004 |
Auch; Beisatz: Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit ist auch dann eingetreten, wenn der Versicherte nicht mehr im Stande ist, in zumutbarer Weise einen Arbeitsplatz zu erreichen. Ob diese Voraussetzung besteht, ist eine Rechtsfrage, die ausgehend von den Tatsachenfeststellungen über die körperlichen und geistigen Einschränkungen des Versicherten zu klären ist. (T15) |
10 ObS 47/08x | OGH | 06.05.2008 |
Beisatz: Der bloßen Gehgeschwindigkeit kommt für sich allein keine entscheidende Bedeutung zu; maßgeblich ist vielmehr der Zeitaufwand für die zurückzulegende Strecke zur und von der Arbeitsstätte. (T16)<br/>Beisatz: Hier: Versicherter kann 500 m in 20 bis 25 min zurücklegen. (T17) |
10 ObS 82/09w | OGH | 12.05.2009 |
Beisatz: Der Umstand, dass die Klägerin nach einer Gehstrecke von 300 m eine einminütige Pause einlegen muss, schließt sie nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus. (T18) |
10 ObS 6/20k | OGH | 16.04.2020 |
Beisatz: Hier: Sitzpause von 2-3 Minuten nach 150m erforderlich. (T19) |
10 ObS 126/22k | OGH | 17.01.2023 |
Vgl; Beisatz: Diese abstrakt und unabhängig vom konkreten Wohnort oder von konkret verfügbaren öffentlichen Verkehrsmitteln vorzunehmende Prüfung schließt im Einzelfall nicht aus, dass eine Wohnsitzverlegung oder ein Wochenpendeln aus individuellen Umständen nicht zumutbar sein können. (T20) |
10 ObS 21/23w | OGH | 21.03.2023 |
vgl; Beisatz wie T20<br/>Beisatz: Hier: Gehstrecke von einem Kilometer in 20 Minuten bewältigbar. (T21) |
Dokumentnummer
JJR_19881011_OGH0002_010OBS00182_8800000_001
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