OGH 10ObS107/91

OGH10ObS107/919.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Viktor Schlägelbauer (Arbeitgeber) und Rudolf Eichinger (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann K*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier und Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER ARBEITER (Landesstelle Salzburg), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Februar 1991, GZ 5 Rs 15/91-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 10. Oktober 1990, GZ 45 Cgs 8/90-11, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Nach den die Wege zum bzw vom Arbeitsplatz betreffenden Feststellungen kann der Kläger bei ebenen Wegverhältnissen eine Wegstrecke von 1.000 m bewältigen. Bei Temperaturen von O Grad und darunter muß er für eine solche Wegstrecke etwa drei 3-Minuten-Pausen (im Stehen) einlegen, und zwar die erste bereits nach 400 m. Bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist er nicht eingeschränkt.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß der Kläger unter diesen Umständen einen Arbeitsplatz noch unter zumutbaren Bedingungen erreichen kann, ist richtig (§ 48 ASGG).

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates ist ein Versicherter unter Berücksichtigung der aktuellen Verhältnisse auf dem gesamtösterreichischen Arbeitsmarkt von diesem wegen einer Gehbehinderung dann nicht ausgeschlossen, wenn er ein öffentliches Verkehrsmittel benützen und vorher und nachher unter zumutbaren Bedingungen eine Wegstrecke von mindestens 500 m bewältigen kann. In einem solchen Fall werden an ihn keine höheren Anforderungen gestellt als an den überwiegenden Teil aller anderen Berufstätigen in Österreich (SSV-NF 2/105, 145; 3/10 ua).

Der Kläger kann während des größeren Teiles des Jahres eine ebene Wegstrecke bis 1000 m ohne Pausen bewältigen. Nur bei Temperaturen von O Grad und darunter muß er für eine Wegstrecke in dieser Länge etwa drei 3-Minuten-Pausen im Stehen einlegen, und zwar die erste nach 400 m. Daraus ist zu schließen, daß er bei den genannten niederen Temperaturen auf einer Gehstrecke von 500 m nach 400 m einmal drei Minuten lang stehen bleiben muß.

Geht man - mangels gegenteiliger Feststellungen - davon aus, daß der Kläger - abgesehen von den bei tiefen Temperaturen erforderlichen Pausen - eine durchschnittliche Gehgeschwindigkeit einhalten kann, so kann er eine ebene Wegstrecke von 500 m während eines Großteils des Jahres in etwa 7,5 Minuten bewältigen. Bei tiefen Temperaturen wird er für diese Strecke im Hinblick auf die dreiminütige Stehpause etwa 10,5 Minuten brauchen.

Dies macht die Wege von der Wohnung zum Arbeitsplatz bzw zur Haltestelle eines Massenverkehrsmittels nicht unzumutbar (ähnlich 4. 4. 1989 10 Ob S 109/89), zumal es nicht unüblich ist, daß jemand auf dem Weg zur bzw von der Arbeit, insbesondere beim Warten auf ein Massenverkehrsmittel, einige Minuten lang stehen muß.

Da der angefochtene Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im Hinblick auf die vom Obersten Gerichtshof geteilte Rechtsansicht richtig ist, war dem nicht berechtigten Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Vorbehalt der Entscheidung über den Ersatz der Rekurskosten beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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