OGH 5Ob151/23a

OGH5Ob151/23a4.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* K*, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 15.973,12 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. Mai 2023, GZ 3 R 110/20x‑56, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 13. August 2020, GZ 5 Cg 75/18b‑45, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00151.23A.0404.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.410,90 EUR (darin 235,15 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger kaufte mit Vertrag vom August 2013 von einem privaten Verkäufer einen gebrauchten VW Tiguan Sport & Style TDI 4 Motion um 22.730 EUR.

[2] Das Fahrzeug fällt in den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl L 171/1 vom 29. Juni 2007; kurz VO 715/2007/EG ). Es ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 der Abgasklasse Euro 5 ausgestattet und wurde im März 2008 erstmals zugelassen.

[3] Der Dieselmotor war mit einer Software ausgestattet, die bewirkte, dass dieses Fahrzeug am Prüfstand die Stickoxid-(NOx-)Werte der Euro 5‑Abgasnorm einhielt, während es im normalen Fahrbetrieb auf Straßen einen deutlich höheren NOx‑Ausstoß aufwies, weil im normalen Straßenverkehr weniger Abgase rückgeführt wurden als am Prüfstand.

[4] Im Februar 2017 ließ der Kläger ein von der Beklagten entwickeltes Software‑Update durchführen, wodurch diese „Umschaltlogik“ eliminiert wurde. Das Fahrzeug des Klägers verfügt auch nach dem Software-Update über ein sogenanntes „Thermofenster“. Dabei handelt es sich um eine in allen gemäß Euro 5 und 6 akkreditierten Fahrzeugen verbaute Abschalteinrichtung, die dazu dient, dass die volle Abgasrückführung nur in einem Temperaturbereich zwischen 15 Grad Celsius und 33 Grad Celsius erfolgt.

[5] Der Kläger hätte das Fahrzeug nicht erworben, hätte er gewusst, dass es nicht der VO 715/2007/EG und der Euro 5‑Abgasnorm entspricht.

[6] Das Fahrzeug des Klägers hatte zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung einen Kilometerstand von 134.032 km. Es wies im Heckbereich auf der Schürze zwei kleine Dellen auf, deren Reparatur 1.200 EUR kostet.

[7] Der Kläger machte – gestützt insbesondere auf §§ 874, 1295 Abs 2, 1311 Satz 2 ABGB – Schadenersatz geltend. Konkret begehrte er 15.973,12 EUR (Kaufpreis abzüglich eines Benützungsentgelts von 6.756,88 EUR) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Hilfsweise begehrte er den Ersatz des Minderwerts des Fahrzeugs von 6.000 EUR, hilfsweise erhebt er ein Feststellungsbegehren bezüglich künftiger aus dem Kauf des Fahrzeugs und dem Einbau des Dieselmotors EA189 resultierender Schäden.

[8] Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Klageabweisung. Für den Fall des teilweisen Zurechtbestehens der Klageforderung wandte die Beklagte eine Gegenforderung von 17.630 EUR ein, die ein Benützungsentgelt und einen Reparaturaufwand von 1.200 EUR für Schäden am Fahrzeug beinhaltete.

[9] Das Erstgericht wies die Klage ab.

[10] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass die Klageforderung als mit 14.701,35 EUR zu Recht und die Gegenforderung als mit 1.200 EUR zu Recht bestehend festgestellt und demgemäß die Beklagte zur Zahlung von 13.501,35 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs verpflichtet sowie das Mehrbegehren von 2.471,77 EUR abgewiesen wurde.

[11] Sowohl die zum Kaufzeitpunkt vorhandene „Umschaltlogik“ als auch das nach dem Software‑Update vorhandene, nur bei Außentemperaturen zwischen 15 Grad Celsius und 33 Grad Celsius voll wirksame „Thermofenster“ sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als eine unzulässige Abschalteinrichtung iSd Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 der VO 715/2007/EG zu qualifizieren.

[12] Aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C‑100/21 (QB gegen Mercedes‑Benz Group AG) folge, dass ein Verstoß gegen Art 5 der VO 715/2007/EG den Hersteller auch dann ersatzpflichtig machen könne, wenn er in keinem Vertragsverhältnis mit dem Käufer stehe. Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs stehe ein Schadenersatzanspruch zu, wenn ihm ein Schaden entstanden sei. Als nachteilige Folge, vor der ein Fahrzeugkäufer durch das Unionsrecht geschützt werden solle, sehe der EuGH an, dass durch die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung die Gültigkeit der EG‑Typengenehmigung und daran anschließend die der Übereinstimmungsbescheinigung in Frage gestellt würden, was wiederum (unter anderem) zu einer Unsicherheit über die Nutzungsmöglichkeit (Anmeldung, Verkauf oder Inbetriebnahme des Fahrzeugs) und „letztlich“ zu einem Schaden führen könne. Im Fall des Erwerbs eines mit einer iSd Art 5 VO 715/2007/EG unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs bestehe daher der Schaden iSd § 1293 ABGB – den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechend – in der (objektiv) eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit. Ein Schadenseintritt wäre lediglich dann zu verneinen, wenn das Fahrzeug, das den objektiven Verkehrserwartungen nicht genüge, dennoch dem Willen des Käufers entsprochen habe.

[13] Das Fahrzeug des Klägers sei auch nach dem Software‑Update mit einer nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG unzulässigen Abschalteinrichtung in Form des „Thermofensters“ ausgestattet. Damit sei das Fahrzeug latent mit einer Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Nutzungsmöglichkeit behaftet. Der Kläger hätte das Fahrzeug nicht erworben, wenn er gewusst hätte, dass es nicht der VO 715/2007/EG entspricht, was vor dem Hintergrund des „Thermofensters“ der Fall sei. Das den objektiven Verkehrserwartungen nicht genügende Fahrzeug habe daher nicht dem Willen des Klägers entsprochen.

[14] Die Beklagte habe gegen die den Kläger schützenden unionsrechtlichen Vorschriften verstoßen und rechtswidrig gehandelt. Dass der eingetretene Schaden im Rechtswidrigkeitszusammenhang stehe, habe der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt.

[15] Die Qualifikation des Art 5 Abs 2 der VO 715/2007/EG (und der weiteren einschlägigen unionsrechtlichen Normen) als auch die Einzelinteressen des Käufers schützende Norm(en) entspreche im nationalen Recht dem Verständnis als Schutznorm(en) iSd § 1311 ABGB. Eine Haftung wegen einer solchen Schutzgesetzverletzung setze ein Verschulden voraus, es komme aber zu einer Beweislastumkehr. Der Schädiger habe nachzuweisen, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden treffe. Die Beklagte habe allerdings zwar eine vorsätzliche Täuschung und eine Schädigungsabsicht, nicht aber auch ein fahrlässiges Verhalten in Abrede gestellt.

[16] Der Schadenersatzanspruch sei primär auf Naturalersatz gerichtet (§ 1323 ABGB). Jedenfalls wenn eine (geeignete) Beseitigung der unzulässigen Abschalteinrichtung durch Reparatur des Fahrzeugs nicht angeboten werde, könne der Ersatz in Form einer Erstattung des Kaufpreises gegen Übergabe des mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs (Zug‑um‑Zug‑Abwicklung) verlangt werden. Eine (geeignete) Beseitigung der unzulässigen Abschalteinrichtung in Form des „Thermofensters“ habe die Beklagte nicht angeboten.

[17] Über Einwendung sei ein schadenersatzrechtlicher Vorteilsausgleich vorzunehmen. Im Rahmen der Vorteilsanrechnung sei auch die tatsächliche Nutzung des (zurückzustellenden) Fahrzeugs (bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) zu berücksichtigen. Der in der Nutzung des Fahrzeugs liegende Vorteil sei nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln. Bei einem gebrauchten Fahrzeug (wie hier) sei somit der konkrete Altwagenpreis mit der voraussichtlichen Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt ins Verhältnis zu setzen und mit der tatsächlichen Fahrleistung zu multiplizieren. Nach dieser Berechnung schulde der Kläger ein Benützungsentgelt von 8.028,65 EUR. Die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger sei bereits im Rahmen des Vorteilsausgleichs durch Abzug von der Klageforderung und nicht aufrechnungsweise in Form einer Gegenforderung zu berücksichtigen, sodass die Klageforderung mit 14.701,35 EUR zu Recht und die eingewandte Gegenforderung insofern nicht zu Recht bestehe. Hingegen bestehe die von der Beklagten in Bezug auf die beim Fahrzeug des Klägers bei Schluss der Verhandlung bestehenden Schäden eingewandte Gegenforderung im Umfang von 1.200 EUR zu Recht.

[18] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision über Antrag der Beklagten nachträglich zu. Angesichts divergierender Aussagen in der Rechtsprechung bedürfe es einer Klarstellung, auf welche regionalen Temperaturen im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit des „Thermofensters“ abzustellen sei. Mit der Frage, ob es eine Rolle spiele, dass der Kläger ein gebrauchtes Fahrzeug gekauft habe und die Beklagte daher dem Kläger keine Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt habe, habe sich der Oberste Gerichtshof überhaupt noch nicht befasst.

Rechtliche Beurteilung

[19] Die – vom Kläger beantwortete – Revision der Beklagtenistentgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung einer unzulässigen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

[20] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112769; RS0112921). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]).

[21] 2.1. Die vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile in mehreren (erst) nach der Urteilsfällung des Berufungsgerichts ergangenen Entscheidungen geklärt.

[22] 2.2. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt klargestellt, dass eine „Umschaltlogik“, wie sie auch im Fahrzeug des Klägers verbaut war, eine nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG verbotene Abschalteinrichtung ist und der damit verbundene Sachmangel auch durch ein Software-Update nicht behoben wird, wenn diese Software ein „Thermofenster“ beinhaltet, aufgrund dessen die Abgasrückführung aufgrund der in Österreich herrschenden klimatischen Verhältnisse nur in vier oder fünf Monaten im Jahr uneingeschränkt aktiv ist, während im übrigen Teil des Jahres die Abgasrückführung durch die Abschalteinrichtung reduziert ist (8 Ob 57/23z; 8 Ob 71/23h je mwN).

[23] Die Rechtsansicht der Beklagten, wonach es nicht auf die Temperaturverhältnisse in Österreich, sondern auf die durchschnittliche Umgebungstemperatur im Unionsgebiet ankomme, hat der Oberste Gerichtshof auch bereits ausdrücklich abgelehnt (3 Ob 40/23p; 6 Ob 16/23f; 8 Ob 81/23d; 8 Ob 92/23x; 8 Ob 118/23w; 8 Ob 57/23z; 8 Ob 71/23h). Es kommt zwar mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf die Bedingungen im Unionsgebiet, also überall innerhalb der Grenzen der EU an. Dazu gehören aber jedenfalls auch die in Österreich vorherrschenden Umgebungstemperaturen. Der Einholung einer (neuerlichen) Vorabentscheidung durch den EuGH bedarf es daher nicht (9 Ob 42/23a; 9 Ob 55/23p).

[24] 2.3. Die einschlägigen haftungsbegründenden unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen schützen auch die Einzelinteressen des Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller (6 Ob 133/23m). Der EuGH stellt dabei auf das Vertrauen (je)des „individuellen Käufers“ ab, sodass es nicht darauf ankommt, ob dieser nun Erstkäufer oder Käufer eines Gebrauchtwagens ist (5 Ob 159/23b; 6 Ob 122/23v). Da die Regelungen zur Übereinstimmungsbescheinigung nach dem EuGH eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Hersteller und dem individuellen Erwerber des Fahrzeugs herstellen und sich nach dem EuGH daraus der Schutzgesetzcharakter der übertretenen Normen ergibt, kann sich auch der Käufer eines Gebrauchtfahrzeugs auf eine Schutzgesetzverletzung der beklagten Fahrzeugherstellerin berufen (9 Ob 42/23a).

[25] 3.1. Die Revision der Beklagten zeigt auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[26] 3.2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor.

[27] Die Beklagte rügt, das Berufungsgericht habe den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt, weil sich dessen „Feststellung“, der Kläger hätte das Fahrzeug bei Kenntnis vom Vorhandensein eines Thermofensters nicht gekauft, nicht aus dem Ersturteil ableiten lasse. Das Erstgericht hat jedoch ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass das Fahrzeug nicht der VO 715/2007/EG und der Euro 5‑Abgasnorm entspricht. Die nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG verbotene Abschalteinrichtung und der damit verbundene Sachmangel besteht trotz Software‑Update, weil diese Software ein „Thermofenster“ zwischen 15 Grad Celsius bis 33 Grad Celsius beinhaltet. Wenn das Berufungsgericht daher den dem Kaufentschluss entgegenstehenden Verstoß gegen die VO 715/2007/EG und der Euro 5‑Abgasnorm mit dem Vorhandensein eines „Thermofensters“ begründet, ist der Bedeutungsgehalt seiner Aussage klar und richtig. Die auf die getroffene Feststellung bezogenen Ausführungen des Berufungsgerichts haben keinen Feststellungscharakter. Das Berufungsgericht hat also den Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht verletzt, indem es ohne Beweiswiederholung oder Beweisergänzung eine ergänzende Tatsachenfeststellung getroffen hätte.

[28] 3.3. Die Beklagte macht weiters geltend, ihr sei im Zusammenhang mit dem „Thermofenster“ keine Fahrlässigkeit als Verschulden anzulasten, zumal das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ein solches für zulässig erachtet habe und sie nicht von der Unrichtigkeit der Vorgangsweise des KBA ausgehen habe müssen.

[29] Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Beklagte ein fahrlässiges Verhalten in erster Instanz nicht (substantiiert) in Abrede gestellt hat. Fehlt es aber an einem ausreichenden Vorbringen in erster Instanz, steht diesem im Rechtsmittelverfahren das Neuerungsverbot entgegen (§ 482 ZPO).

[30] Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, hängt ebenso von den Umständen des Einzelfalls ab, wie die Frage, ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht (RS0042828). So geht insbesondere die Beantwortung der Frage, ob eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus (RS0042828 [T35]; RS0044273 [T61]). Diesen Fragen kommt daher in der Regel keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu. Die Revision zeigt auch keine im Einzelfall aufzugreifende auffallende Fehlbeurteilung auf.

[31] Auf die Frage, ob die Beklagte aufgrund der Offenlegung gegenüber dem KBA auf die Zulässigkeit des „Thermofensters“ nach dem Software‑Update vertrauen durfte, kommt es auch nicht an. Das Schutzgesetz wurde bereits durch den Einsatz der „Umschaltlogik“ verletzt. Dies könnte durch einen entschuldbaren Rechtsirrtum über die Zulässigkeit des erst Jahre später aufgespielten Software-Updates nicht beseitigt werden, wenn das Fahrzeug nach wie vor nicht den geltenden Zulassungsvorschriften entspricht (8 Ob 81/23d; 4 Ob 27/24k; 4 Ob 127/23i). Hat ein Kfz‑Hersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung nach der VO 715/2007/EG schuldhaft eingebaut, entfällt die Haftung nicht dadurch, dass der Versuch der Schadensbeseitigung unverschuldet fehlgeschlagen ist (RS0134560).

[32] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Dem Kläger konnten die erst später ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs nicht bekannt sein, sodass ihm ein Kostenersatzanspruch zusteht, auch wenn er die Unzulässigkeit der Revision nicht damit begründete (4 Ob 202/22t; vgl RS0112921 [T6]).

[33] Der ERV‑Erhöhungsbetrag gemäß § 23a RATG für die Revisionsbeantwortung beträgt nur 2,60 EUR, weil ein Rechtsmittelschriftsatz kein das Verfahren einleitender Schriftsatz ist (RS0126594).

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