OGH 10ObS54/23y

OGH10ObS54/23y24.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Elisabeth Schmied (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Veronika Bogojevic (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, 1080 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr.in Simone Metz, LL.M., und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegenVersehrtenrente, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. April 2023, GZ 12 Rs 14/23 z‑17, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. November 2022, GZ 59 Cgs 168/22y‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00054.23Y.0724.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob der Unfall, den die Klägerin am 25. März 2022 auf der Rückfahrt vom Arbeitsort in die Dienstwohnung erlitten hat, als Arbeitsunfall iSd § 175 ASVG anzusehen ist.

[2] Die Klägerin ist Arbeitnehmerin der Bergbahn AG Kitzbühel und war als Kassiererin bei der Fleckalmbahn Talstation vollzeitbeschäftigt.

[3] Die Klägerin bewohnte eine Dienstwohnung, die sich in Kitzbühel oberhalb der Hahnenkamm‑Talstation befindet. Zur Bewältigung des Arbeitswegs benützte sie die öffentlichen Verkehrsmittel, nämlich die Postbuslinie 4004. Für den Hinweg fuhr die Klägerin von der Haltestelle Hahnenkamm in Fahrtrichtung Aschau, wo sich direkt an ihrem Arbeitsort die Haltestelle Fleckalmbahn Talstation befindet. Für den Heimweg fuhr sie an den Tagen, an denen sie ganztags arbeitete, von dieser Haltestelle Fleckalmbahn Talstation in Fahrtrichtung Kitzbühel bis zur Endstation Hahnenkamm.

[4] In Fahrtrichtung Kitzbühel (Heimweg) befindet sich vor der Haltestelle Fleckalmbahn Talstation die Haltestelle Kirchberg in Tirol Ost. Die beiden Haltestellen liegen knapp 1 km (Geh‑ und Fahrstrecke) voneinander entfernt; die Gehzeit beträgt ca zehn Minuten, die Fahrzeit des Postbusses ca zwei Minuten. Die Abfahrtszeiten des erstmöglichen Postbusses nach dem Arbeitsende um 13:30 Uhr waren laut Fahrplan, gültig von 14. März 2022 bis 3. April 2022, bei der Haltestelle Kirchberg in Tirol Ost 14:10 Uhr und bei der Haltestelle Fleckalmbahn Talstation 14:12 Uhr.

[5] Die Postbuslinie 4004 wird auch von Schifahrern (samt Ausrüstung) frequentiert, die bei der Haltestelle Fleckalmbahn Talstation einsteigen und zurück nach Kitzbühel fahren. Gerade im Frühjahr um die Mittagszeit lassen sich dadurch schlechter werdende Pistenverhältnisse umgehen.

[6] An den Tagen, an denen die Klägerin ihre Arbeitszeit um 13:30 Uhr beendete, benützte sie daher gewöhnlich nicht die Haltestelle Fleckalmbahn Talstation, sondern ging – in die entgegengesetzte Richtung – zur Haltestelle Kirchberg in Tirol Ost. Der Gehweg zu der davor liegenden Bushaltestelle bot ihr die Gelegenheit, sich die Wartezeit zu verkürzen und sich nach ihrer sitzenden Arbeitstätigkeit die Beine zu vertreten. Gleichzeitig hatte sie damit den Vorteil, eine Haltestelle vor den Schifahrern in den Postbus einzusteigen und so leichter einen Sitzplatz zu erlangen. Die Möglichkeit des Beinevertretens besteht auch im Bereich der Talstation Fleckalmbahn; es existiert auch ein Aufenthaltsraum für Mitarbeiter, in dem die Klägerin die Wartezeit verbringen konnte.

[7] Am Unfallstag (25. März 2022) arbeitete die Klägerin bis 13:30 Uhr. Wie gewöhnlich ging sie zur Haltestelle Kirchberg in Tirol Ost, um dort in den Postbus einzusteigen und die Fahrt nach Hause anzutreten. Wie oben ausgeführt waren die Beweggründe der Klägerin, dass sie sich damit die Wartezeit verkürzen, die Beine vertreten und leichter einen Sitzplatz bekommen konnte. In unmittelbarer Nähe der Haltestelle Kirchberg in Tirol Ost befindet sich ein Lebensmittelgeschäft. Da noch ausreichend Zeit blieb, nutzte die Klägerin die Gelegenheit, um dort einzukaufen; danach begab sie sich zur Bushaltestelle. Nach etwa zehn Minuten Wartezeit wurde die Klägerin plötzlich von einem Klein‑Lkw erfasst und zwischen Motorhaube/Stoßstange und Sitzbank der Bushaltestelle im Bein-Hüft-Bauchbereich eingeklemmt. Der Fahrer hatte einen schwerwiegenden gesundheitlichen Vorfall (mit nachfolgend notwendiger Reanimation) erlitten, war mit dem Fahrzeug auf die linke Fahrbahn geraten und in die Bushaltestelle geprallt.

[8] Die Klägerin erlitt schwerste Verletzungen, nämlich ein Polytrauma mit Massivblutung, an der rechten unteren Extremität eine subtotale Unterschenkelamputation mit offener Trümmerfraktur, an der linken unteren Extremität eine Grad III offene Schienbeinfraktur mit Weichteilzerstörung, eine mehrfache Wadenbein- Schenkelhals- und Innenknöchelfraktur und eine Läsion des Plexus lumbosacralis sowie einen Pleuraerguss.

[9] Mit Bescheid vom 6. Juli 2022 erkannte die beklagte Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, den Unfall nicht als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung ab.

[10] Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin (zuletzt) die Beklagte zu verpflichten, ihr zur Abgeltung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. März 2022 eine Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß ab Stichtag zu gewähren.

[11] Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Nur der direkte Weg von der Arbeitsstelle zur Wohnung stehe unter Versicherungsschutz. Die von der Klägerin gewählte Bushaltestelle liege nicht auf dem direkten Arbeitsweg. Die Wahl der Bushaltestelle in der Gegenrichtung sei im privaten Interesse erfolgt, insbesondere um einzukaufen, dem Gedränge zu entgehen und einen Sitzplatz zu bekommen.

[12] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und verneinte einen Unfallversicherungsschutz. Grundsätzlich sei nur der direkte und kürzeste Weg geschützt. Die Verlängerung der Wegstrecke habe eigenwirtschaftlichen Interessen gedient, sodass kein geschützter Wegunfall vorliege.

[13] DasBerufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und ließ die Revision nicht zu. Der Versicherungsschutz entfalle, wenn vom Versicherten nicht der kürzeste Weg eingeschlagen worden sei und für die Wahl des Wegs andere Gründe maßgebend gewesen seien als die Absicht, den Ort der Tätigkeit bzw auf dem Rückweg die Wohnung zu erreichen, und wenn die dadurch bedingte Verlängerung der Wegstrecke unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände als erheblich anzusehen sei. Das Motiv, im Bus einen Sitzplatz zu ergattern und dem Gedränge der Schifahrer zu entgehen, sei nach der allgemeinen Verkehrsauffassung kein Grund, der es rechtfertigen würde, sich einen Kilometer und zehn Minuten lang vom Wohnort weg zu bewegen, dies umso weniger in Relation zur Dauer der Busfahrt, die ab der Haltestelle Fleckalmbahn ohnehin nur 18 Minuten in Anspruch nehme. Ein durch die Verkehrsverhältnisse oder die Verkehrssicherheit erzwungener Umstand ist dabei nicht erkennbar. Die Wartezeit auf ein öffentliches Verkehrsmittel sei zwar vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst, doch müsse sich die Haltestelle geografisch auf dem geschützten Arbeitsweg befinden. Ein zusätzlicher Fußmarsch von rund einem Kilometer überschreite das von der Unfallversicherung noch gedeckte Maß an Bewegungsfreiheit und es könne nicht mehr von einem unbedeutenden Abweichen vom kürzesten Weg gesprochen werden. Es sei als eigenwirtschaftliches Interesse und damit als Unterbrechung des Heimwegs zu beurteilen, wenn sich die Klägerin die Füße vertreten, einkaufen gehen und ohne Gedränge einen Sitzplatz ergattern habe wollen. Sie habe ihren geschützten Heimweg sodann nicht schon bei der Haltestelle Kirchberg Ost, sondern hätte ihn erst wieder ab der Haltestelle Fleckalmbahn fortgesetzt.

[14] Dagegen richtet sich die Revisionder Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn der Stattgabe des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[15] In der – vom Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[16] Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlief; sie ist folglich auch – im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags – berechtigt.

[17] 1.1. Für die nach § 1 Abs 1 B‑KUVG der Kranken- und Unfallversicherung nach dem B‑KUVG unterliegende Klägerin gelten gemäß § 117 B‑KUVG die Bestimmungen des Dritten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.

[18] 1.2. Arbeitsunfälle sind gemäß § 175 Abs 1 ASVG Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Arbeitsunfälle sind gemäß § 175 Abs 2 Z 1 B‑KUVG auch Unfälle, die sich auf einem mit dieser Beschäftigung zusammenhängenden Weg zur oder von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte ereignen.

[19] 2.1. Grundsätzlich ist nur der direkte Weg zur oder von der Arbeitsstätte nach § 175 Abs 2 Z 1 ASVG versichert. Das wird in der Regel die streckenmäßig oder zeitlich kürzeste Verbindung zwischen dem Ausgangspunkt und dem Zielpunkt des Arbeitswegs sein, wobei der Versicherte zwischen diesbezüglich im Wesentlichen gleichen Verbindungen frei wählen kann (RS0084838; RS0084380). In der Unfallversicherung geschützt ist damit nicht nur die streckenmäßig, sondern auch die zeitlich kürzeste Verbindung (vgl 10 ObS 162/13s SSV‑NF 27/88).

[20] 2.2. Die Klägerin wählte zwar einen streckenmäßig längeren Heimweg, der aber in zeitlicher Hinsicht (gleichermaßen) die kürzeste Verbindung zur Dienstwohnung darstellte. Der Unfall ereignete sich somit immer noch auf einem zur Verfügung stehenden direkten Weg. Die Klägerin konntezwischen (hier zeitlich) gleichwertigen Verbindungen vielmehr wählen, solange der Zusammenhang mit der geschützten Tätigkeit (dem Weg als Arbeitsweg) nicht aufgehoben wird. Da die getroffene Wahl mit der versicherten Intention des Wegs (hier: die Rückfahrt von der Dienstverrichtung zur Dienstwohnung) weiterhin in Einklang stand und ein Umweg somit nicht vorlag, ist unerheblich, ob der konkret gewählte Weg allein oder überwiegend im eigenwirtschaftlichen Interesse gewählt wurde. Mit der Wahl der streckenmäßig längeren, aber zeitlich (gleichermaßen) kürzesten Verbindung war auch keine wesentliche Gefahrenerhöhung verbunden, die allenfalls für ein Verlassen des direkten Arbeitswegs sprechen könnte (vgl 10 ObS 253/97x SSV‑NF 11/101).

[21] 3. Daran ändert es auch nichts, dass die Klägerin anstatt bei der unmittelbar am Arbeitsort befindlichen Haltestelle zu warten, einen Teil der Strecke zu Fuß zurücklegte.

[22] 3.1. Die Wartezeit auf ein öffentliches Verkehrsmittel ist grundsätzlich vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst, sofern der Versicherte den Wartebereich nicht verlässt und sich in einen Bereich begibt, der mit dem Arbeitsweg nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden kann (RIS‑Justiz RS0108690). Hätte die Klägerin bei der am Arbeitsort befindlichen Haltestelle auf den nächsten Bus gewartet, wäre dies daher jedenfalls vom Versicherungsschutz erfasst gewesen.

[23] 3.2. Selbst wenn sich die Klägerin von diesem Wartebereich entfernt hätte, um einen Teil des Wegs zu Fuß zurückzulegen, wäre der Zusammenhang mit dem Arbeitsweg weiter gegeben gewesen. Die Wahl des Verkehrsmittels bzw die Art der Fortbewegung steht dem Versicherten auf Arbeitswegen grundsätzlich frei (RS0084159; 10 ObS 155/89 SSV‑NF 3/71). Ob zumutbare günstigere, raschere, ökologisch sinnvollere oder wie auch immer zu bewertende Alternativen (etwa öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden oder zu Fuß gehen) in Frage kämen, ist für die Unfallversicherung nicht maßgeblich (10 ObS 150/20m SSV‑NF 35/7). Selbst wenn der gesamte Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückgelegt werden kann, besteht daher Versicherungsschutz auch bei Unfällen, die darauf zurückzuführen sind, dass der Versicherte einen Teil des Wegs zu Fuß zurücklegte (10 ObS 5/05s). Gleiches gilt auch für die Entscheidung, einen Teil des Arbeitswegs zu Fuß zurückzulegen, anstatt im Wartebereich der am Arbeitsort befindlichen Haltestelle auf den(‑selben) Bus zu warten, sofern die streckenmäßig oder zeitlich kürzeste Verbindung zwischen Ausgangs- und Endpunkt des Wegs beibehalten wird.

[24] 4. Der Umstand, dass die Klägerin – neben dem offensichtlich weiter bestehenden Beweggrundder Zurücklegung des Arbeitswegs – noch andere (eigenwirtschaftliche) Motive für die Wahl dieses Teils des Wegs hatte, nämlich sich die Wartezeit zu verkürzen, die Beine zu vertreten und im Bus leichter einen Sitzplatz zu erlangen, beseitigt den inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsweg ebenso wenig.

[25] 4.1. Ein innerer Zusammenhang besteht nicht nur dann, wenn die versicherte Beschäftigung der einzige Grund des Wegs ist. Lässt sich der betriebliche und persönliche Bereich wegen der gemischten Nutzung nicht klar trennen, so beginnt der Versicherungsschutz dort, wo der abgrenzbare, rein persönliche Bereich aufhört und ein auch wesentlich betrieblichen Zwecken dienender Bereich anzunehmen ist (RS0084671). Dient der Weg zur oder von der Arbeitsstätte sowohl der versicherten Tätigkeit als auch eigenwirtschaftlichen Interessen, dann hängt der Versicherungsschutz während des Wegs davon ab, ob sich der Weg eindeutig in den verschiedenen Zwecken dienende Abschnitte teilen lässt. Ist dies der Fall, dann handelt es sich bei einem Unfall, der sich auf dem der nicht versicherten Tätigkeit dienenden Wegstück ereignet, um keinen Arbeitsunfall. Ist eine eindeutige Aufteilung des Wegs nicht möglich, dann besteht der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit auf dem gesamten Weg, der zwar nicht ausschließlich, aber doch wesentlich auch der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt war (RS0084858).

[26] 4.2. Die Motive der Klägerin für die Wahl des Fußwegs zur weiter entfernten Haltestelle beziehen sich auf die (für sie angenehmere) Zurücklegung des Arbeitswegs und dienten damit sowohl der versicherten Tätigkeit (Rückweg vom Arbeitsort) als auch eigenwirtschaftlichen Interessen (Verkürzung der Wartezeit, Beine vertreten, Erlangung eines Sitzplatzes). Der Abschnitt, auf dem sich der Unfall schließlich ereignete, lässt sich damit nicht eindeutig einer nicht versicherten Tätigkeit zuordnen und war weiterhin wesentlich auch der versicherten Tätigkeit (dem Rückweg vom Arbeitsort) zu dienen bestimmt. Auf diesem Abschnitt ist der innere Zusammenhang mit dem Arbeitsweg also zur Gänze zu bejahen.

[27] 4.3. Lediglich der auf diesem Abschnitt des Wegs durchgeführte Einkauf in einem in unmittelbarer Nähe der Haltestelle befindlichen Lebensmittelgeschäft diente ausschließlich eigenwirtschaftlichen Interessen. Da sich der Unfall aber nicht auf einem dieser rein privaten Besorgung dienenden Wegstück, sondern nach der Rückkehr auf den Arbeitsweg (während der Wartezeit bei der Haltestelle selbst) ereignete, ist nicht entscheidend, ob es sich dabei um eine nur geringfügige und unbedeutende Unterbrechung des Arbeitswegs handelt, die den Versicherungsschutz aufrecht lassen würde (RS0124749; RS0084686), oder um eine solche Unterbrechung, die (während dieser Phase) vom Versicherungsschutz nicht umfasst wäre (RS0084822).

[28] 5.1. Es bestand somit auch auf dem von der Klägerin gewählten Weg(‑stück), auf dem sich der Unfall ereignete, Unfallversicherungsschutz iSd § 175 Abs 2 Z 1 ASVG. Der Unfall vom 25. März 2022 war daher ein Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1 ASVG (iVm § 117 B‑KUVG).

[29] 5.2. Die Revision der Klägerin ist aus diesen Erwägungen berechtigt. Ein auf einen Arbeits- oder Dienstunfall gestütztes Leistungsbegehren (Versehrtenrente) erfasst nach § 82 Abs 5 ASGG ein Eventualbegehren auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeits- oder Dienstunfalls ist. Ein Teilurteil über die begehrte Anerkennung als Dienstunfall ist nach der Rechtsprechung ausgeschlossen, weil über das Eventualfeststellungsbegehren erst nach Entscheidung über das Leistungsbegehren abgesprochen werden kann (10 ObS 93/16y SSV‑NF 30/67 mwN).

[30] Der Anspruch auf Versehrtenrente setzt nach § 203ASVG (iVm § 117 B‑KUVG) voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen des Arbeitsunfalls über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinaus um mindestens 20 % vermindert ist. Feststellungen dazu fehlen, weshalb die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben sind.

[31] 5.3. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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