OGH 10ObS143/22k

OGH10ObS143/22k21.2.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch Dr. Alexander Knotek und Mag. Florian Knotek, Rechtsanwälte in Baden, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84–86, vertreten durch Dr. Eva-Maria Bachmann-Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pflegegeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2022, GZ 9 Rs 35/22 s‑18, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. Februar 2022, GZ 9 Cgs 164/21w‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00143.22K.0221.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei ab 1. Mai 2021 Pflegegeld der Stufe 1 in Höhe von 162,50 EUR, ab 1. Jänner 2022 in Höhe von 165,40 EUR und ab 1. Jänner 2023 in Höhe von 175 EUR monatlich zu gewähren.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der klagenden Partei ab 1. Mai 2021 ein höheres Pflegegeld als jenes der Stufe 1 zu gewähren, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei hat die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, welcher Betreuungsaufwand bei der Klägerin, die bei der täglichen Körperpflege des unteren Körperbereichs (§ 1 Abs 4 EinstV) und bei der sonstigen bzw gründlichen Körperpflege (§ 1 Abs 2 EinstV) Hilfe bedarf, anzunehmen ist.

[2] Aufgrund ihres Gesundheitszustands bedarf die * 1942 geborene Klägerin Hilfe bei der gründlichen Körperpflege und bei der täglichen Körperpflege im unteren Körperbereich. Ihre Mahlzeiten müssen zubereitet, ihre Medikamente vorbereitet und deren Einnahme überwacht werden. Die Klägerin kann Nahrungsmittel und Medikamente nicht herbeischaffen, die Wohnung nicht reinigen und die Leib- und Bettwäsche nicht pflegen. Sie ist nicht mobil im weiteren Sinn und bedarf infolge ihrer Grunderkrankung einer immer wiederkehrenden Motivation und Anleitung.

[3] Mit Bescheid vom 20. Mai 2021 gewährte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen der Klägerin ab 1. Mai 2021 Pflegegeld der Stufe 1.

[4] Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zuerkennung eines Pflegegeldes zumindest der Stufe 3.

[5] Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, weil eine höhere als die mit Bescheid zuerkannte Einstufung nicht gerechtfertigt sei.

[6] Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin ab 1. Mai 2021 Pflegegeld der Stufe 2 in gesetzlicher Höhe zu zahlen und wies ein Mehrbegehren auf Gewährung von Pflegegeld der Stufe 3 ab. Es stellte den eingangs auszugsweise wiedergegebenen Sachverhalt fest, aus dem es rechtlich folgerte, dass der Betreuungsaufwand für die im Revisionsverfahren nicht strittigen Verrichtungen durchschnittlich 83 Stunden pro Monat betrage. Überdies zog es einen monatlichen Zeitaufwand für die tägliche Körperpflege im unteren Körperbereich (§ 1 Abs 4 EinstV) von 12,5 Stunden und für die Hilfe beim Duschen/Baden (§ 1 Abs 2 EinstV) einen solchen von 4 Stunden heran. Der Erlass des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) vom 31. März 2020, der die Sozialversicherungsträger anweise, abweichend von der bisherigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis bei Begutachtungen ab 1. Juli 2020 für die sonstige Körperpflege (Wannenvollbad/Duschen) einen Zeitwert von zehn Stunden pro Monat zu berücksichtigen, sei nicht verbindlich. Ausgehend von einem Pflegebedarf von monatlich 99,5 Stunden (83 zuzüglich 12,5 und 4 Stunden) sah es die Voraussetzungen des Pflegegeldes der Stufe 2 als erfüllt an.

[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten mit der Maßgabe nicht Folge, dass es der Klägerin das Pflegegeld der Stufe 2 in Höhe der in § 5 Abs 1 BPGG genannten Beträge zusprach. Der untere Körperbereich (wozu der Intimbereich und die unteren Extremitäten zählten) könne nicht als lediglich ganz kleiner Teil gesehen werden, der im Verhältnis zum Gesamtaufwand der täglichen Körperpflege (nur) unbedeutende Handgriffe anderer Personen bedürfe und den Mindestwert erheblich unterschreite. Damit lägen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Mindestwerts nach § 1 Abs 4 EinstV im Ausmaß von 25 Stunden monatlich vor. Da damit auch der Aufwand für die sonstige Körperpflege (§ 1 Abs 2 EinstV) miterfasst werde, sei für die Körperreinigung insgesamt nur dieser Wert zu berücksichtigen.Zusammen ergebe sich daher ein Pflegeaufwand von 108 Stunden (83 plus 25 Stunden) pro Monat, der die Gewährung von Pflegegeld der Stufe 2 rechtfertige. Der Erlass des BMSGPK vom 31. März 2020 sei eine für (Verwaltungs-)Verfahren ab 1. Juli 2020 erstellte Richtlinie, die keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren habe. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

[8] Gegen den Zuspruch eines höheren Pflegegeldes als jenem der Stufe 1 richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten.

[9] In der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

[10] Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[11] 1. Die Beklagte steht in der Revision auf dem Standpunkt, dass – dem erwähnten Erlass des BMSGPK entsprechend – für alle Menschen ein tägliches Duschen oder Baden als hygienische Standardversorgung anzusehen sei, sodass für die sonstigeKörperpflege iSd § 1 Abs 2 EinstV (Baden/Duschen) ein Zeitwert von 10 (anstatt bisher 4) Stunden pro Monat zu berücksichtigen sei. Wer täglich dusche, benötige aber keine zusätzliche (tägliche) Reinigung des Ober- und Unterkörpers oder des Genitalbereichs am Waschbecken, sodass in Fällen wie dem gegenständlichen nur mehr der Zeitwert für ein tägliches Baden oder Duschen von 10 Stunden pro Monat zu veranschlagen sei. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folge, sei es nicht nachvollziehbar, warum die tägliche Körperpflege nur des Unterkörpers 12,5 Stunden pro Monat und damit mehr Zeit in Anspruch nehmen solle, als ein Badenoder Duschen des gesamten Körpers. Wenn überhaupt, wäre daher von einem Zeitwert von 5 Stunden pro Monat für das (tägliche) Waschen des Unterkörpers (§ 1 Abs 4 EinstV) und somit deutlich weniger als die Hälfte des Mindestwerts von 25 Stunden pro Monat auszugehen.

[12] Damit ist die Beklagte im Ergebnis im Recht.

[13] 2.1. Für die tägliche Körperpflege legt § 1 Abs 4 EinstV einen Mindestwert von zwei Mal 25 Minuten pro Tag (entsprechend 25 Stunden pro Monat) fest. Hierzu gehören das Waschen der Hände und des Gesichts, das notdürftige Reinigen von Ober‑ und Unterkörper mit einem Waschlappen, das Putzen der Zähne (bzw die Reinigung von Zahnersatz), das Frisieren der Haare oder das Rasieren bei einem Mann (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 5.156). Zu den letzten beiden Teilverrichtungen hat der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen, dass dafür jeweils fünf Minuten täglich (entsprechend 2,5 Stunden pro Monat) zu veranschlagen sind (Frisieren: 10 ObS 272/98t SSV‑NF 12/148; Rasieren: 10 ObS 2318/96x SSV‑NF 10/128).

[14] 2.2. Demgegenüber fällt ein Wannen- oder Duschbad – worunter ebenso wie ein normales gründliches Waschen des ganzen Körpers eine gründliche vollständige Ganzkörperreinigung zu verstehen ist (RIS-Justiz RS0107436; RS0107435) – als nicht täglich notwendige Maßnahme unter die „sonstige“ Körperpflege nach § 1 Abs 2 EinstV (RS0058447 [T1]; RS0107436 [T2]; 10 ObS 12/08z SSV‑NF 22/11 ua). Der Oberste Gerichtshof vertritt dazu in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass mangels gegenteiliger medizinischer Indikation ein zweimaliges Baden oder Duschen pro Woche als ausreichend anzusehen ist, ohne dass der Betroffene damit der Gefahr der Verwahrlosung ausgesetzt wäre (RS0058447; 10 ObS 337/02k ua). Die Hilfe umfasst dabei neben dem eigentlichen gründlichen Waschen des gesamten Körpers auch das damit im Zusammenhang stehende Abtrocknen samt allenfalls notwendiger Hautpflege, das Aus- und Wiederankleiden, sowie die damit verbundene Hilfe beim Besteigen und Verlassen von Badewanne oder Dusche (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 5.164). Bei der Bewertung dieses Betreuungsaufwands hat sich die Rechtsprechung an den in § 1 Abs 4 EinstV für die tägliche Körperpflege angeführten Mindestwerten von zwei Mal 25 Minuten pro Tag orientiert und ihn mit etwa 25 Minuten bewertet, woraus sich bei zwei Wannen- oder Duschbädern pro Woche ein monatlicher Aufwand von rund 4 Stunden ergibt (RS0058279; 10 ObS 384/02x ua). Darin sind auch die nur fallweise erforderlichen Verrichtungen des Waschens und Föhnens der Haare (10 ObS 247/00x SSV‑NF 14/105) sowie der Pediküre und Maniküre (10 ObS 89/01p) berücksichtigt.

[15] 2.3. Eigenständige Bedeutung kommt dem Aufwand für ein zweimaliges Baden oder Duschen pro Woche aber nur zu, wenn der Betroffene die tägliche Körperpflege ohne fremde Unterstützung bewerkstelligen kann. Neben dem Betreuungsaufwand für die tägliche Körperpflege ist – wie das Berufungsgericht zu Recht ausführte – die Hilfe beim Baden bzw Duschen daher in der Regel nicht gesondert zu veranschlagen (RS0107436 [T1]; 10 ObS 367/99i; 10 ObS 6/97y SSV‑NF 11/17 ua). Besteht der Hilfebedarf nur für Teilverrichtungen der täglichen Körperpflege (§ 1 Abs 4 EinstV), ist der dafür notwendige Teilaufwand (vgl unten 4.1.) hingegen neben dem Aufwand für die „sonstige“ Körperpflege (§ 1 Abs 2 EinstV) zu berücksichtigen (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4Rz 5.161; vgl 10 ObS 272/98t SSV‑NF 12/148 [Baden/Duschen und Frisieren]).

[16] 3. Von der gründlichen Ganzkörperreinigung (durch Baden oder Duschen) ist daher die notdürftige Reinigung von Ober- und Unterkörper mit einem Waschlappen im Rahmen der täglichen Körperpflege zu unterscheiden, die in der Regel nur an den anderen, also jenen Tagen als erforderlich angesehen wird, an denen keine gründliche Ganzkörperreinigung stattfindet (Greifeneder, Pflegegeld ‑Wechselwirkung zwischen täglicher Körperpflege und Baden/Wannenvollbad, ÖZPR 2021, 49 [50]). Dies beruht auf der Überlegung, dass ohne anderslautende medizinische Indikation an Tagen, an denen geduscht oder gebadet wird, nicht zusätzlich noch eine Körperpflege mit einem Waschlappen (am Waschbecken) durchgeführt wird (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 5.167).

[17] Vor diesem Hintergrund ist die in der Revision primär vertretene Ansicht, dass bei täglichem Baden oder Duschen (gar) keine Reinigung mit dem Waschlappen mehr notwendig ist, zutreffend. Die Frage, ob in Anbetracht verbesserter hygienischer Ausstattungen und steigender Durchschnittstemperatureneiner pflegebedürftigen Person anstatt bisher zwei Mal die Woche nunmehr täglichein Wannenvollbad oder Duschen zuzugestehen ist – womit auch der Aufwand für die tägliche Reinigung des (oberen und) unteren Körperbereichs abgegolten wäre –, muss hier aber nicht entschieden werden. Denn unabhängig davon, ob man mit der bisherigen Rechtsprechung davon ausgeht, dass es zur Hintanhaltung einer Verwahrlosung ausreicht, zwei Mal pro Woche zu baden oder zu duschen und an den restlichen fünf Tagen eine Reinigung mit einem Waschlappen vorzunehmen, oder nur mehr den Aufwand für ein tägliches Baden/Duschen berücksichtigt, führt das im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis:

[18] 3.1. Bis auf die Reinigung des Unterkörpers (Genitalbereich und untere Extremitäten) bedarf die Klägerin nach dem festgestellten Sachverhalt keiner Hilfe bei der täglichen Körperpflege. Das Erstgericht sah dafür allein einen Zeitwert von 12,5 Stunden pro Monat, also die Hälfte des in § 1 Abs 4 EinstV insgesamt vorgesehenen Mindestwerts als angemessen an. Wenn die Rechtsprechung für die gründliche Ganzkörperreinigung (inklusive der genannten, nur fallweise erforderlichen zusätzlichen Verrichtungen) jedoch einen Zeitwert von 25 Minuten heranzieht, muss sich für die weniger aufwändige notdürftige Reinigung nur des Ober- und Unterkörpers mit einem Waschlappenzwangsläufig ein geringerer Zeitwert ergeben, wäre die Unterscheidung zwischen diesen Verrichtungen ansonsten doch obsolet. Berücksichtigt man die im Rahmen der täglichen Körperpflege insgesamt anfallenden Tätigkeiten (vgl oben 2.1.), erscheint ein Aufwand von 15 Minuten täglich für die (notdürftige) Reinigung nur des Unterkörpers angemessen. Zieht man zusätzlich ins Kalkül, dass diese nur an den (anderen 5) Tagen stattfindet, an denen nicht geduscht oder gebadet wird, ist – umgerechnet auf eine 7-Tage-Woche – ein Zeitwert zwischen 10 und 11 Minuten täglich zu veranschlagen. Das entspricht einem Aufwand von 5 bis 5,5 Stunden pro Monat (in diesem Sinn beispielhaft auch Greifeneder, ÖZPR 2021, 49 [50]). Der vom Erstgericht angenommene Aufwand von 12,5 Stunden pro Monat erweist sich daher als überhöht. Tatsächlich können für die Reinigung des Unterkörpers (an fünf Tagen der Woche) maximal 5,5 Stunden pro Monat veranschlagt werden.

[19] 3.2. Darauf aufbauend ist dem Berufungsgericht nicht darin zu folgen, dass vom Mindestbedarf von 25 Stunden pro Monat auszugehen sei.

[20] Bezieht sich der tatsächliche Bedarf nur auf einen kleinen Teil der von der Hilfe bei der täglichen Körperpflege umfassten Betreuungsmaßnahmen, der einen Betreuungsaufwand von deutlich weniger als der Hälfte des Mindestwerts erfordert, kommt die Anerkennung des pauschalen Mindestbedarfs nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr in Betracht. In diesem Fall ist der tatsächliche Zeitaufwand für die erforderlichen Betreuungsleistungen zu veranschlagen (RS0109875 und RS0085428; 10 ObS 57/20k; 10 ObS 148/09a SSV‑NF 23/68 ua).

[21] Diese Voraussetzungen sind bei einem Pflegeaufwand für die tägliche Körperpflege des unteren Körperbereichs von nicht mehr als 5,5 Stunden pro Monat erfüllt, sodass dafür nur der Teilwert berücksichtigt werden kann (so auch Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 5.160 zur Reinigung des Intim- und unteren Körperbereichs).

[22] 3.3. Im Sinn der bisherigen Judikatur wären daher maximal 5,5 Stunden für die Teilverrichtung der Reinigung nur des Unterkörpers an fünf Tagen der Woche (§ 1 Abs 4 EinstV) und weitere 4 Stunden pro Monat für die Hilfe bei der sonstigen Körperpflege bzw einem zweimaligen Duschen oder Baden pro Woche (§ 1 Abs 2 EinstV), insgesamt also 9,5 Stunden zu veranschlagen.

[23] 4. Unabhängig davon, ob man bei der Klägerin nun für die Reinigung lediglich des Unterkörpers mit einem Waschlappen (§ 1 Abs 4 EinstV) an 5 Tagen sowie ein Duschen oder Baden (§ 1 Abs 2 EinstV) an zwei Tagen der Woche einen Zeitwert von zusammen 9,5 Stunden heranziehen oder – wie dies die Beklagte in der Revision fordert – bloß einen Zeitwert von 10 Stunden für ein tägliches Baden oder Duschen (und keinen zusätzlichen Aufwand für die Reinigung des Unterkörpers mit einem Waschlappen) veranschlagen würde, ergibt sich nach Addition mit den unstrittigen 83 Stunden kein Betreuungsaufwand von mehr als 95 Stunden pro Monat. Die Voraussetzungen für ein Pflegegeld der Stufe 2 sind im Anlassfall daher in keiner der beiden Varianten erfüllt.

[24] 5. Bei der Klägerin ist somit lediglich die Zuerkennung eines Pflegegeldes der Stufe 1 gerechtfertigt, sodass die Entscheidungen der Vorinstanzen – unter neuerlichem Zuspruch der im bekämpften Bescheid zuerkannten Leistung (vgl RS0084896 [T4]) – entsprechend abzuändern waren. Wie bereits das Berufungsgericht (im Rahmen der Maßgabebestätigung) zutreffend hervorhob, ergibt sich die Höhe des Pflegegeldes aus § 5 BPGG, sodass jener Betrag zahlenmäßig bestimmt zuzusprechen ist, der der Pflegegeldstufe entspricht, in der die Einstufung erfolgt (RS0107801).

[25] 6. Die Kostenentscheidung beruht (für alle drei Instanzen) auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.

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