OGH 10ObS247/00x

OGH10ObS247/00x5.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Lang (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christa P*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Mai 2000, GZ 9 Rs 86/00h-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. Februar 2000, GZ 4 Cgs 133/99i-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben richtig erkannt, dass ein Pflegebedarf der Klägerin nach § 1 Abs 4 EinstV für die Zubereitung von Mahlzeiten (Mindestwert von 1 Stunde täglich) nicht angenommen werden kann. Mit Verwendung geeigneter und zumutbarer Hilfsmittel wie etwa eines elektrischen Küchenmessers kann die Klägerin nach den Feststellungen auch Brot und Fleisch schneiden; warum sie dann nicht auch grünen Salat schneiden könnte (Abtrennen der "Krone" des Häuptelsalats), ist nicht nachzuvollziehen. Das nach dem Kochen von Nudeln erforderliche "Abseihen" muss der Klägerin trotz geringer Fingerkraft nach der lebensnahen Darstellung des Berufungsgerichtes mit Hilfe eines (leicht handhabbaren) Siebes möglich sein. Die letztlich nötige Unterstützung beim Kartoffelschälen vermag für sich allein nicht den Mindestpflegebedarf von 30 Stunden zu rechtfertigen, weil er diesen ganz erheblich unterschreitet. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass bei erheblicher Unterschreitung eines Mindestwertes nach § 1 Abs 4 EinstV die Anerkennung eines "pauschalierten" Mindestbedarfs nicht in Betracht kommen kann; dies ist dann der Fall, wenn die einzelnen Verrichtungen lediglich einen Aufwand erfordern, der deutlich unter der Hälfte des normierten Mindestwertes liegt (SSV-NF 12/63; 10 ObS 133/00g). Das Kartoffelschälen dauert aber erfahrungsgemäß nur wenige Minuten und ist auch nicht täglich erforderlich. Im Monatsdurchschnitt sind hierfür maximal 2 Stunden anzusetzen.

Die nach den Feststellungen gebotene Hilfe beim Schließen kleiner Knöpfe von Hemdsärmeln, die nach Ansicht der Revisionswerberin zweimal 2 Minuten täglich, also 2 Stunden monatlich erfordere, kann durch das Tragen geeigneter Kleidung (zB Hemden oder Blusen mit weiten Ärmeln und ohne kleine Knöpfe) vollständig vermieden werden.

Schließlich ist für das - ebenfalls nicht täglich erforderliche - Waschen und Fönen der Haare und für die Pediküre kein über die Hilfe beim Besteigen der Badewanne (4 Stunden monatlich) hinausgehender zusätzlicher Pflegebedarf der Klägerin zu veranschlagen (10 ObS 160/94).

Das Berufungsgericht hat ungeachtet der nicht ganz eindeutigen Feststellungen des Erstgerichtes zu Gunsten der Klägerin einen Hilfsbedarf auch für die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und einen Bedarf an Mobilitätshilfe im weiteren Sinn bejaht und den gesamten Hilfsbedarf nach § 2 EinstV mit 40 Stunden monatlich angenommen. Diesem Wert ist ein Betreuungsbedarf im Sinne des § 1 EinstV von 4 Stunden für die Hilfe beim Besteigen der Badewanne (auch dies zu Gunsten der Klägerin unter Außerachtlassung der Möglichkeit, das Vollbad durch Duschen zu ersetzen) und in diesem Zusammenhang für Haarewaschen, Fönen und Pediküre hinzuzurechnen.

Mit dem festgestellten Pflegebedarf von durchschnittlich höchstens 46 Stunden monatlich vermag die Klägerin die Voraussetzungen für ein Pflegegeld der Stufe 1 im Sinne des § 4 Abs 1 BPGG nicht zu erfüllen, weil er nicht durchschnittlich mehr als 50 Stunden monatlich beträgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurde nicht dargetan und sind nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

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