OGH 10Ob31/22i

OGH10Ob31/22i13.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober und Dr. Annerl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Kinder 1. I*l *, geboren * 2012, 2. I*q *, geboren * 2014, und 3. Y*, geboren * 2016, alle *, vertreten durch das Land Wien als Träger der Kinder- und Jugendhilfe (Magistrat der Stadt Wien, Rechtsvertretung Bezirke 12, 23, 1230 Wien, Rößlergasse 15), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. April 2022, GZ 43 R 8/22b, 43 R 9/22z, 43 R 10/22x‑78, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Meidling vom 22. November 2021, GZ 1 Pu 146/16x‑60, ‑61 und ‑63, aufgehoben wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00031.22I.0913.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Beschlüsse des Erstgerichts wiederhergestellt werden.

 

Begründung:

[1] Nach der Aktenlage sind die drei Kinder in Österreich geboren und Staatsangehörige der Bundesrepublik Somalia.

[2] Die * 1994 geborene Mutter ist ebenfalls Staatsangehörige der Bundesrepublik Somalia (in der Folge kurz: Somalia) und im Jahr 2009 nach Österreich eingereist. Ihr wurde mit Bescheid vom 19. Jänner 2010 der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 5 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 als Familienangehörige ihrer Großmutter zuerkannt. Mit Bescheiden vom 27. März 2012 (I*l), 27. Juni 2014 (I*q) und 27. Mai 2016 (Y*) wurde den Kindern ebenfalls der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 5 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 als Familienangehörige (ihrer Mutter) zuerkannt.

[3] Am 15. Dezember 2016 begehrten die Kinder Unterhaltsvorschüsse nach §§ 3, 4 Z 1 UVG. Sie verwiesen darauf, Konventionsflüchtlinge („KF“) zu sein und schlossen ihren Anträgen die jeweiligen Asylbescheide in Kopie an. Mit rechtskräftigem Beschlüssen vom 20. Dezember 2016 und 28. Dezember 2016 gewährte das Erstgericht den Kindern antragsgemäß Titelvorschüsse für den Zeitraum von 1. Dezember 2016 bis 30. November 2021 in Höhe von je 140 EUR (ON 10 bis 19).

[4] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 26. Juli 2018 wurde der Vater zu monatlich Unterhaltsleistungen von 270 EUR für I*l sowie je 240 EUR für I*q und Y* verpflichtet (ON 28). Darauf aufbauend wurden die Vorschüsse mit Beschlüssen vom 3. Jänner 2019 ab 1. März 2018 auf diese Beträge erhöht (ON 37 bis 39).

[5] Mit (in der Folge verbesserten) Anträgen vom 18. Oktober 2021 begehrten die durch den KJHT vertretenen Kinder die Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen. Sie brachten (unter Verweis auf § 11 Abs 2 letzter Halbsatz UVG) vor, dass kein Grund für den Wegfall der Vorschüsse vorhanden sei. Sie hätten weiterhin ein (von ihrer Mutter abgeleitetes) Recht auf Asyl, weil sich die Lage in Somalia nicht gebessert habe und deshalb eine Rückkehr dorthin nicht möglich sei. Den Anträgen waren erneut Kopien der Asylbescheide der Kinder sowie jenes der Mutter samt einer Stellungnahme angeschlossen, in der diese ausführt, warum sie aus Somalia geflohen sei und dass sich die Sicherheitslage dort seither nicht verändert habe (ON 53 bis 55 und 59).

[6] Das Erstgericht bewilligte die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse in der bisherigen Höhe für den Zeitraum von 1. Dezember 2021 bis 30. November 2026. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Voraussetzungen der Vorschussgewährung nicht mehr gegeben seien. Die in den Asylbescheiden festgestellte Flüchtlingsstellung sei weiterhin gegeben; ebenso wenig habe sich an der Sicherheitslage in Somalia etwas geändert.

[7] Das Rekursgericht gab den Rekursen des Bundes Folge, hob die bekämpften Beschlüsse auf und verwies die Sachen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Vater wurde mit seinem Rekurs auf diese Entscheidung verwiesen. Zwar sei der Flüchtlingsstatus der Antragsteller durch die Asylbescheide indiziert. Feststellungen dazu seien aber weder in den ursprünglichen Gewährungsentscheidungen getroffen worden noch ergebe sich aus den Anträgen, den bekämpften Beschlüssen oder dem Akteninhalt, ob den Kindern die Flüchtlingseigenschaft tatsächlich (noch) zukomme. Die Stellungnahme der Mutter reiche dafür nicht aus, weil sie darin keine konkreten Gründe schildere, warum ihr Leben bedroht oder gefährdet (gewesen) sei. Da die Kinder ihren Status als Asylberechtigte letztlich von ihrer Urgroßmutter ableiten, sei auch zu prüfen, ob bei dieser (noch) Fluchtgründe vorliegen.

[8] Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil in der Rechtsprechung noch nicht geklärt sei, ob die von der Judikatur an die Behauptung der Flüchtlingseigenschaft gestellten Anforderungen auch dann einzuhalten seien, wenn der Flüchtlingsstatus der Kinder auf dem Angehörigenverhältnis zu einem Elternteil beruhe, der diesen Status seinerseits von einem Familienangehörigen ableite.

[9] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Kinder, mit dem sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen anstreben.

[10] Rechtsmittelbeantwortungen wurden nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

[11] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung zum Prüfumfang im Verfahren über die Weitergewährung von Vorschüssen abgewichen ist. Er ist im Ergebnis auch berechtigt.

[12] 1. Im Verfahren ist nicht strittig, dass Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl 1955/55, GFK) und dem Flüchtlingsprotokoll (BGBl 1974/78) österreichischen Staatsbürgern im Sinn des § 2 Abs 1 UVG gleichgestellt sind und demnach Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse haben (10 Ob 11/20w ua).

[13] 2. Nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht im Verfahren über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen die Flüchtlingseigenschaft selbständig als Vorfrage zu prüfen (RIS‑Justiz RS0110397; RS0037183). Das folgt aus dem Umstand, dass sie nicht vom Vorliegen der (bloß deklarativen) Feststellung durch eine Behörde abhängig ist, sondern sichunmittelbar aus Art 1 A Z 2 der GFK ergibt (10 Ob 55/20s; 10 Ob 30/20i ua). Asylbescheide und die damit verbundene Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Verwaltungsverfahren (§ 3 Abs 5 AsylG 2005) entfalten in Verfahren nach dem UVG somitkeine Bindungswirkung, sondern haben für die Vorfragenbeurteilung – ebenso wie die Ausstellung von Konventionsreisepässen – nur Indizwirkung (10 Ob 6/21m; 10 Ob 52/20z ua). Wie stark diese ausgeprägt ist, hängt maßgeblich von der seither verstrichenen Zeit ab, sodass das Gericht auf eine selbständige Prüfung in der Regel verzichten kann, wenn das Verfahren über die Asylgewährung erst kurz zuvor ergangen ist (RS0037183 [T1, T3]). Von einer selbständigen Prüfung kann hingegen nicht abgesehen werden, wenn seit der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft der Eltern – und von dieser abgeleitet auch jene des Kindes – schon mehrere Jahre vergangen sind und sich die Verhältnisse im Heimatstaat des Flüchtlings wesentlich geändert haben (10 Ob 6/21m; 10 Ob 52/20z ua).

[14] 3. Diese Grundsätze hat das Rekursgericht richtig dargestellt. Es hat auch zu Recht auf die Entscheidungen 10 Ob 55/20s und 10 Ob 37/18s verwiesen, wonach die für die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft relevanten Kriterien im Zuge der Gewährung der Vorschüsse auch im Verfahren über deren Weitergewährung anzuwenden sind. Allerdings sind dabei neben § 11 Abs 2 UVG die Besonderheiten des § 18 Abs 1 UVG zu beachten.

[15] 3.1. Nach § 18 Abs 1 Z 1 UVG hat das Gericht die Vorschüsse weiter zu gewähren, wenn keine Bedenken dagegen bestehen, dass die Voraussetzungen ihrer Gewährung (ausgenommen jene des § 3 Z 2 UVG) weiter gegeben sind. Der Antrag auf Weitergewährung ist daher an weniger strenge Voraussetzungen geknüpft als die Erstgewährung. Darin ist im Wesentlichen nur zu behaupten, dass die Voraussetzungen, die bei der Erstgewährung angenommen wurden, weiterhin gegeben sind (RS0122248 [T7]). Nach dem Konzept des § 18 Abs 1 UVG ist das Gericht daher nicht berechtigt, im Weitergewährungsverfahren den ursprünglichen Gewährungsbeschluss zu überprüfen. Ist der Sachverhalt ident wie bei der Erstgewährung, ist im Hinblick auf dessen Rechtskraft eine abweichende rechtliche Beurteilung ausgeschlossen (RS0122248 [T1]; 10 Ob 12/20t ua). Nur neue Versagungsgründe sind uneingeschränkt von Amts wegen zu beachten (RS0122248; 10 Ob 1/20z ua).

[16] 3.2. Das Ziel der in § 11 Abs 2 UVG normierten Nachweis- bzw Bescheinigungspflicht ist, das Verfahren rasch und ohne weitwendige Ermittlungen abzuwickeln (RS0088823 [T3]; RS0088914 [T5]). Die Anforderungen an den Antrag und die Bescheinigung sind demgemäß wirklichkeitsnah und nicht bürokratisch-formalistisch zu betrachten. Eine Prüfung des Antrags ist nur erforderlich, wenn aufgrund der Aktenlage Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung bestehen. Ohne konkrete Anhaltspunkte sind solche Schritte vom Gericht auch im Fall der Weitergewährung hingegen nicht zu unternehmen (10 Ob 15/16b; Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 11 UVG Rz 10 f ua).

[17] 4. Hier datieren die Bescheide, mit denen den Kindern der Status als Asylberechtigte zuerkannt wurde, aus den Jahren 2012, 2014 und 2016. Ihre Indizwirkung ist infolge der seither verstrichenen Zeit bereits reduziert, sodass sich die Vorinstanzen zutreffend mit der Frage befasst haben, ob den Kindern die Flüchtlingseigenschaft weiterhin zukommt. Dabei ist aber keine neuerliche, von der ursprünglichen Beurteilung im Gewährungsverfahren losgelöste inhaltliche Prüfung der Flüchtlingseigenschaft vorzunehmen. Zu prüfen ist nur, ob aktenmäßig fassbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich der Sachverhalt mittlerweile geändert hat. Das ist hier nicht der Fall:

[18] Dem Rekursgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die Kinder in ihren ursprünglichen Anträgen zu ihrer Stellung als Flüchtlinge lediglich darauf verwiesen haben, Konventionsflüchtlinge zu sein und über positive Asylbescheide zu verfügen. Richtig ist auch, dass in den Gewährungsentscheidungen keine Feststellungen zu ihrem Flüchtlingsstatus getroffen wurden. Insofern ähnelt der Sachverhalt jenem, der den vom Rekursgericht ins Treffen geführten Entscheidungen zu 10 Ob 55/20s und 10 Ob 37/18s zugrunde lag. Anders als dort haben die Kinder hier aber ein (auch mit Bescheinigungsmitteln unterlegtes)Vorbringen zum Fortbestehen der Flüchtlingseigenschaft erstattet und damit ihrer (eingeschränkten) Behauptungspflicht im Verfahren über die Weitergewährung der Vorschüsse entsprochen.

[19] Zudem liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Grundlagen für den bei der Erstgewährung angenommenen Flüchtlingsstatus der Kinder geändert hätten. Dem Rekursgericht ist wiederum beizupflichten, dass die Ausführungen der Mutter zur Sicherheitslage in Somalia allgemein gehalten sind. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Denn die Weitergewährung wäre nur dann zu versagen, wenn daraus, aus den Antragsbehauptungen oder dem sonstigen Akteninhalt eine (wesentliche) Verbesserung im Vergleich zu jenen Verhältnissen abgeleitet werden könnte, die bei der Asylgewährung an die Kinder und der ursprünglichen Vorschussentscheidung vorlagen. Das trifft hier aber nicht zu. Auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Entscheidungen zu 10 Ob 55/20s und 10 Ob 37/18s. Dort war der Flüchtlingsstatus von Staatsbürgern der Russischen Föderation unter dem Aspekt zu beurteilen, dass Flüchtlinge aus Tschetschenien zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr mit einem positiven Ausgang eines (neu eingeleiteten) Asylverfahrens rechnen konnten (vgl 10 Ob 22/18k), weshalb eine wesentliche Verbesserung der die Flüchtlingsstellung ursprünglich rechtfertigenden Verhältnisse im Heimatstaat der Kinder anzunehmen war. Das schloss das Weiterbestehen der Flüchtlingseigenschaft zwar nicht aus, machte mangels eines Vorbringens im Antrag auf Weitergewährung und jeglicher Erhebungen des dortigen Erstgerichts zumindest eine dahingehende Prüfung des Antrags erforderlich.

[20] 5. Insgesamt liegen hier keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es seit der (erstmaligen) Vorschussgewährung in Bezug auf den Flüchtlingsstatus der Kinder zu einer Änderung des Sachverhalts gekommen ist. Die vom Rekursgericht als fehlend bemängelten Feststellungen zu den konkreten Fluchtgründen der Kinder, der Mutter und der Urgroßmuttersind demgegenüber nicht entscheidungsrelevant, weil sie letztlich auf eine erneute „originäre“ Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und damit auf eine im Zusammenhang mit der Weitergewährung der Vorschüsse unzulässige Prüfung der Gewährungsbeschlüsse abzielen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die vom Rekursgericht formulierte Zulassungsfrage nicht.

[21] 6. Darauf aufbauend erweist sich die Sache als entscheidungsreif, weil der – vom Rekursgericht durch Verweis auf die Möglichkeit einer Unterhaltsherabsetzung (auch) inhaltlich behandelte – Rekurs des Vaters die Annahme, die Gewährungsgrundlagen hätten sich hinsichtlich der Vorschusshöhe maßgeblich geändert, nicht rechtfertigt.

[22] 6.1. Der Vater bringt im Rekurs nur vor, seit Oktober 2019 arbeitslos zu sein, derzeit Notstandshilfe von 34 EUR täglich zu beziehen und wegen der Corona-Pandemie nur schwer Arbeit zu finden. Dieses Vorbringen verstößt weder gegen das Neuerungsverbot (§ 49 Abs 2 AußStrG), noch steht dem Rekurs § 15 Abs 2 UVG entgegen, weil sich der Vater damit (erkennbar) auf § 7 Abs 1 Z 1 UVG beruft (vgl RS0076562). Seinen Argumenten ist aber nicht zu folgen.

[23] 6.2. Zwar kann die (auch amtswegige) Prüfung, ob neue Versagungsgründe vorliegen, dazu führen, dass die weiter zu gewährenden Vorschüsse in Anwendung des § 7 Abs 1 Z 1 UVG in niedrigerer Höhe als in der vorherigen Periode zugesprochen werden (RS0122248 [T2]; 10 Ob 32/10v; Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 18 UVG Rz 2 ua). Im Rahmen der Prüfung der dort normierten Voraussetzungen darf aber kein hypothetisches Unterhaltsfestsetzungsverfahren abgeführt werden (RS0076391 [T17]; 10 Ob 41/19f ua). Titelvorschüsse sind demgemäß nur dann (teilweise) zu versagen, wenn das Gericht bereits aufgrund der Aktenlage, also ohne weitere Erhebungen, mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen der Versagungsgründe des § 7 Abs 1 Z 1 UVG überzeugt ist (RS0076391 [T16]; 10 Ob 23/19h ua). Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen (RS0108443).

[24] 6.3. Nach der Rechtsprechung können Anhaltspunkte gegen den aufrechten materiellen Bestand des Titels auch in dem im Rekurs angesprochenen Umstand bestehen, dass der Unterhaltspflichtige seit dem Verlust seines Arbeitsplatzes nicht mehr in der Lage ist, seiner Unterhaltsverpflichtung entsprechend dem Titel nachzukommen (10 Ob 51/20b ua). An einer hohen Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des Titels im Sinn des § 7 Abs 1 Z 1 UVG fehlt es allerdings, wenn die Voraussetzungen für die Anspannung des Unterhaltsschuldners auf einen Unterhalt in Titelhöhe gegeben sind, dieser sich also an jenem Einkommen messen lassen muss, das er bei zumutbarer Ausschöpfung seiner Möglichkeiten zu erzielen in der Lage wäre (RS0076377 [T5]).

[25] 6.4. Hier ergeben sich keine aus den Akten fassbaren Umstände (wie etwa Krankheit etc), die den Vater daran hindern, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ebenso wenig finden sich in den Akten substanzielle Hinweise dafür, dass er tatkräftig bemüht wäre, eine Beschäftigung zu finden und Unterhalt zu leisten. Im Gegenteil wurde seit der Erhöhung der Vorschüsse im Jänner 2019 die Frage der Anspannung des seither wiederholt arbeitslosen Vaters auf das zuletzt erzielte Arbeitseinkommen schon im April 2019 (bei einem Arbeitslosengeldbezug von 35 EUR täglich) und im Jänner 2020 geprüft und keine Veranlassung für ein Vorgehen nach § 19 Abs 1 UVG gesehen. Der Vater hat auch nie eine Herabsetzung des Unterhalts angestrebt. Von einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass die im Titel festgesetzte Unterhaltsverpflichtung zwischenzeitig materiell unrichtig geworden wäre, weil der Vater nicht (weiter) anzuspannen ist, ist angesichts dessen nicht auszugehen. Bloße Bedenken in diese Richtung reichen für eine Herabsetzung bzw teilweise Versagung der Vorschüsse nicht aus.

[26] 7. Zusammenfassend ist dem Revisionsrekurs stattzugeben. Da der Oberste Gerichtshof aufgrund eines nach § 64 Abs 1 AußStrG zugelassenen Revisionsrekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss gemäß § 70 Abs 2 AußStrG in der Sache entscheiden kann, sind die Entscheidungen des Erstgerichts wiederherzustellen.

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