European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E114627
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Das Erstgericht gewährte dem Minderjährigen, der georgischer Staatsbürger ist, mit Beschluss vom 12. 11. 2010 für den Zeitraum vom 1. 11. 2010 bis 31. 10. 2015 einen monatlichen Unterhaltsvorschuss von 196 EUR. Dem legte es zugrunde, dass dem Minderjährigen mit Bescheid des Bundesasylamts vom 3. 7. 2007 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt wurde, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Am 13. 11. 2015 beantragte der durch den Kinder‑ und Jugendhilfeträger vertretene Minderjährige die Weitergewährung des Unterhaltsvorschusses in der bisherigen monatlichen Höhe. Der Minderjährige sei georgischer Staatsbürger und Konventionsflüchtling. Es sei nicht zu erwarten, dass der laufende Unterhalt künftig durch freiwillige Zahlungen oder im Weg einer Exekution vom Unterhaltsschuldner voll eingehen werde. Gegen das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 2 ff UVG, ausgenommen § 3 Z 2 UVG, bestünden keine Bedenken.
Das Erstgericht gab dem Antrag für den Zeitraum vom 1. 11. 2015 bis 31. 10. 2020 statt, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Voraussetzungen für die Vorschussgewährung nicht mehr gegeben seien.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs des Bundes nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, inwiefern das Erstgericht bei der Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen von Amts wegen zu prüfen habe, ob dem Minderjährigen nach wie vor die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Der Rechtsmittelwerber machte geltend, da der die Flüchtlingseigenschaft zuerkennende Bescheid des Bundesasylamts vom 3. 7. 2007 stamme, hätte das Erstgericht im Hinblick auf die seither verstrichene Zeit als Vorfrage prüfen müssen, ob dem Kind die Flüchtlingseigenschaft nach wie vor zukomme. Insoweit sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Das Rekursgericht verneinte den behaupteten Verfahrensmangel. § 18 Abs 1 Z 2 UVG stelle im Wesentlichen darauf ab, dass die Voraussetzungen der Vorschussgewährung gegeben sein müssen. Der Antragsteller habe im Wesentlichen nur zu behaupten, dass die früher vorliegenden Voraussetzungen weiterhin gegeben seien. Dem Vorschusswerber treffe demnach nicht die Beweislast für das Weiterbestehen der Gewährungsvoraussetzungen. § 18 Abs 1 UVG gehe vielmehr von der Vermutung aus, dass diese weiterhin gegeben seien. Die Überprüfung des Folgeantrags eines durch den Kinder‑ und Jugendhilfeträger vertretenen Minderjährigen habe nur bei nach der Aktenlage begründeten Zweifeln an der Richtigkeit von dessen Erklärungen zu erfolgen. Dass sich am Flüchtlingsstatus des Antragstellers in den letzten fünf Jahren etwas geändert hätte, bringe der Rekurswerber nicht konkret vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Bundes ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) mangels einer Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
Der Rechtsmittelwerber macht geltend, das Gericht habe ‑ abgesehen von § 18 Abs 2 UVG ‑ zu prüfen, ob die früheren Gewährungsgrundlagen anlässlich der Weitergewährung noch gegeben seien. Der Rechtsansicht des Rekursgerichts sei entgegenzuhalten, dass im Fall eines Weitergewährungsantrags nach § 4 Z 2 UVG die vorhergehende Unterlassung zumutbarer (und nicht von vornherein aussichtsloser) Versuche zur Schaffung eines Unterhaltstitels ebenfalls einen von Amts wegen wahrzunehmenden Grund für die Nichtweitergewährung des Vorschusses darstelle.
Eine im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht aufgezeigt.
Nach § 18 Abs 1 Z 2 UVG hat das Gericht die Vorschüsse weiter zu gewähren, wenn keine Bedenken dagegen bestehen, dass die Voraussetzungen der Gewährung der Vorschüsse (ausgenommen einer Exekution im Sinn des § 3 Z 2 UVG) weiter gegeben sind. Der Antrag auf Weitergewährung ist damit an weniger strenge Voraussetzungen geknüpft als die Erstgewährung. Das Kind hat im Wesentlichen bloß zu behaupten, dass die Voraussetzungen, die bei der Erstgewährung angenommen wurden, weiterhin gegeben sind (10 Ob 67/11t; Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 18 UVG Rz 1 mwN).
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt ein Grund für die amtswegige Versagung der Weitergewährung auch darin, dass bei einer Vorschussgewährung nach § 4 Z 2 UVG vom Kind nicht alles Zumutbare zur Schaffung eines Unterhaltstitels unternommen worden ist (RIS‑Justiz RS0076105: 10 Ob 48/10x; 10 Ob 67/11t).
Ratio der Nachweis-/Bescheinigungspflicht (§ 11 Abs 2 UVG) ist, das Verfahren rasch und ohne weitwendige Ermittlungen abzuwickeln. Die Anforderungen an den Antrag und die Bescheinigung sind „wirklichkeitsnah und nicht bürokratisch-formalistisch zu betrachten“. Eine Antragsprüfung durch das Gericht ist nur erforderlich, wenn aufgrund der Aktenlage Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung bestehen. Ohne konkrete Anhaltspunkte sind solche Schritte vom Gericht nicht zu unternehmen (10 Ob 67/11t; Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 11 UVG Rz 10 ff).
Diese Grundsätze gelten jedenfalls auch im Fall der Weitergewährung, wo das Kind im Wesentlichen nur zu behaupten hat, dass die Voraussetzungen, die bei der Erstgewährung angenommen wurden, insbesondere der Versuch einer Titelschaffung, weiterhin gegeben sind (10 Ob 67/11t; Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 18 UVG Rz 1, 4 und 5).
Von dieser Rechtsprechung ist das Rekursgericht nicht abgewichen. Wenn es im Hinblick darauf, dass der Rekurswerber kein konkretes Vorbringen zu einer Änderung des Flüchtlingsstatus des Antragstellers in den letzten fünf Jahren erstattet habe, keine weiteren Nachweise zur Gewinnung der für die Beurteilung des Flüchtlingsstatus des Antragstellers erforderlichen Feststellungen als den Bescheid des Bundesasylamts aus dem Jahr 2007 für notwendig erachtete, so liegt in dieser Beurteilung ein Akt der in dritter Instanz nicht bekämpfbaren Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043414).
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