European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130162
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 939,24 EUR (darin 156,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist eine Treuhandgesellschaft mit Sitz in N*. Sie ist als Gründungskommanditistin an der S* GmbH & Co KG (kurz: L* 1) mit Sitz in N* beteiligt. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft ist Gegenstand der L* 1 der Erwerb, das Halten und das Verwalten von unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen an Immobilienprojektentwicklungsgesellschaften in Brasilien. Nach § 4 Z 3 des Gesellschaftsvertrags ist die Beklagte berechtigt, ihre Kommanditeinlage als Treuhänderin für Dritte um bis zu 34.997.000 EUR zu erhöhen. Diese Erhöhung erfolgt durch gemeinsame Annahme der Beitrittserklärung eines Anlegers als Treugeber durch die Beklagte als Treuhänderin und die S* GmbH (eine weitere Kommanditistin der L* 1). Nach § 5 Z 1 des Gesellschaftsvertrags hält und verwaltet die Beklagte, soweit sie Kommanditeinlagen für Treugeber übernimmt, diese nach Maßgabe eines separat abzuschließenden Treuhand- und Verwaltungsvertrags. Die Treugeber werden, soweit gesetzlich zulässig, wie Kommanditisten behandelt. Die Einlage ist gemäß § 5 Z 3 des Gesellschaftsvertrags auf das in der Beitrittserklärung angegebene Treuhandkonto einzuzahlen (Beilage ./3).
Der Kapitalmarktprospekt der L* 1 enthält ua folgende Passagen:
„Der Beitritt zur Emittentin ist entweder mittelbar über die [Beklagte] … als Treugeber oder durch Umwandlung der Treugeberstellung unmittelbar als Direktkommanditist möglich. … Die Treuhänderin haftet nach § 11 Abs 1 Z 3 KMG, wenn sie die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben dieses Prospektes oder der Kontrolle gekannt hat, oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat.“
In der dem Kapitalmarktprospekt als Beilage angeschlossenen „Beitrittserklärung Österreich“ findet sich folgender Vermerk:
„Ich beauftrage hiermit die [Beklagte] als Treuhänderin für mich Kommanditanteile an der Kommanditgesellschaft [L* 1] in Höhe von (Zeichnungssumme + 5 % Agio = Überweisungsbetrag) zu den Bedingungen des Treuhand- und Verwaltungsvertrages vom 11. 8. 2010, dem ich hiermit beitrete, zu erwerben und die erworbenen Rechte treuhänderisch für mich zu verwalten. Der Kapitalmarktprospekt der [L* 1] …, einschließlich des Treuhand- und Verwaltungsvertrages vom 11. 8. 2010 sowie des Gesellschaftsvertrages der [L* 1], deren Inhalte ich als verbindlich anerkenne, ist Bestandteil dieser Beitrittserklärung. Den Zeichnungsbetrag zuzüglich 5 % Agio werde ich nach Annahme der Beitrittserklärung … und schriftlicher Zahlungsaufforderung durch die [Beklagte] auf deren Konto bei der Sparkasse N* … einzahlen ….“
Die Klägerin ist eine private Anlegerin mit Wohnsitz in Österreich. Sie zeichnete am 17. Juni 2012, nachdem ihr der Kapitalmarktprospekt ausgefolgt worden war, in Österreich die „Beitrittserklärung Österreich“ an der L* 1 über die Beklagte mit einer Nominale von 12.000 EUR zuzüglich 5 % Agio und zahlte den Betrag auf dem angegebenen Konto der Beklagten ein. In der Folge übermittelte ihr die Beklagte eine Zahlungseingangsbestätigung samt Beteiligungszertifikat, in denen im Wesentlichen bloß festgehalten ist, dass sie ab 23. Juli 2012 mit einer Einlage von 12.000 EUR an der L* 1 beteiligt ist.
Mit Schreiben vom 2. 1. 2019 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten wegen Nichtübermittlung einer Anlegerbestätigung gemäß § 14 Z 3 KMG aF gemäß § 5 Abs 2 KMG aF ihren Rücktritt vom Vertrag.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von 12.400 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen das Angebot der Übertragung ihrer Treugeberstellung bzw Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag. Bei der Veranlagung handle es sich um eine Veranlagungsgemeinschaft in Immobilien und um ein prospektpflichtiges Angebot im Sinn des KMG. Nach § 14 Z 3 KMG aF hätte ihr der Erwerb der Veranlagung bei Vertragsabschluss in schriftlicher Form unter Angabe der wesentlichen Merkmale der Veranlagung bestätigt werden müssen. Diesen Anforderungen genüge das übermittelte Beteiligungszertifikat in Zusammenschau mit der Zahlungseingangsbestätigung nicht. Bislang sei ihr eine Bestätigung gemäß § 14 Z 3 KMG aF nicht übergeben worden. Sie sei daher berechtigt vom Treuhandvertrag zurückgetreten; dies mit Wirkung ex tunc, weshalb sie Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlage samt Zinsen abzüglich erhaltener Ausschüttungen und Zug um Zug gegen Rückgabe der von der Beklagten empfangenen Leistungen habe. Nach Art 6 Rom I‑VO komme auf das in Rede stehende Treuhandverhältnis das Recht des Verbraucherstaats zur Anwendung, zumal die Beklagte ihre gewerbliche Tätigkeit auf Österreich ausgerichtet habe.
Die Beklagte wendet – soweit im Revisionsverfahren noch von Relevanz – ein, nicht sie, sondern die L* 1 sei Emittentin des Kapitalmarktprospekts, sodass sie nicht passiv legitimiert sei. Ob der Klägerin ein Rücktrittsrecht von der Beteiligung an der L* 1 zustehe, sei nach dem Gesellschaftsstatut, also nach deutschem Recht, zu beurteilen. Wegen der engen Verzahnung mit dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft unterliege auch der Treuhandvertrag zwischen den Streitteilen deutschem Recht, zumal die Klägerin als Anlegerin im Verhältnis zur Gesellschaft und den Mitgesellschaftern als Kommanditistin zu behandeln sei. Die Dienstleistungen der Beklagten seien ausschließlich in Deutschland erfolgt. Nach deutschem Recht bestünden keine mit § 5 KMG vergleichbaren kapitalmarktrechtlichen Rücktrittsrechte. Abgesehen davon wären Gesellschaftsbeteiligungen nach deutscher Rechtsprechung bei fehlerhaftem Beitritt mit Wirkung ex nunc zu beenden; das gelte auch für den treugebenden Quasi‑Gesellschafter, sodass der Klägerin jedenfalls nur ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben gebührte. Entsprechendes gelte auch für das österreichische Recht. Im Übrigen habe die Beklagte die von der Klägerin gezahlte Einlage nicht empfangen und sei daher von vornherein nicht Bereicherungsschuldnerin; über das Einzahlungskonto habe nämlich nur die L* 1 verfügen dürfen. Der Klägerin sei der Erwerb der Veranlagung bei Vertragsabschluss aber ohnedies durch das Beteiligungszertifikat in Zusammenschau mit der Zahlungseingangsbestätigung gemäß § 14 Z 3 KMG bestätigt worden, weshalb ein Rücktritt verfristet sei. Selbst wenn jedoch die Bestätigung ursprünglich mangelhaft sein sollte, bestehe kein Rücktrittsrecht; dieses stünde nur bei völligem Fehlen der Bestätigung zu.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Ausgehend vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Urteilssachverhalt führte es – soweit für das Revisionsverfahren relevant – in rechtlicher Hinsicht aus, die Beklagte habe ihre Tätigkeit durch die Vermittlung der Beteiligungen in Österreich und die Verwaltung dieser Beteiligungen für österreichische Anleger auf Österreich ausgerichtet, weshalb österreichisches Recht zur Anwendung gelange, zumal auch die Ausnahme vom sachlichen Anwendungsbereich der Rom I‑VO nach Art 1 Abs 2 lit f nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. 10. 2019, C‑272/18 , VKI/TVP, Treuhandverträge über die Verwaltung einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft nicht umfasse. Die Passivlegitimation der Beklagten sei zu bejahen, weil die Klägerin die Rückabwicklung eben dieses Treuhandvertrags mit der Beklagten begehre. Da die übermittelte Zahlungseingangsbestätigung und das Beteiligungszertifikat nicht den Anforderungen einer Bestätigung im Sinn des § 14 Z 3 KMG entsprächen, sei der Rücktritt nach § 5 Abs 2 KMG aF rechtzeitig, formgültig und somit zu Recht erfolgt. Das Treuhandverhältnis sei dadurch mit Wirkung ex tunc aufgelöst worden, weshalb die Beklagte die von der Klägerin erhaltenen Leistungen samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung ihrer Treugeberstellung zurückzustellen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision – mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 14 KMG aF – zulässig sei. Wie schon das Erstgericht verwies es in Ansehung der von der Beklagten ins Treffen geführten Bereichsausnahme gemäß Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. 10. 2019, C‑272/18 , VKI/TVP: Darin sei in einer im Kern vergleichbaren Fallkonstellation ausgesprochen worden, dass vertragliche Pflichten, die ihren Ursprung in einem Treuhandvertrag über die Verwaltung einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft haben, nicht unter die Bereichsausnahme der „Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht, das Vereinsrecht und das Recht der juristischen Personen“ fielen. Ebenso wenig greife unter Bedachtnahme auf diese Entscheidung die Ausnahme vom Verbraucherstatut nach Art 6 Abs 4 lit a Rom I-VO ein, komme es dabei doch nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs nicht entscheidend darauf an, wo der Erfüllungsort des Vertrags in Deutschland liege, sondern darauf, ob sich schon aus der Natur der vereinbarten Dienstleistungen ergibt, dass sie in ihrer Gesamtheit nur außerhalb des Staats erbracht werden können, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; zu prüfen sei, ob der Verbraucher eine Möglichkeit hat, die Dienstleistungen in seinem Aufenthaltsstaat in Anspruch zu nehmen oder er sich zu diesem Zweck ins Ausland begeben muss. Im Anlassfall ergebe sich schon aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, dass die Beklagte ihre Vermittlungs- und Verwaltungstätigkeiten nicht ausschließlich in Deutschland, sondern auch im Verbraucherstaat geleistet habe. Auch wenn die Beklagte als „reine Treuhandgesellschaft“ nicht selbst zur Ausstellung der Bestätigung nach § 14 Z 3 KMG aF verhalten gewesen sein mag, sei der Rücktritt gemäß § 5 Abs 2 KMG aF nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 9 Ob 60/19t im Hinblick auf den Treuhandvertrag sehr wohl gegen sie als Vertragspartnerin der Klägerin zu richten gewesen. Mit Recht sei das Erstgericht davon ausgegangen, dass die der Klägerin übermittelten Urkunden den Anforderungen an eine Bestätigung im Sinn des § 14 Z 3 KMG aF nicht entsprochen hätten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof bisher nicht näher mit der Bestimmung des § 14 KMG aF befasst habe. Außerdem seien zahlreiche Verfahren mit gleichgelagertem Sachverhalt anhängig.
Die Revision der Beklagten ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, aber nicht berechtigt:
1.1 Die Beklagte begründet die Zulässigkeit der Revision zunächst damit, dass das Berufungsgericht den in Frage stehenden Rücktritt der Klägerin vom Treuhandvertrag und dessen Rechtsfolgen unter verfehlter kollisionsrechtlicher Anknüpfung am Recht des Verbraucherstaats gemäß Art 6 Abs 1 lit b Rom I‑VO nach österreichischem Recht geprüft habe.
1.2 In diesem Zusammenhang vertritt die Beklagte den Standpunkt, das mit dem Rücktritt bezweckte Ausscheiden der Klägerin als Treugeberkommanditistin aus der Fondsgesellschaft und die daran anschließende Frage der Rückabwicklung ihrer (mittelbaren) Beteiligung fielen als „Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht“ unter die Ausnahme vom sachlichen Anwendungsbereich der Rom I‑VO nach Art 1 Abs 2 lit f, weshalb das autonome Gesellschaftsstatut, gemäß § 10 IPRG somit deutsches Recht, maßgeblich sei.
1.3 Das Berufungsgericht sei auf Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. 10. 2019, C‑272/18 , VKI/TVP, EU:C:2019:827, davon ausgegangen, dass auf den vorliegenden Treuhandvertrag österreichisches Recht anzuwenden sei. Die angesprochenen Ausführungen in dieser Entscheidung zur Anwendbarkeit des Vertragsstatuts (vgl insb Rz 41) hätten sich aber bloß auf die Beurteilung der Zulässigkeit von Klauseln eines Treuhandvertrags (betreffend eine Kommandittreuhand) bezogen. Aus der Entscheidung ergebe sich vielmehr, dass auf die hier fraglichen Ansprüche deutsches Recht anzuwenden sei. Ausdrücklich habe der Europäische Gerichtshof festgehalten, dass das Ausgangsverfahren (vgl dazu 6 Ob 5/17d) nicht die Tragweite der etwaigen Rechte und Pflichten, die die Treugeber nach dem anwendbaren Gesellschaftsrecht gegenüber den Kommanditgesellschaften haben, oder ihre etwaigen Verbindlichkeiten gegenüber Drittgläubigern der Gesellschaft betreffe, weshalb die gesellschaftsrechtliche Frage der Gesellschaftereigenschaft der Treugeber nicht entscheidend sei (Rz 39).
1.4 Noch deutlicher sei den Schlussanträgen des GA Saugmandsgaard Øe vom 5. 9. 2019, EU:C:2019:679, Rz 32 ff, zu entnehmen, dass Fragen betreffend den Umfang der sich aus der Gesellschafterstellung ergebenden Rechte unter das Gesellschaftsstatut fielen; darin werde insbesondere – unter Verweis auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft im deutschen Recht (EuGH 15. 4. 2010, C‑215/08 , E. Friz, EU:C:2010:186) – darauf hingewiesen (vgl Fn 36), dass die Nichtigkeit der Treuhandverträge nach dem Vertragsstatut nicht zwangsläufig bedeute, Verbraucher erhielten ihre Investition zurück: Sofern diese als Kapitaleinlage in eine der Kommanditgesellschaften verwendet worden sei, wäre die Möglichkeit für den Verbraucher, sich aus der Gesellschaft zurückzuziehen und diese Einlage zurückzufordern, und die etwaigen Verpflichtungen, die ihm in einem solchen Fall verblieben, auch hier „Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht“ im Sinne von Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO.
2.1 Mit diesem Vortrag zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf: Im vorliegenden Fall geht es – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – gerade nicht um die Frage, ob die Klägerin durch Rücktritt aus der Fondsgesellschaft ausscheiden und ihre „Beteiligung“ rückabwickeln könne. Gegenstand des Rücktritts ist gerade nicht ein allfälliges Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Gesellschaft, sondern vielmehr nur der Treuhandvertrag mit der Beklagten; demgemäß fordert die Klägerin auch nicht von der Gesellschaft die Kapitaleinlage zurück, vielmehr begehrt sie von ihrer Vertragspartnerin die Kondiktion der ursprünglich an diese– als Treugut – geleisteten Einzahlung.
2.2 Durch das von der Klägerin geltend gemachte Rücktrittsrecht und die daran anknüpfende Forderung ist folglich weder ein allfälliges verbandsrechtliches Verhältnis der Klägerin zur Fondsgesellschaft als „Quasi‑Gesellschafterin“ tangiert noch mögliche Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber Drittgläubigern der Gesellschaft; diese Fragen unterfielen in der Tat dem unionsrechtsautonom auszulegenden (vgl Musger in KBB6 Art 1 Rom I‑VO Rz 5) Ausnahmetatbestand des Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO und damit dem Gesellschaftsstatut. Die Bereichsausnahme dient – wie bereits in den Schlussanträgen des GA Saugmandsgaard Øe vom 5. 9. 2019, EU:C:2019:679, angemerkt (vgl Rz 41 ff, insb 46) – insbesondere der Vermeidung kollisionsrechtlicher Zergliederung gesellschaftsrechtlicher Fragen und der damit allenfalls verbundenen Ungleichbehandlung von Gesellschaftern, aber auch der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit hinsichtlich des auf die Gesellschaften anzuwendenden Rechts für den Rechtsverkehr. Diese Zielsetzung lässt es angezeigt erscheinen, alle Rechtsfragen, die in der Gesellschaft selbst wurzeln oder sie unmittelbar betreffen, dem einheitlichen Gesellschaftsstatut zu unterstellen (vgl Thomale, Anlegerschutz bei treuhänderischen Auslandsinvestitionen, VbR 2019/131, 204 [206] mwN; idS auch EuGH 3. 10. 2019, C‑272/18 , VKI/TVP, EU:C:2019:827, Rz 36; 8. 5. 2019, C‑25/18 , Kerr, EU:C:2019:376, Rz 34; siehe weiters RS0077060, RS0077038, RS0077097, wonach dem „Sitzrecht“ alle Fragen unterliegen, die das Leben der juristischen Person oder Gesellschaft begleiten, so jedenfalls auch die Bereiche der inneren und äußeren Organisation der Gesellschaft).
2.3 In der Entscheidung C‑272/18 , VKI/TVP, stellt der Europäische Gerichtshof demgegenüber klar, dass dann, wenn es, wie hier, nicht um Rechte und Pflichten des Treugebers gerade im Verhältnis zur Gesellschaft oder ihren Gläubigern geht, sondern um solche zwischen Treugeber und Treuhänder, kein Anlass besteht, die dabei aufgeworfenen– alleine das Treuhandverhältnis betreffenden – Rechtsfragen vom Vertragsstatut auszuklammern (idS bereits Wilke, Die Treuhandkonstruktion von Publikumsgesellschaften und die Rom I‑VO, GPR 2020, 116 [118 f mwN]). Das hat das Berufungsgericht zutreffend gewürdigt.
3.1 Die Beklagte beanstandet in der Revision mit Blick auf die von ihr weiters ins Treffen geführte Ausnahmeregelung des Art 6 Abs 4 lit a Rom I‑VO schließlich, aus dem Urteilssachverhalt lasse sich die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts nicht ableiten, wonach die Beklagte ihre Dienstleistungen nicht ausschließlich in Deutschland erbracht habe.
3.2 Mit dieser Argumentation nimmt sie abermals nicht auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. 10. 2019, C‑272/18 , VKI/TVP, Bedacht: Danach ist, wenn sich der Ort der körperlichen Erbringung der Dienstleistung in einem anderen Staat befindet als in dem, in dem der Verbraucher in ihren Genuss kommt, davon auszugehen, dass die Dienstleistungen nur dann „ausschließlich“ außerhalb des Mitgliedstaats erbracht werden, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er keine Möglichkeit hat, sie in seinem Aufenthaltsstaat in Anspruch zu nehmen, und sich zu diesem Zweck ins Ausland begeben muss (vgl Rz 52; im Kern zust Wilke, GPR 2020, 119 f; so im Ergebnis bereits 6 Ob 110/07f und 1 Ob 48/12h zu grenzüberschreitenden Bank- und Brokerdienstleistungen). Letzteres hat die Beklagte aber im Verfahren gar nicht behauptet, sodass in diesem Punkt auch der behauptete rechtliche Feststellungsmangel nicht vorliegt.
4.1 Die Beklagte moniert weiters, dass das Berufungsgericht ihre Passivlegitimation in Bezug auf den Rücktritt nach § 5 Abs 2 KMG aF bejaht habe, ergebe sich doch aus der im Berufungsurteil relevierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 9 Ob 60/19t, dass der Rücktritt nur gegenüber dem Vertragspartner, also dem Letztveräußerer der Anlage, ausgeübt werden könne. Sie aber habe die Veranlagung nicht an die Klägerin veräußert, sondern sei ihr gegenüber nur als Treuhandkommanditistin tätig geworden.
4.2 Diese Argumentation trifft jedoch nicht zu: Nach den in der erwähnten Entscheidung 9 Ob 60/19t, entwickelten, mittlerweile in ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung vertretenen (10 Ob 64/19p; 10 Ob 69/19y; 8 Ob 100/19t) Grundsätzen zielt ein Rücktritt vom Vertrag ganz allgemein darauf ab, das Rechtsgeschäft mit dem jeweiligen Vertragspartner zum Wegfall zu bringen. Im Hinblick darauf ist zum Rücktrittsrecht nach § 5 Abs 1 KMG aF bereits klargestellt worden, dass Rücktrittsgegner des Verbrauchers sein jeweiliger Vertragspartner ist (unabhängig davon, ob dieser selbst die Prospektpflicht verletzt hat), sofern er beim Vertrieb der Wertpapiere in eigenem Namen tätig wurde. Diese Grundsätze gelten auch für den Rücktritt des Verbrauchers nach § 5 Abs 2 KMG aF, da diese Regelung denselben Schutzzweck verfolgt und weitgehend dem Rücktrittsrecht nach § 5 Abs 1 KMG aF nachgebildet ist.
4.3 Daraus lässt sich entgegen den Revisionsausführungen nicht ableiten, dass der Beklagten gegenüber die Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 5 Abs 2 KMG aF schon deshalb ausgeschlossen sei, weil sie die Beteiligung an der Kommanditgesellschaft nicht an die Klägerin veräußert, sondern mit dieser bloß eine Treuhandabrede in Ansehung der von ihr selbst gehaltenen Kommanditbeteiligung getroffen hat. Vielmehr folgt aus den zitierten Entscheidungen – wie vom Berufungsgericht zutreffend erkannt –, dass die Klägerin den auf § 5 Abs 2 KMG aF gestützten Rücktritt vom Treuhandvertrag mit Recht gegenüber der Beklagten als ihrer unmittelbaren Vertragspartnerin erklärt hat.
4.4 Soweit die Beklagte auch in Abrede stellt, dass sie gegenüber der Klägerin in eigenem Namen tätig wurde, und postuliert, sie sei als Stellvertreterin der Fondsgesellschaft eingeschritten, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, sodass die Revision in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.
4.5 Das weiters in der Revision angeführte Argument, ein Rücktritt der Klägerin wäre nur gegenüber der Fondsgesellschaft möglich gewesen, nicht aber gegenüber der Beklagten als bloßen Kommanditistin, lässt unberücksichtigt, dass Gegenstand des im Anlassfall ausgeübten Rücktrittsrechts gerade nicht die Kommanditbeteiligung selbst ist, sondern die Treuhandvereinbarung (dazu Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG [2008] § 5 Rz 31). Weshalb sich die Bestimmung des § 14 Z 3 KMG aF jedenfalls nicht auf das vorliegende Treuhandverhältnis beziehen soll, führt die Revision nicht näher aus.
5.1 Die Beklagte kritisiert schließlich, das Berufungsgericht habe verkannt, dass nach der Bestimmung des § 5 Abs 2 KMG aF nur das vollständige Fehlen der Anlegerbestätigung gemäß § 14 Z 3 KMG zum Rücktritt des Verbrauchers berechtige, nicht aber die bloße Fehlerhaftigkeit dieser Anlegerbestätigung; eine – wenngleich allenfalls fehlerhafte – Bestätigung sei der Klägerin aber vorgelegt worden.
5.2 Diese Ausführungen können sich auf Kalss/Oppitz/Zollner (Kapitalmarktrecht2 [2015] § 7 Rz 43) stützen, die auf den systematischen Zusammenhang des Rücktrittsrechts nach § 5 Abs 2 KMG aF mit dem Rücktrittsrecht nach § 5 Abs 1 KMG aF verweisen: Tatsächlich ist anerkannt, dass dieses Rücktrittsrecht die Nichtveröffentlichung eines Prospekts erfordert; wurde daher ein Prospekt erstellt und veröffentlicht, ist aber sein Inhalt fehlerhaft, so soll der Anleger nicht nach dieser Gesetzesstelle zum Rücktritt berechtigt sein (8 Ob 38/11p; 5 Ob 56/11p; Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 5 Rz 6 mwN).
5.3 Diese Argumentation beruht allerdings auf der vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 97/16k unter eingehender Auseinandersetzung mit dem überwiegend ablehnenden Schrifttum und unter Bedachtnahme auf die zugrundeliegende Bestimmung des Art 16 ProspektRL 2003/71/EG verworfenen Prämisse, dass im Fall einer bereits ursprünglich bestehenden Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts auch kein Rücktrittsrecht des Anlegers nach § 6 Abs 2 KMG aF bestehen soll. Nach zutreffender Auffassung erzeugt jedoch auch eine in wesentlichen Punkten fehlerhafte Prospektveröffentlichung ein entsprechendes Rücktrittsrecht des Anlegers (vgl nur Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 5 Rz 6).
5.4 Wieso für die (bloß) wesentlich fehlerhafte Bestätigung nach § 14 Z 3 KMG aF anderes gelten soll, ist nicht ersichtlich. Weder gebietet der Wortlaut des § 5 Abs 2 KMG aF eine Einschränkung des darin statuierten Rücktritts auf den Fall des völligen Fehlens der Bestätigung, noch lässt sich dies, wie von Kalss/Oppitz/Zollner (Kapitalmarktrecht2 § 7 Rz 43) angenommen, aus dem Zweck des Rücktritts „als einfach ausübbares Recht bei gravierenden Verstößen“ ableiten. Aus den in der Revision im Übrigen angeführten Belegstellen (Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 5 Rz 17; Zivny, KMG2 [2016] § 5 Rz 9) lässt sich für die Ansicht der Beklagten nichts gewinnen. An letzter Stelle führt Zivny lediglich aus, dass die Unterlassung der Hinterlegung eines gebilligten Prospekts bzw Nachtrags bei der OeKB, die Nichtveröffentlichung einer Hinweisbekanntmachung oder von endgültigen Bedingungen das Rücktrittsrecht nicht auslösen. In derselben Kommentierung (aaO Rz 1) verweist der Autor darauf, dass als Rücktrittsgrund auch die Nichtaushändigung der Bestätigung über den Erwerb einer Veranlagung in Immobilien nach § 14 Z 3 KMG (§ 5 Abs 2 KMG) gelte. Das Rücktrittsrecht schütze einerseits den Anleger und verstärke andererseits die Informations‑ und Prospektpflicht von Anbietern.
6. Ob die Klägerin mit Unterfertigung der „Beitrittserklärung Österreich“, bestätigt hat, dass sie den österreichischen Kapitalmarktprospekt der Fondsgesellschaft mit den darin abgedruckten Verträgen und Risikohinweisen sowie den Vertriebshinweis zum Fernabsatz nach § 5 FernFinG sowie eine Kopie der von der klagenden Partei ausgefüllten und unterzeichneten Beitrittserklärung einschließlich der Belehrung über Rücktrittsrechte erhalten habe, ist rechtlich nicht relevant, kann doch eine derartige Erklärung weder etwas an der Fehlerhaftigkeit der Bestätigung nach § 14 Z 3 KMG aF noch am daran geknüpften Rücktrittsrecht ändern.
7.1 Die Beklagte argumentiert schließlich auch in der Sache unter Verweis auf die allgemein akzeptierte Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bzw vom fehlerhaften Beitritt (vgl 8 Ob 12/93 ua; RS0062080; RS0018376; Kodek in Artmann/Karollus, AktG6 § 216 Rz 62 ff; siehe auch EuGH 15. 4. 2010, C‑215/08 , E. Friz, EU:C:2010:186), die Klägerin könne ein auf § 5 Abs 2 KMG aF gestütztes Rücktrittsrecht jedenfalls bloß für die Zukunft, also mit Wirkung ex nunc, geltend machen.
7.2 Ihr Verweis auf die vom deutschen Bundesgerichtshof vertretene Auffassung (vgl nur BGH II ZR 444/13 mwN), wonach die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft unter der Voraussetzung einer „Verzahnung“ von Gesellschafts- und Treuhandvertrag auch für Treugeber im Rahmen einer Kommandittreuhand als „Quasi-Gesellschafter“ gelte, lässt aber unberücksichtigt, dass sich diese Rechtsprechung auf das verbandsrechtliche Verhältnis des Treugebers gegenüber der Gesellschaft bezieht: Er kann mit anderen Worten gegenüber der Gesellschaft seine (mittelbare) Beteiligung im Fall einer für die Anlageentscheidung kausalen Aufklärungspflichtverletzung (bloß) mit Wirkung ex nunc kündigen und in diesem Fall die Gesellschaft selbst auf Zahlung eines etwaigen Abfindungsguthabens in Anspruch nehmen. Diese aus den anerkannten Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft abgeleiteten Überlegungen lassen sich aber nicht auf das hier zu beurteilende Treuhandverhältnis einer Anlegerin zur Treuhandkommanditistin übertragen: Während bei einem gegenüber der Gesellschaft erklärten Rücktritt von der (mittelbaren) Gesellschaftsbeteiligung die schutzwürdigen Interessen nicht nur der Mitgesellschafter, sondern auch der Gesellschaftsgläubiger eine Ausnahme von der ex‑tunc‑Wirkung des Rücktritts (dazu etwa 3 Ob 144/14v mwN) geboten erscheinen lassen, kann es in der vorliegenden Konstellation durch den bloßen Rücktritt vom Treuhandvertrag von vornherein nicht zu einer Schmälerung des Gesellschafterkreises oder des Gesellschaftsvermögens kommen; eine Einschränkung der Wirkungen des Rücktritts ist hier somit sachlich nicht gerechtfertigt.
7.3 Vor diesem Hintergrund verfängt auch nicht der Hinweis in den Revisionsausführungen auf § 7 Abs 1 EKEG sowie auf die Einbeziehung des Treugebers in den Kreis der gemäß § 83 GmbHG bei Einlagenrückgewähr Rückerstattungspflichtigen. Mangels rechtlicher Relevanz bedarf es sohin nicht der in der Revision geforderten Sachverhaltsergänzung betreffend die Frage einer „Verzahnung“ des vorliegenden Gesellschaftsvertrags mit dem Treuhandvertrag.
8.1 Die Beklagte führt in ihrer Revision letztlich ins Treffen, selbst im Fall der Wirksamkeit des Rücktritts sei sie nicht rückzahlungspflichtig, weil nicht sie, sondern vielmehr die Fondsgesellschaft Empfängerin der von der Klägerin geleisteten Kommanditeinlage gewesen sei, zumal die Klägerin nach § 5 des Gesellschaftsvertrags im Verhältnis zur Gesellschaft wie ein Kommanditist zu behandeln sei und folglich durch Leistung des Einzahlungsbetrags eine eigene Schuld gegenüber der Gesellschaft erfüllt habe. Der Bereicherungsanspruch habe sich daher gegen diese zu richten. Die Überweisung des Einzahlungsbetrags seitens der Klägerin sei zwar auf ein offenes Treuhandkonto der Beklagten erfolgt; tatsächlich sei darüber aber nicht sie selbst verfügungsberechtigt gewesen, sondern die Fondsgesellschaft als Treugeberin, sodass der Treuhanderlag auch dieser zuzurechnen sei.
8.2 Auch mit diesem Vortrag zeigt die Beklagte keine aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen auf: Zu Recht weist die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hin, dass sie mit ihrer Beitrittserklärung, sehr wohl eine Zahlungsverpflichtung in Höhe des letztlich überwiesenen Betrags unmittelbar gegenüber der Beklagten übernommen und die Zahlung in Erfüllung dieser Vertragspflicht getätigt hat. Der von der Beklagten behauptete Umstand, dass diese aufgrund einer Treuhandvereinbarung auch mit der Fondsgesellschaft auf ihr Konto nicht zugreifen konnte, ist nicht maßgeblich. Entscheidend ist alleine, dass die Klägerin durch die Überweisung des Einzahlungsbetrags bewusst und zweckgerichtet eine Vermögensverschiebung zugunsten der Beklagten bewirkt hat. Aufgrund des mit Wirkung ex tunc erfolgten Rücktritts von der Treuhandvereinbarung steht der Klägerin daher – wie vom Berufungsgericht zutreffend gewürdigt – gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des rechtsgrundlos geleisteten Einzahlungsbetrags zu.
9. Zusammenfassend erweisen sich somit die Entscheidungen der Vorinstanzen als frei von Rechtsirrtum, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.
10. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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