OGH 5Ob130/17d

OGH5Ob130/17d29.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers F* F*, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Mag. Manfred Seidl und andere, Rechtsanwälte in Zell am See, sowie der Einschreiter 1. J* F*, 2. J* F*, beide vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, wegen grundbücherlicher Eintragungen ob der EZZ 4 und 290 KG *, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 4. Mai 2017, AZ 53 R 30/17v, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 16. Jänner 2017, TZ 92/2017, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Jänner 2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E119214

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Unter Vorlage unter anderem des Urteils des Oberlandesgerichts Linz vom 11. 6. 2015, AZ 2 R 83/15m, und anderer Urkunden begehrte der Antragsteller die Einverleibung seines Eigentumsrechts an der Liegenschaft EZ 4 sowie am Hälfteanteil B‑LNr 1 der Liegenschaft EZ 290 KG * und die Löschung eines im Lastenblatt der beiden Liegenschaften auf alle Veräußerungsarten ausgedehnten Vorkaufsrechts auch zugunsten des Zweiteinschreiters. Im Grundbuch ist der Ersteinschreiter als Eigentümer einverleibt.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 23. 12. 2016 zunächst die begehrten Eintragungen, gab aber dem Rekurs der Einschreiter mit seinem Beschluss vom 16. 1. 2017, TZ 92/2017, selbst Folge und wies den Antrag zur Gänze ab. Der Befreiungstatbestand nach § 3 Abs 2 lit a Salzburger Grundverkehrsgesetz 2001 komme nicht zum Tragen, weil der land‑ oder forstwirtschaftliche Betrieb nicht ungeteilt übertragen worden sei. Es fehle daher die grundverkehrsbehördliche Bewilligung.

Dagegen richtete sich der Rekurs des Antragstellers, dem das Rekursgericht nicht Folge gab. Es bestätigte den vom Erstgericht herangezogenen Abweisungsgrund. Auch bei der Eigentumsübertragung durch Urteilsspruch sei die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde oder ihre Entscheidung über die Negativklausel erforderlich. Es liege aber noch ein weiterer Abweisungsgrund vor, weil das Eigentumsrecht für den aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Linz berechtigten Kläger mit der als Gegenleistung aufzufassenden (aufschiebende) Bedingung einer Übergabe „gegen einen Austrag zu den zwischen Eltern und Kindern üblichen günstigen Bedingungen“ verknüpft sei.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil der Umfang der Prüfpflicht des Rekursgerichts im Zusammenhang mit einem Rekurs gegen die Selbststattgabe eines Rekurses durch das Erstgericht ebenso die Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG erfülle, wie auch die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Titel vollstreckt werden könne, der zur Übergabe und Einwilligung in die Einverleibung des Eigentums gegen eine unbestimmte Gegenleistung verpflichte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht rechtsirrig einen weiteren Abweisungsgrund herangezogen hat; er ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.

1. Die Entscheidung nach § 50 Abs 1 Z 4 AußStrG (hier iVm § 11 Abs 1a RpflG idF BGBl I 2010/111) ist funktionell ein erstinstanzlicher Beschluss, der wie jeder andere erstinstanzliche Beschluss nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 45 ff AußStrG der Überprüfung im Instanzenzug unterliegt (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 50 Rz 15; ders in Kodek, Grundbuchsrecht² § 124 GBG Rz 14; Fucik/Kloiber, AußStrG § 50 Rz 3; Klicka in Rechberger AußStrG² § 50 Rz 3). Nur für den Fall, dass das Rekursgericht den selbststattgebenden Beschluss des Erstgerichts aufhebt, ordnet § 55 Abs 4 AußStrG an, dass es zugleich über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, das gegen die ursprüngliche Entscheidung des Erstgerichts erhoben wurde. Eine solche Konstellation ist hier nicht gegeben, sodass auch keine Fragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG zu erkennen sind. Der Antragsteller spricht die vom Rekursgericht insoweit als erheblich erachtete Frage auch nicht an.

2.1 Das Salzburger Grundverkehrsgesetz – GVG 2001 idgF regelt – hier von Relevanz – den Verkehr mit land‑ und forstwirtschaftlichen Grundstücken. Nach § 3 Abs 1 lit a leg cit bedürfen unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die ein land‑ oder forstwirtschaftliches Grundstück betreffen, zu ihrer vollen Wirksamkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn sie (unter anderem) die Übertragung des Eigentums zum Gegenstand haben. Liegt ein solches Geschäft vor, ist für die Einverleibung des Eigentums nach dem GVG 2001 entweder eine Bewilligung oder eine Negativbestätigung der Grundverkehrskommission, in der diese eine Bewilligungspflicht verneint, erforderlich (G. Kodek in Kodek aaO § 94 GBG Rz 148; vgl auch Hoyer in Funk, Grundverkehrsrecht, 177). Ob eine Liegenschaft dem GVG 2001 unterliegt, entscheidet daher im Zweifel die Grundverkehrskommission. Das Grundbuchsgericht muss bloß prüfen, ob der Antragsteller seinem Gesuch alle vom Gesetz geforderten Urkunden beigelegt hat (vgl RIS‑Justiz RS0110978, RS0060508 [T17, T19, T23]; Pachler/Uhl, Grundverkehrsrecht für die Praxis, 33).

2.2 Auch für eine Eigentumsübertragung durch Urteilsspruch ist die grundverkehrsrechtliche Genehmigung erforderlich (RIS‑Justiz RS0038477 [Naturalteilung], RS0060675, RS0061150; Weigand in Kodek aaO § 33 GBG Rz 15; Klicka in Angst/Oberhammer, EO³ § 350 EO Rz 6).

2.3 Das dem Urteilsspruch zugrunde liegende Erbteilungsübereinkommen ist nach der überwiegenden Rechtsprechung ein Geschäft unter Lebenden (RIS‑Justiz RS0008275). Dass hier ein Rechtsgeschäft unter Lebenden im Sinn des GVG 2001 zu beurteilen ist, zieht der Revisionsrekurswerber auch nicht in Zweifel. Er meint aber dieses und nicht der Exekutionstitel sei der Prüfung zu unterziehen, ob eine Genehmigungspflicht besteht und verweist auf die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 2 GVG 2001.

2.4 Richtig ist, dass die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde nach § 3 Abs 2 lit a GVG nicht erforderlich ist, wenn das Rechtsgeschäft zwischen den dort genannten Personen abgeschlossen und ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb ungeteilt übertragen wird. Selbst in einem solchen Fall dürfen Rechte an land‑ oder forstwirtschaftlichen Liegenschaften aber nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch eine Erklärung der Vertragsparteien über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 3 Abs 2 lit a GVG 2001, die nicht älter als 12 Monate ist, angeschlossen ist (§ 30 Abs 1 Z 3 lit a GVG 2001). Abgesehen davon, dass weder eine solche, noch das Erbteilungsübereinkommen selbst dem Grundbuchsgesuch angeschlossen wurden, vermag dieser Hinweis schon deshalb die Argumentation der Vorinstanzen nicht zu entkräften, weil mit dem vom Antragsteller vorgelegten Exekutionstitel über nichts anders abgesprochen werden konnte als ihm nach dem Inhalt des Erbteilungsübereinkommens zukommen kann. Der Umstand, dass nach dem Spruch des Exekutionstitels eine ungeteilte Übertragung des land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs und damit das Vorliegen des Befreiungstatbestands nach § 3 Abs 2 lit a GVG 2001 jedenfalls zweifelhaft ist, hat damit seine Grundlage in dem vom Antragsteller angesprochenen Erbteilungsübereinkommen.

2.5 Mit der erstmals im Revisionsrekursverfahren erfolgten Vorlage der Negativbestätigung der Grundverkehrskommission vom 9. 6. 2017 verstößt der Antragsteller gegen das Neuerungsverbot (§ 122 Abs 2 GBG; RIS‑Justiz RS0060754).

2.6 Mangelt es an der erforderlichen Bewilligung oder an der Negativbestätigung der Grundverkehrs-kommission, liegt kein gültiger Rechtsgrund vor (G. Kodek aaO § 94 GBG Rz 133/3). In einem solchen Fall kommt auch eine Vormerkung nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0060311).

3. Der weitere vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund liegt hingegen nicht vor.

3.1 Mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 11. 6. 2015 wurde der Ersteinschreiter verpflichtet, dem Kläger den land‑ und forstwirtschaftlichen Betrieb [...] samt allem rechtlichen und faktischen Zubehör gegen einen Austrag zu den zwischen Eltern und Kindern üblichen günstigen Bedingungen – ausgenommen eines konkret bezeichneten Grundstücks – zu übergeben und in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers ob der Liegenschaft [...] und ob dem Hälfteanteil B‑LNr der EZ [...] einzuwilligen.

3.2 Gemäß § 33 Abs 1 lit d GBG können Urkunden, die die Eigenschaft eines gerichtlich vollziehbaren Ausspruchs einer öffentlichen Behörde haben, Grundlage einer bücherlichen Einverleibung sein. In Streitsachen ergangene Urteile der Zivilgerichte, die auf Einräumung, Übertragung, Beschränkung oder Aufhebung bücherlicher Rechte gerichtet sind, gewähren demnach einen Einverleibungsanspruch (vgl 5 Ob 16/94; 5 Ob 92/06z).

3.3 Wenn der Verpflichtete nach dem Inhalt des Exekutionstitels eine Willenserklärung abzugeben hat, gilt diese Erklärung gemäß § 367 Abs 1 EO als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt. Hat der Verpflichtete nach dem Exekutionstitel eine Verfügung über ein bücherliches Recht zu treffen, also ein solches einzuräumen, zu übertragen, zu beschränken oder aufzuheben, kann der Betreibende die bücherliche Eintragung im Weg eines Grundbuchsgesuchs unter Berufung auf § 367 EO beantragen oder exekutiv auf der Grundlage des § 350 Abs 1 und 5 EO erzwingen (Höllwerth in Burgstaller/Deixler‑Hübner, § 367 EO Rz 8 mwN).

3.4 Der Antragsteller hat sich für eine Vorgangsweise nach § 367 EO entschieden, sodass das Grundbuchsgericht den Titel auszulegen hat (dazu RIS‑Justiz RS0008802). Wie auch sonst bei der Auslegung von Urkunden ist es dabei auf den Wortlaut beschränkt (RIS‑Justiz RS0060573 [T3; T4]).

3.5 Das Ausgedinge (Synonym: Austrag) ist ein von Lehre und Rechtsprechung anerkanntes dingliches Recht, das zwar vom Gesetz nicht definiert und auch im Grundbuchsgesetz nicht erwähnt wird, dessen Bestand der Gesetzgeber aber voraussetzt (Rassi in Kodek aaO § 12 GBG Rz 44). In der Regel umfasst es die Leistung von Unterhalt, die Einräumung des Wohnungsrechts, die Betreuung, Reichung der Speisen und die Krankenpflege. Es ist aber durchaus zulässig, nur einzelne Ausgedingsleistungen zu vereinbaren (RIS‑Justiz RS0012172). Soweit die in einem Ausgedinge enthaltenen Ansprüche auf positive Leistungen bücherlich sicherzustellen sind, gelten aus grundbuchsrechtlicher Sicht die Grundsätze der Reallast (5 Ob 44/15d).

3.6 Seinem wirtschaftlichen Zweck nach ist das Ausgedinge als Dauerschuldverhältnis angelegt. Schon dadurch unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall von der durch das Rekursgericht zur Begründung seiner Auffassung angeführten Rechtsprechung, die zu einem unter aufschiebender Bedingung, insbesondere der Erbringung einer Gegenleistung (des Kaufpreises) abhängigen Rechtserwerb ergangen ist, und für die Einverleibung auch den urkundlichen Nachweis des Eintritts der Bedingung verlangt (vgl dazu RIS‑Justiz RS0060277). Dass aber vom Spruch des Exekutionstitels eine einmalige Leistung, wie etwa die Unterfertigung eines den Austrag regelnden Vertrags, erfasst wäre, findet im Wortlaut keine Deckung.

3.7 Ob eine Gegenverpflichtung im Sinne des § 97 GBG vorliegt bzw im Exekutionstitel angeordnet wird, ist ebenfalls durch Auslegung zu ermitteln (5 Ob 24/16i; 5 Ob 169/16p). Diese Bestimmung übernimmt für das Grundbuchsverfahren das System eines funktionellen Synallagmas, insbesondere in Form des Zug-um-Zug‑Prinzips (5 Ob 90/95). Danach darf, wenn aus einer Urkunde hervorgeht, dass dem Erwerber eines dinglichen Rechts die Bewilligung zur Einverleibung erteilt worden ist, ihm aber zugleich Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht oder Gegenverpflichtungen auferlegt worden sind, hinsichtlich deren die gleichzeitige Einverleibung für die daraus Berechtigten bedungen wurde, die Eintragung des Rechts nicht bewilligt werden, wenn nicht zugleich hinsichtlich der bedungenen Beschränkungen oder Gegenverpflichtungen die Einverleibung oder Vormerkung beantragt wird. Liegt eine Gegenverpflichtung vor, ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für eine Anwendung des § 97 Abs 1 GBG erforderlich, dass die gleichzeitige Einverleibung der Gegenverpflichtungen ausdrücklich oder doch ganz unzweideutig vereinbart (bzw hier im Exekutionstitel angeordnet) wurde (RIS‑Justiz RS0060670).

4.1 Seinem Wortlaut nach weist der Spruch des vom Antragsteller vorgelegten Exekutionstitels zwei voneinander getrennte Verpflichtungen des Ersteinschreiters auf. In einem ersten Teil wird er zur Übergabe des land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs verpflichtet. Der zweite Teil des Urteilsspruchs verpflichtete ihn zur Einwilligung in eine Grundbuchshandlung mit genau bezeichnetem Inhalt und ist damit Grundlage des Eintragungsgesuchs (vgl 5 Ob 92/06z).

4.2 Die Verpflichtung, dass der Antragsteller dem Ersteinschreiter einen Austrag zu leisten hat, findet sich nur im ersten Teil des Spruchs und ist dem Wortlaut nach als Gegenleistung für die Übertragung des Betriebs formuliert. Eine konditionale Verknüpfung dieser Verpflichtung mit dem zweiten Teil des Tenors findet demgegenüber im Wortlaut keine Deckung. Die Auslegung von Urkunden ist dem Grundbuchsgericht aber grundsätzlich verwehrt (vgl RIS‑Justiz RS0060573). Der Umstand, dass der Antragsteller für die Übertragung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dem Ersteinschreiter einen Austrag zu gewähren hat, bedeutet daher nicht, dass die Einwilligung zur Einverleibung in das Eigentum des Antragstellers (Abgabe der Willenserklärung) von einer (ausdrücklich oder doch ganz unzweideutig gleichzeitig angeordneten Einverleibung einer) Gegenleistung abhängig wäre.

5. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts bildet es daher keinen Abweisungsgrund, dass im Urteil des Oberlandesgerichts Linz ein Austrag zugunsten des Ersteinschreiters angeordnet ist.

6. Im Ergebnis ist dem Revisionsrekurs jedoch ein Erfolg zu versagen.

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