OGH 5Ob90/95

OGH5Ob90/9529.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Jürgen S*****, Außendienstmitarbeiter, ***** und 2.) Regina H*****, beide vertreten durch Dr.Estermann, Dr.Wagner und Dr.Postlmayr, Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in Mattinghofen, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 11.April 1995, AZ R 123/95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wildshut vom 2. Februar 1995, TZ 2044/94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 17.11.1993, 9.5.1994 und 21.12.1994 veräußerten die Antragsteller ihre je 1/3 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** St. P***** an Elfriede S*****, die ebenfalls zu 1/3 Miteigentümerin der angeführten Liegenschaft ist. Die Entrichtung des Kaufpreises wurde in der Weise geregelt, daß die Käuferin in verschiedene pfandrechtlich auf dem Kaufobjekt sichergestellte Schuldverhältnisse der Verkäufer mit dem aktuell aushaftenden Gesamtbetrag von S 305.547,-- eintreten und den Kaufpreisrest von S 294.453,-- nach allseitiger Fertigung des Vertrages in bar bezahlen sollte. Damit sei "der Kaufpreis von S 600.000,-- ausgewiesen" (Vertragspunkt 4). Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes sollte vereinbarungsgemäß am 1.12.1993, Zug-um-Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises erfolgen (Punkt 6).

Punkt 10 des Kaufvertrages lautet wie folgt:

"Im Hinblick auf die in diesem Vertrage geschehene Übertragung des Eigentumsrechtes stipuliert die Käuferin Elfriede S***** die Verpflichtung künftiger Eigentümer (Käufer, Geschenknehmer, Ersteher, gesetzlicher oder Testamentserben etc) der Liegenschaft EZ ***** GB St. P*****, binnen 30 Tagen nach geschehener Einverleibung des Eigentumsrechtes oder Erteilung des Zuschlages oder Rechtskraft der Einantwortungsurkunde an Jürgen S***** und Regina S***** je S 300.000,-- zu entrichten (...........)."

Im Vertragspunkt 12 erklären die Vertragsparteien ihre ausdrückliche Einwilligung ua zur Einverleibung des Pfandrechtes von je 300.000,-- samt 12 % Verzugszinsen für die Verkäufer.

Mit dem am 27.12.1994 eingelangten Grundbuchsgesuch beantragten die beiden Rechtsmittelwerber (und die Käuferin als Drittantragsstellerin, die sich aber dann am weiteren Verfahren nicht mehr beteiligte) unter Vorlage des Kaufvertrages und anderer Urkunden ob den je 1/3 Anteilen der Verkäufer die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Käuferin sowie die Einverleibung des Pfandrechtes für eine Darlehensforderung der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot gemeinnützige registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung im Betrag von S 400.000,-- und schließlich die Einverleibung des Pfandrechtes von je S 300.000,-- samt 12 % Verzugszinsen für die Verkäufer.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Käuferin (= Drittantragsstellerin) sowie die Einverleibung des Pfandrechtes von S 400.000,-- zugunsten der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot Gemeinnützige GenmbH ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** St. P*****. Hingegen wurde der Antrag, in der angeführten Einlage die Einverleibung des Pfandrechtes von S 300.000,-- samt 12 % Verzugszinsen je für den Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin zu bewilligen, abgewiesen. In der Begründung führte das Erstgericht hiezu aus, ein zur Einverleibung des Pfandrechtes notwendiger Rechtsgrund der Forderung könne dem vorgelegten Kaufvertrag nicht entnommen werden, da die Zahlung des Geldbetrages einem unbekannten Personenkreis auferlegt werde. Dies sei aber als Vertrag zu Lasten Dritter unzulässig. Es liege auch kein Anwartschaftsrecht vor; überdies fehle bei den vorgelegten Urkunden ein Pfandbestellungsvertrag. Es sei nur die Sicherstellung der Forderung als Reallast vereinbart worden, dies sei grundbuchsrechtlich unzulässig.

Dem gegen den bewilligenden Teil dieses Beschlusses gerichteten Rekurs des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin (= Verkäufer) gerichteten Rekurs gab das Rekursgericht nicht Folge. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem S 50.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtlich führte das Rekursgericht aus, gemäß § 97 Abs 1 GBG dürfe dann, wenn aus einer Urkunde hervorgehe, daß dem Erwerber eines dinglichen Rechtes die Bewilligung zur Einverleibung erteilt worden sei, daß ihm aber zugleich Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht oder Gegenverpflichtungen auferlegt worden seien, hinsichtlich deren die gleichzeitige Einverleibung für die daraus Berechtigten bedungen worden sei, die Eintragung jenes Rechtes nicht bewilligt werden, wenn nicht zugleich hinsichtlich der bedungenen Beschränkungen oder Gegenverpflichtungen die Einverleibung oder nach der Beschaffenheit der Urkunde doch die Vormerkung angesucht werde. Die Rekurswerber verträten die Ansicht, daß im vorliegenden Kaufvertrag das Eigentumsrecht der Käuferin durch die gleichzeitig zugunsten der Rekurswerber bedungenen (Pfand-)Rechte habe eingeschränkt werden sollen und daher eine Verbücherung nur des Eigentumsrechtes nicht mit § 97 GBG in Einklang zu bringen sei. In der Judikatur finde sich sowohl die Ansicht, dem § 97 Abs 1 GBG werde nur entsprochen, wenn die Gleichzeitigkeit der Einverleibungen ausdrücklich bedungen worden sei (JBl 1947, 246), wobei weder die Einheit der Vertrages (RPflSlg 1416) noch die Abgabe der Aufsandungserklärung für Leistung und Gegenverpflichtung in einem einzigen Vertragspunkt (RPflSlg 1613; 2005) diese Voraussetzung erfülle, als auch der gegenteilige Standpunkt, daß selbst dann, wenn der Parteiwille nach Verbücherung Zug-um-Zug aus der Urkunde selbst nicht ausdrücklich ersichtlich sei, das gesamte Begehren abgewiesen werden müsse, wenn der eine Beteiligte durch eine Teilbewilligung mehr erhalten würde, als ihm vertraglich zugesagt wurde (RPflSlg 192; 1128; 1575; 2032; 1535). Selbst wenn der Judikatur gefolgt werde, die vom Erfordernis der ausdrücklichen Bedingung gleichzeitiger Einverleibung abweicht und allein auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung abstelle, sei daraus für den Standpunkt der Rekurswerber nichts zu gewinnen. Aus dem umstrittenen Punkte 10 des Kaufvertrages gehe nämlich nach Ansicht des Rekursgerichtes nicht hervor, daß die Eigentumsübertragung an die Käuferin und die Leistung von je S 300.000,-- an die Verkäufer im Austauschverhältnis stehen. Die gewählte Formulierung "Im Hinblick auf die in diesem Vertrage geschehene Übertragung des Eigentumsrechtes (.............)" bringe wohl nicht zum Ausdruck, es handle sich bei den von späteren Liegenschaftserwerbern an die Verkäufer zu erbringenden Leistungen um eine Gegenleistung für die Eigentumsübertragung. Dies umsoweniger, als in Vertragspunkt 4 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht werde, daß es sich bei dem durch Darlehensübernahme bzw mit dem Betrag von S 294.453,-- in bar zu entrichtenden Kaufpreis um die gesamte Gegenleistung für die Eigentumsübertragung handle (Arg. "womit der Gesamtkaufpreis von S 600.000,-- ausgewiesen ist"). Es stelle sich daher die später in Vertragspunkt 10 etwaigen Rechtsnachfolgern der Käuferin auferlegte Verpflichtung zur Zahlung von je S 300.000,-- an die Rekurswerber als mehr oder weniger selbständige Leistung dar, die nach dem gesamten Erscheinungsbild der Urkunde zwar einen gewissen Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung aufweise, zu dieser aber nicht im Leistungs- Gegenleistungsverhältnis stehe. Auch den "ergänzenden Ausführungen zum Rekurs", wonach der gesamte Kaufvertrag gemäß § 878 ABGB ungültig sei, sodaß der Kaufvertrag keine taugliche Eintragungsgrundlage für die Pfandrechte bilde, könne nicht gefolgt werden.

Im Hinblick auf die zitierte unterschiedliche Rechtsprechung zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 97 Abs 1 GBG sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen gewesen.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin (= Verkäufer) mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die beantragten Grundbuchshandlungen zur Gänze abgewiesen werden.

Der Revisionsrekurs sei wegen der unterschiedlichen Rechtsprechung sowie des Fehlens einer einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zulässig; teilweise werde die ausdrücklich bedungene Gleichzeitigkeit gefordert, abweichend hievon soll aber auch die sonst aus dem Vertrag unzweideutig sich ergebende Gleichzeitigkeit der Einverleibungen genügen; andererseits sei das Einverleibungsbegehren schon dann abzuweisen, wenn ein Beteiligter durch eine Teilbewilligung mehr erhalte, als ihm nach dem Vertrag zustünde. Die Einverleibung des Eigentums und der Pfandrechte stünden im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Ohne letztere erhielte die Käuferin (Drittantragstellerin) mehr an Rechten als vereinbart. Aus der Kaufvertragsurkunde ergebe sich, daß ein Leistungsausstausch Zug-um-Zug zu erfolgen habe. Eine Konversion einer bloßen Verwendungszusage sei unwirksam und hätte die Nichtigkeit des gesamten Kaufvertrages zur Folge.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes und der Rechtsmittelwerber unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof ist an den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO iVm § 16 Abs 3 AußStrG und § 126 GBG).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß das Eintragungshindernis des § 97 Abs 1 GBG nur dann eingreift, wenn die gleichzeitige Einverleibung der Gegenverpflichtung ausdrücklich oder doch ganz unzweideutig bedungen wurde (SZ 23/303; SZ 45/74 = EvBl 1973 19; EvBl 1993/72, 315, zuletzt etwa 5 Ob 91/95). Es kann daher keine Rede davon sein, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - auf die Rechtsprechung der Rekursgerichte kommt es iS des § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG nicht an - fehlt oder sie uneinheitlich wäre.

§ 97 Abs 1 GBG ist Ausdruck eines funktionellen Synallagmas (Aicher-Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 1052) insbesondere in Form des Zug-um-Zug Prinzipes (Aicher aaO Rz 1). § 97 Abs 1 GBG übernimmt dies für das Grundbuchsverfahren (wie die §§ 8 Abs 1, 42 Abs 1 Z 4 EO für das Vollstreckungsverfahren). Ein bestimmter Wortlaut der Bedingung für die gleichzeitige Einverleibung der Beschränkungen der Gegenverpflichtung des Berechtigten wird vom Gesetz nicht verlangt, ebenso auch nicht die Einheit der Urkunde (§ 86 GBG) oder die Abgabe der Aufsandungserklärungen in einem einzigen Vertragspunkt. Wohl ist aber die "ganz unzweideutige Bedingung" (EvBl 1993/72, 315) Voraussetzung für die zulässige Einverleibung, dh mit anderen Worten es darf einem Beteiligten nicht mehr bewilligt werden, als ihm vertraglich - im Hinblick auf die gleichzeitig zu erbringende Gegenleistung - vertraglich zugesagt wurde. Damit wird nur das andere Phänomen der Zug-um-Zug - Leistung als ein Minus gegenüber der uneingeschränkten begehrten Leistung zum Ausdruck gebracht (vgl Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 405 ZPO). Insoweit besteht kein Widerspruch in der Rechtsprechung, der eine neuerliche Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes zu § 97 Abs 1 GBG im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG erforderlich machte.

Die Auslegung der konkreten Vertragsurkunde hingegen ist keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die durch die Vorinstanzen vorgenommene Auslegung - wie hier - vertretbar ist.

Der Revisionsrekurs mußte daher zurückgewiesen werden.

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