OGH 4Ob82/17p

OGH4Ob82/17p30.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. O***** GmbH, 2. Prof. G***** S*****, beide *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, gegen die beklagte Partei T***** S*****, vertreten durch Dr. Peter Ozlberger, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Thaya, wegen Unterlassung und Widerruf (Streitwert im Provisorialverfahren 34.500 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 13. März 2017, GZ 2 R 14/17v‑12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00082.17P.0530.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen den auf § 7 UWG und § 1330 ABGB gestützten Sicherungsantrag, mit dem der beklagten Partei die Aufstellung bestimmter Behauptungen und die Veröffentlichung eines Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz verboten werden sollte, ebenso ab wie das Eventualbegehren, der beklagten Partei zu untersagen, den Spruch des Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz ohne Begründung zu veröffentlichen. Die Vorinstanzen verneinten wegen eines angebotenen Unterlassungsvergleichs die Wiederholungsgefahr hinsichtlich einer der Behauptungen. Die weitere Behauptung, aufgrund einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz dürften über die Kläger bestimmte Tatsachen verbreitet werden, sei zumindest im Kern richtig. Auch das begehrte Verbot einer privaten Veröffentlichung eines Gerichtsbeschlusses lasse sich hier weder mit Schikane noch mit Wettbewerbswidrigkeit begründen.

Die klagenden Parteien zeigen dagegen keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042818). Das gilt auch für die Frage, ob ein angebotener vollstreckbarer Unterlassungsvergleich die Wiederholungsgefahr beseitigt (4 Ob 139/16v).

1.2 Bereits das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs beseitigt im Regelfall auch im Provisorialverfahren die Wiederholungsgefahr (RIS-Justiz RS0079899), sofern die klagende Partei all das erhält, was sie durch ein ihrem Begehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können (RIS-Justiz RS0079899 [T33]). Nach der Rechtsprechung wird die Wiederholungsgefahr auch dann beseitigt, wenn das Angebot vom Kläger abgelehnt wurde (zB 4 Ob 232/03a; 6 Ob 131/16g). Damit kommt es nur auf den durch das Angebot demonstrierten Sinneswandel und nicht darauf an, ob der Kläger den Vergleich vor dem Sicherungsantrag angenommen hat oder annehmen konnte, weshalb das Rechtsmittel in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft.

1.3 Mit dem Hinweis auf den Kostenersatz kann weder ein Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung noch eine Abweichung von deren Grundsätzen aufgezeigt werden, zumal der Wegfall der Wiederholungsgefahr nach gefestigter Rechtsprechung nicht davon abhängt, ob der Beklagte im Unterlassungsvergleich einen Kostenersatz anbietet (4 Ob 346/85; 4 Ob 267/05a; 4 Ob 160/07v; RIS-Justiz RS0079899 [T14, T18, T38]).

2. Auch die Frage, ob dem Beklagten der Wahrheitsbeweis gelungen ist, kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht begründen. Die Frage, ob im Einzelfall die Beurteilung der Vorinstanzen zutrifft, die beanstandete Behauptung sei im Wesentlichen wahr oder der Wahrheitsbeweis sei nicht erbracht, geht in ihrer Bedeutung– von einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung abgesehen – nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus (4 Ob 125/16k mwN). Die Vorinstanzen erachteten die beanstandete Äußerung, gegenüber den Klägern dürften nach einem „Urteil“ bestimmte Behauptungen aufgestellt werden, unter Würdigung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz im Kern bestätigt, weil nach dieser Entscheidung der dort beklagten Partei nicht untersagt wurde, die auch hier gegenständlichen Behauptungen über die Kläger aufzustellen. Darin ist jedenfalls keine krasse Fehlentscheidung zu erblicken.

3.1 Nach ständiger Rechtsprechung ist die private, dh ohne gerichtliche Ermächtigung vorgenommene Veröffentlichung einer Entscheidung nicht grundsätzlich unzulässig oder rechtswidrig (4 Ob 175/06y mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0077699, RS0077806). Verboten kann die Veröffentlichung nur unter bestimmten, die Unlauterkeit begründenden Umständen werden oder im Fall des § 1295 Abs 2 ABGB, nicht aber generell (4 Ob 175/06y, dort noch unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit).

3.2 Die klagenden Parteien stützen sich darauf, dass die Veröffentlichung durch den Beklagten in Schädigungsabsicht schikanös erfolgt sei. Ob ein derartiger Rechtsmissbrauch vorliegt, ist aber eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage, die in der Regel die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt (RIS-Justiz RS0110900). Eine korrekturbedürftige krasse Fehlbeurteilung ist dem Rekursgericht nicht unterlaufen, wenn es unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls zu der Meinung gelangte, der Beklagte habe ein Interesse an der Verbreitung der (die mangelnde Seriösität der klagenden Parteien aufzeigende) Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz, und auf dieser Grundlage Rechtsmissbrauch verneinte.

Stichworte