Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.566,36 EUR (darin 261,06 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin einer periodischen Druckschrift, die sich - ebenso wie eine von der Beklagten herausgegebenen Druckschrift - an die österreichische Kommunikations-, Medien- und Werbebranche wendet.
Mit der Behauptung, der Herausgeber der Druckschrift der Beklagten habe der Klägerin in einem in seiner Zeitschrift veröffentlichten Kommentar vorgeworfen, sie würde von einer wahrheitsgemäßen und kritischen Berichterstattung über die Österreichische Nationalbank und deren Auftragsvergaben solange Abstand nehmen, als diese in ihrem Medium Anzeigen schalte, begehrte die Klägerin 1. Unterlassung, 2. Widerruf, 3. Veröffentlichung des Widerrufs, hilfsweise die Urteilsveröffentlichung betreffend den klagestattgebenden Teil des Unterlassungs- und des Veröffentlichungsbegehrens, und beantragte zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs näher bezeichnete Behauptungen aufzustellen oder zu verbreiten. Sie stützte ihren Unterlassungsanspruch auf § 7 UWG sowie § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB. Die Beklagte wendete gegen den Sicherungsantrag ein, die getätigten Aussagen basierten auf einem Gespräch mit dem Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Österreichischen Nationalbank, über das wahrheitsgemäß berichtet worden sei. In der - im Haupt- und im Sicherungsverfahren gemeinsam abgeführten - Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am 18. 4. 2007 bot die Beklagte "ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, jedoch verbindlich" einen gerichtlich vollstreckbaren Vergleich in folgendem Umfang an:
"Unterlassungsverpflichtung laut Urteilsantrag Punkt 1., Veröffentlichungsermächtigung laut dem Eventualbegehren unter Punkt 3. des Urteilsantrages, nicht jedoch die Veröffentlichung des Widerrufs laut Punkt 3. und die Zustimmung bzw das Anerkenntnis zu Punkt 2. des Urteilsantrages". Die Klägerin lehnte diesen Teilvergleichsvorschlag ab.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die beanstandeten Äußerungen seien öffentliche Tatsachenbehauptungen, die sowohl als kreditschädigend (§ 1330 Abs 2 ABGB) als auch das Unternehmen der Klägerin herabsetzend (§ 7 UWG) zu beurteilen seien. Der Wahrheitsbeweis sei der Beklagten nicht gelungen. Durch den angebotenen Teilvergleich sei allenfalls die Wiederholungsgefahr für die Durchsetzung der Ansprüche nach § 1330 ABGB, nicht jedoch nach § 7 UWG beseitigt worden. Die schädlichen Auswirkungen der Äußerungen für das Unternehmen und den Kredit der Klägerin könnten nur dadurch beseitigt werden, dass die Beklagte dazu verpflichtet werde, diese zu widerrufen, was vom angebotenen Teilvergleich nicht umfasst gewesen sei.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es den Sicherungsantrag abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Wiederholungsgefahr bei Anbot eines Unterlassungsvergleichs unter Ausschluss des gleichzeitig begehrten Widerrufs samt Veröffentlichung nach § 7 UWG zulässig sei. Begehre der Kläger im Anwendungsbereich des UWG auch die Veröffentlichung des Urteils, so falle die Wiederholungsgefahr durch Angebot eines Vergleichs nur unter der Voraussetzung weg, dass dem Kläger zugleich auch die Veröffentlichung des Vergleichs auf Kosten des Beklagten in angemessenem Umfang angeboten werde. Bei der Veröffentlichung potentiell wettbewerbswidriger Äußerungen erschöpfe sich das widerrechtliche Verhalten in einer vorübergehenden, abgeschlossenen Handlung. Zwar könne durch die Veröffentlichung eine fortwirkende abträgliche Meinung entstanden sein, doch rechtfertige dieser Umstand allenfalls ein Begehren auf Widerruf, lasse aber keine Rückschlüsse auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens zu. Ein auf § 7 UWG gestütztes Widerrufsbegehren könne auch für sich allein geltend gemacht werden und sei kein Nebenanspruch eines Begehrens auf Unterlassung oder Schadenersatz. Die Beschränkung des Vergleichsangebots auf die Unterlassungsverpflichtung stehe der Beseitigung der Wiederholungsgefahr somit nicht entgegen, weil über den Widerruf und die Veröffentlichung desselben auch nach Abschluss eines Unterlassungsvergleiches eine gerichtliche Entscheidung ergehen könne. Dass die von der Beklagten angebotene Veröffentlichung des Urteilspruchs nur hilfsweise begehrt worden sei, beschwere die Klägerin nicht, hätte diese doch durch Annahme des angebotenen Vergleichs bei aufrechtem Widerrufsbegehren samt Veröffentlichung mehr zugesprochen erhalten, als sie begehrt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab.
1. Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch beseitigt ein Vergleichsangebot des Beklagten dann, wenn der Kläger auch Urteilsveröffentlichung begehrt, die Wiederholungsgefahr nur unter der Voraussetzung, dass dem Kläger zugleich auch die Veröffentlichung des Vergleichs auf Kosten des Beklagten in angemessenem Umfang angeboten wird. Der Veröffentlichungsanspruch ist nämlich untrennbar mit dem Unterlassungsanspruch verknüpft und ein von diesem abhängiger Nebenanspruch (4 Ob 232/03a mwN; vgl RIS-Justiz RS0079531).
2. Anders ist die Rechtslage dann, wenn neben dem Unterlassungsanspruch von diesem unabhängige Ansprüche gestellt werden. Über solche Ansprüche kann nämlich - anders als bei einem mit einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch verknüpften Urteilsveröffentlichungsbegehren - auch nach Abschluss eines (Teil-)Unterlassungsvergleichs eine gerichtliche Entscheidung ergehen (6 Ob 295/03f = MR 2005, 371 - Unsaubere Praktik; 6 Ob 315/05z). Etwa aus der Weigerung, einen Vergleich über eine verlangte Schadenersatzzahlung zu schließen, kann demnach nicht der Schluss gezogen werden, der Beklagte habe vor, noch einmal die beanstandete Handlung zu setzen (RIS-Justiz RS0079899 [T30]).
3.1. Im Zusammenhang mit mehreren auf § 1330 ABGB gestützten Ansprüchen wurde schon ausgesprochen, dass der Widerrufsanspruch und der Anspruch auf Veröffentlichung des Widerrufs selbstständige Ansprüche sind, weshalb es regelmäßig dem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht entgegensteht, dass der Beklagte nur über das Unterlassungsbegehren einen vollstreckbaren Vergleich anbietet, darüber hinausgehende Ansprüche (Widerruf, Veröffentlichung des Widerrufs, Schadenersatzbegehren, Kostenersatzbegehren) aber nicht anerkennt und diesbezüglich eine gerichtliche Entscheidung fordert (RIS-Justiz RS0079899 [T38]; RS0102057).
3.2. Für auf § 7 UWG gestützte Begehren auf Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs gilt nichts anderes. Sowohl nach § 1330 Abs 2 ABGB als auch nach § 7 UWG besteht nämlich grundsätzlich ein selbstständiger Anspruch des Verletzten auf Widerruf (vgl 4 Ob 312/80 = ÖBl 1981, 45 - Griechenland-Reise) und Veröffentlichung des Widerrufs. Unterschiede zwischen der bürgerlich-rechtlichen und der wettbewerbsrechtlichen Norm liegen allenfalls im Bereich der Tatbestandsmäßigkeit (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung³ Rz 114, 116), nicht hingegen in ihrem Wesen als von einem gleichzeitig erhobenen Unterlassungsbegehren unabhängige Ansprüche. In diesem Kontext muss hier nicht erörtert werden, ob und - bejahendenfalls - inwieweit die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines klagestattgebenden Unterlassungsurteils (oder eines Unterlassungsvergleichs) einen gesonderten Anspruch auf Veröffentlichung eines Widerrufs ausschließt (siehe dazu RIS-Justiz RS0031904).
4. Die Beurteilung des Rekursgerichts, mit dem angebotenen Teilvergleich habe die Beklagte die Vermutung künftiger Verstöße entkräftet, weicht von der dargestellten Rechtsprechung nicht ab. Ob nach den besonderen Umständen des jeweiligen Falles Wiederholungsgefahr anzunehmen ist, hat grundsätzlich keine „erhebliche Bedeutung" iSd § 528 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0031891).
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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