European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118308
Spruch:
Der Rekurs wird, soweit er sich gegen den in Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses aufgenommenen Hinweis wendet, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Begründung:
Im Anlassverfahren wird die Unterhaltspflicht des Vaters der Antragstellerin ihr gegenüber geprüft.
Nachdem der Vorsteher des Bezirksgerichts M* einen Ablehnungsantrag der Antragstellerin gegen die das Verfahren führende Diplomrechtspflegerin zurückgewiesen hatte, lehnte die Antragstellerin den Gerichtsvorsteher als befangen ab.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies diesen Ablehnungsantrag durch den aus den Richtern Dr. J*, Mag. R* und Mag. D* bestehenden Senat mit Beschluss vom 22. 7. 2015, GZ 42 Nc 6/15z‑2, zurück.
Dagegen erhob die Antragstellerin Rekurs, in dem sie unter anderem die eben genannten Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien ablehnte.
Das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht (Senatspräsidentin Mag. Dr. W* sowie MMag. M* und MMag. S*) fasste am 7. 12. 2015 zu AZ 12 R 128/15d den Beschluss auf Unterbrechung des Rekursverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Ablehnung der drei Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien.
Dieser Ablehnungsantrag wurde mit Beschluss vom 29. 1. 2016, GZ 30 Nc 3/16x‑3, des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien zurückgewiesen.
Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Oberlandesgericht Wien (Senatspräsidentin Mag. Dr. W* sowie die Richter Dr. H* und MMag. M*) mit Beschluss vom 12. 4. 2016, AZ 12 R 28/16z, nicht Folge.
Mit Beschluss vom 22. 6. 2016, AZ 12 R 128/15d, des Oberlandesgerichts Wien (Senatspräsidentin Mag. Dr. W* sowie die Richter MMag. M* und MMag. S*) wurde das unterbrochene Rekursverfahren fortgesetzt und dem Rekurs der Antragstellerin betreffend die Ablehnung des Vorstehers des Bezirksgerichts Meidling nicht Folge gegeben.
Mit weiterem Schreiben vom 21. 7. 2016 lehnte die Antragstellerin nunmehr die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Wien Mag. Dr. W* sowie die weiteren Richter dieses Senats Dr. H*, MMag. M* und MMag. S* als befangen ab.
Das Oberlandesgericht Wien (Senatspräsidentin Dr. B* sowie die Richterinnen Dr. J* und Mag. W*) wies diesen Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 28. 9. 2016, AZ 13 Nc 13/16k, als unzulässig zurück. Die bestätigenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in den Verfahren 12 R 128/15d und 12 R 28/16z seien jedenfalls unanfechtbar, die Verfahren betreffend die Ablehnungen des Gerichtsvorstehers des Bezirksgerichts M* sowie der Mitglieder des Senats des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien damit rechtskräftig beendet. Es bestehe daher kein rechtlich geschütztes Interesse mehr auf Ablehnung der erkennenden Richter wegen Befangenheit.
Dagegen erhob die Antragstellerin Rekurs und lehnte die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Wien Dr. B* sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Wien Dr. J* und Mag. W* ab.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Oberlandesgericht Wien (Senatspräsident Dr. S* sowie die Richter Dr. S* und Dr. F*) 1. den Ablehnungsantrag zurück und 2. darauf hin, dass gleichartige wiederholte Ablehnungsanträge nicht mehr zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung gemacht würden.
Der pauschal erhobene Vorwurf, der Ablehnungswerberin sei die Akteneinsicht verweigert worden, sei nicht nachvollziehbar. Es begründe auch keinen Verfahrensfehler, dass die Ablehnungswerberin in den diversen von ihr geführten Ablehnungsverfahren nicht anwaltlich vertreten sei. Da im Anlassverfahren kein Rechtsanwaltszwang bestehe, müssten schriftliche Eingaben und Rekurse nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein. Ein Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfevertreters in den Ablehnungsverfahren sei bisher auch nicht gestellt worden.
Die Antragstellerin habe bereits mehrere Ablehnungsanträge gegen sämtliche mit ihren Verfahren befassten Richter und Diplomrechtspfleger erhoben. Sie nehme dabei gleichsam jede erwirkte Entscheidung zum Anlass, die befassten Gerichtsorgane als befangen abzulehnen. Unzulässig rechtsmissbräuchlich wiederholte Ablehnungsanträge seien nicht zum Gegenstand einer weiteren gerichtlichen Entscheidung zu machen. Dies sei der Antragsgegnerin, der es offenbar nur um die Behinderung der zuständigen Rechtsprechungsorgane und um Verfahrensverschleppung gehe, in diesem Beschluss bekannt zu machen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den Hinweis in Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses ist unzulässig. Im Übrigen, soweit er sich gegen Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses richtet, ist der Rekurs zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.
1. Gemäß § 86a Abs 2 ZPO ist ein Schriftsatz ohne Verbesserungsversuch zurückzuweisen, wenn er aus verworrenen, unklaren, sinn‑ oder zwecklosen Ausführungen besteht und das Begehren nicht erkennen lässt oder wenn er sich in der Wiederholung bereits erledigter Streitpunkte oder schon vorgebrachter Behauptungen erschöpft. Der Antragsteller ist darauf hinzuweisen, dass in Hinkunft jeder weitere Schriftsatz, der einen solchen Mangel aufweist, ohne formelle Beschlussfassung und ohne inhaltliche Behandlung– mit einem entsprechenden Aktenvermerk – zu den Akten genommen werden wird (RIS‑Justiz RS0129051).
Das Erstgericht hat den hier zugrunde liegenden Ablehnungsantrag inhaltlich behandelt. Bei dem in seinen Beschluss aufgenommenen Hinweis handelt es sich um die in § 86a ZPO vorgesehene Belehrung über künftige Rechtsfolgen. Voraussetzung der Rekurszulässigkeit ist jedoch, dass die angefochtene Entscheidung tatsächlich den Charakter eines Beschlusses hat (vgl RIS-Justiz RS0106917). Erst wenn über einen Ablehnungsantrag der Antragstellerin nicht entschieden wird, wäre in einem Fristsetzungsverfahren zu überprüfen, ob eine förmliche Entscheidung im Ablehnungsverfahren unterbleiben konnte (vgl 1 Ob 71/16x).
Der Rekurs war in diesem Umfang als unzulässig zurückzuweisen.
2. In Ablehnungssachen richten sich das Rekursverfahren (soweit die §§ 19–25 JN keine Sonderregelungen enthalten) und die Frage, ob für die Erhebung eines Rechtsmittels Vertretungszwang besteht, nach den Vorschriften, die für das Hauptverfahren maßgeblich sind (vgl RIS‑Justiz RS0006000; RS0035708). Besteht im Ausgangsverfahren kein Anwaltszwang, müssen schriftliche Rekurse nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein (RIS‑Justiz RS0006000).
Dem Ablehnungsverfahren liegt ein Verfahren über gesetzliche Unterhaltsansprüche zugrunde. Solche (auch volljähriger Kinder) sind im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0119814 [T1]). Da hier funktionell als zweite Instanz zu entscheiden ist, greift die Vertretungspflicht im Sinn des AußStrG nicht (RIS‑Justiz RS0118184 [T1]). Der Rekurs bedarf nicht der Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt.
3. Befangenheit liegt vor, wenn die Fähigkeit zu einer sachlichen Beurteilung fehlt oder behindert ist oder eine solche Behinderung doch mit Grund befürchtet werden kann (RIS‑Justiz RS0045961). Ablehnungsgründe sind detailliert und konkret anzugeben (RIS‑Justiz RS0045962 [T6, T7]). Die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung oder die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter kann keinen Ablehnungsgrund darstellen (RIS‑Justiz RS0111290 [T3]). Auch Verfahrensmängel als solche oder eine unrichtige Beweiswürdigung vermögen in der Regel eine Befangenheit nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0046090 [T8]; vgl auch RS0045916).
Mit diesen Grundsätzen stimmt der angefochtene Beschluss überein, vermag doch die Antragstellerin keinen tauglichen Ablehnungsgrund hinsichtlich auch nur eines bestimmten Mitglieds des Senats des Oberlandesgerichts Wien aufzuzeigen.
4. In ihrem Rekurs lehnt die Antragstellerin nunmehr auch die am angefochtenen Beschluss beteiligten Senatsmitglieder Senatspräsident Dr. S* und die Richter Dr. S* und Dr. F* „aufgrund der erneuten Verfahrensfehler“ als befangen ab. Eine sofortige Entscheidung über ein Rechtsmittel – auch wenn darin ein Ablehnungsantrag gestellt wird – ist dann zulässig, wenn– wie hier – keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt wurden oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (RIS‑Justiz RS0042028 [T18]).
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