European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00101.16A.0313.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Strafaussprüchen des Angeklagten Karl T***** nach dem StGB und dem FinStrG (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie in dem die Angeklagten T*****, Robert P***** und Dr. Mathias St***** betreffenden Abschöpfungs- und Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.
Soweit die Angeklagten Karl T***** und Dr. Mathias St***** sowie die Staatsanwaltschaft von der Kassation betroffene Teile des Urteils mit Berufung bekämpfen, werden sie auf die Aufhebung verwiesen.
Die Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten S***** und St***** wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche, des Angeklagten T***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche sowie der Staatsanwaltschaft im Übrigen (wegen des Strafausspruchs betreffend Bernhard Sa*****, Wolfgang S*****, Robert P***** und Dr. Mathias St***** und des Unterbleibens eines Sa***** und S***** betreffenden Abschöpfungs- und Verfallsausspruchs) kommt dem Oberlandesgericht Graz zu, dem der Akt vorerst übermittelt wird.
Den Angeklagten S*****, T***** und St***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Bernhard Sa*****, Wolfgang S*****, Karl T*****, Robert P***** und Dr. Mathias St***** jeweils des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB in der Fassung BGBl I 2004/136 (A) und Karl T***** überdies mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG idF vor (gemeint:) BGBl I 2010/104 (C) schuldig erkannt.
Danach haben – soweit hier von Bedeutung –
A) Wolfgang S*****, Karl T***** und Dr. Mathias St***** zu den strafbaren Handlungen des in Deutschland rechtskräftig verurteilten Franz D*****, der im Zeitraum 2002 bis 2012 in K***** die ihm durch Dienstvertrag eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der M***** GmbH zu verfügen, durch Veranlassung von Zahlungen im Gesamtbetrag von 41.330.903,12 Euro, denen keine Gegenleistungen gegenüberstanden, wissentlich missbrauchte (und dadurch die genannte Gesellschaft in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag schädigte, vgl US 8 iVm 18 f), durch Legen von Scheinrechnungen in nachstehend genannter Höhe und durch Rücküberweisung der nach Abzug der eigenen Provision verbleibenden Beträge an Franz D***** jeweils im Wissen um dessen vorsätzlichen Befugnismissbrauch sowie durch weitere im Urteil bezeichnete Handlungen beigetragen, und zwar
2) Wolfgang S***** im Zeitraum 2003 bis 2012 in F***** und anderen Orten im Gesamtbetrag von 31.613.625,94 Euro;
3) Karl T***** im Zeitraum 2005 bis 2011 in S***** und anderen Orten im Gesamtbetrag von 13.053.580 Euro;
5) Dr. Mathias St***** im Zeitraum von 2010 bis 2012 in G***** und anderen Orten im Gesamtbetrag von insgesamt 2.573.291,78 Euro;
C) Karl T***** im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Graz‑Stadt im Zeitraum 2006 bis 2011 in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Abgabenhinterziehungen der nachgenannten Art eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, unter Verletzung ihn treffender abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten vorsätzlich eine Verkürzung an Einkommensteuer für die Jahre 2005 bis 2010 bewirkt, indem er hinsichtlich einzelner ihm für die Scheinrechnungslegungen (A/3) zugekommener Provisionen keine Jahressteuererklärungen abgab, und zwar für das Jahr 2005 um 546,40 Euro, für das Jahr 2006 um 38.362,36 Euro, für Jahr 2007 um 80.634,89 Euro, für das Jahr 2008 um 133.903,97 Euro, für das Jahr 2009 um 146.429,75 Euro und für das Jahr 2010 um 54.417 Euro, wobei der strafbestimmende Wertbetrag insgesamt 454.294,27 Euro beträgt.
Die Angeklagten wurden zudem verpflichtet, an die Privatbeteiligte M***** GmbH Zahlungen zu leisten, und zwar Karl T***** einen Betrag von 3.562.592 Euro, Robert P***** einen Betrag von 988.137,81 Euro und Dr. Mathias St***** einen Betrag von 102.931,66 Euro (US 5 f).
Darüber hinaus wurden „nachstehende Beträge gemäß § 20 Abs 1 StPO idF BGBl I 108/2010 betreffend die vor 1. Jänner 2011 erzielten Vermögensvorteile sowie im Übrigen gemäß § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB in der derzeit geltenden Fassung, die den als Entgelte für die Scheinrechnungslegungen empfangenen sohin durch die Begehung der oben angeführten und genannten mit Strafen bedrohten Handlungen jeweils zumindest erlangten Vermögenswerten entsprechen, teils abgeschöpft, teils für verfallen erklärt und zwar hinsichtlich des Drittangeklagten Karl Heinz T***** ein Betrag in der Höhe von EUR 3.562.592, hinsichtlich des Viertangeklagten Robert P***** ein Betrag in Höhe von EUR 988.137,81 sowie hinsichtlich des Fünftangeklagten Dr. Mathias St***** ein Betrag in Höhe von EUR 102.931,66“ (US 6).
Dagegen richten sich die vom Angeklagten Wolfgang S***** aus Z „9“ und 11 und von den Angeklagten Karl T***** und Dr. Mathias St***** aus Z „9“, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden.
Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten T***** und St***** kommt teilweise Berechtigung zu. Im Übrigen gehen sie fehl.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Wolfgang S*****:
Die Feststellungen zu einem inländischen Tatort oder, im Fall einer Auslandstat, zur beiderseitigen Strafbarkeit vermissende Rechtsrüge (Z 9; zu ergänzen: lit a) orientiert sich nicht an den Entscheidungsgründen, wonach der Beschwerdeführer als österreichischer Staatsbürger in F*****, aber auch im österreichischen Bundesgebiet Beiträge zur strafbaren Handlung des in Deutschland rechtskräftig wegen des Verbrechens der Untreue verurteilten Franz D***** leistete (US 7, 8 und 16). Damit bringt sie den materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig zur Darstellung (vgl dazu RIS-Justiz RS0099810). Gleiches gilt für die Spekulationen der Beschwerde, der „Strafausspruch“ sei im Ausland erledigt worden, weshalb auch der inländische Strafanspruch erloschen sei. Ein die Behauptung stützendes Tatsachensubstrat enthält die Rüge nicht.
Ein
Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c
StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580). Dem wird die Rechtsrüge nicht gerecht, indem sie Feststellungen zur „allfälligen“ Verjährung vermisst.
Soweit der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Bedachtnahme (§ 31 StGB) auf einen gegen ihn wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen ergangenen Strafbefehl des Amtsgerichts Köln, 15. 4. 2013, Cs 113 Js 296/13, 585 Cs 140/13 (ON 363 Beilage ./4 der Beilagenmappe) moniert (Z 11), übersieht er, dass die Verhängung einer Zusatzstrafe nur getrennt, nämlich bei Finanzvergehen einerseits (gemäß § 21 Abs 3 und 4 FinStrG) und sonstigen gerichtlichen Straftaten andererseits (§ 31 StGB) möglich ist (RIS‑Justiz RS0085930, RS0085988, RS0086065, RS0086229; Lässig in WK 2 FinStrG § 21 Rz 5). Dass in Finanzstrafsachen auf ausländische Verurteilungen nicht Bedacht zu nehmen ist, sei erwähnt (vgl dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 21 Rz 6).
Die verfehlte Berücksichtigung des Strafbefehls bei der Strafzumessung (US 22) gereicht dem Beschwerdeführer zum Vorteil.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufzeigt – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl T*****:
Zu Recht zeigt die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) auf, dass das Zusammentreffen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (aF) mit den Finanzdelikten (vgl dazu US 20) zufolge des Gebots zur separaten Sanktionierung (§ 22 Abs 1 FinStrG) vom Erstgericht bei der Strafbemessung nicht als erschwerend hätte gewertet werden dürfen (RIS-Justiz RS0086221; Lässig in WK 2 FinStrG § 22 Rz 2; RIS‑Justiz RS0086070, RS0086221). Die Finanzvergehen sind in die Strafbemessung nach dem StGB ebenso wenig miteinzubeziehen wie das Verbechen nach dem StGB in jene nach dem FinStrG. Im Übrigen lässt das Urteil generell eine klare Trennung der beiden Strafaussprüche (vgl US 5, „zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von vierundzwanzig Monaten sowie zu einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 120.000 für den Fall der Uneinbringlichkeit ….“) vermissen (vgl aber § 22 Abs 1 FinStrG; Z 11 erster Fall).
Der Nichtigkeit bewirkende Umstand macht die Aufhebung des nach dem StGB und des nach dem FinStrG ergangenen Strafausspruchs unumgänglich (§ 285e StPO). Ein Eingehen auf das darauf bezogene weitere Vorbringen erübrigt sich daher.
Soweit die Sanktionsrüge den Abschöpfungs- und Verfallsausspruch bekämpft, kommt ihr gleichfalls Berechtigung zu.
Nach den Feststellungen erlangte der Beschwerdeführer durch die „Provisionsabrechnungen“ einen Vermögenszufluss von insgesamt 3.562.592 Euro (US 17), den das Erstgericht einerseits „abschöpfen“, andererseits für „verfallen“ erklären wollte (US 6). Unter einem verpflichtete es Karl T*****, an die Privatbeteiligte einen Betrag von 3.562.592 Euro zu bezahlen (US 5 f).
Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) zeigt diesbezüglich zutreffend auf, dass dem Abschöpfungserkenntnis das im Urteil ergangene Adhäsionserkenntnis entgegensteht, weil die Rechtslage vor dem 1. Jänner 2011 nicht gleichzeitig beide Aussprüche zuließ, sondern dem Privatbeteiligtenzuspruch vorrangige Bedeutung einräumte. Nach § 20a Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2010/108 war die Abschöpfung der Bereicherung ausgeschlossen, soweit der Bereicherte zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder sich dazu in vollstreckbarer Form vertraglich verpflichtet hat, er dazu verurteilt worden ist oder zugleich verurteilt wird oder die Bereicherung durch andere rechtliche Maßnahmen beseitigt wird (vgl
dazu auch RIS-Justiz RS0090556). Die Abschöpfung der bis zum 31. Dezember 2010 deliktisch erlangten Vermögensvorteile widerspricht dem Subsidiaritätsprinzip des § 20a Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2010/108. Da der zugleich zuerkannte Ersatzanspruch der Gesamthöhe der deliktisch zugeflossenen Werte entsprach (US 17), hätte nach der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Rechtslage von einer Abschöpfung Abstand genommen werden müssen. Anders hingegen die Rechtslage ab 1. Jänner 2011. Welche dem Verfall nach § 20 Abs 1 StGB unterliegenden Summen dem Beschwerdeführer nach dem 1. Jänner 2011 zugeflossen sind, lässt sich den lediglich einen Gesamtbetrag von 3.562.592 Euro für den gesamten Tatzeitraum ausweisenden Feststellungen (US 17) nicht entnehmen. Bereits deshalb war das Abschöpfungs- und Verfallserkenntnis zur Gänze zu kassieren (§ 285e StPO). Davon ausgehend können die diesbezüglich weiteren Einwände der Rüge dahinstehen.
Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass auch vermögensrechtliche Anordnungen dem Günstigkeitsvergleich unterliegen (§ 61 StGB). Dieser ist bei Realkonkurrenz (auch bei Subsumtionseinheiten nach § 29 StGB) für jede Tat – vorliegend für nach Tatzeiträumen pauschal zusammengefasste gleichartige Verbrechensmenge – gesondert vorzunehmen (RIS-Justiz RS0119545 [insbesonders T10]). Verfall in der Fassung des strafrechtlichen Kompetenzpakets (kurz: sKp [BGBl I 2010/108]) gibt es seit dem 1. Jänner 2011. Für den Zeitraum davor sah das Gesetz als vergleichbare vermögensrechtliche Maßnahme die Abschöpfung der – nach dem Nettoprinzip zu ermittelnden – (unrechtmäßigen) Bereicherung vor, die zudem nach § 20a Abs 2 Z 3 StGB (idF BGBl I 2004/136) zu unterbleiben hatte, wenn sie das Fortkommen des Bereicherten unverhältnismäßig erschwert oder ihn unbillig hart getroffen hätte, und daher für den Angeklagten insgesamt günstiger war. Auf nach dem 1. Jänner 2010 (Inkrafttreten der §§ 20, 20a StGB idgF) verwirklichte Sachverhalte ist das Tatzeitrecht anzuwenden, zufolge dessen der Zuspruch an den Privatbeteiligten die gleichzeitige Anordnung des Verfalls (also anders als nach § 20a Abs 1
StGB in der Fassung vor BGBl I 2010/108 die Abschöpfung der Bereicherung) grundsätzlich nicht hindert. Der Ausschluss des Verfalls wird durch § 20a Abs 2 Z 2
StGB idgF vielmehr auf Fälle beschränkt, in denen der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder für sie Sicherheit geleistet hat (RIS-Justiz RS0129916).
Die auch vom Angeklagten Dr. Mathias St***** in seiner Sanktionsrüge zu Recht geltend gemachten Rechtsfehler betreffen – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – auch das gegen den Angeklagten Robert P***** ergangene Abschöpfungs- und Verfallserkenntnis, der dagegen kein Rechtsmittel ergriffen hat; auch dieses war aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO zu kassieren.
Im Übrigen geht die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten T***** fehl:
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810). Daran orientiert sich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht, indem sie Feststellungen zur vorsätzlichen Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten und zum Vorsatz in Bezug auf das Bewirken einer Abgabenverkürzung vermisst, die diesbezüglichen Entscheidungsgründe (vgl US 18 zweiter Absatz) aber übergeht.
Festgehalten sei, dass der vom Beschwerdeführer nicht relevierte Widerspruch der Feststellungen dazu, ob der Angeklagte „keinerlei Einkommenssteuer-Jahreserklärungen abgab“ (US 18 zweiter Absatz) oder doch welche abgab, darin aber die ihm zugekommenen Provisionen zum Teil nicht offenlegte (hinsichtlich „einzelner“ zugekommener Provisionen, US 18 zweiter Absatz), keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand betrifft.
Die von der Rüge aufgeworfene Frage nach der Rechtskraft der Abgabenbescheide ist (für das hier zur Anwendung gelangende Tatzeitrecht) ausschließlich für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung, demnach (nur) unter dem – fallbezogen infolge Aufhebung des Strafausspruchs nach dem FinStrG nicht bedeutsamen – Aspekt der Z 11 zweiter Fall maßgeblich (RIS-Justiz RS0086436).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch C Feststellungen zum Steuersubjekt vermisst, ihre Argumentation aber nicht auf Basis der Entscheidungsgründe entwickelt, wonach nicht die GmbH, sondern der Beschwerdeführer in den Jahren 2005 bis 2010 Zahlungen für das Ausstellen von Scheinrechnungen erhielt (US 17), die er in seinen Jahressteuererklärungen vorsätzlich entweder nicht oder (mit Blick auf die im Urteil erfolgte Bezugnahme auf einzelne Provisionen) nur zum Teil erklärte (US 18), wodurch es zu Verkürzungen an Einkommensteuer kam, verfehlt sie einmal mehr die prozessförmige Darstellung des Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099810).
Weshalb die für den Zeitraum 2006 bis 2011, also über eine Zeitspanne von sechs Jahren, konstatierte Absicht des Karl T*****, sich durch Verschweigen „einzelner“ Provisionszuflüsse in (sechs aufeinanderfolgenden) Jahressteuererklärungen (in denen er diese „eben nicht offenlegte“ „sohin ganz bewusst unterließ“), eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 18 iVm US 4), der von § 38 Abs 1 FinStrG (aF) verlangten zeitlichen Intention nicht genügen sollte (vgl dazu RIS-Justiz RS0089670; RS0107402; Lässig in WK 2 FinStrG § 38 Rz 2), erklärt die diesbezüglich Feststellungsdefizite behauptende Rüge (nominell „Z 9“, der Sache nach Z 10) nicht. Offen bleibt auch, weshalb den Feststellungen, obwohl sie im Urteil auf konkrete Handlungen des Beschwerdeführers bezogen wurden (US 18 iVm US 4), der gebotene Sachverhaltsbezug fehlen sollte (vgl dazu RIS‑Justiz
RS0119090; Lässig in WK 2 FinStrG § 38 Rz 9).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) moniert, dass eine der Karl T***** angelasteten Handlungen, und zwar jene im Jahr 2011, „§ 33 FinStrG idF BGBl I 2010/104“ zu unterstellen gewesen wäre, spricht aber mit Blick auf die weiteren Taten im Jahr 2006, 2007, 2008, 2009 und 2010 keinen für den Schuldspruch wegen mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 idF vor BGBl I 2010/104 (US 5) entscheidenden Umstand (vgl auch § 265 Abs 1p FinstrG) an. Zur Forderung eines weiteren Schuldspruchs ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert.
Im Übrigen ist die (entweder in der Nichtabgabe oder in der Abgabe einer unrichtigen Erklärung bestehende) im Jahr 2011 begangene Tat richtigerweise §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG idF BGBl I 2010/104 zu unterstellen. Da diese Gesetzesfassung mit Blick auf die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags dieselbe Strafdrohung aufweist wie die Fassung vor BGBl I 2010/104, ist der dargelegte Subsumtionsfehler auch unter dem Aspekt der Strafrahmenbildung bedeutungslos.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dr. Mathias St*****:
Mit seiner zu Recht das Abschöpfungs- und Verfallserkenntnis bekämpfenden Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) ist der Beschwerdeführer auf das bereits Dargelegte zu verweisen.
Dem weiteren Beschwerdevorbringen kommt hingegen keine Berechtigung zu:
Nach den Feststellungen war auch Dr. Mathias St***** vom vorsätzlichen Befugnismissbrauch des D***** „voll informiert“ (US 16). Indem die Rechtsrüge (der Sache nach Z 9 lit a) Feststellungen zur Wissentlichkeit des Beschwerdeführers um den vorsätzlichen Befugnismissbrauch des unmittelbaren Täters vermisst, dabei aber nicht von den dazu getroffenen Konstatierungen ausgeht (US 10 f, 16, 18), verfehlt sie den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung (RIS‑Justiz RS0099810).
Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen (nominell Z 10), mit dem die Rüge die Annahme von Bestimmungstäterschaft durch Anwerben vorsatzloser Personen und die „separate Verurteilung“ bekämpft, aber übergeht, dass der Beschwerdeführer nicht wegen dieser Beteiligungsform, sondern wegen Beitragstäterschaft nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB verurteilt wurde (US 5). Bleibt anzumerken, dass die Beteiligungsform keine entscheidende Tatsache betrifft (RIS-Justiz RS0013731), die Frage, ob der Angeklagte überhaupt (zumindest) eine einem Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zu subsumierende Handlung begangen habe, aber für die Schuldfrage sehr wohl entscheidend ist. Weshalb die Feststellungen zum Legen von Scheinrechnungen und zur Entgegennahme von Zahlungen ohne Gegenleistung (US 10 ff; 16 f) die Annahme der Beitragstäterschaft nicht tragen sollten, erklärt die Rüge aber nicht.
In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Im Umfang der Aufhebung waren der Angeklagte Karl T***** und Dr. Mathias St***** mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung ebenso zu verweisen wie die Staatsanwaltschaft, soweit sie die Strafaussprüche der von der Kassation Betroffenen bekämpft.
Zur Entscheidung über die Berufungen im Übrigen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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