European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00134.15B.0309.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde gegen den zugleich mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Goran N***** mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (A) und des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er in G*****
A) am 21. Jänner 2015 in zwei Angriffen, zwischen denen wenige Stunden lagen, seine ehemalige Lebensgefährtin Monika B***** mit Gewalt zur Duldung des Vaginalverkehrs genötigt,
1) indem er sie an den Haaren riss und mit dem Ellbogen nach unten drückte;
2) indem er sie auf das Bett warf, sie an den Haaren riss und ihr die Beine auseinander drückte;
B) „von 2011 bis 16. Jänner 2015 mit Ausnahme der Zeiten behördlicher Anhaltung zwischen September 2013 und November 2014, des bereits abgeurteilten Übergriffs vom 6. August 2013 sowie der mit Freispruch erledigten Übergriffe vom 17. April 2013 und 1. Juli 2013 (ON 14)“ sohin eine längere Zeit hindurch, in wöchentlichen bis täglichen Übergriffen gegen Monika B***** fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er ihr Schläge mit der Hand und einer Kette sowie Fußtritte versetzte, wodurch die Genannte Hämatome, Rissquetschwunden, Schwellungen und zwei Nasenbeinbrüche erlitt, wobei er sie in der gleichen Häufigkeit auch durch die Ankündigung, sie umzubringen, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, zuletzt am 16. Jänner 2015, diesmal mit dem Tod, indem er ihr einen Plastiksack über den Kopf zog, sie würgte und äußerte, „Du hast Kinder? Du hast keine Kinder mehr, du bist tot“.
Rechtliche Beurteilung
A. Die dagegen aus Z 2, 3, 4, 5, 5a, „9“, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
1. Die Verfahrensrüge behauptet unbegründet einen Verstoß gegen § 155 Abs 1 Z 4 StPO bei der kontradiktorischen Vernehmung der Zeugin Monika B***** im Ermittlungsverfahren (ON 37) und infolge dessen einen Nichtigkeit (Z 2) begründenden Fehler des erkennenden Gerichts durch die Vorführung der diesbezüglichen Ton‑ und Bildaufnahme in der Hauptverhandlung (ON 69 S 28 f).
Das Vorbringen, wonach Monika B***** schwere Alkoholikerin sei und Erinnerungslücken aufweise, an Blutschwäche oder Blutkrankheit leide, ihre Angaben falsch und widersprüchlich seien und sie sich wegen psychischer Ausfälle bereits in stationärer Behandlung befunden habe (vgl dazu ON 39 S 399), spricht eine der in § 155 Abs 1 Z 4 StPO bezeichneten Konstellationen nicht an. Eine solche liegt nämlich nur bei erwiesener Zeugnisunfähigkeit vor (RIS‑Justiz RS0097903).
Ob die Zeugin abgesehen von solcher Unfähigkeit zur richtigen Wiedergabe von Wahrnehmungen willens und in der Lage war, betrifft von den Tatrichtern zu beurteilenden Beweiswert der Aussage (RIS‑Justiz RS0097903; Kirchbacher , WK‑StPO § 155 Rz 31 f), mit dem sich diese mängelfrei befasst haben (US 8 f).
2. Weshalb die im Referat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) angeführte Bezeichnung der Monika B***** als „ehemalige“ Lebensgefährtin des Angeklagten Nichtigkeit begründen soll, macht die weitere Verfahrensrüge (Z 3) nicht klar. Desgleichen lässt der Einwand, die Tathandlungen seien im Rahmen einer Lebensgemeinschaft keinesfalls ungewöhnlich und hätten sich im Rahmen eines Übereinkommens bewegt, keinen Bezug zu einem Nichtigkeitsgrund erkennen.
Soweit der Beschwerdeführer auch im Rahmen der Verfahrensrüge die rechtsirrige Nichtanwendung des § 31 StGB behauptet, ist er auf die Erledigung der Sanktionsrüge zu verweisen.
3. Die Geltendmachung der Verfahrensrüge aus Z 4 verlangt, dass die Anträge erhebliche (vgl § 254 Abs 1 StPO) Tatsachen betreffen (RIS‑Justiz RS0116503). Einem Beweisantrag muss neben Beweismittel und Beweisthema auch zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für die Schuldfrage oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung ist
(RIS‑Justiz RS0118444).
Solche Beweisanträge spricht die Verfahrensrüge (Z 4) nicht an.
Durch die Nichtdurchführung des Antrags auf Beischaffung von Meldeauskünften (ON 57a S 36) zum Beweis dafür, dass der Angeklagte in dem zu B angeführten Tatzeitraum mit Monika B***** nicht zusammenlebte „bzw von ihr entfernt war“, wurden keine Verteidigungsrechte des Angeklagten verletzt. Ob der Beschwerdeführer und Monika B***** im angeführten Tatzeitraum an der selben Adresse gemeldet waren, ist für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage ohne Bedeutung. Inwiefern die Dokumente verlässliche Auskunft über den tatsächlichen Aufenthaltsort des Angeklagten geben könnten, war dem Beweisantrag nicht zu entnehmen.
Mit seiner Kritik an der vom Erstgericht abgelehnten Beiziehung eines medizinischen, neurologisch‑psychiatrischen und psychologischen Sachverständigen zum Nachweis der Zeugnisunfähigkeit der Monika B***** ist der Beschwerdeführer schon deshalb nicht im Recht, weil er in seinem Beweisantrag (ON 57a S 35, ON 69 S 21 ff) nicht darlegte, weshalb sich die Zeugin zu einer Untersuchung ihres körperlichen oder geistigen Zustands bereit finden würde. Nachdem sie bereits anlässlich ihrer ersten Vernehmung unmissverständlich erklärt hatte, nicht mehr zu Gericht kommen und nicht mehr aussagen zu wollen, wäre dies umso mehr geboten gewesen (ON 37 S 21; RIS‑Justiz RS0108614). Aus ihrem Einverständnis zur Beischaffung ihrer Krankengeschichte oder ihrem Anschluss als Privatbeteiligte allein ist dies nicht abzuleiten.
Die Prüfung der Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft kommt nach dem Gesetz allein dem erkennenden Gericht zu (§ 258 Abs 2 StPO). Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen, kommt insoweit die Hilfestellung durch einen Sachverständigen in Betracht (RIS‑Justiz RS0097364 [T6], RS0097733, RS0120634; Hinterhofer , WK‑StPO § 126 Rz 8).
Indizien dafür zeigt die Rüge mit der Behauptung wahrheitswidriger und widersprüchlicher Angaben, dem Hinweis auf jahrelangen Alkoholkonsum und das Bestehen von Erinnerungslücken nicht auf. Umstände, die bloß für oder gegen die Glaubwürdigkeit oder Verlässlichkeit der Monika B***** sprechen, unterliegen ausschließlich der Beweiswürdigung durch das erkennende Gericht (vgl US 8 f; RIS‑Justiz RS0097364 [T2]; Hinterhofer , WK‑StPO § 126 Rz 9).
Der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen zum Nachweis dafür, dass die von Monika B***** geschilderten Beeinträchtigungen in der Krankengeschichte (vgl dazu ON 39 S 217 bis 377) keine Deckung finden (ON 57a S 35), legte nicht dar, weshalb das behauptete Beweisergebnis zu erwarten sei.
Nachdem die im Ermittlungsverfahren kontradiktorisch vernommene Zeugin Monika B***** bereits unmissverständlich erklärt hatte, von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch zu machen (ON 37 S 21), wäre es Sache des Antragstellers gewesen, begründet darzutun, weshalb dennoch zu erwarten sei, dass sie sich zu einer weiteren Aussage vor dem erkennenden Gericht bereit finden werde (RIS‑Justiz RS0117928).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen verfiel daher auch der Antrag des Angeklagten auf Ladung und Vernehmung der Monika B***** „unmittelbar durch das erkennende Schöffengericht“ (ON 69 S 21) zu Recht der Ablehnung.
Die vom Rechtsmittelwerber behauptete mangelhafte Begründung des den Antrag abweisenden Zwischenerkenntnisses steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (RIS‑Justiz RS0116749 [T1]).
Durch die Abweisung des Begehrens auf Vernehmung der Renate K*****, die den Bereich der Toilettenanlage gar nicht einsehen konnte (ON 39 S 203), wurden keine Verteidigungsrechte des Angeklagten verletzt. Warum die Zeugin den Beschwerdeführer in Bezug auf den Vergewaltigungsvorwurf plötzlich entlasten sollte, obwohl sie bereits anlässlich ihrer Aussage vor der Polizei erklärt hatte, zum Vorfall keine Angaben machen zu können (ON 39 S 203), ließ der Beweisantrag nicht erkennen (RIS‑Justiz RS0118123).
Zu Recht wurde vom Erstgericht auch das Begehren des Beschwerdeführers um Ausforschung, Ladung und Vernehmung der am 21. Jänner 2015 bei der Straßenbahnlinie 7 und der Buslinie 77 diensthabenden Personen sowie der „informierten Vertreter“ der Polizeiinspektion Graz‑Riesplatz abgewiesen. Aufgrund welcher konkreten Tatsachen davon auszugehen sei, dass diese Personen in der Lage sein sollten, zu bestätigen, dass der Angeklagte Monika B***** nicht vergewaltigt habe, blieb offen (RIS‑Justiz RS0118123, RS0118444). Bloße Spekulationen dazu, wer was hätte wahrnehmen müssen und was daraus zu folgern sei, genügen den Antragerfordernissen nicht.
Mit der an der Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft geübten Kritik verfehlt die Verfahrensrüge den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung.
Weshalb ein medizinischer oder psychiatrischer Sachverständiger zum Schluss kommen sollte, dass der 1966 geborene Angeklagte zufolge seiner Alkoholsucht und schlechten Ernährung zum inkriminierten Tatzeitpunkt zum einmaligen, nicht aber zum mehrfachen Samenerguss in der Lage gewesen wäre, ließ der darauf gerichtete Beweisantrag nicht erkennen (ON 69 S 26). Im Übrigen war er, soweit damit bloß die generelle Unfähigkeit des Angeklagten zum mehrfachen Samenerguss oder zum mehrfachen Vollzug des Beischlafs an einem Tag belegt werden sollte, unerheblich, weil er keine für die Schuld‑ oder die Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache betraf. Ein gelungenes Eindringen des Penis in die Scheide des Opfers setzt die Tathandlung des Beischlafs nämlich gar nicht voraus (vgl RS0116530 [T8]; Fabrizy , StGB 11 § 201 Rz 9).
Inwiefern durch Verlesung sämtlicher über den Beschwerdeführer und Monika B***** bestehender Polizeiberichte und Aktenvermerke, insbesondere nach November 2014, und den Vorfall vom 16. Jänner 2015 der Nachweis erbracht werden hätte können, dass der Angeklagte gegenüber Monika B***** nicht fortgesetzt Gewalt ausgeübt habe, ließ der darauf gerichtete Beweisantrag offen.
Der Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheins in der WC‑Anlage bei der Endstation (Tatort der ersten Vergewaltigung) und in der Wohnung der Monika B***** (Tatort der zweiten Vergewaltigung) zum Beweis dafür, dass die inkriminierten Vorgänge gar nicht möglich waren oder von Zeugen gehört werden hätten müssen (ON 57a S 35), legte nicht dar, welche über die Lichtbilder vom Tatort (ON 39 S 175 ff, 63 ff) hinausgehenden Aufschlüsse durch einen solchen Augenschein zu erwarten gewesen wären (US 6). Weshalb die Vergewaltigung in der von Monika B***** geschilderten Art und Weise außerhalb der WC‑Anlage oder der Wohnung wahrnehmbar sein hätte müssen (vgl dazu US 6), wurde im Beweisantrag nicht dargetan. Ebenso wenig ließ er erkennen, weshalb ein solches Beweisergebnis für die Schuld‑ oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung sei.
Weshalb die Zeugen Richard L*****, Pawel R*****, Elisabeth G*****, ein „ägyptischer Nachbar“, „Hausmeister Laszlo und seine Ehegattin Angela“, Mario Ba***** oder ein Zeuge mit dem Spitznamen „Boro“ im Rahmen einer Vernehmung bestätigen können sollten, dass Monika B***** ‑ den bei den Akten befindlichen und in der Hauptverhandlung verlesenen Krankengeschichten zuwider ‑ im Tatzeitraum keine Verletzungen aufwies, ließ der Antrag nicht erkennen (ON 57a S 35).
Inwiefern ein am 21. Jänner 2015 von Marian M***** bei Monika B***** getätigter Anruf, in dem er sie um eine Zeugenaussage ersuchte, für die Beurteilung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Aussage der Monika B***** von Bedeutung sei, legte der Beschwerdeführer im Antrag nicht dar.
Mit der wiederholt erhobenen Behauptung der Unfairness zeigt die Verfahrensrüge keinen Verstoß gegen Art 6 Abs 3 lit d MRK auf. An die Belastungszeugin Monika B***** konnte der Verteidiger des Angeklagten zahlreiche Fragen stellen (ON 37 S 12 bis 21). Vom Erstgericht zu Unrecht abgewiesene Beweisanträge zeigt die Rüge nicht auf.
4. Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also solche, die für das Erkenntnis in der Schuldfrage maßgebend sind und entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben (RIS‑Justiz RS0106268). Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn ‑ nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht ‑ nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insb T3 und T4]).
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0118316).
Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 438) können. Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 270 Abs 2 Z 4 StPO [§ 260 Abs 1 Z 1 StPO]), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (RIS‑Justiz RS0119089).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (RIS‑Justiz RS0116732, RS0118317).
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431).
Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen (RIS‑Justiz RS0124172).
An den dargestellten Kriterien prozessordnungskonformer Ausführung orientiert sich die Mängelrüge nicht. Vielmehr beschränkt sie sich im Wesentlichen darauf, weder für den Schuldspruch noch für die Subsumtion entscheidende Feststellungen als undeutlich oder unvollständig zu kritisieren und unverständliche Ableitungen aus der französischen Sprache vorzunehmen, um etwa zu behaupten, das Wort Toilettenkabine könnte auch „Tüchlein“ oder „Schiffskammer“ bedeuten. Indem sie vom Erstgericht berücksichtigte Verfahrensergebnisse als übergangen reklamiert und eigene Beweiswerterwägungen anstellt, zeigt sie den Nichtigkeitsgrund ebenso wenig auf. Im Übrigen erschöpft sie sich darin, auf das Entdeckungsrisiko des Angeklagten zu verweisen, unwesentliche Details vor und nach der Tat zu thematisieren und gestützt auf die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in Zweifel zu ziehen.
Zudem sei Folgendes erwidert:
Das Erstgericht gründete die Schuldsprüche auf die für glaubwürdig befundenen Angaben der Monika B*****, die es als mit zahlreichen anderen Zeugenaussagen und den beigeschafften Krankengeschichten im Einklang stehend erachtete (US 7 ff). Dabei setzte es sich mit den Widersprüchen in der Aussage der Belastungszeugin ebenso auseinander wie mit deren Umgang mit Alkohol (US 8). Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Monika B***** führende kritisch‑psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung sowohl nach Z 5 als auch nach Z 5a des § 281 Abs 1 StPO entzogen (RIS‑Justiz RS0099419).
Indem die Mängelrüge eigene Beweiswerterwägungen anstellt und der Zeugin unter Bezugnahme auf diverse Widersprüche (ON 39 S 399 ff) die Fähigkeit abspricht, wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen, zeigt sie keinen Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes auf.
Dem Vorwurf der Unvollständigkeit zuwider (Z 5 zweiter Fall) erörterte das Erstgericht auch die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers eingehend und legte in ausführlicher, den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechender (Z 5 vierter Fall) Weise dar, aus welchen Gründen es dieser Einlassung nicht folgte (US 14 f).
Mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) waren die Tatrichter weder gehalten, sich mit sämtlichen Details der für unglaubwürdig befundenen Aussage des Beschwerdeführers noch mit denen der für zuverlässig befundenen Angaben der Zeugin Monika B***** auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0098377).
Die in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben der Zeugin Monika K***** (ON 69 S 29) standen den zur ersten Vergewaltigung getroffenen Feststellungen nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegen.
Der weiteren Beschwerdebehauptung (Z 5 vierter Fall) zuwider ist der Schluss vom gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen oder Wollen nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882 [T3]).
Soweit die Mängelrüge die Einschränkung des zu B/2 angeführten Tatzeitraums auf Februar oder März 2013 bis Ende Mai 2013 anstrebt, spricht sie mit Blick auf den unbeanstandet gebliebenen Zeitraum von zumindest drei Monaten, in denen der Beschwerdeführer Monika B***** in wöchentlichen bis täglichen Abständen Verletzungen zufügte und mit einem Eingriff in deren körperliche Unversehrtheit gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 4 f), keinen entscheidenden Umstand an.
Das von den Tatrichtern angenommene Tatmotiv berührt hier weder die Schuldfrage noch den anzuwendenden Strafsatz und kann daher kein Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde sein (RIS‑Justiz RS0088761).
Weshalb die zum Schuldspruch B getroffenen Urteilsannahmen eine Verurteilung des Angeklagten wegen fortgesetzter Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB nicht tragen sollten, leitet die Rüge (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a oder 10) nicht aus dem Gesetz ab. Gleiches gilt für die Behauptung (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a oder 10), dass es für die Erfüllung des Tatbestands zusätzlicher Feststellungen zum genauen Zeitpunkt der Zufügung von Verletzungen, zu entsprechenden Anzeigen und zur Beendigung der Beziehung bedurft hätte (vgl aber RIS‑Justiz RS0116565).
5. Soweit der Beschwerdeführer einzelne Argumente
der Mängelrüge undifferenziert auch unter dem Aspekt einer
Tatsachenrüge (Z 5a) vorbringt, verkennt er, dass die Nichtigkeitsgründe voneinander wesensmäßig verschieden und daher (unter deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeit begründenden Sachverhalten) gesondert auszuführen sind (RIS‑Justiz RS0115902).
Ansonsten gelingt es der in Bezug auf das Verhalten des Angeklagten nach der Haftentlassung schlicht Verleumdung behauptenden Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof
erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Gleiches gilt für deren Hinweis auf Widersprüche in der Aussage der Zeugin Monika B***** und einige Aussagepassagen des Raimund B*****, wonach dessen Exgattin Alkoholikerin sei und Geschichten erzähle (vgl dazu US 12 f).
6. Dem undifferenziert unter dem Titel „Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 9, 10 StPO“ erstatteten Vorbringen ist vorweg zu erwidern: Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).
Indem die Beschwerde den „oftmals gerügten“ Urteilssachverhalt bestreitet, verfehlt sie die prozessförmige Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Soweit die Rechtsrüge (der Sache nach Z 9 lit b) einen Feststellungsmangel zum Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) einwendet, entzieht sie sich schon deshalb einer inhaltlichen Erwiderung, weil sie ihre Argumentation nicht aus den in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnissen entwickelt (RIS‑Justiz RS0116735).
Der Einwand, es sei von wechselseitiger stillschweigender Zustimmung zu weiterem Geschlechtsverkehr auszugehen, entfernt sich von den gegenteiligen Feststellungen, wonach der Angeklagte den Beischlaf im Bewusstsein fehlender Einwilligung und in gezielter Beugung des Willens der Monika B***** vollzog (US 6).
Weshalb es genauerer Feststellungen zur die Ablehnung von Geschlechtsverkehr zum Ausdruck bringenden Äußerung der Monika B***** (US 6) bedurft hätte, lässt die Rüge offen.
Der Einwand, es fehle an Feststellungen zur Subsumtion nach § 201 Abs 1 StGB, weil dem Urteil nicht der genaue Zeitpunkt der am 21. Jänner 2015 (an verschiedenen Orten) begangenen Vergewaltigungen (US 6 f) zu entnehmen sei, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0116569).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt den Entfall der Schuldsprüche wegen Vergewaltigung bei gleichzeitiger Unterstellung des Tatgeschehens unter § 107b Abs 1, 3 und 4 erster Satz zweiter Fall StGB an, legt aber nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, inwieweit die vom Erstgericht festgestellte einmalige Wiederholung der gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Integrität gerichteten Angriffe der von § 107b Abs 4 erster Satz zweiter Fall StGB geforderten Zeit-und Wiederholungskomponente entsprechen sollte (vgl Winkler SbgK § 107b Rz 135 ff). Damit gelangt der geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund ein weiteres Mal nicht zur prozessförmigen Darstellung (RIS‑Justiz RS0116565).
Zur Bekämpfung der „Ausnahmen vom Schuldspruch“ (US 2) ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert.
Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) eine Beendigung des Tatzeitraums zu B/2 mit Haftantritt und die Anlastung des Tatgeschehens vom 16. Jänner 2015 als ein weiteres „kleines einzelnes punktuelles Vergehen“ anstrebt, erweist sie sich als nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt.
Indem die Rüge tatbestandliches Handeln nach der Haftentlassung des Angeklagten in Abrede stellt, entfernt sie sich ‑ im Rahmen der Geltendmachung materieller Nichtigkeit wie bereits dargelegt unzulässig ‑ vom Urteilssachverhalt.
7. Gemäß § 31 Abs 1 StGB ist eine Zusatzstrafe zu verhängen, wenn die in Rede stehende Tat nach der Zeit ihrer Begehung schon in einem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können. Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) folgt daraus, dass bei Tatmehrheit nur dann im Sinn des § 31 Abs 1 StGB auf eine Vorverurteilung Bedacht zu nehmen ist, wenn sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten vor jener begangen wurden (RIS‑Justiz RS0090813). Da der Tatzeitraum gegenständlich am 21. Jänner 2015 endete (US 6), sprach das Erstgericht somit zu Recht keine Zusatzstrafe zum Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11. Juni 2014 (US 4) aus (vgl RIS‑Justiz RS0090813).
Entgegen der einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot einwendenden Beschwerde sind die vom angefochtenen Schuldspruch erfassten Taten auch nicht mit denen des Vorurteils ident (vgl US 2).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
B. Die Entscheidung über die Berufungen sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit kommt daher dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
C. Zu den Beschwerden gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 10. September 2015, GZ 18 Hv 45/15b‑79, und den vom 29. September 2015, GZ 18 Hv 45/15b‑85, mit denen die Anträge des Angeklagten auf Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung zum Teil abgewiesen wurden, ist Folgendes festzuhalten:
Bezugspunkt der Urteilsanfechtung ist ‑ außer im Fall eines bereits rechtskräftig entschiedenen Protokollberichtigungsantrags ‑ der tatsächliche Vorgang oder Umstand, nicht dessen Wiedergabe im Hauptverhandlungsprotokoll. Zweck der Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls ist die Sicherstellung des Rechtsmittelerfolgs, was unmissverständlich aus dem gegenüber § 270 Abs 3 zweiter Satz StPO eingeschränkten Kreis der Antragsberechtigten auf eine „zur Ergreifung von Berufung oder Nichtigkeitsbeschwerde berechtigte Partei“ hervorgeht. Als erheblich im Sinn von § 271 Abs 7 zweiter Satz StPO kommen folgerichtig nur jene Umstände oder Vorgänge in Betracht, die Grundlage des Rechtsmittelvorbringens sein können. Darin besteht auch der Maßstab für die vom Erstgericht vorzunehmende Erheblichkeitsprüfung (RIS‑Justiz RS0120683).
Mit dem Hinweis auf Angaben des Angeklagten, die seine Vorstrafenbelastung betreffen, zu einem Anruf des Peter H***** betreffend eine Äußerung der Monika B***** zu ihrem Standort vor der Polizei, zur Abholung von Gepäck, zum Anläuten von Zeugen an mehreren Wohnungstüren, zur genauen Filiale, bei der der Beschwerdeführer gewartet habe, zum Umgang der Monika B***** mit Lichtbildern ihrer Kinder, zum Fehlen eines Zeugen, der das Betreten des Hauses bestätigten könnte, zum Zusammenleben mit Monika B***** nach seiner Haftentlassung und zur Wohnadresse des ägyptischen Nachbarn zeigt die Beschwerde vom 24. September 2015 (ON 84) keine erhebliche Umstände oder Vorgänge im Sinn von § 271 Abs 7 zweiter Satz StPO auf.
In der Beschwerde vom 13. Oktober 2015 (ON 88) wird das Unterbleiben der Berichtigung von nicht sinnstörenden Schreib‑ und Tippfehlern sowie einer Protokollierung des ‑ hier gar nicht erforderlichen -Einverständnisses des Verteidigers zur Vorführung der DVD über die kontradiktorische Vernehmung moniert.
Da die Nichtigkeitsbeschwerde auch im Fall der beantragten Berichtigungen erfolglos geblieben wäre, verfehlte die angestrebte Protokolländerung ihren Zweck und konnte die Erledigung beider Beschwerden dahinstehen (vgl RIS‑Justiz RS0126057 [T2]).
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