European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00109.14M.1023.000
Spruch:
Den Rekursen wird Folge gegeben.
1. Der Nichtigerklärungs‑ und Zurückweisungs-beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und diesem die Sachentscheidung über die Berufung der klagenden Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
2. Der Nichtigkeits‑ und Zurückweisungs-beschluss des Rekursgerichts sowie der im Urteil des Erstgerichts integrierte Umdeutungs‑ und Überweisungsbeschluss werden aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zurückverwiesen und diesem die Entscheidung über den davon betroffenen Teil des Klagebegehrens aufgetragen.
Die Kosten des Rekurs‑ und Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Der Kläger ist Miteigentümer der Liegenschaft ***** KG *****.
Er begehrt zum Rechtsverhältnis zwischen der Eigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft und ihm als Eigentümer von 300/4546 Anteilen an dieser Liegenschaft, mit welchen Wohnungseigentum an W 7 St 3 verbunden sei, festzustellen, dass jegliche Anlastung von Erhaltungs‑, Reparatur- und Verbesserungskosten der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage für diese Eigentumswohnung ab dem Kalenderjahr 2001 rechtswidrig gewesen sei und weitere solche Vorschreibungen rechtswidrig wären.
Er brachte vor, seine Eigentumswohnung sei nicht an die bestehende gemeinsame Wärmeversorgungsanlage angeschlossen. Er beziehe weder Heizwärme noch Warmwasser aus dieser Wärmeversorgungsanlage, weil die Wohnung ausschließlich durch eine eigene darin befindliche Etagenheizung beheizt und mit Warmwasser versorgt werde. Aufgrund dieses Sachverhalts dürften ihm für diese Wohnung nach § 12 HeizKG aus den Kosten der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage nur a) ein Anteil an dem nicht verbrauchsabhängig aufzuteilenden Teil der Energiekosten und b) ein Anteil an den „sonstigen Kosten des Betriebs“ angelastet werden, zu welchen laut § 2 Z 10 HeizKG nur Kosten für Betreuung und Wartung einschließlich Ersatzes von Verschleißteilen und Kosten der Abrechnung gehörten, nicht aber ein Aufwand für die Erhaltung oder Verbesserung der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage. Als Alternative zur Feststellungsklage stünde ihm nur der unzumutbare Weg offen, jährlich die Abrechnung zu bestreiten. Die Möglichkeit einer Anfechtung der Abrechnung stünde seinem rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung nicht entgegen.
Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe seine Wohnung eigenmächtig von der Warmwasser- und Wärmeversorgungsanlage abgeschlossen, was ihn nicht von der anteiligen Zahlung der Gesamtkosten der Gemeinschaftsanlage befreie. Hinsichtlich von in den Jahren 2001 bis 2009 allenfalls unberechtigt vorgeschriebenen Kosten wäre dem Kläger eine Leistungsklage möglich gewesen. Auch für die Zukunft fehle dem Kläger jegliches Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung. Darüber hinaus seien inhaltliche Abrechnungsmängel zwingend im Außerstreitverfahren geltend zu machen.
Das Erstgericht wies die begehrte Feststellung für die Jahre 2001 bis 2009 ab, deutete das Begehren des Klägers betreffend den Zeitraum ab 2010 gemäß § 40a JN in einen Antrag um, und überwies diesen insoweit in das Verfahren außer Streitsachen. Dazu führte es rechtlich aus, bis zum Jahr 2009 hätte der Kläger allfällige Rückforderungsansprüche im Wege einer Leistungsklage geltend zu machen gehabt, weswegen es insoweit am rechtlichen Interesse für die begehrte Feststellung fehle. Seit 2009 sei es möglich, eine inhaltliche Überprüfung der Richtigkeit der Heizkostenabrechnung gemäß § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG zu fordern. Darüber habe das Gericht gemäß § 25 Abs 2 HeizKG im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, weswegen der Kläger für die Zeit ab dem Jahr 2010 keine Feststellungsklage, sondern einen Antrag einbringen hätte müssen.
Aus Anlass der Berufung des Beklagten hob das Berufungsgericht (im Kopf der Entscheidung unrichtig: Rekursgericht) das abweisende Urteil des Erstgerichts und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Dem Rekurs der Beklagten gab es Folge, erklärte den im Urteil des Erstgerichts integrierten Beschluss und das diesem vorangegangene Verfahren für nichtig und wies die Klage auch in dem Umfang der vom Erstgericht ausgesprochenen Überweisung zurück. Der Kläger beantrage die urteilsmäßige Feststellung, dass jegliche Anlastung von Erhaltungs‑, Reparatur- und Verbesserungskosten der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage für seine Eigentumswohnung ab dem Kalenderjahr 2001 rechtswidrig gewesen sei und weitere Vorschreibungen rechtswidrig wären. Damit mache er die inhaltliche Unrichtigkeit der Heizkostenabrechnungen seit dem Jahr 2001 geltend. Gemäß dem am 1. 4. 2009 in Kraft getretenen § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG könne die Verpflichtung zur Legung einer inhaltlich richtigen Abrechnung (§§ 17 bis 20, § 22 HeizKG) im Verfahren außer Streitsachen durchgesetzt werden. Die Anwendbarkeit des § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG sei auch für Abrechnungsperioden zu bejahen, die vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung lägen, wenn nur das Verfahren nach dem 1. 4. 2009 eingeleitet worden sei. Über das vom Kläger am 26. Juli 2013 eingebrachte Begehren sei daher im Verfahren außer Streitsachen abzusprechen. In den in § 25 Abs 1 HeizKG angeführten Angelegenheiten setze die Anrufung des Gerichts jedoch eine Befassung der in § 39 Abs 1 MRG bezeichneten Gemeindeschlichtungsstelle voraus (§ 25 Abs 2 HeizKG). Eine Überweisung an das zuständige Außerstreitgericht müsse daher unterbleiben. Eine Behandlung der Klage als Antrag im Verfahren außer Streitsachen komme in einem solchen Fall nicht in Betracht, weswegen die Klage insgesamt zurückzuweisen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs (richtig: die Rekurse) des Klägers, der einen Aufhebungsantrag des Beschlusses des Rekursgerichts in sich schließt, mit dem Begehren, die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz zur Gänze aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens im vollen Umfang des Klagebegehrens aufzutragen; in eventu auch das Begehren betreffend den Zeitraum 2001 bis 2009 gemäß § 40a JN in einen im Außerstreitverfahren zu behandelnden Antrag umzudeuten.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dass dem Rekurs nicht Folge gegeben werde; in eventu, diesen zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Zulässigkeit der Rechtsmittel:
1. Der Kläger wendet sich mit seinem Rechtsmittel sowohl gegen den Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem das Verfahren aus Anlass der Berufung für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen wurde, als auch gegen die über Rekurs der Beklagten erfolgte Zurückweisung eines Teils seines Klagebegehrens. Dass der Kläger sein Rechtsmittel insgesamt als Rekurs bezeichnet, steht dessen Behandlung in der gesetzlich vorgesehenen Weise nicht entgegen (vgl RIS‑Justiz RS0036258)
2. Der Rekurs des Klägers ist, soweit er die Aufhebung der Nichtigerklärung des Ersturteils und der Zurückweisung der Klage durch das Berufungsgericht anstrebt, gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwerts und das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig.
3. Erachtet sich ein als Rekursgericht angerufenes Gericht zweiter Instanz zu einer Nichtigerklärung des Verfahrens unter Zurückweisung der Klage bestimmt, so ist dieser Beschluss wie ein gleichartiger berufungsgerichtlicher Beschluss in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO anfechtbar, ohne dass die Zulässigkeits-voraussetzungen nach § 528 ZPO vorliegen müssten (RIS‑Justiz RS0043774; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 21). Dieser Grundsatz gilt immer dann, wenn sich das Rekursgericht erstmals mit einer Nichtigkeit auseinandergesetzt und sie bejaht hat (RIS‑Justiz RS0043861 [T4]; RS0116348). Er kommt daher auch dann zum Tragen, wenn ‑ wie hier ‑ das Erstgericht nach (teilweiser) Umdeutung der Klage in einen Antrag die Überweisung in das Verfahren außer Streitsachen ausgesprochenen hat, und das Rekursgericht die Nichtigerklärung des Verfahrens und Zurückweisung der Klage vornimmt (vgl 2 Ob 178/09d).
Die Rechtsmittel des Klägers sind damit zulässig; sie sind auch berechtigt.
II. Zur Zulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs:
1. Die Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren findet nur statt, wenn eine Sache durch das Gesetz ausdrücklich oder zumindest schlüssig in diese Verfahrensart verwiesen ist (RIS‑Justiz RS0012214 [T1; T5]; RS0005948; vgl auch RS0109644). Ob ein Begehren im Verfahren außer Streitsachen oder im Prozess zu entscheiden ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Parteivorbringen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen (RIS‑Justiz RS0013639; RS0005896). Die inhaltliche Berechtigung des vom Kläger behaupteten Anspruchs ist bei der Frage der Rechtswegszulässigkeit unerheblich, darüber ist erst in der Sachentscheidung abzusprechen (RIS‑Justiz RS0045491).
2. Seit der Geltung des mit 1. 4. 2009 in Kraft getretenen § 25 Abs 1 Z 8a
HeizKG durch die WRN 2009 BGBl I 2009/25 ist die materiell‑rechtlich schon immer geschuldete Verpflichtung zur Legung einer inhaltlich richtigen Abrechnung (§§ 17 bis 20, § 22 HeizKG) im Verfahren außer Streitsachen durchzusetzen. § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG ist auch für Abrechnungsperioden anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung liegen, wenn nur das Verfahren vor der Schlichtungsstelle nach dem 1. 4. 2009 eingeleitet wurde oder zumindest anhängig blieb (5 Ob 22/11p wobl 2012/78).
3. In den in § 25 Abs 1
HeizKG angeführten Angelegenheiten setzt die Anrufung des Gerichts eine Befassung der in § 39 Abs 1 MRG bezeichneten Gemeindeschlichtungsstelle voraus (§ 25 Abs 2
HeizKG). Ein ungeachtet dessen unmittelbar bei Gericht gestellter Antrag ist wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0122665).
4.1 Das Berufungsgericht deutete das Begehren des Klägers als
Antrag auf inhaltliche Überprüfung von Heizkostenabrechnungen für die Jahre ab 2001 nach den §§ 17 bis 20, § 22 Abs 1 und 3
HeizKG und ging deshalb von einem im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machenden
Antrag aus (§ 25 Abs 1 Z 8a
HeizKG). Damit gibt es dem Begehren einen Inhalt, der vom Kläger ausdrücklich nicht angestrebt wird.
4.2 Nach § 17 Abs 1 HeizKG hat der Wärmegeber spätestens sechs Monate nach Ablauf der Abrechnungsperiode (§ 16 HeizKG) über die dieser Periode zugeordneten gesamten Heiz‑ und Warmwasserkosten eine schriftliche Abrechnung zu erstellen. Die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer Abrechnung kommt schon begrifflich nur für vergangene Perioden in Betracht. Soweit das Begehren des Klägers auf Feststellung gerichtet ist, dass weitere [solche] Vorschreibungen rechtswidrig wären, und damit Wirkung für die Zukunft entfalten soll, scheidet ein Verfahren gemäß § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG von vornherein aus.
4.3 Gegenstand eines Antrags nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG ist die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung. In die Abrechnung sind alle in der Abrechnungsperiode fällig gewordenen Heiz‑ und Warmwasserkosten aufzunehmen (§ 17 Abs 2 HeizKG). Nach § 18 Abs 1 Z 2 HeizKG hat die Abrechnung die Information über die für das gesamte Gebäude (für die wirtschaftliche Einheit) zu verrechnenden Heiz‑ und Warmwasserkosten summenmäßig, getrennt nach Energiekosten und sonstige Kosten des Betriebs zu enthalten. Was unter Energiekosten bzw sonstige Kosten des Betriebs zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Z 9 und Z 10 HeizKG. Das Heizkostengesetz enthält damit einen abschließenden Katalog jener Aufwendungen, über die für eine bestimmte Periode Rechnung zu legen ist.
4.4 Wenn es um die inhaltliche Kontrolle einer solchen Abrechnung geht, stellt das Verfahren nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG daher darauf ab, ob eine bestimmte Abrechnungsposition den im Heizkostengesetz genannten Aufwendungen zuzuordnen ist oder nicht. Ähnlich dem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 12 MRG (vgl dazu RIS‑Justiz RS0070060) eröffnet § 25 Abs 1 Z 8a den außerstreitigen Rechtsweg daher nur zur Feststellung, dass die Aufnahme einer bestimmten Position dem Gebot zur inhaltlich richtigen Abrechnung über eine Periode widerspricht.
5. Der Kläger hat ausdrücklich auf die aus seiner Sicht gegebene Unzumutbarkeit einer jährlichen Überprüfung der Abrechnung hingewiesen und damit deutlich gemacht, dass es ihm nicht auf eine materielle Rechnungskontrolle nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG ankommt. Mit diesem Vorbringen steht sein auf § 228 ZPO gestütztes Begehren in Einklang, mit dem er nicht die materielle Kontrolle der Abrechnung über bestimmte Perioden anstrebt, sondern ganz allgemein die Feststellung begehrt, dass ihm gegenüber die Anlastung von Erhaltungs-, Reparatur- und Verbesserungskosten der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage für die Vergangenheit (ab dem Jahr 2001) und die Zukunft rechtswidrig (gewesen) sei. § 2 Z 10 HeizKG nimmt den Aufwand für Erhaltung und Verbesserung der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage ausdrücklich von den Kosten des Betriebs aus, sodass das Begehren des Klägers im Ergebnis generell auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Anlastung von nicht durch das Gesetz gedeckten Aufwendungen ihm gegenüber hinausläuft. Ein solches Begehren kann aber entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz nicht einer Antragstellung im Sinne des § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG unterstellt werden. Damit hat das Berufungs‑ und Rekursgericht die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs für das klägerische Begehren auch für die Vergangenheit (ab dem Jahr 2001) zu Unrecht angenommen, weswegen den Rechtsmitteln des Klägers Folge zu geben ist. Ob einem solchen Begehren inhaltlich eine Berechtigung zuzukommen vermag, hat der Oberste Gerichtshof im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht zu prüfen.
6. Der Kläger hat mit seiner Berufung die Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze bekämpft und sich damit fristwahrend (vgl RIS‑Justiz RS0002105; RS0041696) auch gegen die Umdeutung eines Teils seines Begehrens in einen Antrag und dessen Überweisung ins Verfahren Außerstreitsachen durch das Erstgericht gewendet. Das Gericht zweiter Instanz hat mit seiner Berufungs- bzw Rekursentscheidung die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs sowie die Nichtigkeit des Urteils und des durchgeführten Verfahrens zu Unrecht angenommen. Die angefochtenen Beschlüsse sind damit ersatzlos zu beheben.
Das Berufungsgericht wird im fortgesetzten Verfahren inhaltlich über die Berufung des Klägers zu entscheiden haben (vgl RIS‑Justiz RS0065254). Im Umfang der vom Erstgericht vorgenommenen Umdeutung und Überweisung ist diesem die inhaltliche Entscheidung über diesen Teil des Klagebegehrens aufzutragen, weil insoweit auch das Rekursgericht nicht in der Sache selbst entscheiden könnte.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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