OGH 5Ob110/13g

OGH5Ob110/13g21.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Mag. M*****, geboren am 23. August 1981, *****, vertreten durch Dr. Harald Wimmer, öffentlicher Notar in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts in der EZ 5360 GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. April 2013, AZ 47 R 424/12v, mit dem infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 20. November 2012, TZ 23174/2012, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Urkunden:

1. Notariatsakt vom 29. 10. 2012

2. Zustimmungserklärung (S***** S*****) vom

29. 10. 2012

3. Beurkundung § 89b NO (29. 10. 2012)

Bewilligt wird

1. in EZ 5360 GB *****

19 ANTEIL : 67/2098

M***** KG (FN *****)

ADR: *****

k 1739/2005 Wohnungseigentum an W Top 30 = Tür 38 u

38A Kellerabteil 28

o 1183/2011 IM RANG 754/2011 Kaufvertrag 2011‑02‑04,

Kaufvertrag 2011‑02‑22 Eigentumsrecht

die Einverleibung des Eigentumsrechts

zu 1/1 (relativ)

für Mag. M***** S*****, geboren 23. 8. 1981,

*****

2 . in EZ 5360 GB *****

46 ANTEIL: 32/2098

M***** KG (FN *****)

ADR: *****

d 1739/2005 Wohnungseigentum an W Top 29 = Tür 37

Kellerabteil 27

f 20465/2012 Kaufvertrag 2012‑03‑30 Eigentumsrecht

die Einverleibung des Eigentumsrechts

zu 1/1 (relativ)

für Mag. M***** S*****, geboren 23. 8. 1981, *****

Verständigt werden:

Magistrat der Stadt Wien ‑ MA 69 ‑ Liegenschaftsmanagement, 1082 Wien, Lerchenfelder Straße 4

Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel in Wien

Mag. M***** S*****

Dr. Harald Wimmer, öffentlicher Notar in Wien“

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Begründung

Die M***** KG (FN *****) ist bücherliche Eigentümerin von 67/2098‑Anteilen (B‑LNr 19) sowie 32/2098‑Anteilen (B‑LNr 46), womit Wohnungseigentum an Top Nr 30 (= Tür 38 und 38A), Kellerabteil 28 sowie an Top Nr 29 (= Tür 37), Kellerabteil 27, verbunden ist, jeweils der EZ 5360 GB *****.

Mit Notariatsakt vom 29. 10. 2012 wurde zwischen dieser Gesellschaft, vertreten durch den Antragsteller als Geschenkgeberin einerseits und dem Antragsteller als Geschenknehmer andererseits ein als „Schenkungsvertrag“ bezeichneter Vertrag abgeschlossen.

Darin heißt es in Punkt II:

„Die Vertragsparteien vereinbaren, dass die Geschenkgeberin die in Punkt I näher bezeichneten Eigentumswohnungen an den Geschenknehmer schenkt.“

Weiters erklären die Vertragsparteien, „dass der Kommanditist der Geschenkgeberin ausdrücklich diesen Schenkungen zugestimmt hat und verweisen diesbezüglich auf Beilage ./1“.

Dem Notariatsakt ist eine Zustimmungserklärung des S***** S***** vom selben Tag angeschlossen, mit der dieser als (einziger) Kommanditist der M***** KG den konkret bezeichneten Schenkungen von der M***** KG an Mag. M***** S*****, den Antragsteller, zustimmt. Diese Zustimmungserklärung ist notariell beglaubigt.

Im bezeichneten Notariatsakt beurkundet der Vertragsverfasser (Notarsubstitut) unter Angabe der Reisepassnummer, des Ausstellungsdatums und der ausstellenden Behörde des Geschenknehmers Mag. M***** S*****, „dass aufgrund heute vorgenommener Einsichtnahme in diesen Reisepass bestätigt wird, dass in diesem seine Staatsbürgerschaft mit 'Österreich' angegeben ist“.

Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsantrag begehrt der Antragsteller die Einverleibung seines Eigentumsrechts an den bezeichneten Anteilen der Liegenschaft EZ 5360 GB *****.

Das Erstgericht wies das Einverleibungsbegehren ab. Dem vorgelegten Schenkungsvertrag sei ein Rechtsgrund nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. So werde wohl in dessen Punkt II ausgeführt, dass die Geschenkgeberin die genannten Eigentumswohnungen an den Geschenknehmer verschenke, eine Annahme der Schenkung finde sich allerdings nicht.

Dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass dem vorgelegten Notariatsakt nicht mit letzter Deutlichkeit ein gültiger Rechtsgrund zu entnehmen sei. Gesetz und Rechtsprechung verlangten eine Annahme der Schenkung, die der vorgelegten Vertragsurkunde nicht zu entnehmen sei. Die „Vereinbarung“ einer Schenkung sei einer expliziten Annahme der Schenkung durch den Geschenknehmer nicht gleichzuhalten, weshalb Zweifel am gültigen Zustandekommen des Rechtsgeschäfts bestünden. Das habe zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG iVm § 26 Abs 2 GBG zu führen.

Überdies habe der Antragsteller als Erwerber der Liegenschaft seine Staatsbürgerschaft nicht nachgewiesen, obwohl gemäß § 5 Abs 3 Satz 1 WrAuslGEG der Nachweis der Inländereigenschaft zum Erwerb einer Liegenschaft notwendig sei. Der Nachweis einer Staatsbürgerschaft könne nur durch Vorlage einer Staatsbürgerschaftsurkunde erfolgen (5 Ob 90/10m; RIS‑Justiz RS0078981). Es genüge nicht, wenn ein Notar in dem als Eintragungsgrundlage dienenden Schenkungsvertrag bloß (aufgrund Einsicht in einen österreichischen Reisepass) bestätige, dass der Erwerber die österreichische Staatsbürgerschaft besitze.

Einen weiteren Abweisungsgrund erblickte das Rekursgericht darin, dass eine wirksame Zustimmung des Kommanditisten der Geschenkgeberin zu dem zu verbüchernden Schenkungsvertrag nicht vorliege. Ein Insichgeschäft müsse vom gefährdeten Machtgeber durch vorherige Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung gedeckt sein. Bestehe eine KG nur aus einem Komplementär und einem Kommanditisten, sei ersterer ausschließlich vertretungsbefugt für die KG, letzterer müsse jedoch einem beabsichtigten Insichgeschäft zustimmen (RIS‑Justiz RS0019479). Dazu sei es erforderlich, dass die Zustimmungserklärung die für Eigentumsübertragungen durch Schenkung notwendige Form eines Notariatsakts aufweise. Zufolge § 1 Abs 1 lit d NotAktsG bedürften Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Nach der vertraglichen Vereinbarung solle die Übergabe der geschenkten Eigentumswohnungen erst mit Unterfertigung des Vertrags erfolgen (vgl 5 Ob 164/08s). Eine Übergabe sei jedenfalls nicht wirksam erfolgt, solange nicht die Zustimmungserklärung des Kommanditisten die für das Grundgeschäft notwendige Form aufweise.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vorlägen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne einer Bewilligung seines Begehrens um Einverleibung des Eigentumsrechts.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der (von den Vorinstanzen verkannten) Rechtslage hinsichtlich aller drei Abweisungsgründe zulässig. Er ist auch berechtigt.

1. Ein Schenkungsvertrag iSd § 938 ABGB ist ein einseitig verpflichtendes, jedoch zweiseitiges Rechtsgeschäft, bedarf also der rechtgeschäftlichen Willenserklärungen beider Parteien. Mit dem Grundsatz, dass die Schenkung der Annahme durch den Beschenkten bedarf, wird die Zweiseitigkeit dieses Rechtsgeschäfts hervorgehoben. Entscheidend ist, dass ein Konsens über die unentgeltliche Zuwendung besteht ( Bollenberger in KBB³ § 938 ABGB Rz 1 mwN; Koziol/Welser II 13 190 mwN). Es besteht kein Zweifel daran, dass Parteierklärungen auch bei Schenkungen nach den Bestimmungen der §§ 914 f ABGB zu beurteilen sind (vgl 8 Ob 560/90; RIS‑Justiz RS0017778).

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen bedarf es daher in einem wie hier vorliegenden, als Schenkungsvertrag bezeichneten Vertrag der ausdrücklichen Verwendung des Begriffs „Annahme“ der Schenkung durch den Beschenkten nicht. Es reicht aus, dass Vertragsparteien eine „Schenkung vereinbaren“, weil damit der Konsens über die unentgeltliche Zuwendung ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird.

Dieser vom Rekursgericht herangezogene Abweisungsgrund trägt daher nicht.

2. Es ist nicht in Zweifel zu ziehen, dass gemäß § 5 Abs 3 Satz 1 WrAuslGEG Liegenschaftserwerber verpflichtet sind, ihre Staatsangehörigkeit nachzuweisen, um darzutun, dass kein genehmigungspflichtiger Grunderwerb durch Ausländer vorliegt. Dazu ist der Nachweis der Inländereigenschaft oder einer Staatsbürgerschaft, die dieser gleichgestellt ist, erforderlich, ohne dass damit eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung verbunden wäre, weil dieses Erfordernis auch für Österreicher gilt (RIS‑Justiz RS0078981 [T3]).

2.1 Die Tatsache der inländischen Staatsbürgerschaft ist daher dem Grundbuchsgericht durch Vorlage einer sie bestätigenden öffentlichen Urkunde nachzuweisen (5 Ob 90/10m wobl 2011/147, 394; 5 Ob 114/02d ua).

2.2 Die den Nachweis der (österreichischen) Staatsbürgerschaft regelnde Zentralnorm findet sich in § 44 Abs 1 StbG (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 BGBl 1985/311 idgF:

Bestätigungen, dass eine bestimmte Person die Staatsbürgerschaft besitzt (Staatsbürgerschaftsnachweise), sowie staatsbürgerschaftsrechtliche Bestätigungen sind Auszüge aus dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister ‑ ZSR (§ 56a).

2.3 Ein Reisepass ist ein Reisedokument, dessen österreichische Staatsbürger zur Ausreise aus dem Bundesgebiet und zur Einreise in dieses bedürfen, soweit nichts anderes durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt wird (§ 2 PassG 1992 BGBl 1992/839).

Zufolge § 4 PassG dürfen Reisepässe nur für Personen ausgestellt werden, die die [österreichische] Staatsbürgerschaft besitzen.

Ein Passwerber kann (im Verfahren zur Ausstellung eines Reisepasses) den erforderlichen Nachweis der Staatsbürgerschaft nicht nur durch Vorlage eines Staatsbürgerschaftsnachweises iSd § 44 StbG erbringen, sondern unter anderem auch durch Vorlage eines Reisepasses (§ 2 Z 3 PassG‑DV BGBl II 2006/223 idgF).

Es ist daher dahin zusammenzufassen, dass die in der öffentlichen Urkunde Reisepass enthaltene Feststellung der Tatsache der österreichischen Staatsbürgerschaft auf öffentlichen Urkunden über den Besitz der Staatsbürgerschaft beruht, sodass ihr auch insoweit Beweiskraft zukommt. Ein österreichischer Reisepass ist daher zum Nachweis der Tatsache der Staatsbürgerschaft geeignet.

2.4 Zufolge § 89b NO kann ein Notar Beurkundungen über Tatsachen, die sich aus öffentlichen, öffentlich‑beglaubigten Urkunden oder aus Akten von Gerichten und Verwaltungsbehörden ergeben, erteilen. Voraussetzung dafür ist, dass der beurkundende Notar unter Angabe des Datums die Einsichtnahme in die Urkunde bestätigt (§ 89b Abs 2 NO iVm § 89a Abs 3 NO), diese genau bezeichnet und deren Feststellungsinhalt in den für die Bewilligung des Grundbuchsgesuchs relevanten Punkten wiedergibt (RIS‑Justiz RS0112023).

Dieses Erfordernis ist im vorliegenden Fall erfüllt.

Auch dieser Abweisungsgrund besteht daher nicht.

3.1 Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung sind Insichgeschäfte nur insoweit zulässig, als keine Interessenkollision droht und der Abschlusswille derart geäußert wird, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann (RIS‑Justiz RS0019684; RS0059793). Sie sind zulässig, wenn das Geschäft dem Vertretenen nur Vorteile bringt, keine Gefahr der Schädigung des Vertreters besteht oder dieser einwilligt (RIS‑Justiz RS0038756; RS0028129; 4 Ob 71/00w SZ 73/68 mwN; Koziol/Welser I 13 215; P. Bydlinski in KBB³ § 1017 ABGB Rz 5 mwN).

3.2 Für das Grundbuchsverfahren wird judiziert, dass das Selbstkontrahieren wegen der durch die prinzipiell nicht auszuschließende Interessenkollision bestehenden Gefährdung der Interessen des Machthabers nur ausnahmsweise keine Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG erweckt. Liegt dem äußeren Anschein nach eine unzulässige Doppelvertretung vor, darf das Grundbuchsgericht eine den Machtgeber belastende Eintragung nur bewilligen, wenn der urkundliche Nachweis seiner Zustimmung vorliegt (RIS‑Justiz RS0060604 [T2; T4]; zuletzt 5 Ob 39/10m Zak 2010/712, 411).

3.3 Soweit die Gefahr einer Interessenkollision droht, handelt der Machthaber bei Doppelvertretung ebenso wie bei Selbstkontrahieren insoweit ohne Vertretungsmacht (1 Ob 64/00v SZ 74/14). Die Einwilligung des Machtgebers heilt diesen Vertretungsmangel und wird insofern nicht als schenkungsvertragliche Willenserklärung, sondern als Vollmacht zum Insichgeschäft gewertet.

3.4 Als Vollmacht zum Insichgeschäft bedurfte die vom Kommanditisten dem Abschluss des Schenkungsvertrags erteilte Zustimmung auch nicht des für die Gültigkeit eines Schenkungsvertrags ohne wirkliche Übergabe zufolge § 1 Abs 1 lit d NotAktsG erforderlichen Notariatsakts:

Zufolge § 69 Abs 1a NO genügt nämlich eine Vollmacht nach Abs 1 auch zum Abschluss aller Rechtsgeschäfte und zur Abgabe aller Rechtserklärungen, die zu ihrer Gültigkeit des Notariatsakts bedürfen, wenn in ihr sowohl der rechtsgeschäftliche Vorgang einzeln oder, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht notwendig ist, zumindest der Gattung nach angeführt ist.

Es genügte demnach die insoweit als Vollmacht zum Abschluss des Schenkungsvertrags zu wertende, notariell beglaubigte Zustimmungserklärung des Kommanditisten.

Da sämtliche vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgründe somit nicht tragen, im Übrigen die Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechts des Antragstellers vorliegen, war diese in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen zu bewilligen.

Der Revisionsrekurs war daher berechtigt.

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