OGH 2Ob38/13x

OGH2Ob38/13x22.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin M***** K*****, vertreten durch Dr. Peter Wagner und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die Antragsgegner 1. J***** D*****, 2. J***** S*****, 3. A***** W*****, 4. F***** E*****, 5. F***** G*****, 6. R***** B*****, 7. W***** H*****, 8. W***** H*****, 9. J***** F*****, 10. W***** S*****, 11. J***** S*****, und 12. K***** G*****, sämtliche vertreten durch Mag. Wilhelm Deutschmann und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 4.500 EUR (Ersatz von Wildschäden nach dem Oö. Jagdgesetz), über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 7. Jänner 2013, GZ 4 R 162/12i‑23, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 6. Juni 2012, GZ 1 Nc 7/11g‑17, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00038.13X.0122.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen. Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Antragstellerin ist Pächterin mehrerer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, die einen Teil der Genossenschaftsjagd der Gemeinde S***** bilden. Die Antragsgegner sind Mitglieder der Jagdgesellschaft S*****.

Am 24. 5. 2011 richtete die Antragstellerin ein an die Jagdgesellschaft zu Handen des Jagdleiters (des Erstantragsgegners) gerichtetes Schreiben, das im Wesentlichen folgenden Wortlaut hat:

Ich teile Ihnen mit, dass auf meinen Sojafeldern in Ihrem Genossenschaftsjagdgebiet bereits massive Wildschäden vorzufinden sind. Um die Angelegenheit so schnell als möglich zu bereinigen ersuche ich sie am Montag den 30. 5. oder am Dienstag den 31. 5. jeweils 8 Uhr beim […] anwesend zu sein. Ich bitte sie mich rechtzeitig zu informieren welchen Termin sie wahrnehmen möchten.

[...]

Am 30. 5. 2011 kam es zu einer Besichtigung an Ort und Stelle, an der die Antragstellerin und ihr Ehemann sowie der Erst- und der Achtantragsgegner teilnahmen. Wegen einer „Klimaverschärfung“ im Gespräch zwischen dem Ehemann der Antragstellerin und den anwesenden Antragsgegnern wurde der Termin unmittelbar nach Beginn der Besichtigung ergebnislos beendet.

Noch am selben Tag richtete die Antragstellerin ein Schreiben folgenden Wortlauts an die Jagd- und Wildschadenskommission beim Marktgemeindeamt S*****:

Auf allen meinen Sojafeldern in der Gen.-Jagd S***** ist es durch teils massive Vorbissschäden zu einem erheblichen Wildschaden gekommen.

Da es anlässlich einer Besichtigung am 30. 5. 2011 durch den Jagdleiter […] sowie den Konsorten […] zu keiner Einigung gekommen ist, ersuche ich die Wildschadenskommission ehest möglich entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Schadenshöhe festzustellen.

Ebenfalls noch am 30. 5. 2011 wurde dieser Antrag vom Marktgemeindeamt an den Obmann der Jagd- und Wildschadenskommission weitergeleitet. Über Aufforderung des Marktgemeindeamts teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 1. 6. 2011 mit, dass ihr der Wildschaden am 22. 5. 2011 bekannt geworden sei und dass sie den Ersatzanspruch mittels eingeschriebenen Briefs am 24. 5. 2011 gegenüber der Jagdgesellschaft S***** zu Handen des Jagdleiters geltend gemacht habe.

In der vom Obmann der Jagd- und Wildschadenskommission anberaumten Verhandlung vom 15. 6. 2011 erhoben die Antragsgegner den Einwand, dass der Anspruch der Antragstellerin nicht ordnungs- und fristgemäß bei der Jagdgesellschaft geltend gemacht worden sei. Mit Bescheid vom 17. 6. 2011, welcher der Antragstellerin am 22. 6. 2011 zugestellt wurde, wies die Jagd- und Wildschadenskommission „das Anbringen“ der Antragstellerin um Feststellung der Schadenshöhe nach Wildschäden an ihren Sojafeldern zurück. In der Begründung wurde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen, wonach die Geltendmachung des Anspruchs auf „Wildschadenersatz“ nach § 69 Oö. JagdG bestimmten Anforderungen zu entsprechen habe. Solle der Anspruch nicht verlustig gehen, müsse aus ihr ua hervorgehen, wann der Wildschaden bekannt geworden sei. Die Antragstellerin habe bei Geltendmachung des Anspruchs kein „konkretes Wildschadensdatum“ angegeben. Eine Zuständigkeit der Wildschadenskommission sei daher nicht gegeben, weshalb diese auf Zurückweisung des Anbringens entschieden habe.

Mit dem am 15. 7. 2011 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte die Antragstellerin den Ersatz ihres nun mit 4.500 EUR sA bezifferten Wildschadens. § 69 Oö. JagdG sehe nicht vor, dass in der Geltendmachung des Ersatzanspruchs beim Jagdausübungsberechtigten auch behauptet werden müsse, wann der Schaden bekannt geworden sei. Ebenso wenig sei es erforderlich, bestimmte Felder und Parzellen konkret zu bezeichnen, wenn ‑ wie hier ‑ allen Beteiligten klar sei, welche Felder gemeint seien. Der Antrag habe daher die Voraussetzungen des § 69 Oö. JagdG erfüllt, die Geltendmachung sei innerhalb der dreiwöchigen Frist erfolgt.

Die Antragsgegner wandten ein, die Antragstellerin habe ihren Anspruch gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten nicht ordnungsgemäß geltend gemacht. Der Wildschadensanzeige der Antragstellerin lasse sich nicht entnehmen, auf welchen Liegenschaften der Wildschaden entstanden sei und wann ihr der behauptete Wildschaden bekannt geworden sei. Nur bei Angabe dieser zwingend notwendigen Daten sei aus rechtlicher Sicht die Überprüfung möglich, ob eine fristgerechte Antragstellung iSd § 69 Oö. JagdG sowie mangels gütlicher Vereinbarung eine fristgerechte Anmeldung des Schadens iSd § 73 Oö. JagdG vorliege. Bei diesen Fristen handle es sich um gesetzliche Fallfristen, deren Versäumung den Anspruchsverlust zur Folge habe.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Es stellte noch fest, dass „eine Mitteilung bzw Klarstellung betreffend Bekanntwerdens des Wildschadens“ gegenüber den Antragsgegnern nicht erfolgt sei. Es könne nicht festgestellt werden, wann ein allfälliger Wildschaden der Antragstellerin bekannt geworden sei.

In rechtlicher Hinsicht folgte das Erstgericht dem Standpunkt der Antragsgegner. Durch das Unterlassen der Angabe der Kenntniserlangung gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten sei die Antragstellerin ihres Rechts auf Geltendmachung verlustig gegangen, zumal der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Schadens nicht festgestellt habe werden können.

Das Rekursgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach ferner aus, dass der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht erörterte rechtlich, das Oö. Jagdgesetz enthalte über dessen § 69 hinaus keine weiteren Bestimmungen über Form- oder Inhaltserfordernisse für die Schadensmeldung. Aus der Entscheidung 1 Ob 507/96 sei abzuleiten, dass der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Schadens im Beweisverfahren zu ermitteln sei und nicht schon in der Schadensmeldung angegeben werden müsse. Andernfalls hätte das Höchstgericht den Antrag abweisen müssen, weil auch dort von den Antragsgegnern das Fehlen des Zeitpunkts der Schadensfeststellung in der Schadensmeldung an den bevollmächtigten Jagdleiter eingewendet worden sei. Die von der Antragstellerin erhobene Mängelrüge erweise sich daher als berechtigt. Sie werde im fortgesetzten Verfahren insbesondere zur Frage, wann ihr der Schaden bekannt geworden sei, einzuvernehmen sein.

Zur Begründung seines Zulassungsausspruchs verwies das Rekursgericht auf eine dem Standpunkt der Antragsgegner entsprechende Literaturmeinung. Danach müsse für den Ersatzpflichtigen der Wildschaden so weit zuordenbar sein, dass er die Grundlage seiner Haftung erkennen und sie im Falle einer neuen Geltendmachung von Schäden von einer weiteren Haftung abgrenzen könne. Diese Literaturmeinung werde auch in der Entscheidung 9 Ob 10/12d zitiert. Darin habe das Höchstgericht allerdings nicht zu der hier relevanten Rechtsfrage Stellung nehmen müssen, weil in der dort erstatteten Schadensmeldung das Datum des Bekanntwerdens des Schadens ohnehin angegeben worden sei.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil es klarstellender Ausführungen des Obersten Gerichtshofs zu den Anforderungen an die Geltendmachung des Ersatzanspruchs nach § 69 Oö. JagdG bedarf. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Die Antragsgegner wiederholen ihren schon im Verfahren vor der Jagd- und Wildschadenskommission sowie im erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Standpunkt und verweisen auf die Entscheidung 9 Ob 10/12d. Gegenstand des Verfahrens vor der Jagd- und Wildschadenskommission und im nachgeschalteten gerichtlichen Verfahren könne nur jener Schaden sein, der ordnungsgemäß iSd § 69 Oö. JagdG gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten geltend gemacht worden und noch nicht verfristet sei. Bereits in dieser Schadensmeldung sei die Konkretisierung des Schadens erforderlich. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Schadens erst im nachgeschalteten Verfahren amtswegig ermittelt werden könne, sei unrichtig und würde zu einem „Wiederaufleben“ des bereits verfristeten Anspruchs führen. Die Schadensmeldung habe nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs überdies die vom behaupteten Wildschaden betroffenen Grundstücke konkret zu nennen, was vom Rekursgericht nicht beachtet worden sei.

Hiezu wurde erwogen:

1. Zur Rechtslage nach dem Oö. Jagdgesetz:

1.1 § 65 Abs 1 Oö. JagdG sieht einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch gegen den Jagdausübungsberechtigten für allen entstandenen Jagd- und Wildschaden in dem in diesem Gesetz bestimmten Ausmaß vor (7 Ob 105/12k; RIS-Justiz RS0090616; Reisinger/Schiffner, Oberösterreichisches Jagdrecht [2010] § 65 Anm 3).

1.2 Gemäß § 69 Oö. JagdG ist der Anspruch auf Ersatz eines Jagd- oder Wildschadens binnen drei Wochen nach Bekanntwerden des Schadens bei sonstigem Verlust des Anspruchs beim Jagdausübungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigten geltend zu machen. Über Ansprüche auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden entscheidet, sofern - wie hier - ein Übereinkommen zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten nicht zustandekommt, die beim Gemeindeamt einzurichtende Jagd- und Wildschadenskommission (§ 70 Abs 2 Oö. JagdG). Der Geschädigte hat nach § 73 Oö. JagdG, wenn eine gütliche Vereinbarung mit dem Jagdausübungsberechtigten nicht zustande kommt, seinen Schadenersatzanspruch binnen zwei Wochen nach Ablauf der im § 69 festgesetzten Frist beim Obmann der Jagd- und Wildschadenskommission anzubringen. Gegen den Bescheid der Kommission ist eine Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde nicht zulässig. Er tritt jedoch außer Kraft, soweit eine Partei innerhalb von vier Wochen nach seiner Zustellung die Entscheidung der Sache im Verfahren außer Streitsachen beantragt. Im gerichtlichen Verfahren ist das Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG) sinngemäß anzuwenden (§ 77 Abs 1 Oö. JagdG). Gemäß § 77 Abs 5 Oö. JagdG gelten für das Verfahren vor der Kommission im Übrigen die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG).

2. Zur Zulässigkeit des Rechtswegs:

2.1 Die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs begründet eine Nichtigkeit der davon betroffenen Entscheidung und des vorangegangenen Verfahrens (§ 56 Abs 1 AußStrG), die gemäß § 55 Abs 3 iVm § 71 Abs 4 AußStrG auch noch vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen wahrgenommen werden müsste (vgl 4 Ob 93/12y; RIS‑Justiz RS0007419).

2.2 Seit der Oö. Jagdgesetz-Novelle LGBl 1990/2 sieht das in § 70 Abs 2 und § 77 Abs 1 Oö. JagdG eingerichtete Verfahren eine sukzessive Kompetenz der ordentlichen Gerichte vor (9 Ob 10/12d; 4 Ob 93/12y; RIS‑Justiz RS0063070).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann das Gericht nach § 77 Oö. JagdG im Zusammenhang mit dem Ersatz von Jagd- und Wildschäden nur angerufen werden, wenn die Verwaltungsbehörde eine Sachentscheidung getroffen, nicht aber auch dann, wenn sie eine solche mangels Kognitionsbefugnis abgelehnt hat (2 Ob 275/02h; vgl auch 7 Ob 165/04x). Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 117 WRG (RIS-Justiz RS0045837), der Vorbild für die Neufassung des § 77 Oö. JagdG war (vgl AB 311 LT XXIII. GP 3; 2 Ob 275/02h; RIS-Justiz RS0117047).

2.3 Im vorliegenden Fall hat die Jagd- und Wildschadenskommission „das Anbringen“ der Antragstellerin um Feststellung der Schadenshöhe zurückgewiesen und in der Begründung dieses Bescheids die Zuständigkeit der Kommission verneint. Es ist zu prüfen, ob die Kommission ungeachtet dieses Wortlauts eine meritorische Entscheidung getroffen hat. Dabei kommt es nach herrschender Auffassung nicht darauf an, welche Spruchform die Verwaltungsbehörde wählte, sondern auf den Inhalt des Spruchs (1 Ob 233/99t; 2 Ob 275/02h mwN). Eine Sachentscheidung liegt auch dann vor, wenn die Behörde aus in der Sache selbst begründeten Erwägungen eine begehrte Entschädigung abgelehnt hat (1 Ob 233/99t; 1 Ob 135/07w). Nur gegen Entscheidungen der Behörde, mit denen Anträge wegen Fehlens der formellen Sachentscheidungs-voraussetzungen (zB wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit; vgl 2 Ob 275/02h) nicht aber auch wegen mangelnder Anspruchslegitimation oder wegen Versäumung einer materiellrechtlichen Anspruchsfrist zurückgewiesen wurde, steht ausschließlich der administrative Instanzenzug offen (1 Ob 233/99t).

2.4 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, dass die §§ 69 und 73 Oö. JagdG gesetzliche Fallfristen enthalten, deren Versäumung den Anspruchsverlust zur Folge hat (1 Ob 506/95; 1 Ob 119/00g; 9 Ob 10/12d; RIS‑Justiz RS0063067). Die Jagd- und Wildschadenskommission verneinte ihre Zuständigkeit, weil die Antragstellerin ihres Anspruchs mangels dessen ordnungsgemäßer Geltendmachung bei der Jagdgesellschaft iSd § 69 Oö. JagdG „verlustig gegangen“ sei. Die Kommission ging demnach im Ergebnis vom Anspruchsverlust wegen Versäumung der in der genannten Bestimmung geregelten Fallfrist aus. Damit liegt aber nach den oben genannten Kriterien inhaltlich eine meritorische Entscheidung vor, gegen die das Gericht angerufen werden konnte.

2.5 Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist daher zu bejahen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin im vorgeschalteten Verfahren ihren Anspruch noch nicht beziffert hatte (vgl 4 Ob 93/12y; Reisinger/Schiffner aaO § 69 Anm 6).

3. Zur Sache:

3.1 Schon die ebenfalls in einem Rechtsstreit zwischen den Streitteilen ergangene Entscheidung 9 Ob 10/12d hatte die Frage zum Gegenstand, inwieweit die Geltendmachung eines Wildschadens nach § 69 Oö. JagdG gegenüber den Antragsgegnern konkretisiert sein müsse. Der 9. Senat führte dazu aus, dass einander die Auffassung des Erstgerichts, welches die Bekanntgabe des Ortes, der geschädigten Fläche und die Angabe der geschädigten Sache verlangt habe, sowie die Forderung „der Literatur“, wonach aus den Schadensmeldungen hervorgehen müsse, dass ein Wildschaden entstanden, wann dieser bekannt geworden und wer der Geschädigte sei, ergänzen würden; müsse doch der Wildschaden auch für den Ersatzpflichtigen so weit zuordenbar sein, dass er die Grundlage seiner Haftung erkennen und sie im Falle einer neuen Geltendmachung von Schäden von einer weiteren Haftung abgrenzen könne. Im damaligen Anlassfall hatte die Antragstellerin diesen Anforderungen aber ohnedies entsprochen, sodass der 9. Senat keine Veranlassung hatte sich konkret zu der Frage zu äußern, ob schon das Fehlen einzelner der (vom Erstgericht oder in „der Literatur“) geforderten Angaben bei Geltendmachung des Anspruchs beim Jagdausübungsberechtigten zum Anspruchsverlust führt.

3.2 Die in der zitierten Entscheidung erwähnte Literaturstelle (Reisinger/Schiffner aaO§ 69 Anm 2 und 5) beschränkt sich allerdings auf die auszugsweise Wiedergabe eines vor der Einführung der sukzessiven Kompetenz ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH vom 28. 11. 1984, Zl 83/03/0013 = VwSlg 11.597 [A] = ÖJZ 1985/330 A). Diesem lag der Fall zugrunde, dass der Anspruch nicht von der Geschädigten, sondern von deren Ehemann geltend gemacht worden war. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat im Wesentlichen die Auffassung, aus dem normativen Zusammenhang und der Systematik der §§ 69, 70 und 73 Oö. JagdG ergebe sich, dass die Geltendmachung des Anspruchs auf Wildschadenersatz nach § 69 Oö. JagdG bestimmten Anforderungen zu entsprechen habe, solle der Anspruch nicht verlustig gehen. So müsse aus ihr hervorgehen, dass ein Wildschaden entstanden und wann dieser bekannt geworden sei, aber auch in wessen Vermögen der Schaden eingetreten sei, wer also der Geschädigte sei. Für diese Auslegung spreche die klare, aus den angeführten Bestimmungen hervorleuchtende Absicht des Gesetzgebers, dass sich zunächst die Beteiligten über den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des Wildschadens einigen und erst dann, wenn es zu keiner Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten (oder dessen Bevollmächtigten) komme, die Kommission zu entscheiden habe. Das Gesetz räume einem Vergleich der Parteien in diesen Angelegenheiten Vorrang ein. Das Zustandekommen einer Vereinbarung setze aber voraus, dass die Beteiligten, und zwar sowohl der Ersatzpflichtige als auch der Geschädigte zweifelsfrei feststünden. Daraus folge, dass nur eine auf alle Tatbestandselemente des § 69 Oö. JagdG im Sinn dieser Darlegungen bezogene Geltendmachung des Anspruchs auf Wildschadenersatz den Verlust des Anspruchs auszuschließen vermöge.

3.3 Der erkennende Senat vermag dieser Auslegung des § 69 Oö. JagdG nicht uneingeschränkt zu folgen:

3.3.1 Weder der Wortlaut der landesgesetzlichen Regelung noch die Gesetzesmaterialien (AB 115 LT XIX. GP 6 f) bieten einen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Anspruchsverlust nicht bloß an die Versäumung der ‑ nur dreiwöchigen (!) ‑ Fallfrist, sondern auch an die Nichteinhaltung besonderer formaler oder inhaltlicher Erfordernisse anlässlich der Geltendmachung des Anspruchs beim Jagdausübungsberechtigten knüpfen wollte. Um den Anspruch iSd § 69 Oö. JagdG „geltend zu machen“ reicht es vielmehr, wenn der Geschädigte dem Ersatzpflichtigen den Schaden meldet und diesen soweit konkretisiert, als es zur Festlegung des Gegenstands eines mangels gütlicher Einigung nachfolgenden Verfahrens erforderlich ist (vgl 9 Ob 10/12d; 4 Ob 93/12y). Diese Voraussetzung ist hier aber durch die Behauptung der Antragstellerin, dass auf ihren Sojafeldern massive Wildschäden eingetreten seien, erfüllt.

3.3.2 Entgegen der im erörterten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vertretenen Ansicht ist nämlich nicht ersichtlich, warum die fehlende Angabe, wann der Schaden bekannt wurde, eine gütliche Einigung der Parteien vor Anrufung der Jagd- und Wildschadenskommission hindern sollte. Auch die Nennung eines Datums böte keine Gewähr für dessen Richtigkeit und es bliebe bis zu einer allfälligen Klarstellung in einem Ermittlungsverfahren ungewiss, ob der geltend gemachte Anspruch (noch) besteht. Erst im Verfahren selbst sind sämtliche Anspruchsvoraussetzungen schlüssig darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, was auch für die materiellrechtlichen Fallfristen gilt (vgl RIS‑Justiz RS0034551 [T2]).

Diesem Verständnis entspricht, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, die Entscheidung 1 Ob 507/96. In dieser wurde trotz des auch dort von den Antragsgegnern erhobenen Einwands, dass die Schadensmeldung an den bevollmächtigten Jagdleiter den Zeitpunkt der Schadensfeststellung nicht enthalten habe und das Schadenersatzbegehren daher verfristet sei, dem Rekursgericht die Erledigung der Beweisrüge der Antragsgegner aufgetragen, die gegen eine sie belastende Negativfeststellung über den Zeitpunkt der Kenntniserlangung gerichtet war (vgl auch schon 1 Ob 506/95).

3.3.3 Offenbar aus diesen Erwägungen heraus hat bereits das Marktgemeindeamt, bei dem die Jagd- und Wildschadenskommission errichtet ist, der Antragstellerin zunächst einen Verbesserungsauftrag erteilt (vgl § 13 Abs 3 AVG), dem sie auch nachgekommen ist. Aus ihrer Behauptung, der Schaden sei ihr am 22. 5. 2011 bekannt geworden, würde sich die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung des Anspruchs bei den Antragsgegnern (und in weiterer Folge auch des Antrags bei der Kommission) ergeben. Auch im gegenständlichen Verfahren hat die Antragstellerin die fristgerechte Geltendmachung behauptet, wobei ihr der ‑ von ihr auch angetretene ‑ Beweis für diese Behauptung oblag. Zu Recht hat das Rekursgericht daher die in der Unterlassung der (auch) zu diesem Beweisthema beantragten Einvernahme der Antragstellerin gelegene und in deren Rekurs gerügte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens bejaht.

Sollte im fortgesetzten Verfahren von der fristgerechten Geltendmachung des Anspruchs auszugehen sein, wäre ein Anspruchsverlust nach § 69 Oö. JagdG nie eingetreten. Von einem „Wiederaufleben“ des Anspruchs könnte deshalb entgegen der Argumentation der Antragsgegner keine Rede sein.

3.3.4 Schließlich bleibt festzuhalten, dass die Antragstellerin den Ort des Schadenseintritts mit „meinen Sojafeldern“ ausreichend konkret bezeichnet hat. Dass zwischen den Streitteilen über deren Lage kein Zweifel bestand, belegt die festgestellte Tatsache, dass sie sich „an Ort und Stelle“ zu einer Besichtigung des Schadens einfanden, die nur wegen der aufgetretenen „Klimaverschärfung“ frühzeitig abgebrochen wurde. Ort, geschädigte Fläche und beschädigte Sache (vgl 9 Ob 10/12d) waren den Antragsgegnern aufgrund der Geltendmachung des Anspruchs (wenn nicht schon aus dem besagten Vorverfahren) somit hinreichend bekannt.

4. Ergebnis und Kosten:

4.1 Da das Rekursgericht die Rechtssache zutreffend an das Erstgericht zurückverwiesen hat, ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

4.2 Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Oö. JagdG iVm § 44 EisbEG (vgl 9 Ob 10/12d).

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