OGH 2Ob275/02h

OGH2Ob275/02h5.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Karl E*****, und 2. Rosina E*****, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wider den Antragsgegner A***** C*****stift *****, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 6.673,47 sA, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 31. Jänner 2002, GZ 11 R 335/01p-16, womit aus Anlass des Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 9. Oktober 2001, GZ 3 Nc 20/01x-9 sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die im Eigentum der Antragsteller befindliche Liegenschaft EZ 234, GB 45201 Ebelsberg mit dem Grundstück 923/3 (Wald) liegt in der Katastralgemeinde Ebelsberg, welche der Stadtgemeinde Linz zugeordnet wird.

Die Antragsteller beantragten bei der Jagd- und Wildschadenskommission S***** gemäß § 70 oö JagdG die Entscheidung über den von ihnen geltend gemachten Anspruch auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden. Bei der Verhandlung vom 22. Februar 2001 fasste die Kommission einstimmig im Protokoll beurkundeten den Beschluss, "dass der Antrag abgewiesen wird, da der Anspruch auf Schadenersatz nicht zu Recht besteht, da die zuständige Behörde wegen des am heutigen Tag festgestellten Örtlichkeit im genossenschaftlichem Jagdgebiet Ebelsberg nicht die Wildschadenskommission S***** ist". In der Ausfertigung dieses Bescheides "wird eine Entschädigung für den geltend gemachten Wildschaden auf dem Grundstück Nr 923/3, KG Ebelsberg, wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen. Die Antragsteller werden daher mit ihrer Forderung an den Jagdausübungsberechtigten für die KG Ebelsberg verwiesen". In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, die Parzelle 923/3 liege nicht im Jagdgenossenschaftsgebiet S*****, sondern sei dem Jagdgebiet der Stadtgemeinde Linz zuzuordnen. Die Jagd- und Wildschadenskommission habe daher einstimmig entschieden, "dass der gegenständliche Antrag auf Schadenvergütung wegen Nichtzuständigkeit der Kommission zurückzuweisen ist und sich die Antragsteller mit ihrer Forderung an den Jagdausübungsberechtigten für die KG Ebelsberg wenden müssten". Der Bescheid wurde den Antragstellern am 26. 2. 2001 zugestellt, am 8. 3. 2001 brachten sie eine Berufung ein, in der sie eine Sachentscheidung über den von ihnen geltend gemachten Entschädigungsanspruch anstrebten. Nach dem Akteninhalt ist über die Berufung im administrativen Instanzenzug nicht entschieden worden. Vielmehr teilte der Obmann der Jagd- und Wildschadenskommission S***** dem Vertreter der Antragsteller mit, seiner Ansicht nach sei gegen den Bescheid keine Berufung zulässig.

Mit Antrag vom 22. 3. 2001 riefen die Antragsteller das Erstgericht gemäß § 77 Abs 1 oö JagdG zur Entscheidung über die begehrte Entschädigung für Jagd- und Wildschäden auf ihrem Grundstück an. Sie brachten vor, es seien auf diesem Grundstück durch Rehe Wildschäden verursacht worden. Das Grundstück werde seit unvordenklichen Zeiten vom Jagdausübungsberichtigten der Jagdgenossenschaft S*****, also der Jägerschaft des genossenschaftlichen Jagdgebietes S***** bejagt. Der Antragsgegner sei Jagdausübungsberechtigter und somit zum Ersatz der Jagd- und Wildschäden verpflichtet.

Der Antragsgegner wendete ein, hinsichtlich des Grundstücks der Antragsteller nicht Jagdausübungsberechtigter zu sein; das Grundstück gehöre zur Genossenschaftsjagd Ebelsberg.

Das Erstgericht sprach aus, der Antrag auf Feststellung der Entschädigung von Jagd- und Wildschäden werde zurückgewiesen. Es verneinte in der Begründung seines Beschlusses die Passivlegitimation des Antragsgegners, weil dieser nicht Jagdausübungsberechtigter hinsichtlich des Grundstücks der Antragsteller sei; er sei daher auch nicht zum Ersatz der Jagd- und Wildschäden verpflichtet. Das gegen diesen Beschluss von den Antragstellern angerufene Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluss und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies den Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Weiters sprach es aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Das Rekursgericht wies darauf hin, dass die Unzulässigkeit des Rechtswegs in jeder Lage des Verfahrens amtswegig wahrzunehmen sei. § 77 Abs 1 oö JagdG sehe eine sukzessive Kompetenz der ordentlichen Gerichte vor. Zur sukzessiven Kompetenz nach § 117 WRG habe der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass das Gericht nur im Zusammenhang mit dem Ersatz von Schäden angerufen werden könnte, in deren Ansehung die Verwaltungsbehörde bereits eine Sachentscheidung getroffen habe. Die Anrufung des Gerichtes gegen eine nicht meritorische Entscheidung sei hingegen nicht zulässig; insoweit stehe nur der administrative Instanzenzug offen. Diese Rechtsprechung sei auch im vorliegenden Zusammenhang auf die sukzessive Gerichtskompetenz nach § 77 Abs 1 oö JagdG anzuwenden. Es sei nicht Aufgabe der ordentlichen Gerichte, negative Kompetenzkonflike zwischen Verwaltungsbehörden zu entscheiden. Im vorliegenden Fall habe die Jagd- und Wildschadenskommission S***** eine Unzuständigkeitentscheidung getroffen. Der bloße Zusatz im Spruch, dass die Antragsteller mit ihrer Forderung an den Jagdausübungsberechtigten für die KG Ebelsberg verwiesen werden, bringe keine meritorische Entscheidung zum Ausdruck. Da somit die Jagd- und Wildschadenskommission eine Sachentscheidung mangels Kognitionsbefugnis abgelehnt habe, stehe nur der administrative Instanzenzug offen.

Es sei daher die Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung und des vorangegangenen Verfahrens auszusprechen (§ 42 Abs 1 und 3 JN). Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil zu der Rechtsfrage, ob gegen nicht meritorische Entscheidungen der Jagd- und Wildschadenskommission der administrative Instanzenzug zulässig oder eine sukzessive Gerichtszuständigkeit nach § 77 Abs 1 oö JagdG gegeben sei, keine oberstgerichtliche Judikatur bestehe und die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 117 WRG im Widerspruch zur Rechtsprechung des VwGH stehe.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ihrem Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichtes Folge gegeben und dieser ersatzlos aufgehoben bzw die Einwendung der mangelnden Passivlegitimation zurückgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsgegner hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Antragsteller nicht Folge zu geben. Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt. Die Antragsteller machen in ihrem Rechtsmittel geltend, die Jagd- und Wildschadenskommission habe ihren Antrag nicht zurück-, sondern abgewiesen, sie habe also eine meritorische Entscheidung getroffen. Die sukzessive Kompetenz des angerufenen Gerichtes sei daher gegeben. Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichtes sei unrichtig, weil gegen den Bescheid der Kommission über Ansprüche auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden eine Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde nicht zulässig sei.

Daran ändere auch eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 117 WRG nichts, weil diese Bestimmung völlig andere Ansprüche behandle als das oö Jagdgesetz. Die Entscheidung der Jagd- und Wildschadenskommission sei auch deshalb keine Formalentscheidung, weil die Antragsteller mit ihrer Forderung an den Jagdausübungsberechtigten für die KG Ebelsberg verwiesen worden seien. Im Gegensatz zur oberstgerichtlichen Judikatur zum WRG spreche sich die Jagd- und Wildschadenskommission nicht gegen die sachliche Kognitionsbefugnis, sondern die örtliche Kognitionsbefugnis aus, damit entscheide sie über die Ansprüche der Antragsteller auf Ersatz auf Jagd- und Wildschäden, weshalb die sukzessive Kompetenz der Gerichte gegeben sei. Auch die Besetzung einer Jagd- und Wildschadenskommission im Vergleich zur Wasserrechtsbehörde spreche für die sukzessive Kompetenz.

Die Entscheidung des Erstgerichtes sei daher nicht nichtig und es stehe den Antragstellern ein Ersatzanspruch zu, weil es darauf ankomme, wer als faktisch Jagdausübungsberechtigter die Jagd ausübe.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung zu § 117 WRG kann das Gericht im Zusammenhang mit dem in wasserrechtlichen Bestimmungen geregelten Ersatz von Schäden nur angerufen werden, wenn die Verwaltungsbehörde eine Sachentscheidung getroffen, nicht aber auch dann, wenn sie eine solche mangels Kognitionsbefugnis abgelehnt hat (RIS-Justiz RS0045837; SZ 67/6). Gleiches gilt auch für den Ersatz von Jagd- und Wildschäden nach § 77 oö JagdG. Nach Abs 1 dieser Bestimmung ist gegen den Bescheid der Jagd- und Wildschadenskommission über Ansprüche auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden eine Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde nicht zulässig. Der Bescheid der Kommission tritt außer Kraft, soweit eine Partei innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung der Sache im Verfahren außer Streitsachen beantragt. Diese Regelung entspricht jener des § 117 Abs 4 WRG wonach gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen eine Berufung nicht zulässig ist. Die Entscheidung tritt aber außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt wird. Der erkennende Senat vertritt daher die Ansicht, dass das Gericht nach § 77 oö JagdG im Zusammenhang mit dem Ersatz von Jagd- und Wildschäden nur angerufen werden kann, wenn die Verwaltungsbehörde eine Sachentscheidung getroffen, nicht aber auch dann, wenn sie eine solche mangels Kognitionsbefugnis abgelehnt hat. Dass die Ansprüche nach dem WRG andere sind, als nach dem oö JagdG vermag daran nichts zu ändern. Vielmehr diente, wie sich aus dem Motivenbericht zu § 77 oö JagdG (abgedruckt bei Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht, 155) ergibt, § 117 WRG als Vorbild für die Schaffung des § 77 oö JagdG. Hat die Jagd- und Wildschadenskommission seine Kognitionsbefugnis abgelehnt, liegt keine Entscheidung "über den Anspruch" im Sinne des § 77 Abs 1 oö JagdG vor.

Es ist daher zu prüfen, ob die Jagd- und Wildschadenskommission eine meritorische Entscheidung getroffen hat.

Dabei kommt es nur auf den Inhalt der verkündeten Entscheidung an, weil bei Abweichung der schriftlichen Ausfertigung vom verkündeten Text nach herrschender Lehre und Rsp das gilt, was verkündet wurde (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht2, 207 mwN). Schließlich ist nicht die gewählte Spruchform sondern der Inhalt des Spruches maßgebend (1 Ob 233/99t [zum Teil veröffentlicht in ecolex 2000, 149]). Nach dem Inhalt des verkündeten Bescheides handelt es sich um eine Zurückweisung wegen Unzuständigkeit, "da die zuständige Behörde wegen des am heutigen Tage festgestellten Örtlichkeit im genossenschaftlichen Jagdgebiet Ebelsberg nicht die Wildschadenskommission S***** ist". Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht hat daher die Jagd- und Wildschadenskommission seine Kognitionsbefugnis (wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit) abgelehnt, woraus folgt, dass das Rekursgericht zu Recht die Unzulässigkeit des Rechtsweges ausgesprochen hat.

Der Antragsgegner hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen. Gemäß § 77 Abs 1 oö JagdG ist in dem gerichtlichen Verfahren auf Ersatz von Jagd- Wildschäden das EisenbEntG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 30 Abs 4 EisenbEntG ist das auf die Entscheidung über zu leistende Entschädigungen bezogene Rechtsmittelverfahren zweiseitig (7 Ob 135/02g), doch ist der gemäß § 44 EisenbEntG geltende Grundsatz der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht auch im gerichtlichen Verfahren über eine Anspruch auf Ersatz von Jagd- oder Wildschäden anwendbar (RIS-Justiz RS0058085; SZ 69/74). Dieser Grundsatz bedeutet, dass der Antragsteller für ein erfolgloses Rechtsmittel keinen Anspruch auf Kostenersatz hat. Dies hat zur Folge, dass der Antragsgegner die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen hat.

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