Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die beklagte GmbH war Abschluss- und Konzernprüferin für die Jahresabschlüsse 2000 bis 2008 der A***** AG, deren IAS-Konzernabschlüsse für die Jahre 2004 bis 2008 und der Jahres- und Konzernabschlüsse 2001 bis 2008 der A***** AG (seit 16. Februar 2007: A***** AG). Bei sämtlichen Abschlüssen bis zum Jahr 2007 erteilte die Beklagte einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk, bei den Jahresabschlüssen für 2008 jeweils nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk. Die Jahres- und Konzernabschlüsse der beiden Aktiengesellschaften samt Bestätigungsvermerken wurden jeweils im Firmenbuch veröffentlicht.
Die Genussscheine der A***** AG der Serie 2001 notierten am 17. September 2001 im Freiverkehr an der Frankfurter Börse. Der Kläger erwarb am 2. Juli 2003 fünf A*****-Genussscheine zum Gesamtkaufpreis inklusive Agio von 8.408,50 EUR.
Im Mai 2010 wurde über das Vermögen der beiden Aktiengesellschaften das Konkursverfahren eröffnet.
Am 11. April 2011 entsprach der Kurswert der Genussscheine 0,00 EUR.
Mit der am 20. Oktober 2011 eingelangten Klage begehrt der Kläger Schadenersatz von der Beklagten als Abschlussprüferin und Prospektkontrollorin, die zahlreiche näher ausgeführte Unrichtigkeiten trotz positiver Kenntnis im eigenwirtschaftlichen Interesse seit Beginn ihrer Tätigkeit nicht aufgedeckt, sondern uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt habe. Das Hauptbegehren lautet auf Ersatz des Kaufpreises von 8.408,50 EUR; das Eventualbegehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten für jenen Schaden, den der Kläger dadurch erleide, dass er im Fall eines Verkaufs der Genussscheine weniger als den von ihm gezahlten Kaufpreis erhalte. Die Beklagte habe ursächlich dazu beigetragen, dass sich das „A*****-System“ bis Oktober 2008 halten habe können und so Genussscheine ohne tatsächliche Werthaltigkeit emittiert worden seien, die ua der Kläger gekauft habe. Dadurch sei der Kläger am Vermögen im Umfang des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals geschädigt worden. Wäre die Beklagte ihren Pflichten nachgekommen, hätte der Kläger, der auf die korrekte, gewissenhafte und gesetzeskonforme Prüfung durch die Beklagte vertraut habe, den Kauf der Genussscheine nicht getätigt und sich um deren Verkauf bemüht. Wäre ihm insbesonders die fehlende Werthaltigkeit bekannt gewesen, hätte er sich niemals zum Kauf oder Behalten der Genussscheine entschlossen. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, weil der Schaden erst durch die Insolvenzeröffnung über die A***** AG und die A***** AG eingetreten sei und der Kläger erst im Herbst 2011 von der Beklagten als Schädigerin erfahren habe. § 275 Abs 5 UGB gelte für die Dritthaftung nicht. Die zehnjährige Präklusionsfrist nach § 11 Abs 7 KMG laufe nicht ab Prospektveröffentlichung, sondern erst ab Beendigung des prospektpflichtigen Angebots.
Die Beklagte bestritt schadenersatzpflichtig zu sein und wendete primär Verjährung nach § 275 Abs 5 UGB und Präklusion nach § 11 Abs 7 KMG idF BGBl 1994/210 ein. Die Beklagte berief sich dazu auch auf die mit ihren Auftraggebern vereinbarten Allgemeinen Auftragsbe- dingungen für Wirtschaftstreuhandberufe (AAB). Dem Kläger sei bereits durch den Erwerb der Genussscheine ein realer Schaden durch „Vermögensumschichtung“ entstanden. Soweit der Kläger auf einen Verkauf der Genussscheine abstelle, sei ein allenfalls pflichtwidriges Handeln der Beklagten nicht kausal, weil bei früherer Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks der Zusammenbruch des „A*****-System“ nur zeitlich vorverlagert worden wäre. Eine Prospektpflicht in Österreich habe gar nicht bestanden. Mit Einführung der Genussscheine im Freiverkehr der Frankfurter Börse sei ein allfälliges prospektpflichtiges Anbot beendet gewesen.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung des auf § 275 UGB gestützten Anspruchs gegen die Beklagte als Abschlussprüfer (Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB mit Eintritt des Schadens durch Kauf der nach den Behauptungen des Klägers schon damals nicht werthaltigen Genussscheine am 2. Juli 2003) und wegen Präklusion der Prospekthaftung (Beginn der weiter anzuwendenden kürzeren Präklusivfrist des § 11 Abs 7 KMG aF von fünf Jahren mit Zulassung der Genussscheine an der Frankfurter Börse am 17. September 2001) zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und übernahm die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Ergänzend verwies es zur Verjährung auf die Entscheidung 1 Ob 35/12x; ein Vorbringen über einen Sachverhalt, der für den Vorwurf einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung hinreichen würde, habe der Kläger nicht erstattet, weshalb die lange Verjährungsfrist nach der zweiten Variante des § 1489 Satz 2 ABGB nicht in Frage komme. Das Vorbringen, der Kläger hätte bei ordnungsgemäßer Versagung/Einschränkung des Bestätigungsvermerks sofort schadensfrei verkaufen können, sei nicht nachvollziehbar, weil diesfalls eine Veräußerung der Genussscheine ‑ ebenso wenig wie nunmehr ‑ auch nicht möglich gewesen wäre; Gegenteiliges habe der Kläger trotz Hinweises der Beklagten auch nicht behauptet. Eine Schadensvergrößerung stelle ebenfalls einen Folgeschaden dar, dessen Verjährung schon mit Eintritt des Primärschadens (Erwerb der Genussscheine) zu laufen beginne. Zur Schlüssigkeit der Prospekthaftung fehle trotz eines entsprechenden Hinweises der Beklagten die Behauptung der Kenntnis des konkreten, von der Beklagten kontrollierten Prospekts. Allfällige Ansprüche des Klägers daraus seien aber ohnehin entsprechend der zutreffenden Rechtsansicht des Erstgerichts präkludiert.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen fehle, ob § 275 Abs 5 UGB auch bei vorsätzlichem Handeln gelte, wann der Primärschaden diesfalls eintrete und wann das öffentliche Angebot nach § 11 Abs 7 KMG als beendet gelte.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung. Zur Abschlussprüferhaftung wendet sie sich vor allem gegen die analoge Anwendung des § 275 Abs 5 UGB auf Drittschäden und will die kurze subjektive Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB, hilfsweise die lange Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 2 2. Variante ABGB angewendet wissen. Der Schaden des Klägers sei frühestens mit Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der beiden Aktiengesellschaften entstanden. Weiters beruft sich der Kläger ausdrücklich auf weitere Anspruchsgrundlagen, und zwar § 255 AktG und § 275 Abs 2 UGB als Schutzgesetze und § 1300 Satz 2 ABGB, was zur Anwendung des § 1489 ABGB führe. Es bestünden auch sekundäre Feststellungsmängel zum behaupteten Schadenseintritt wegen verhinderter Verkaufsmöglichkeit. Zur Haftung der Beklagten als Prospektprüfer bestreitet der Kläger eine Präklusion nach § 11 Abs 7 KMG aF und macht als weitere Anspruchsgrundlage § 80 BörseG geltend.
Die Beklagte verweist in ihrer Revisionsbeantwortung sowohl auf die Unzulässigkeit der Revision als auch auf deren fehlende inhaltliche Berechtigung.
Die Revision ist zulässig , weil es der Klärung der Rechtsfrage bedarf, innerhalb welcher Frist Schadenersatzansprüche Dritter aus vorsätzlicher Pflichtverletzung eines Abschlussprüfers verjähren und wann diese Frist zu laufen beginnt. Weiters bedarf es auch für den Bereich fahrlässiger Schädigung zur Anspruchsgrundlage der Dritthaftung einer Klarstellung. Die Revision ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt .
Rechtliche Beurteilung
I. Vorbemerkungen zu der im Gesetz nicht geregelten, im Wege richterlicher Fortbildung entwickelten Dritthaftung des Abschlussprüfers:
Den Abschlussprüfer trifft nur gegenüber dem geprüften Unternehmen aufgrund des Prüfungsvertrags eine vertragliche Haftung. Gegenüber einem Dritten besteht grundsätzlich eine Haftung für Vermögensschäden nur bei vorsätzlicher Pflichtverletzung, nicht aber bei bloß fahrlässiger Schädigung. Zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse wird allerdings in der dogmatischen Diskussion versucht, den Vermögensschutz in bestimmten Konstellationen zu erweitern und eine „quasivertragliche“ Haftung aus Schutzgesetzen, aus angenommenen Schutzwirkungen eines Vertrags zugunsten Dritter oder aber aus dem Grund der Verletzung objektiver‑rechtlicher Sorgfaltspflichten abzuleiten. Im Begutachtungsverfahren zur Neufassung des § 275 HGB (nun UGB) wurde eine gesetzliche Regelung der Dritthaftung vergeblich eingefordert; in der RV zum FMAG (641 BlgNR XXI. GP, 97) wird ausdrücklich ausgeführt: „Eine Klarstellung dieser Frage bleibt der Rechtsprechung und der zukünftigen Gesetzgebung vorbehalten.“ Mit ähnlich „noblem Schweigen“ reagierte der deutsche Gesetzgeber auf dort erhobene Forderungen, etwa nach einem gesetzlichen Ausschluss der Dritthaftung des Abschlussprüfers für Fahrlässigkeit (dazu Ebke in Münchener Kommentar HGB3 [2013] § 323 dHGB Rz 89; Dehn, Die Haftung des Abschlussprüfers nach § 275 HGB [nF], ÖBA 2002, 377 [380 f FN 21]).
Seit der Leitentscheidung 5 Ob 262/01t (= SZ 74/188 = RIS‑Justiz RS0116076) begründet der Oberste Gerichtshof die Dritthaftung im Kern damit, dass der Vertrag zwischen Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, nämlich aller potentiellen Gläubiger der Gesellschaft, sei, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden sollen. Im Schrifttum wird wohl überwiegend eine Dritthaftung des Abschlussprüfers bejaht, dies aber durchaus unterschiedlich auf verschiedene Haftungsgrundlagen gestützt. Die Frage nach der Haftungsgrundlage kann für die hier zu lösende Verjährungsfrage nicht gänzlich ausgeblendet werden, auch wenn die Beklagte ihre Dritthaftung gar nicht in Frage stellt.
II. Der Prüfungsvertrag zwischen Gesellschaft und Abschlussprüfer ist ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter:
Ein wesentlicher Einwand gegen eine solche Qualifizierung vor allem bei der gesetzlichen Pflichtprüfung richtet sich dagegen, dass nicht ein vom Abschlussprüfer geschaffener „globaler“ Vertrauentatbestand angenommen werden dürfe (Graf, Grundlagen und Grenzen der Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten, wbl 2012, 241 [246] mwN), dass vielmehr die geschützten Interessen bestimmter Dritter für ihn erkennbar sein müssen (Völkl/Lehner, WK zum UGB, Rechnungslegung3 § 275 Rz 102 ff mit Hinweis auf BGH‑Judikatur). Für diesen Einwand kann auch die Rechtsprechung ins Treffen geführt werden, dass die vom Gesetzgeber getroffene unterschiedliche Ausgestaltung von Deliktsrecht und Vertragsrecht nicht aufgehoben oder verwischt werden darf. Der Kreis der geschützten Personen, denen statt deliktsrechtlicher auch vertragsrechtliche Schadenersatzansprüche zugebilligt werden, hat eng gezogen zu werden (RIS‑Justiz RS0022814). Das Argument der Uferlosigkeit ist jedoch nicht tragend:
1. Die Rechnungslegungsvorschriften samt Veröffentlichungspflichten sind zweifellos im Interesse von jedermann normiert. Jeder soll sich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des geprüften Jahresabschlusses verlassen dürfen. Einer tatsächlich unzumutbaren exorbitanten Haftung des Abschlussprüfers steht der Umstand einer möglichen Versicherung mit den betraglichen Haftungsbegrenzungen des § 275 UGB entgegen, dies gilt für die zu untersuchende Dritthaftung freilich nur dann, wenn man die Haftungsbegrenzungen auch auf den Drittschadensfall anwendet, was noch auszuführen sein wird. Wegen der Haftungsbegrenzungen und des Versicherungsschutzes ist der Fall nicht mit demjenigen eines Sachverständigen (Haftung nach § 1300 ABGB) vergleichbar, dessen Vertragshaftung Dritten gegenüber von der Erkennbarkeit mitverfolgter Interessen bestimmter Dritter abhängt (RIS‑Justiz RS0026552), die sich schon aus dem Zweck des Gutachtens ergeben kann (RIS‑Justiz RS0026645 [T7 und T12]; 3 Ob 79/10d). Hier ist mangels gesetzlicher Haftungsbeschränkung das Argument der Vermeidung uferloser Haftung durchaus stichhältig.
2. Gegen die vom Prüfungsvertrag abgeleiteten Schutzwirkungen wird ferner eingewendet, dass der Vertragswille der Parteien (also der Geschäftsführung der Gesellschaft und des Abschlussprüfers) nicht auf die Einbeziehung (Mitverfolgung) der Interessen Dritter gerichtet sein müsse, beispielsweise stünde der Veräußerer von Geschäftsanteilen und der Anteilserwerber in einem Interessengegensatz in Bezug auf den Kaufpreis. Hier könne nicht davon gesprochen werden, dass die Interessen des Dritten mitverfolgt würden (Artmann, Die Haftung des Abschlussprüfers für Schäden Dritter, JBl 2000, 623 [626] mwN). Dem Gläubiger sei nichts am Schutz des Dritten gelegen (Völkl/Lehner aaO Rz 107 mH auf BGH‑Judikatur).
Diesem Einwand ist Folgendes entgegenzuhalten:
2.1. Der Interessengegensatz bei der Kaufpreisgestaltung schließt keineswegs aus, dass das geprüfte Unternehmen nicht dennoch die sorgsame Einhaltung der Rechnungslegungsvorschriften und ihre Prüfung auch im Interesse der auf die Publizität Anspruch habenden Anleger wünscht.
2.2. Selbst im gegenteiligen Fall können Schutzwirkungen zugunsten Dritter bejaht werden, weil es nicht im Belieben der Parteien des Prüfungsvertrags steht, die Interessen Dritter vertraglich einzuschränken oder auszuschließen. Das ergibt sich schon aus dem (relativ) zwingenden Charakter des § 275 UGB (Dehn aaO, ÖBA 2002, 388). Zu diesem Thema kann auch auf die grundsätzliche Unwirksamkeit von Verträgen zu Lasten Dritter hingewiesen werden (RIS‑Justiz RS0084880). Die Mitverfolgung der Interessen Dritter (der potentiellen künftigen Gläubiger) ist Vertragsinhalt wegen der überragenden Bedeutung der Rechnungslegungs‑ und Prüfungsvorschriften sowie der zwingenden Offenlegung im Sinn der EuGH‑Judikatur zur Publizitätsrichtlinie und Bilanzrichtlinie (dazu RIS‑Justiz RS0113284 uva). Die Rechnungslegung und die Offenlegung sind zwingendes Recht (RIS‑Justiz RS0113283, RS0023825), ebenso die Vorschriften über die gesetzliche Pflichtprüfung.
Redlichen Parteien kann ohnehin nicht unterstellt werden, dass sie entgegen der erläuterten Rechtslage mit dem Ziel des Schutzes der Interessen (aller) potentieller Gläubiger des geprüften Unternehmens eine gegenteilige Vereinbarung treffen. Anlass für einen solchen dubiosen übereinstimmenden Parteiwillen könnten nur unlautere Motive sein, beispielsweise, dass die Gesellschaft auf eine sorgsame Prüfung verzichtet (und/oder auf eine Haftung des Prüfers) und irgendwie zum Ausdruck bringt, ihr sei am Schutz künftiger Geschäftspartner nichts gelegen. Schließlich kann die Ersatzpflicht durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden (§ 275 Abs 4 UGB). Mit einer gegenteiligen Vereinbarung bewegten sie und der beteiligte Prüfer sich bereits im Bereich vorsätzlichen rechtswidrigen Handelns mit dem Inkaufnehmen von Schäden Dritter, also im Bereich des dolus eventualis, der beispielsweise für die deliktische Dritthaftung eines Sachverständigen nach § 1300 ABGB für reine Vermögensschäden ausreicht (Karner in KBB3 § 1300 Rz 4 mwN; zu einem Pyramidenspiel 2 Ob 202/10k).
2.3. Dass der Prüfungsvertrag Schutzwirkungen zugunsten Dritter beinhaltet steht auch damit im Einklang, dass solche Schutzwirkungen vor allem dann bejaht werden, wenn jemand einem anderen zur Fürsorge verpflichtet ist (RIS‑Justiz RS0021557). Es muss sich also um Dritte handeln, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Abschluss des Vertrags vorhersehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigen oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat bzw denen er offensichtlich rechtlich selbst zur Fürsorge verpflichtet ist (RIS‑Justiz RS0021557 [T2]). Gegenüber jedem späteren Kunden (hier Anleger) ist das geprüfte Unternehmen in der Art einer besonderen Fürsorgeverpflichtung (iSv Interessenwahrung) zur Aufstellung des Jahresabschlusses, zur Veranlassung der Prüfung und zur Veröffentlichung verpflichtet. All dies ist dem Abschlussprüfer selbstverständlich bekannt.
3. Der Senat hält also den gegen die bisher bejahte Qualifikation des Prüfungsvertrags als eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter erhobenen Vorwurf, es handle sich dabei um eine bloße Fiktion, für nicht berechtigt und sieht sich aus den dargelegten Gründen nicht veranlasst, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen und eine andere Anspruchsgrundlage im Sinn der Lehrmeinungen über objektiv‑rechtlichen Sorgfaltspflichten zu suchen.
Bei diesen nicht aus dem Prüfungsvertrag abgeleiteten vertraglichen Haftungsgrundlagen (etwa bei Qualifizierung der Prüfungsvorschriften der §§ 268‑276 UGB als Schutzgesetz) stellte sich für die auch im Schrifttum in Österreich überwiegend befürwortete Dritthaftung des Abschlussprüfers auch für fahrlässiges Verschulden in verschärfter Weise die Frage nach der „Sperrwirkung“ des § 275 UGB, der ja nur die geprüfte Gesellschaft und ein verbundenes Unternehmen als Schadenersatzberechtigte anführt. Grundsätzlich einig sind Lehre und Rechtsprechung jedenfalls dahin, dass § 275 UGB keine generelle Sperrwirkung entfaltet und die Dritthaftung nicht ausschließt (Völkl/Lehner aaO Rz 92 mwN).
4. Der BGH stellt ‑ anders als der Oberste Gerichtshof ‑ für die Einbeziehung von Dritten in den Schutzbereich des Prüfungsvertrags strenge Anforderungen und verlangt, dass sich der Abschlussprüfer erkennbar darauf eingelassen hat, dass die Prüfung auch im Interesse des Dritten durchgeführt wird und dass das Ergebnis dem (den) Dritten für seine Disposition dienen soll (BGH v 7. 5. 2009, III ZR 277/08 = BGHZ 181, 12; BGHZ 167, 155; zustimmend zitiert von Völkl/Lehner aaO Rz 108; so auch Ebke aaO Rz 143 mit Hinweisen auf BGH‑Judikatur). Diese restriktive Anwendung von Grundsätzen der vertraglichen Dritthaftung mag auch von den in Deutschland von einem Bundesratsausschuss und vom Rechtsausschuss des deutschen Bundestags erhobenen Forderungen beeinflusst worden sein. Gefordert wurde, die Ausdehnung der Dritthaftung für Fahrlässigkeit des Abschlussprüfers nicht den Gerichten zu überlassen bzw die Dritthaftung in diesem Bereich gesetzlich auszuschließen (Ebke aaO Rz 154 f). Wenn der Gesetzgeber ‑ in Deutschland wie in Österreich ‑ seine Kompetenz nicht ausübt, bleibt es letztlich eine von den Höchstgerichten zu fällende Willensentscheidung, die zweifellos komplexe Frage der Dritthaftung des Abschlussprüfers zu lösen. Eine gänzlich widerspruchsfreie, alle überzeugende Lösung ist de lege lata nicht zu finden.
III. Die Verjährungsfrage ist nun auf dem Boden der Dritthaftung aufgrund der Schutzwirkungen des Prüfungsvertrags zugunsten Dritter für den Bereich bloß fahrlässiger Schadensverursachung durch den Abschlussprüfer dahin zu lösen, dass die Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB sowohl bei Schäden der Gesellschaft als auch denen Dritter eine von Kenntnis des Schadens und Schädigers unabhängige objektive Frist ist, die ab Entstehen des Schadens zu laufen beginnt:
1. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst mit der ausführlich begründeten Entscheidung zu 1 Ob 35/12x (= EvBl 2013/5, 39 = JAP 2012/13, 100 [ Rauter ] = RWZ 2012, 292 [ Wenger ]), die bereits vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zunächst die herrschende Ansicht aufrecht erhalten, dass es sich bei § 275 Abs 5 HGB (seit dem Handelsrechts-Änderungsgesetz [HaRÄG], BGBl I 2005/120: UGB) um eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB handelt, die als objektive, von der Kenntnis des Schadens und des Schädigers unabhängige Frist nicht nur die kurze, sondern auch die lange Frist des § 1489 Satz 2 1. Variante ABGB verdrängt. Weiters wurde unter Berücksichtigung der zur Verjährung der Dritthaftung von Abschlussprüfern zahlreich geäußerten Lehrmeinungen klargestellt, dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB, die unabhängig von der Kenntnis des Schadens und Schädigers mit dem Eintritt des (primären) Schadens (durch Umschichtung des Vermögens des Dritten, die er nicht vorgenommen hätte, hätte er die Unrichtigkeit des Jahresabschlusses gekannt [zum Anlegerschaden: RIS‑Justiz RS0120784 {T7}; RS0022537 {T12}]) zu laufen beginnt, auch für den Bereich der Dritthaftung gilt. All dem hat sich der 10. Senat mit ausführlicher Begründung (zur Verjährung der Dritthaftung eines Nachgründungsprüfers gem § 44 AktG) angeschlossen (10 Ob 88/11f = RWZ 2012, 292 [ Wenger ]).
2. Den Begründungen der zur Verjährung der Haftung des Abschlussprüfers ergangenen Entscheidungen ist zu entnehmen (vgl 4 Ob 89/04y; 10 Ob 24/04h; 1 Ob 44/06m; 1 Ob 35/12x; 10 Ob 88/11f), dass in keinem Fall der (explizite) Vorwurf vorsätzlicher Pflichtenverletzung durch den beklagten Abschlussprüfer erhoben wurde, sondern nur der Vorwurf (grob) fahrlässigen Fehlverhaltens. Deshalb finden sich in der bisherigen Judikatur auch keine ausdrücklichen Aussagen zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen aus vorsätzlicher Pflichtverletzung (die nicht den Anforderungen des § 1489 Satz 2 2. Variante ABGB entspricht).
3. Der erkennende Senat hält die zu Punkt 1. dargestellte herrschende Ansicht, die § 275 Abs 5 UGB als lex specialis mit der Anordnung einer objektiven fünfjährigen Frist versteht, bei Vorliegen einer fahrlässigen Pflichtenverletzung durch einen Abschlussprüfer als Auslegungsergebnis, das den Zweck der Regelung (primär, dass das hohe Haftungsrisiko versicherbar sein soll) und das Bedürfnis nach Sicherheit und Rechtsfrieden im Wirtschaftsverkehr (2 Ob 299/05t; 1 Ob 35/12x; Wendehorst , Verjährung bei der Haftung des Abschlussprüfers ‑ Probleme durch ein deutsch-österreichisches Rechtstransplantat, in FS Straube [2009] 233 [239]) sachgerecht berücksichtigt und so zu einer von der allgemeinen Regel für Schadenersatzansprüche (§ 1489 ABGB) abweichenden Ausnahmeregelung gelangt, für zutreffend (so auch Graf , wbl 2012, 250 f [FN 73]; Wendehorst in FS Straube 236 ff). Weiters wird der Rechtsansicht beigetreten, den als Einheit konzipierten § 275 UGB uneingeschränkt auch auf die Dritthaftung der Abschlussprüfer anzuwenden und deshalb den Dritten verjährungsrechtlich nicht anders zu behandeln als die geprüfte Gesellschaft selbst (idS auch P. Bydlinski , Abschlussprüfer-Dritthaftung und Verjährung, in FS Jud [2012] 61 [64 ff]). Wenn die Dritthaftung aus den Schutzwirkungen des Prüfungsvertrags abgeleitet wird, ist ein gegenüber der Gesellschaft (der Vertragspartnerin) stärkerer Schutz des mitgeschützten Dritten kaum begründbar und mit der ratio, dass das Haftungsrisiko versicherbar bleiben soll, nicht vereinbar. Daran kann nach Auffassung des Senats auch nicht das für eine Verschiedenbehandlung ins Treffen geführte Argument des Informationsvorsprungs der geprüften Gesellschaft gegenüber einem Drittgeschädigten etwas ändern.
4. Die gegen die Haftungsbegrenzung des § 275 Abs 2 UGB und die Auslegung der Verjährungsfrist als objektive Frist im Schrifttum teilweise geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ( Völkl/Lehner aaO Rz 86; Doralt/Stöger , Zur Verfassungsmäßigkeit des § 275 Abs 2 HGB aF, ÖBA 2003, 265) werden nicht geteilt:
Das gegenüber anderen Berufsgruppen höhere, existenzbedrohende Haftungsrisiko des Abschlussprüfers ist Folge der erläuterten allgemeinen Bedeutung von Jahresabschlüssen, deren Prüfung und der Pflichtveröffentlichung, also des mit der Prüfung für jedermann herbeigeführten Vertrauenstatbestands. Die Einbeziehung von allen im Voraus nicht bestimmten, möglichen Geschädigten in den Schutzbereich des Prüfungsvertrags ist ein Ausnahmefall vom sonst gegebenen Erfordernis, dass die Interessen bestimmter Dritter erkennbar sein müssen und dass der Kreis der geschützten Personen eng zu ziehen ist. Diese Ausnahme findet ihre Rechtfertigung gerade in den Haftungsbeschränkungen. Der weite Kreis mitgeschützter Dritter unterscheidet die Haftung des Abschlussprüfers von derjenigen anderer Berufsgruppen wie beispielsweise derjenigen der Rechtsanwälte (in diesem Sinne auch Holoubek/Karollus/Rummel , Die Haftung des Abschlussprüfers im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes, ÖBA 2002, 953 [962]).
IV. Aus den dargelegten Gründen haben die Vorinstanzen zu Recht die Verjährung des auf Fahrlässigkeit gestützten Schadenersatzbegehrens angenommen. Für eine vorsätzliche Schadenszufügung (hier gemeint jeder auch „einfache“ Vorsatz und nicht nur derjenige bei einem im Sinn der zweiten Variante des § 1489 Satz 2 ABGB qualifizierten Delikt) gilt anderes. Hier ist die Verjährungsfrist eine subjektive:
1. Den vorliegenden Klagebehauptungen ist auch der Vorwurf vorsätzlichen Fehlverhaltens der Beklagten zu entnehmen, wird ihr doch ua angelastet, vom Anfang ihrer Tätigkeit an (ab dem Jahr 2000) von allen behaupteten Pflichtverletzungen (ua in Richtung eines Pyramidenspiels) und Rechtswidrigkeiten sowie von der gänzlich fehlenden Werthaltigkeit der Genussscheine Kenntnis gehabt (Klage S 3 und 14), Inhalt und Ergebnis der Prüfberichte und der bestätigten Jahresabschlüsse mit ihrer Auftraggeberin abgestimmt und geschönt (Klage S 19) und damit ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung verfolgt zu haben (ON 5 S 8).
Es bedarf daher einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob fahrlässiges und vorsätzliches Fehlverhalten des Abschlussprüfers für die Frage der Verjährung nach § 275 Abs 5 UGB von daraus abgeleiteten Schadenersatzansprüchen der geprüften Gesellschaft und/oder eines Dritten gleich zu behandeln ist oder nicht.
2. Nach dem Wortlaut scheint ersteres zum Tragen zu kommen. Sowohl im § 275 Abs 1 UGB (idF des Rechnungslegungsgesetzes BGBl 1990/475) als auch seit 1. Jänner 2002 im § 275 Abs 2 UGB war/ist nämlich die Schadenersatzpflicht des Abschlussprüfers ausdrücklich für vorsätzliche und fahrlässige Verletzung seiner Prüfpflichten normiert. Wenn § 275 Abs 5 UGB die Verjährungsfrist für „Ansprüche aus diesen Vorschriften“ undifferenziert mit fünf Jahren festsetzt, liegt der Schluss nahe, dass sowohl fahrlässige als auch vorsätzliche Schadenszufügung verjährungsrechtlich nicht unterschiedlich zu behandeln sind (idS W. Doralt , Haftung der Abschlussprüfer [2005] Rz 218).
Allerdings setzt § 275 Abs 5 UGB nur die Verjährungsfrist fest, während ihr Beginn nicht geregelt wird, sodass (auch) dazu Auslegungsbedarf besteht.
3. In der Lehre finden sich Stimmen gegen eine Gleichbehandlung. Nach Graf (wbl 2012, 241 [250 f FN 73]) verdränge der Vorsatz des Prüfers als kausales Element die Nähe der geprüften Gesellschaft zu den Schadensursachen und lasse die Haftungsbegrenzung entfallen, sodass die Verjährungsregel des § 275 Abs 5 UGB nicht greife. Wendehorst (in FS Straube 240 ff) gelangt im Ergebnis zu einer generellen teleologischen Reduktion des § 275 Abs 5 UGB auf Fahrlässigkeitstaten und zur Anwendbarkeit des § 1489 ABGB auf Vorsatztaten. P. Bydlinski (Gedanken zur Haftung der Abschlussprüfer, in FS Ostheim [1989] 349 [369 f] zu § 141 AktG idF vor dem Rechnungslegungsgesetz BGBl 1990/475, der als Vorgängerbestimmung zu § 275 UGB ebenso schon eine Haftungsbetragsbeschränkung für fahrlässig handelnde Abschlussprüfer [Abs 2] und nur eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorsah [Abs 5]) schlägt eine zurückhaltende teleologische Reduktion dahin vor, die Fünfjahresfrist bei fahrlässiger Schädigung immer bereits mit der Schadenszufügung beginnen zu lassen, bei Vorsatztaten aber mit Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger oder nach 30 Jahren gemäß § 1489 Satz 2 ABGB.
Zehetner tritt in Jabornegg/Strasser AktG I 5 § 44 Rz 10 zur Verjährungsvorschrift des § 44 AktG dafür ein, die Verjährungsfrist bei vorsätzlichem Handeln erst ab Kenntnis von Schaden und Schädiger laufen zu lassen.
Sowohl Wendehorst als auch P. Bydlinski (auch in FS Jud 66) verweisen für ihre Ansicht auf die ratio des § 275 UGB, die Haftung des bloß fahrlässig handelnden Abschlussprüfers bei durchaus möglichen ungewöhnlich großen Schäden auf ein überschaubares und damit versicherbares Risiko zu begrenzen. In den Genuss dieser Begrenzung solle der vorsätzlich Schädigende nicht kommen.
4.1. Diesem Gedanken ist im Wesentlichen zu folgen, weil ein Gesetz nach der „ihm eigenen Vernünftigkeit“, also teleologisch „gemäß den erkennbaren Zwecken und dem Grundgedanken einer Regelung“ zu verstehen ist (RIS-Justiz RS0109735 [T3]).
Gerade die (seit Einführung des § 275 UGB mehrfach novellierte) ausdrücklich vorgesehene Haftungsbeschränkung zugunsten des fahrlässig handelnden Abschlussprüfers für jede Prüfung zeigt die Absicht des Gesetzgebers, dessen Risiko pro Prüfung jedenfalls betraglich zu beschränken. Legt man die fünfjährige Verjährungsfrist im Sinn der herrschenden Ansicht als objektive, von der Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger unabhängige Frist aus, die mit Schadenseintritt zu laufen beginnt, ist darin eine weitere Haftungsbeschränkung zu erblicken, und zwar in zeitlicher Hinsicht wegen der erheblichen Verkürzung der allgemeinen objektiven Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB von 30 Jahren. Damit ist die von den genannten Autoren betonte ratio des § 275 UGB, die Haftung des fahrlässig handelnden Abschlussprüfers auf ein überschaubares und damit versicherbares Risiko zu begrenzen, klar erkennbar.
Es versteht sich von selbst, dass jedenfalls der Vorsatztäter nicht in den Genuss von Haftungsprivilegien kommen soll; regelmäßig wird kein Versicherungsschutz bei vorsätzlicher Pflichtverletzung bestehen. Dem entsprechend sieht § 275 UGB die betragliche Haftungsbeschränkung nur für Fahrlässigkeitstaten vor. Warum dem vorsätzlich handelnden Abschlussprüfer dennoch die zeitliche Privilegierung in Gestalt einer kurzen objektiven Verjährungsfrist zugute kommen sollte, ist sachlich nicht begründbar. Gerade der Vorsatztäter wird ‑ anders als der fahrlässig Schädigende, der sich seines Fehlers in aller Regel nicht bewusst ist ‑ bestrebt sein, seine Malversationen möglichst zu verschleiern, sodass die Kenntnis des Geschädigten davon hinausgezögert und wegen des davon unabhängigen Fristbeginns oft erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zu erlangen sein wird. Damit würde ein besonders raffinierter Schädiger in den Vorteil der Fristverkürzung gelangen und könnte von der selbst verursachten Unwissenheit des Geschädigten in bedenklicher Weise profitieren. Ein solches Ergebnis einer Interpretation würde den natürlichen Rechtsgrundsätzen (§ 7 ABGB) widersprechen (vgl RIS-Justiz RS0016512: „niemand darf durch Arglist Rechtsvorteile erlangen; RS0008957) und ist deshalb abzulehnen. Die Übernahme des Auslegungsergebnisses für fahrlässiges Fehlverhalten scheidet daher aus.
4.2. Der Zweck der Regelung des § 275 UGB, nur den fahrlässig schädigenden Abschlussprüfer bei der Haftung dafür aus sachlichen Gründen zu privilegieren, verlangt eine Auslegung, die sich für den Beginn der einheitlich im § 275 Abs 5 UGB festgesetzten Verjährungsfrist von fünf Jahren im Fall einer vorsätzlichen Pflichtverletzung durch einen Abschlussprüfer an der allgemeinen Regel für Schadenersatzansprüche nach § 1489 ABGB orientiert. Diese macht den Lauf der Verjährung (auch) bei „einfachem“ Vorsatz (der also den Anforderungen des § 1489 Satz 2 2. Variante ABGB nicht entspricht) von der Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger abhängig. Bei vorsätzlicher Pflichtverletzung des Abschlussprüfers ist der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist daher nicht mit Entstehung des Schadens, sondern erst mit Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger anzusetzen. Ob die lange Frist des § 1489 Satz 2 1. Variante ABGB greift (vgl idS auch Zehetner in Jabornegg/Strasser AktG I 5 [2011] § 44 Rz 10), wenn dem Geschädigten der Schaden oder der Schädiger nicht bekannt geworden sind, muss hier nicht beantwortet werden (s dazu IV. 7.).
4.3. So wird eine unsachliche Privilegierung eines vorsätzlich handelnden Abschlussprüfers vermieden und zum Verjährungsbeginn eine Harmonisierung mit allgemeinen Grundsätzen erreicht. Die ‑ gegenüber der allgemeinen kurzen subjektiven Verjährungsfrist verlängerte ‑ fünfjährige Frist ist Konsequenz der ausdrücklichen und unmissverständlichen gesetzlichen Regelung des § 275 Abs 5 UGB und im Übrigen dem Gesellschaftsrecht ‑ auch als subjektive Frist ‑ keineswegs fremd (vgl zur Haftung des Geschäftsführers bzw Vorstands § 25 Abs 6 GmbHG; § 84 Abs 6 AktG; 9 ObA 148/05p = SZ 2006/139).
5. Da ein Dritter verjährungsrechtlich nicht anders zu behandeln ist als die geprüfte Gesellschaft, hat dies auch im Fall der Dritthaftung eines vorsätzlich handelnden Abschlussprüfers zu gelten.
6. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass für im Rahmen der Tätigkeit als Abschlussprüfer begründete Schadenersatzansprüche die verjährungsrechtliche Spezialnorm des § 275 Abs 5 UGB anzuwenden ist, die nicht nur gegenüber der geprüften Gesellschaft, sondern auch gegenüber Dritten gilt und je nachdem, ob den Schadenersatzansprüchen fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten zugrunde liegt, als objektive oder subjektive fünfjährige Frist ausgestaltet ist.
7. Nach der hier gegebenen Aktenlage kann eine Kenntnis des Klägers von der Wertlosigkeit der Genussscheine schon im Zeitpunkt ihres Erwerbs am 2. Juli 2003 und damit vom primär geltend gemachten Schaden frühestens mit der Erteilung von nur eingeschränkten Bestätigungsvermerken bei den Jahresabschlüssen für 2008, die naturgemäß erst 2009 erteilt und beim Firmenbuch eingereicht wurden (siehe das Vorbringen der Beklagten ON 6 S 6/7), angenommen werden. Die fünfjährige Frist des § 275 Abs 5 UGB war deshalb bei Einbringung der Klage am 20. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen.
8. Eine Auseinandersetzung mit der Problematik, ob die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB auch zur Anwendung kommen sollte, wenn die Voraussetzungen für die 30-jährige Frist nach der zweiten Variante des § 1489 Satz 2 ABGB vorliegen, erübrigt sich hier, weil eine Verjährung schon bei einfachem Vorsatz zu verneinen ist.
9. Die Annahme der Vorinstanzen, der auf vorsätzliche Pflichtverletzung gestützte Schadenersatzanspruch des Klägers nach § 275 UGB gegen die Beklagte als Abschlussprüfer sei bereits verjährt, erweist sich somit als unzutreffend. Es bedarf daher der Prüfung der Berechtigung der erhobenen Vorwürfe, weshalb eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung unumgänglich ist.
V. Schließlich ist auf die weiteren Argumente der Revision einzugehen.
1. Der Kläger hat in der Revision erstmals noch weitere Anspruchsgrundlagen für eine Haftung der Beklagten als Abschlussprüferin ins Spiel gebracht, und zwar den vorsätzlichen Straftatbestand nach § 255 AktG als Schutzgesetz (§ 1311 ABGB) sowie die wissentliche falsche Aussage iSd § 1300 Satz 2 ABGB; Zweck dieses Vorbringens war es, so zur Anwendung der kurzen subjektiven Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB zu gelangen. Da nach der hier vertretenen Rechtsansicht bei vorsätzlicher Pflichtverletzung des Abschlussprüfers ohnehin eine subjektive Fünfjahresfrist gilt, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese neuen, jeweils nur mit Vorsatz zu verwirklichenden Tatbestände.
2. Der Kläger macht als Schaden den im Vertrauen auf die Richtigkeit der Abschlussprüfung getätigten Ankauf von bereits damals wertlosen Genussscheinen geltend. Demnach ist vom Eintritt seines (primären) Schadens durch den Erwerb der Genussscheine, den er nicht vorgenommen hätte, hätte er die Unrichtigkeit des Jahresabschlusses gekannt, auszugehen (vgl RIS-Justiz RS0022537 [T12])
3. Nach seinem weiteren Vorbringen unterließ er im Hinblick auf die nach dem Ankauf weiter von der Beklagten erteilten Bestätigungsvermerke die Veräußerung der Genussscheine. Auf diese weiteren Bestätigungsvermerke der Beklagten kommt es aber angesichts des im Jahr 2003 eingetretenen primären Schadens des Klägers nicht mehr an, wenn die Beklagte ‑ entsprechend den Vorwürfen des Klägers ‑ bereits ab dem Jahr 2000 vorsätzliche Pflichtverletzungen zu verantworten hat. Der Vorwurf der Revision, das Berufungsurteil leide an sekundären Feststellungsmängeln zur Behauptung des Klägers, er hätte bei ordnungsgemäßer Versagung/Einschränkung eines Bestätigungsvermerks nach dem Kauf der Genussscheine durch den Kläger diese schadensfrei verkaufen können, trifft nicht zu:
Das Berufungsgericht hat nur eine ‑ bereits durch die Einwendungen der Beklagten aufgezeigte ‑ Auslegung des Klagevorbringens vorgenommen und ist dabei konsequent zum zutreffenden Ergebnis gekommen, dass die behauptete Möglichkeit des Verkaufs der Genussscheine bei ordnungsgemäßer Prüfung (die den später tatsächlich eingetretenen und zur Unverkäuflichkeit der Genussscheine führenden Zusammenbruch der geprüften Gesellschaften nur vorverlagert hätte) nicht nachvollziehbar sei, weshalb es dazu an der Schlüssigkeit des Klagevorbringens fehle. Auf dieser Sachverhaltsgrundlage hat der Kläger nämlich keinen Schaden erlitten, für den die von der Beklagten zu verantwortenden und dem Ankauf der Papiere nachfolgenden Bestätigungsvermerke kausal waren.
Ob diese Unschlüssigkeit mit dem Kläger zu erörtern gewesen wäre (§ 182a ZPO), braucht nicht geprüft zu werden, weil er einen allenfalls dadurch verwirklichten Verfahrensmangel in der Revision nicht rügte.
4. Das Berufungsgericht hat einen Schadenersatzanspruch des Klägers aus dem Titel Prospekthaftung nach dem KMG sowohl mit Unschlüssigkeit der Klagebehauptungen als auch mit der ‑ auch schon vom Erstgericht begründet angenommenen ‑ Präklusion durch Versäumung der (früher) fünfjährigen Frist des § 11 Abs 7 KMG idF BGBl Nr 1994/210 (durch einen Verweis auf § 500a ZPO) verneint. Die Revision trägt zwar umfangreich vor, warum die Beklagte als Prospektprüferin gegen Bestimmungen des KMG verstoßen habe, zur von den Vorinstanzen bejahten Verfristung des daraus abgeleiteten Schadenersatzanspruchs begnügt sie sich jedoch mit dem Satz, dass dieser „unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 11 Abs 7 KMG auch keinesfalls verjährt“ sei, ohne irgendein Argument dafür und gegen die Begründung der Vorinstanzen zu nennen. Da eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge zu dieser selbständigen Rechtsfrage somit zu verneinen ist, ist dem Obersten Gerichtshof deren Nachprüfung verwehrt (RIS-Justiz RS0043603 [T10]; RS0043605 [T1]).
5. Erstmals in der Revision verweist der Kläger als weitere Anspruchsgrundlage einer Prospekthaftung auf § 80 Abs 1 Z 2 BörseG idF BGBl Nr 1989/555.
Er übersieht dabei allerdings, dass in erster Instanz keine Behauptung aufgestellt wurde, die Genussscheine seien jemals zur amtlichen Notierung oder zum geregelten Freiverkehr an einer inländischen Börse zugelassen worden. Vielmehr brachte die Beklagte vor, die Genussscheine wären am 17. September 2001 im Freiverkehr an der Frankfurter Börse eingeführt worden, welche Tatsache der Kläger unbestritten ließ (§ 267 ZPO).
6. Im fortgesetzten Verfahren wird ua Folgendes zu beachten sein:
Nachdem die Fragen zur Verursachung eines Schadens des Klägers durch pflichtwidrige Bestätigungsvermerke nach seinem Erwerb der Genusscheine und zur Prospekthaftung sowohl nach KMG als auch nach dem BörseG bereits abschließend ‑ zu Ungunsten des Klägers ‑ erledigt wurden, hat sich der zweite Rechtsgang auf die Prüfung der vom Kläger behaupteten vorsätzlichen Pflichtverletzungen der Beklagten, die vor dem Erwerb der Genussscheine am 2. Juli 2003 stattgefunden haben sollen, zu beschränken. Das betrifft (legt man die Aufstellungen der Beklagten zu den jeweiligen Jahresabschlüssen ON 6 S 6/7 zugrunde) die Jahresabschlüsse für 2000 und 2001 der A***** AG, die Jahresabschlüsse für 2001 und 2002 der A***** AG und den IAS-Konzernabschluss für 2001 der A***** AG; alle anderen Bestätigungsvermerke datieren nämlich nach dem 2. Juli 2003 und können deshalb für den Kaufentschluss des Klägers nicht ursächlich gewesen sein.
VI. Zu den weiteren Einwendungen der Beklagten:
1. Die Beklagte hat sich im Zusammenhang mit ihrer Verjährungseinrede auch auf die mit ihren Auftraggebern vereinbarten Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhandberufe 2000 (AAB 2000), die bis 2006 in Geltung gestanden seien, und zwar deren § 8 Abs 4 berufen. Deren Wortlaut wurde wie folgt zitiert:
„Der Schadenersatzanspruch kann nur innerhalb von sechs Monaten nachdem der oder die Anspruchsberechtigten von dem Schaden Kenntnis erlangt haben, spätestens aber innerhalb von drei Jahren nach dem anspruchsbegründenden Ereignis gerichtlich geltend gemacht werden, soferne nicht im Aktiengesetz andere Verjährungsfristen festgesetzt sind.“
Der Oberste Gerichtshof hat zur gleichlautenden Bestimmung des § 8 Abs 4 ABB 1986, die zur Begründung eines Verjährungseinwands gegen einen auf § 275 UGB gestützten Schadenersatzanspruch gegen einen Abschlussprüfer releviert wurde, bereits Stellung genommen. Er gelangte zum Ergebnis, dass § 8 Abs 4 AAB selbst die Verjährungsfrist in Bezug auf Ansprüche gegen den Jahresabschlussprüfer vom Anwendungsbereich der AAB ausnimmt, weil der Verweis auf das Aktiengesetz 1965 als Redaktionsfehler angenommen werden muss. Die verkürzten Verjährungsfristen des § 8 Abs 4 AAB sind daher auf Ansprüche gegen den Wirtschaftstreuhänder als Jahresabschlussprüfer nach § 275 UGB nicht anzuwenden (4 Ob 89/04y; 10 Ob 24/04h; RIS‑Justiz RS0119141).
Der letzte Halbsatz der erörterten Bestimmung ist vielmehr unter Beseitigung des Redaktionsfehlers wie folgt zu lesen und zu verstehen: „..., sofern nicht § 275 UGB anzuwenden ist“ (1 Ob 44/06m).
Damit erweist sich die von der Beklagten ins Treffen geführte Bestimmung des § 8 Abs 4 ABB 2000 als im vorliegenden Fall unanwendbar. Auf die ebenso angesprochenen ABB 2006 kommt es mangels Geltung im relevanten Zeitraum (vgl Punkt 6.) nicht an.
2. Die Beklagte bemängelte unter anderem das Hauptbegehren auf Zahlung des Kaufpreises (KB S 4).
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden wegen fehlerhafter Abschlussprüfung ist einem Schaden wegen pflichtwidriger Anlageberatung vergleichbar, weil es in beiden Fällen um Schäden geht, die durch Handlungen/Unterlassungen im Vertrauen auf die Tätigkeit der beklagten Partei entstanden sind. Auch der Kläger kann daher verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Abschlussprüfer pflichtgemäß gehandelt hätte. Er kann den Vertrauensschaden verlangen (8 Ob 123/05d mwN; RIS‑Justiz RS0125829).
Der Kläger begehrt Geldersatz, also den rechnerischen Schaden. Dieser wird stets durch eine Differenzberechnung ermittelt. Nach der Differenzmethode besteht das zu leistende Interesse (der rechnerische Schaden) in der Differenz zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich im Beurteilungszeitpunkt ohne schädigendes Ereignis darstellen würde, und dem nach dem schädigenden Ereignis nun tatsächlich vorhandenen Vermögensstand (vgl RIS-Justiz RS0030153). Das Geldersatzbegehren setzt im Allgemeinen voraus, dass der Kläger das aufgrund der mangelhaften Beratung (hier: Abschlussprüfung) erworbene Anlageprodukt verkauft hat und dann den Differenzschaden geltend macht (RIS-Justiz RS0120784).
Im konkreten Fall behauptet der Kläger aber nicht nur die ursprüngliche sondern (erkennbar) auch die nunmehrige Wertlosigkeit der erworbenen Genussscheine, was von der Beklagten nicht substantiiert bestritten wurde. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Anlage (endgültig) wertlos und ein Verkauf weder möglich noch erforderlich ist (4 Ob 67/12z; 4 Ob 140/12k = RIS-Justiz RS0120784 [T17 und T20]).
Unter diesem Gesichtspunkt ist das Geldleistungsbegehren daher nicht zu beanstanden. Seine Höhe wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein.
VII. Das Erstgericht wird die dargestellte Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben; im Anschluss werden die entsprechenden Beweise aufzunehmen und Feststellungen im aufgezeigten Rahmen zu treffen sein.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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