OGH 5Ob53/12y

OGH5Ob53/12y9.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. W***** K*****, 2. Dr. E***** K*****, beide vertreten durch Mag. Henrik Gießauf, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. DI Dr. H***** L*****, 2. G***** L*****, beide vertreten durch Kaufmann & Lausegger Rechtsanwalts KG in Graz, wegen 25.221,60 EUR sA (Revisionsinteresse 23.477,40 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2011, GZ 2 R 163/11z-42, mit dem infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Juni 2011, GZ 16 Cg 242/09g-38, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.690,45 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 281,74 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Jahr 1999 verkauften die beiden Beklagten den Klägern eine Liegenschaft, auf der sich ein Einfamilienhaus mit Zufahrt und einer die Liegenschaft umgebenden Einfriedungsmauer befand. Im Kaufvertrag erklärten die Beklagten unter anderem dafür zu haften, dass das kaufgegenständliche Haus, dessen Zufahrt und Einfriedung aufrecht behördlich bewilligt sind und die diesbezüglichen Auflagen der behördlichen Bewilligungsbescheide erfüllt sind. Tatsächlich war die Begrenzungsmauer nicht entsprechend den Auflagen der erteilten Baubewilligung fachgerecht einwandfrei ausgeführt worden, weil das Fundament nur in 45 bis 55 cm Tiefe und damit nicht frostsicher (mindestens 1 m Tiefe) gegründet wurde und zu wenig breit bzw nicht mit einem L-förmigen Fundament hergestellt wurde. Außerdem wurde die Anbringung von Dehnfugen unterlassen. Diese Umstände führten zu massiven Rissen und einer Neigung der Mauer. Eine Sanierung kann nur durch Abriss und Neuherstellung erfolgen. Die entsprechenden Sanierungskosten betragen (unter Abzug eines Betrags aus dem Titel „neu für alt“) 23.477,40 EUR.

Es steht nicht fest, dass die Kläger den bestehenden Mangel nicht beheben lassen werden.

Beide Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren auf Ersatz des Deckungskapitals für die Mängelbehebungskosten statt (die Abweisung eines Mehrbegehrens von 1.744,20 EUR sA aus dem Titel „neu für alt“ blieb unbekämpft und ist damit rechtskräftig).

Das Berufungsgericht beurteilte die zwischen den Parteien im Kaufvertrag getroffene Vereinbarung als „unechte Garantieerklärung“, die eine verschuldensunabhängige Haftung für alle negativen Folgeerscheinungen des Mangels bewirke und über die Gewährleistungspflichten und die gesetzlich vorgesehenen, vom Verschulden abhängigen Schadenersatzpflichten hinausgehe, und sprach - erst über Abänderungsantrag der Beklagten - aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zum Inhalt der vertraglich übernommenen Haftungserklärung auch die Rechtsansicht vertreten werden könne, es handle sich bloß um eine ausdrückliche Übernahme von Gewährleistungspflichten bzw deren Erweiterung, und insofern eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Beklagten erhobene Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO nur kurz zu begründen ist:

1. In der Zusicherung bestimmter Eigenschaften einer Kaufsache und der Übernahme der Gewährleistung dafür handelt es sich gewöhnlich um nicht mehr als die ausdrückliche Übernahme an sich wirksamer Gewährleistungspflichten oder deren Erweiterung oder Verlängerung. Ohne Vorliegen besonderer Umstände wird eine solche Erklärung vom Horizont eines redlichen Erklärungsempfängers aus nicht auch dahin verstanden, dass der Vertragspartner damit über die Gewährleistungsfolgen hinaus eine zusätzliche Haftung für alle Folgen eines Mangels übernehmen wolle (1 Ob 138/05h ÖBA 2007, 146/1393 [B. Koch]; RIS-Justiz RS0018623). Nur ausnahmsweise - wenn besondere Umstände dafür sprechen - ist zugrunde zu legen, dass sich aus der Vereinbarung eine Zusicherung ableiten lässt, dass der Vertragspartner dem anderen gegenüber eine Haftung übernehmen will, die ihrem Wesen nach über die Gewährleistungspflichten und die gesetzlichen Schadenersatzpflichten hinausgeht (1 Ob 41/03s JBl 2003, 853; 1 Ob 138/05h; P. Bydlinski in KBB3 § 922 ABGB Rz 7).

Mögen auch durchaus beachtliche Argumente für den Standpunkt der Beklagten sprechen, so ist doch die Frage, wie die übernommene Verpflichtung auszulegen ist, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hier nicht entscheidungserheblich: Der klagsgegenständliche Anspruch hält sich nämlich im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungs- und Schadenersatzfolgen. Darüber hinausgehende Ansprüche wie solche auf Ersatz von Mängelfolgekosten werden nicht geltend gemacht. Die Kläger fordern nur das Deckungskapital für die Mängelbehebungskosten.

2. Es ist daher entbehrlich, auf die behauptete sekundäre Mangelhaftigkeit einzugehen, womit Feststellungen über die Parteienabsicht bei Abgabe der Haftungserklärung moniert werden.

Mit ihrer Rüge eines Verstoßes gegen die Bindung an das Vorbringen der Parteien übersehen die Revisionswerber den Inhalt der klägerischen Anspruchsbehauptungen. Sie haben sich von Beginn an auf eine Vertragsverletzung und darüber hinaus auf alle weiteren Rechtsgründe gestützt (Seite 3 der Klage).

3. Auch die weiteren Ausführungen der Revision berühren keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 ZPO:

3.1. Der Sachverhalt ist zufolge Vertragsabschlusses im Jahr 1999 noch nach der Rechtslage vor dem Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz BGBl I 2001/48 zu beurteilen (vgl 1 Ob 16/09y; 6 Ob 154/09d), sodass auf die Frage, ob dem Beklagten zuvor Gelegenheit zur Verbesserung gegeben hätte werden müssen, nicht weiter einzugehen ist (vgl 4 Ob 86/08p ecolex 2008/368).

3.2. Haftet ein Schuldner für den Nichterfüllungsschaden, dann hat er dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die pflichtwidrige Nichterfüllung entstand. Der Gläubiger hat also Anspruch auf jene erforderlichen Verbesserungskosten, die die Erreichung des Erfüllungszustands ermöglichen (RIS-Justiz RS0018239; RS0115059).

3.3. Nur wenn feststünde, dass die Reparatur nicht durchgeführt wird, findet ein Ersatz bloß in Höhe der Wertminderung statt (RIS-Justiz RS0022844), welcher Grundsatz im Übrigen bei Schäden an Gebäuden oder Liegenschaften nicht uneingeschränkt anwendbar ist (4 Ob 86/08p mwN). Im vorliegenden Fall steht weder fest, dass die Kläger eine Behebung des Mangels nicht beabsichtigen, noch ist das Argument zielführend, der Ersatz wäre mit einer objektiven Wertminderung der Einfriedungsmauer, die naturgemäß keinen Verkehrswert hat, begrenzt.

3.4. Dem Argument der Revision, der Umfang der Gewährleistungspflicht der Beklagten sei auf die Beseitigung solcher Mängel beschränkt, die aus der Zuwiderhandlung gegen baubehördliche Bestimmungen resultierten, nicht aber auf einen mängelfreien Zustand insgesamt (weil für eine bestimmte Beschaffenheit ausdrücklich nicht gehaftet werde), ist Folgendes zu entgegnen:

Beim vorliegenden Sachverhalt ist evident, dass allein der Umstand der schwer fehlerhaften Fundamentierung der Begrenzungsmauer ausreicht, die Notwendigkeit der Abtragung und der Neuherstellung der Mauer zu begründen. Dass gerade dieser Verstoß gegen die Auflage Punkt 4.) des Bewilligungsbescheids vom Zweck der baurechtlichen Normen umfasst ist, kann wohl angesichts der starken, rissebedingten seitlichen Neigung der Mauer nicht in Frage stehen.

Es erübrigt sich daher darauf einzugehen, ob und in welchem Umfang andere bautechnische Fehler (etwa das Fehlen von Dehnungsfugen) baurechtlichen Bestimmungen widersprechen, weil diese nichts an der Notwendigkeit der Gesamterneuerung ändern. Selbst dann, wenn der Käufer einen besseren als den vertragsgemäßen Zustand herstellen lassen will, stehen ihm dennoch für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands die notwendigen Behebungskosten zu (4 Ob 47/01t JBl 2002, 796).

3.5. Keinen Bedenken begegnet die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der klagsweisen Geltendmachung der Gewährleistungs-/Schadenersatzansprüche:

Der Fristbeginn der dreijährigen Verjährungsfrist des § 933 ABGB wird bei Zusicherung bestimmter Eigenschaften, deren Nichtvorliegen erst in späterer Zeit erkannt wird, auf den Zeitpunkt der Mangelerkennbarkeit hinausgeschoben (2 Ob 535/90 SZ 63/171; 5 Ob 504, 505/96 JBl 1998, 577 [Staudegger]; P. Bydlinski aaO § 933 ABGB Rz 12 mwN). Die Revisionswerber halten an der Ansicht fest, der von den Beklagten zu einem ersten Sanierungsversuch herangezogene Baumeister hätte schon damals erkennen müssen, was die Ursache der Schadhaftigkeit der Mauer war, weshalb sein „Wissenmüssen“ als Wissensvertreter den Klägern zuzurechnen sei und den Lauf der Verjährungsfrist in Gang gesetzt habe. Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Nur wer vom Geschäftsherrn damit betraut worden ist, Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit ist, entgegenzunehmen oder anzuzeigen, ist Wissensvertreter (5 Ob 546/94 SZ 68/179 mwN). Nach den maßgeblichen Feststellungen war der Baumeister bloß mit der (ersten) Sanierung der Mauer beauftragt, nicht aber mit einer Erhebung rechtlich relevanter Tatsachen, konkret der Feststellung der Mangelursachen. Selbst wenn man den Klägern den Baumeister als Wissensvertreter zurechnen könnte (5 Ob 18/01k mwN; 1 Ob 64/00v SZ 74/14; RIS-Justiz RS0065360), wäre es ihnen nicht als Verletzung ihrer Erkundigungsobliegenheit anzulasten, wenn der von ihnen mit der Sanierung und damit allenfalls auch zur Ursachenforschung Verpflichtete seine Vertragspflicht ihnen gegenüber nicht ordnungsgemäß erfüllt hätte und sie deshalb nicht schon bei Vornahme des ersten Sanierungsversuchs Kenntnis vom bestehenden Mangel erlangten. Eine solche Vertragsverletzung könnte nur im Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und dem Baumeister relevant sein, nicht jedoch in dem zwischen den Klägern und Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis (7 Ob 17/06k ecolex 2007/6, 28).

Die Ausführungen der Revision übergehen in diesem Zusammenhang überdies die Bedeutung der Feststellung, wonach der Erstbeklagte dem Baumeister aus Anlass des ersten Sanierungsversuchs über dessen Erkundigung die unzutreffende Information erteilte, das Fundament der Begrenzungsmauer sei „frostsicher“ errichtet worden.

Die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Geltendmachung der Klagsansprüche hält sich daher im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung.

Insgesamt werden von den Revisionswerbern keine Fragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO bedarf dies keiner weitergehenden Begründung.

Dies hatte zur Zurückweisung ihres Rechtsmittels zu führen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).

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