OGH 4Ob70/11i

OGH4Ob70/11i22.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** L*****, vertreten durch Haßlinger Haßlinger Planinc & Partner, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch die Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei I***** B*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Kofler und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 20.000 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 28. Februar 2011, GZ 2 R 202/10h-21, mit welchem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Dezember 2010, GZ 34 Cg 17/10b-14, aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in Bezug auf das Kapitalbegehren aufgehoben. Insofern wird in der Sache dahin zu Recht erkannt, dass die Entscheidung als Teilurteil lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen Zug um Zug gegen Herausgabe der Wertpapierurkunde „Corporate Bond - Grund & Immo 2008/7“ mit der Referenznummer 326538 einen Betrag von 20.000 EUR zu bezahlen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 10.831,49 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 1.725,60 EUR Barauslagen und 1.517,65 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.“

In Bezug auf das Zinsenbegehren wird der angefochtene Beschluss bestätigt.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger verfügte im Juli 2008 nach der scheidungsbedingten Verwertung seines Vermögens über liquide Mittel von 20.000 EUR. Davon erfuhr die für das beklagte Finanzdienstleistungsunternehmen tätige Nebenintervenientin, die den Beklagten seit Jahren in Versicherungsangelegenheiten beraten hatte. Sie kannte ihn als genauen und gewissenhaften Kunden, der grundsätzlich eine eher „negative und vorsichtige Lebenseinstellung“ hatte und bis auf einen Fondssparplan aus dem Jahr 2001 über keine Erfahrung mit der Anlage in Wertpapieren verfügte.

Die Nebenintervenientin riet dem Kläger zum Erwerb einer Unternehmensanleihe der „Grund- und Immo GmbH“ mit Laufzeit bis 30. Juli 2009. Dabei handle es sich um ein „super Produkt“, das zu 100 % sicher sei und eine Mindestverzinsung von 4,5 % aufweise; durch einen „Zinsbonus“ könne sich der Ertrag deutlich erhöhen. Dem Kläger war neben der Sicherheit die Mindestverzinsung von 4,5 % wichtig, da er bei einer Bank 3,5 % bekommen hätte. Aufgrund der Zusicherungen der Nebenintervenientin entschied er sich für den Erwerb der Anleihe. Bei einem weiteren Termin wurde ein Anlegerprofil erstellt. Darin wurde in der Rubrik „Risikobereitschaft bzw Produktrisiken der Veranlagung“ folgendes angekreuzt:

„RK 4: Spekulative Veranlagung mit hohen Kursschwankungen und eventuellem Totalverlustrisiko (zB Hedgefonds, Immobilien­aktien, Aktienfonds der Schwellenländer, etc).“

Der Kläger fragte zum Verlustrisiko nach. Die Nebenintervenientin sicherte ihm daraufhin zu, dass tatsächlich kein Risiko bestehe, zumal es sich um ein sicheres Produkt handle und beim Emittenten „derzeit“ keine Insolvenzgefahr bestehe. Dem Kläger war daher „wohl bewusst“, dass es sich um ein spekulatives Produkt handelte, er verließ sich aber auf die Zusicherungen der Nebenintervenientin, wonach das Produkt sicher sei und kein Risiko bestehe. Beim Beratungsgespräch unterfertigte der Kläger ein Zeichnungsformular für die Anleihe, wobei er die gesamten 20.000 EUR investierte. Das Formular enthielt unter anderem folgende Klausel:

„Die Haftung der Grund und Immo GmbH und ihrer Mutter-Tochter- und Partnergesellschaften, deren Organe, Berater, Vermittler und Depotbanken sowie sonstigen zurechenbaren Dritten für leicht fahrlässig zugefügte Schäden wird einvernehmlich ausgeschlossen.“

Im Juli 2008 waren weder der Beklagten noch der Nebenintervenientin finanzielle Schwierigkeiten der Emittentin bekannt. Am 22. Mai 2009 wurde über diese jedoch das Konkursverfahren eröffnet. Drei bis vier Wochen davor hatte die Nebenintervenientin von der prekären Finanzsituation erfahren und den Kläger darüber informiert.

Der Kläger begehrt Zahlung von 20.000 EUR samt 4,5 % Zinsen seit 28. Juli 2008, hilfsweise die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle negativen Folgen aus dem Ankauf der Wertpapiere. Die Nebenintervenientin habe die Anlage dem nicht fachkundigen Kläger als ''todsicher'' angepriesen, was Grund für seine Anlageentscheidung gewesen sei. Hätte sie ihn über das bestehende erhebliche Risiko aufgeklärt, hätte er die Anlage nicht getätigt. Aufgrund des Konkurses habe er einen Totalverlust erlitten. Das sei nach den Zusicherungen der Nebenintervenientin auszuschließen gewesen. Das Anlegerprofil sei im Schnelldurchlauf von der Nebenintervenientin ausgefüllt worden, dies fragmentarisch und unrichtig. Der Kläger sei an risikoreichen Anlagen nicht interessiert gewesen. Der Wertpapierprospekt sei ihm nicht zur Verfügung gestellt worden. In diesem werde auf die umfassenden Risiken der Anlage hingewiesen. Hätte er diese Risiken, insbesondere das tatsächliche Emittenten- und Bonitätsrisiko, gekannt, hätte er diese Anlage nicht gewählt. Die Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt; die Haftungsfreizeichnung für fahrlässiges Verhalten sei sittenwidrig.

Die Beklagte wendet ein, der Kläger sei ein erfahrener Anleger gewesen. Er habe eine spekulative Anlage gewünscht; auf das Risiko hoher Kursschwankungen bis zum Totalverlust habe ihn die Nebenintervenientin ebenso hingewiesen wie auf das Emittentenrisiko. Auf dieser Grundlage habe der Kläger eine wohlüberlegte Anlageentscheidung getroffen. Ursache für seinen Verlust sei ausschließlich die (zumindest) äußerst fahrlässige Finanzgebarung der für die Emittentin handelnden Personen gewesen. Über ein im Zeitpunkt der Beratung nicht bekanntes Veruntreuungsrisiko müsse nicht aufgeklärt werden. Bei Zeichnung der Anleihe habe nichts auf die spätere Verschlechterung der finanziellen Lage der Emittentin hingewiesen. Außerdem sei die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen worden.

Die Nebenintervenientin schloss sich dem Verfahren auf Seite der Beklagten an. Sie wiederholte im Wesentlichen deren Vorbringen und führte zudem aus, dass die Insolvenz der Emittentin zum allgemeinen Lebensrisiko des Klägers gehöre.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Die Nebenintervenientin habe den Kläger zwar nicht anlage- und anlegergerecht beraten; vielmehr habe sie ihm eingeredet, dass ein Verlust auszuschließen sei. Konkret habe sich aber nicht das Risiko eines Kursverlusts verwirklicht, sondern das Insolvenzrisiko der Emittentin. Da dieses Risiko bei Vertragsabschluss nicht erkennbar gewesen sei, liege insofern kein Aufklärungsfehler vor.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu.

Die Nebenintervenientin habe den Kläger nicht nur falsch informiert, sondern durch den Ausschluss jedes Risikos zum Kauf überredet, was gegen elementare Anlageberaterpflichten verstoßen habe. Über ein nicht bekanntes Veruntreuungsrisiko müsse zwar nicht aufgeklärt werden, die Unterlassung der Aufklärung über ein bestimmtes (erkennbares) Risiko, das sich in der Folge nicht verwirkliche, begründe mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs nicht die Haftung wegen des Eintritts anderer Risiken. Im konkreten Fall fehlten aber Feststellungen zur Ursache des Schadeneintritts. Es sei daher zu klären, ob die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich auf die von der Beklagten behaupteten Umstände zurückzuführen sei. Sollte das nicht zutreffen, wäre der Rechtswidrigkeitszusammenhang gegeben. Der Rekurs sei zuzulassen, weil der Fall Anlass geben könnte, die Rechtsprechung zum Rechtswidrigkeitszusammenhang weiter zu präzisieren. Vertretbar scheine auch die Auffassung, dass unter derartigen Umständen - Überreden zum Kauf eines Risikopapiers mit der Suggestion, es liege praktisch gar kein Risiko vor - der Rechtswidrigkeitszusammenhang auch für einen durch strafbares Verhalten verursachten Bonitätsausfall gegeben sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein Rekurs der Beklagten, mit dem sie die Wiederherstellung des Ersturteils anstrebt. Der Kläger beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die (jüngere) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Rechtswidrigkeitszusammenhang bei Anlageberatungsfällen noch nicht berücksichtigen konnte. Er ist teilweise berechtigt, was allerdings für die Rechtsmittelwerberin zu einer - bei Rekursen nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässigen (RIS-Justiz RS0043939) - reformatio in peius führt.

1. Die Nebenintervenientin, deren Verhalten der Beklagten zuzurechnen ist, hat grob fahrlässig gehandelt.

1.1. Die Beratung von Anlegern muss nach ständiger Rechtsprechung vollständig, richtig, rechtzeitig und für den Kunden verständlich sein, wobei auf dessen persönliche Kenntnisse und Erfahrungen Rücksicht zu nehmen ist; der Kunde muss die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung erkennen können (6 Ob 110/07f = ÖBA 2008, 505 [Koch 475] mwN; RIS-Justiz RS0123046; zuletzt etwa 4 Ob 62/11p = ecolex 2011, 805 [Graf] und 6 Ob 116/11v). Stellt der Berater ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zur Zeichnung einer solchen Beteiligung, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf (1 Ob 182/97i = SZ 70/147; RIS-Justiz RS0108074 [insb T1]). Verfügt er nicht über objektive Daten oder entsprechende Informationen, sondern nur über unzureichende Kenntnisse, muss er das dem Interessenten offenlegen (1 Ob 182/97i = SZ 70/147; RIS-Justiz RS0108073). Der Kunde kann darauf vertrauen, dass dem Vermittler der nötige Einblick in das angebotene Anlageprodukt gewährt worden ist oder ihm gegenüber andere Nachweise erbracht worden sind (7 Ob 79/98p = ÖBA 1998/750).

1.2. Im vorliegenden Fall hat der Kläger in eine Unternehmensanleihe mit einer einjährigen Laufzeit, einer fixen Verzinsung von 4,5 % (laut Angaben der Nebenintervenientin) und einem möglichen „Zinsbonus“ in unbekannter Höhe investiert. Sieht man vom „Zinsbonus“ - also einer möglichen höheren Verzinsung, deren Voraussetzungen sich den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen lassen - ab, bestand sein Risiko daher ausschließlich in der Bonität der Emittentin. Denn fraglich konnte nur sein, ob diese in der Lage sein würde, die Anleihe bei Fälligkeit zu bedienen. Wenn ja, waren Kapital und Ertrag (abgesehen vom „Zinsbonus“) gesichert, wenn nein, bestand die Gefahr eines Totalausfalls. Demgegenüber hatte das von den Vorinstanzen erörterte Risiko von „Kursschwankungen“ angesichts der kurzen Laufzeit keine erkennbare Bedeutung.

1.3. Das Erstgericht hat festgestellt, dass dem Kläger „wohl bewusst“ gewesen sei, dass es sich bei der Anlage um ein „spekulatives Produkt“ gehandelt habe. Das kann nur dahin gedeutet werden, dass ihm das grundsätzlich bestehende Bonitätsrisiko bekannt war. Er ließ sich dann aber von den gegenteiligen Zusicherungen der Nebenintervenientin überzeugen. Im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung durfte er darauf vertrauen, dass sie über besondere Informationen verfügte, aus denen sich tatsächlich das Fehlen jedes Bonitätsrisikos ergab. Dies stünde freilich im eklatanten Widerspruch zum Emissionsprospekt. Danach hatte die Emittentin „als neu gegründetes Unternehmen“ in ihrem Geschäftsfeld noch „keine Erfahrungswerte“, da sie bisher noch kein einziges Immobilienprojekt realisiert hatte und sich das nötige Knowhow von Dritten zukaufen musste. Es sei daher „derzeit nicht absehbar, ob sich das vom Emittenten konzipierte Geschäftsmodell am Markt durchsetzen kann und wird“. Damit unterscheidet sich das hier strittige Produkt von Wertpapieren, die von einem Unternehmen emittiert werden, das schon länger auf dem Markt tätig ist und dessen Bonität von unabhängigen Agenturen positiv bewertet wird (vgl 4 Ob 20/11m = EvBl 2011/119 [Klausberger] - Dragon FX; RIS-Justiz RS0124492 [T2]).

1.4. Die Beklagte hat nicht vorgebracht, dass sie oder die Nebenintervenientin über einen besonderen Wissensstand verfügt hätte, der ungeachtet der Warnungen im Emissionsprospekt die Behauptung der Risikolosigkeit gerechtfertigt hätte; vielmehr steht sie auf dem Standpunkt, dass die Nebenintervenientin ohnehin auf diese Risiken hingewiesen habe. In diesem Punkt haben die Vorinstanzen aber das Gegenteil festgestellt. Damit besteht aber kein Zweifel, dass die Nebenintervenientin grob fahrlässig gehandelt hat. Denn die ohne jede Grundlage abgegebene Zusicherung völliger Risikolosigkeit war in hohem Maße geeignet, Irrtümer über die tatsächlichen Verhältnisse und damit einen Schaden der Anlageinteressenten zu verursachen.

2. Nach den Feststellungen des Erstgerichts hat sich der Kläger „aufgrund der von der Nebenintervenientin getätigten Zusicherungen“ für das strittige Anlageprodukt entschieden. Das Verhalten der Nebenintervenientin war daher kausal für den Erwerb der Papiere. Auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang ist auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zu bejahen.

2.1. Hat sich ein Anlagerisiko verwirklicht, vor dem der Berater mangels Erkennbarkeit nicht warnen musste, so ist der Rechtswidrigkeitszusammenhang mit einer aus anderen Gründen mangelhaften Beratung dennoch zu bejahen, wenn diese Beratung und die darauf beruhende Veranlagung die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung des tatsächlich eingetretenen Risikos nicht bloß unerheblich erhöhte (4 Ob 62/11p = ecolex 2011, 805 [Graf]; RIS-Justiz RS0127012).

2.2. Ein solcher Fall liegt hier vor. Wie oben dargestellt, implizierte die Zusicherung völliger Risikolosigkeit das Vorhandensein besonderer Informationen. Da das Anlageprodukt selbst wegen der kurzen Laufzeit und der fixen (Basis-)Verzinsung einfach gestaltet war, mussten sich diese Kenntnisse auf den einzigen (relevanten) Risikofaktor, also auf die Bonität der Emittentin beziehen. Maßgebend dafür waren deren Geschäftsmodell und die Seriosität der für sie handelnden Personen. Die Abgabe einer diesbezüglichen Zusicherung ohne Vorliegen besonderer Informationen erhöhte für den Anleger die Gefahr, eine Anlage zu wählen, die nicht seinen Risikovorstellungen entsprach. Zu diesem Risikobündel gehörte auch die hier (angeblich) verwirklichte Gefahr eines strafbaren Verhaltens der Organe. Diese Gefahr ist umso höher, je kürzer ein Unternehmen auf dem Markt ist und je weniger (verlässliche) Informationen daher über die Eignung des Geschäftsmodells und die Seriosität der handelnden Personen vorliegen.

2.3. Aus diesen Gründen kommt es auf die vom Berufungsgericht als erheblich angesehenen Ursachen für das Scheitern der Emittentin nicht an. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang wäre auch dann zu bejahen, wenn die Insolvenz tatsächlich durch strafbares Verhalten der Organe verursacht worden wäre. Aus demselben Grund muss auch nicht entschieden werden, ob ein „konsequentes Durchhalten“ des Naturalrestitutionsansatzes eine Prüfung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs von vornherein ausschließt, wenn der Kläger aufgrund einer mangelhaften Beratung ein Anlageprodukt erworben hatte, das er sonst nicht gewollt hätte (so - gegen 4 Ob 62/11p und die dieser Entscheidung im Kern zugrunde liegenden Ausführungen von Wendehorst, Anlageberatung, Risikoaufklärung und Rechtswidrigkeitszusammenhang, ÖBA 2010, 562 ff - zuletzt M. Bydlinski, Zum Schadenersatz bei volatilen Vermögenswerten, JBl 2011, 662 [687 ff]; ähnlich Graf, Entscheidungsanmerkung, ecolex 2011, 805 f).

3. Der Beklagten ist das grobe Verschulden der Nebenintervenientin zuzurechnen; Kausalität und Rechtswidrigkeitszusammenhang liegen vor. Damit ist das Begehren des Klägers auf Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe der Wertpapiere berechtigt (Naturalrestitution; RIS-Justiz RS0120784 [insb T3]; zuletzt etwa 6 Ob 9/11h mwN). Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Kläger bei korrekter Beratung eine Anlage gewählt hätte, die ebenfalls zu einem (zumindest teilweisen) Verlust des Kapitals geführt hätte (7 Ob 77/10i = ÖBA 2011, 501). Dafür gibt es hier aber keinen Anhaltspunkt. Vielmehr war der Kläger nach den Feststellungen des Erstgerichts entschlossen, das Kapital bei einer Bank zu veranlagen; nur die Zusicherungen der Beklagten zu Zinssatz und Sicherheit führten zur Entscheidung für die Unternehmensanleihe. Auf die diesbezügliche Behauptungs- und Beweislast kommt es daher nicht an (vgl dazu Dullinger, Aktuelle Fragen der Haftung wegen Beratungsfehlern bei der Vermögensanlage, JBl 2011, 693 [696 f]; Graf, OGH verteidigt Prospekthaftung, ecolex 2011, 599 [600]). Einen (konkreten) Mitverschuldenseinwand hat die Beklagte nicht erhoben.

4. Das Kapitalbegehren ist daher spruchreif. Da bei Rekursen nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (RIS-Justiz RS0043939), ist insofern mit Teilurteil zugunsten des Klägers zu entscheiden.

5. Anders verhält es sich mit dem Begehren auf Zahlung von 4,5 % Zinsen ab Kauf der Anleihe. Der Kläger hat dazu bisher kein Vorbringen erstattet. Verzugszinsen gebührten erst ab Fälligkeit des Zahlungsbegehrens; für den davor liegenden Zeitraum müsste der Kläger behaupten und beweisen, dass er das Kapital zu diesem Zinssatz veranlagt hätte. Insofern hat es daher bei der Aufhebung zu verbleiben. Soweit keine außergerichtliche Einigung erfolgt, wird das Erstgericht dem Kläger im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit zu geben haben, ein schlüssiges Vorbringen zum Zinsenbegehren zu erstatten.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Da die Beklagte in der Hauptsache unterlegen ist, hat sie dem Kläger die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen. Eine Kostenersatzpflicht der Nebenintervenientin besteht nicht.

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