OGH 4Ob171/06k

OGH4Ob171/06k19.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, ***** vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 6.000 EUR), infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. Juni 2006, GZ 11 R 10/06d-15, mit dem infolge Berufung der Beklagten das Urteil des Landesgerichts Wels vom 17. Februar 2006, GZ 31 Cg 99/05g-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 10.384,17 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 1.444,19 EUR USt, 1.719 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte schaltete im September 2005 in der Kronen Zeitung eine Anzeige für ein von ihr vertriebenes Nahrungsergänzungsmittel. Die Überschrift lautete: „Zuerst stirbt der Wald, dann der Mensch. Der saure Regen sorgte vor Jahren für Schlagzeilen, der 'Saure Mensch' wird es in Zukunft tun." Im Text der Anzeige wurde zunächst „akute Übersäuerung" als „lebensgefährlicher Zustand" bezeichnet. Bei einer latenten Übersäuerung reichten die Basen im Körper nicht aus, das Säure-Basen-Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Fehlten dem Körper Basen, so entziehe der Organismus Zähnen und Knochen säurereduzierende Mineralien. Die rhetorische Frage, wie sich Übersäuerung auf den Körper auswirken könne, wurde mit folgender

Aufzählung beantwortet: „Allergien, Arteriosklerose, Diabetes, Magen-Darm-Geschwüre, Migräne, Muskelverhärtungen". Die weitere rhetorische Frage: „Was dagegen tun?" leitete zu folgender

Formulierung über: „O***** hat mit K***** ein einzigartiges Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht, welches mit seinem hochwertigen Korallenkalzium den Säure-Basen-Haushalt ins Lot bringt." Schließlich wurde das Nahrungsergänzungsmittel „bei körperlichem und physischem Stress, Frauen in den Wechseljahren, bei schlechter und unausgewogener Ernährung, und generell als Vorsorge ab dem 30. Lebensjahr [..]" empfohlen.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Inverkehrbringen von Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere in der Werbung für das von ihr vertriebene Nahrungsergänzungsmittel „K*****", diesen [Nahrungsergänzungsmitteln] Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung und/oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck zu erwecken, ihnen kämen derartige Eigenschaften zu, insbesondere durch Aussagen wie jener, dass mit „K*****" ein einzigartiges Nahrungsergänzungsmittel gegen Allergien, Arteriosklerose, Diabetes, Magen-Darm-Geschwüre, Migräne und Muskelverhärtungen als Folge von Übersäuerung auf den Markt gebracht worden sei, oder durch sinngleiche Aussagen. Weiters beantragt sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils in einer bundesweit erscheinenden Ausgabe der Kronen Zeitung.

Der Hinweis auf die krankheitswerten Folgen einer Übersäuerung und die Bewerbung des von der Beklagten vertriebenen Produkts als „Gegenmittel" habe gegen § 9 LMG (nunmehr § 5 Abs 3 LMSVG) verstoßen. Dadurch verschaffe sich die Beklagte einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil iSv § 1 UWG. Dass möglicherweise Mitbewerber ebenfalls gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstießen, rechtfertige den Wettbewerbsverstoß der Beklagten nicht. Die Beklagte wendet ein, nicht gegen § 9 LMG (§ 5 Abs 3 LMSVG) verstoßen zu haben. Sie habe nicht mit der Verhinderung oder Heilung von ernstzunehmenden Krankheiten geworben, sondern ausschließlich mit der Verminderung einer Übersäuerung, sohin eines körperlichen Zustands. In der Werbeanzeige werde die Übersäuerung nicht als Krankheit geschildert, ebenso wenig würden dem Produkt Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit zugeschrieben. Übersäuerung sei keine Krankheit und kein körperliches Leiden; vielmehr könne dieser körperliche Zustand auch durch Stress, zu wenig Sport, falsche Ernährung oder Veranlagung hervorgerufen werden. Es sei zwischen dem körperlichen Zustand der Übersäuerung und den dadurch möglicherweise verursachten Krankheiten zu unterscheiden. Die Aussagen über die Wirkung des Produkts bezögen sich nur auf den körperlichen Zustand. Dass eine akute Übersäuerung lebensbedrohlich sei, bedeute nicht zwangsläufig, dass es sich dabei um eine Krankheit handle; auch Bergsteigen oder Tauchen könnten lebensbedrohlich sein. Da sich die Werbung nicht von jener anderer Anbieter unterscheide, habe die Beklagte auch keinen Vorteil gegenüber Konkurrenten erlangt. Auch das Veröffentlichungsbegehren sei nicht begründet. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte habe gegen § 9 LMG (§ 5 Abs 3 LMSVG) verstoßen. Entscheidend sei, wie der Verkehr die Angaben der Beklagten auffasse, nicht, wie sie die Beklagte verstanden wissen wolle. Dabei sei der Gesamteindruck maßgebend, allfällige Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten. Die Werbebehauptungen der Beklagten seien in ihrem Gesamteindruck krankheitsbezogen. Der angebliche Unterschied zwischen körperlichem Zustand und Krankheit könne nur bei einer „scharfsinnigen Analyse" erkannt werden, nicht aber bei der flüchtigen Wahrnehmung durch einen Durchschnittsleser.

Die Beklagte bekämpfte dieses Urteil mit Berufung; die Klägerin erhob einen Kostenrekurs.

Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge und wies die Klage ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 20.000 EUR und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Die Klägerin verwies es mit dem Kostenrekurs auf die Entscheidung in der Hauptsache. Wegen des gesteigerten Gesundheitsbewusstseins der Bevölkerung sei von einem hohen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen. Interessenten würden daher die Kaufentscheidung erst treffen, wenn sie sich „weitergehend" informiert hätten. Bei einer flüchtigen, aber dennoch verständigen Betrachtung lasse die beanstandete Werbung nicht den Eindruck entstehen, dass dem Produkt Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben würden. Zwar würden Krankheiten als „mögliche Folgen" einer Übersäuerung erwähnt. Das geschehe aber in der „Möglichkeitsform". Für einen verständigen Betrachter sei daher erkennbar, dass diese Krankheiten keine zwingende Folge einer Übersäuerung seien. Auch der weitere Text nehme nur auf den körperlichen Zustand der Übersäuerung Bezug, nicht aber auf die zuvor „bloß allgemein erwähnten" Krankheiten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung zum Verbot krankheitsbezogener Angaben bei Nahrungsergänzungsmitteln fehlt; sie ist auch berechtigt.

1. Gegen § 1 UWG verstößt, wer sich durch einen zu Wettbewerbszwecken begangenen Rechtsbruch einen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern verschafft (RIS-Justiz RS0078089, RS0077931). Der Gesetzesverstoß muss subjektiv vorwerfbar sein. Maßgebend ist, ob die Auffassung des belangten Mitbewerbers über den Inhalt der angeblich verletzten Norm durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten kann (4 Ob 331/82 = SZ 56/2 - Metro-Post; RIS-Justiz RS0077771; zuletzt etwa 4 Ob 173/06d - Backwarenauslieferung II). Es ist daher zu prüfen, ob die Beklagte mit guten Gründen annehmen konnte, dass ihre Werbung nicht gegen das lebensmittelrechtliche Verbot krankheitsbezogener Angaben verstoße.

2. Der im Zeitpunkt des Verstoßes geltende § 9 LMG 1975 idF der LMG-Novelle 2003 (BGBl I 2003/69) lautete: „Es ist verboten, beim Inverkehrbringen einem Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Zusatzstoff Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen zu lassen." Seit dem 21. Jänner 2006 ergibt sich dieses Verbot aus § 5 Abs 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG; BGBl I 2006/13). Dort werden Nahrungsergänzungsmittel zwar nicht mehr ausdrücklich erwähnt; aus der Begriffsbestimmung in § 3 Z 4 LMSVG ergibt sich aber zwingend, dass es sich dabei ebenfalls um Lebensmittel handelt. Das Verbot krankheitsbezogener Werbung beruht auf Art 2 der RL 2000/13/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hiefür (ABl L 2000/109, 29). Nach Art 2 Abs 1 lit a dieser RL darf die Etikettierung nicht geeignet sein, den Käufer irrezuführen; dafür werden mehrere Beispiele genannt. Art 2 Abs 1 lit b der RL verbietet zudem „vorbehaltlich der Gemeinschaftsvorschriften über natürliche Mineralwässer und über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zu[zu]schreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen [zu] lassen". Beide Verbote gelten nach Art 2 Abs 3 lit b der RL auch für die Werbung.

Aufgrund dieser Regelung muss zwischen krankheits- und gesundheitsbezogenen Angaben unterschieden werden (EuGH Rs C-221/00 - Kommission/Österreich; verb Rs C-42100, C-426/00 und C-16/01 - Sterbenz/Haug). Erstere sind generell verboten, letztere nur bei Irreführungseignung.

Das war auch der Grund für die Neufassung von § 9 LMG mit der LMG-Novelle 2003. Denn nach § 9 Abs 1 LMG idF vor dieser Novelle war es (vorbehaltlich einer Zulassung nach § 9 Abs 3 LMG) auch verboten, sich beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln „auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken". Diese Bestimmung erfasste daher auch gesundheitsbezogene Angaben, soweit sie der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz nicht nach § 9 Abs 3 LMG idF vor der LMG-Novelle 2003 nach Prüfung der „Täuschungseignung" zugelassen hatte. Das war nach den oben genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs gemeinschaftsrechtswidrig und musste daher auf das Verbot krankheitsbezogener Werbung reduziert werden (vgl dazu ausführlich und mwN Barfuß/Smolka/Onder [Hrsg], Österreichisches Lebensmittelrecht2, § 9 LMG [7. Lieferung] 10 ff).

3. Nach § 9 LMG idF der LMG-Novelle 2003 (§ 5 Abs 3 LMSVG) ist schon das Erwecken des Eindrucks verboten, ein Lebensmittel habe Eigenschaften, die Krankheiten vorbeugen, behandeln oder heilen. Für die Beurteilung der Frage, ob dieser erweckt wird, kann - wie schon bei § 9 Abs 1 LMG idF vor der LMG-Novelle 2003 (RIS-Justiz RS0066405) - die Rsp zu § 2 UWG herangezogen werden. Maßgebend ist daher das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der Werbung, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet (4 Ob 196/00b = SZ 73/161 Lego-Klemmbausteine; zuletzt etwa 4 Ob 58/06t - Breitbandinternet und 4 Ob 107/06y - Natursteine). Bei der Beurteilung darf die Werbung nicht in subtiler (spitzfindiger) Weise zergliedert werden, vielmehr entscheidet der Gesamteindruck (RIS-Justiz RS0078524, RS0078352). Ein verständiger Verbraucher wird aus der beanstandeten Werbung ableiten, dass das Produkt Krankheiten vorbeugt. Denn schon aus dem Aufbau der Anzeige ergibt sich, dass der Übersäuerung entgegengewirkt werden soll, um auch weitere Krankheiten (ua Arteriosklerose, Diabetes, Migräne) zu verhindern. Damit ist die Bekämpfung der „Übersäuerung" bei der gebotenen Gesamtbetrachtung kein Wert an sich, sondern in erster Linie Mittel zum Zweck. Es besteht daher kein Zweifel, dass die Anzeige zumindest den Eindruck einer krankheitsvorbeugenden Wirkung hervorruft.

Aber auch die Übersäuerung selbst wird ein verständiger Verbraucher im Gesamtzusammenhang als Krankheit verstehen, die mit dem Produkt behandelt werden kann. Denn wenn „akute Übersäuerung" ein „lebensgefährlicher Zustand" ist, muss jeder unbefangene Leser auch die bloße „Übersäuerung" für eine Krankheit halten, dh für eine zeitlich und intensitätsmäßig variable Störung der Normbeschaffenheit des Körpers (Barfuß/Smolka/Onder aaO 17; vgl auch die EB zum AMG, 1060 BlgNR 15. GP). Diese Auffassung deckt sich mit der Rsp des VwGH zu § 9 LMG idF der LMG-Novelle 2003. Danach liegt eine verbotene Angabe schon dann vor, wenn auf einen Zustand Bezug genommen wird, bei dem „menschliche Organe oder Lebensprozesse nicht ordnungsgemäß und ungestört funktionieren" (GZ 2002/10/0224 = JUS A/4189 - Verdauungsdragees). Das ist bei einer „Übersäuerung" offenkundig der Fall.

4. Die Kenntnis von § 9 LMG (§ 5 Abs 3 LMSVG) muss einem Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln unterstellt werden. Angesichts des klaren Wortlauts dieser Bestimmungen kann sich die Beklagte auch nicht auf eine vertretbare Rechtsansicht berufen. Sie hat daher sittenwidrig iSv § 1 UWG gehandelt und ist nach § 14 UWG zur Unterlassung verpflichtet.

Die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens hängt davon ab, ob

ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des

Publikums im begehrten Ausmaß besteht (RIS-Justiz RS0079737, zuletzt

etwa 4 Ob 50/05i). Das ist hier wegen der Einschaltung der

unzulässigen Anzeige in einer großen, österreichweit erscheinenden

Tageszeitung der Fall. Das Urteil ist - dem Talionsprinzip

entsprechend - in der Regel in jener Form und Aufmachung zu

publizieren, in der auch die beanstandete Äußerung veröffentlicht

worden ist (4 Ob 93/90 = SZ 63/109 = ÖBl 1991, 113 - Goldfassl; 4 Ob

2153/96p = ÖBl 1996, 285 = MR 1996, 197 [Ciresa] -

Technodat-Küchenplanung; zuletzt etwa 4 Ob 9/05k = ÖBl-LS 2005/101).

Das darauf zielende Veröffentlichungsbegehren ist daher ebenfalls berechtigt.

5. Aus diesen Gründen war das klagsstattgebende Ersturteil in der Hauptsache wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0036069 T1 ua; zuletzt 5 Ob 261/03y und 8 ObA 117/04w) ist bei einer Wiederherstellung des Ersturteils auf die Argumente eines Kostenrekurses Bedacht zu nehmen, den das Berufungsgericht wegen der Abänderung in der Hauptsache nicht zu behandeln hatte. Das Erstgericht hatte die Kosten der Klage nur zur Hälfte zugesprochen. Grund dafür war, dass die Klägerin damit einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden hatte, mit dem sie (wegen Nichterlags der Sicherheitsleistung) letztlich erfolglos blieb. Wegen dieses teilweisen Unterliegens konnte sie nach Auffassung des Erstgerichts nur die halben Klagskosten ersetzt bekommen.

Der Kostenrekurs zeigt zutreffend auf, dass ein Unterliegen im Provisorialverfahren nur dazu führen kann, dass die darauf bezogenen Kosten nicht zu ersetzen sind. Das ist im vorliegenden Fall lediglich die Verbindungsgebühr nach Anm 4 zu TP 3 RATG; eine gesonderte Pauschalgebühr ist nicht angefallen (Anm 4 zu TP 1 GGG). Anders als bei einem Obsiegen im Priovisorialverfahren mit nachfolgendem Unterliegen im Hauptverfahren, bei dem dem Kläger der Ersatz der halben Pauschalgebühr und deshalb (Grund-)Honorars nach TP 3A RATG zuerkannt wurde (4 Ob 215/05d), ist hier maßgebend, dass die Kosten für die Klage (Honorar und Pauschalgebühr) auch angefallen wären, wenn die Klage nicht mit einem Sicherungsantrag verbunden gewesen wäre. Die Klägerin musste sie daher zur Gänze für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Hauptverfahren aufwenden. Daher sind sie nach § 41 ZPO von der Beklagten zu ersetzen. Da der letztlich erfolgreiche Kostenrekurs zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war, hat die Beklagte auch dessen Kosten zu ersetzen. In 8 ObA 117/04w (= RZ-EÜ 2005/113) wurde zwar ausgesprochen, dass eine nur im Kostenpunkt erfolgreiche Berufung nicht (also auch nicht im Ausmaß des Obsiegens im Kostenpunkt) zu honorieren sei (vgl dazu Obermaier, Zur Ersatzfähigkeit der „Berufung im Kostenpunkt", AnwBl 2006, 314 mwN). Diese Auffassung kann aber nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn sie wird damit begründet, dass die Bekämpfung (auch) der Kostenentscheidung nach § 54 Abs 2 JN iVm § 4 RATG keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage für die Kosten der Berufung habe. Dieses Argument greift aber von vornherein nicht ein, wenn - wie hier - ein selbstständiger Kostenrekurs vorliegt, den der Rekurswerber wegen des Obsiegens in der Hauptsache auch nicht mit einer Berufung verbinden konnte. Insofern hat es daher jedenfalls beim kostenrechtlichen Erfolgsprinzip zu bleiben. Ob das auch bei einer Berufung im Kostenpunkt oder bei einer möglichen Verbindung zwischen einem Kostenrekurs und einer in der Hauptsache erhobenen Berufung zuträfe (so iSd bisherigen Rsp Obermaier aaO und - 8 ObA 117/04w ausdrücklich ablehnend - 1 Ob 8/06t), ist hier nicht zu entscheiden.

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