OGH 2Ob89/06m

OGH2Ob89/06m12.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr.Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther F*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 16.340,03 sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 14.837,02 sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2005, GZ 3 R 194/05g-44, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 29. September 2005, GZ 4 Cg 54/00y-40, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im angefochtenen Umfang von EUR 14.837,02 sA aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Bevor der Kläger am 11. 4. 1997 einen Arbeitsunfall erlitt, für dessen Folgen die Beklagte zur Hälfte haftet, arbeitete er bei einer GmbH als Anlagenmonteur. Dabei führte er in Österreich, Ungarn und der Tschechischen Republik Reparaturen sowie Service- und Installationsarbeiten durch. Für seine Berufstätigkeit stellte ihm seine Arbeitgeberin einen Kastenwagen zur Verfügung; diesen Wagen konnte der Kläger auch privat nutzen, wofür er seiner Arbeitgeberin nichts zu bezahlen hatte. Die Arbeitgeberin gab auch kein bestimmtes Limit für die private Nutzung vor, sondern vertraute auf eine „nicht übermäßige" Privatnutzung. Der Kläger benutzte vor dem Unfall keine öffentlichen Verkehrsmittel. Mit dem Firmenfahrzeug legte er etwa 40.000 km pro Jahr zurück. Privat nützte der Kläger dieses Fahrzeug für Einkäufe. Welche Wegstrecken der Kläger mit dem Firmenfahrzeug für seine Privatfahrten zurücklegte, kann nicht festgestellt werden. Die Ehefrau des Klägers benützte (und benutzt) einen auf ihren Namen zugelassenen PKW VW Golf für die Fahrten von ihrem Wohnort in Wiener Neudorf zu ihrer Arbeitsstätte in Wien. Der Kläger hätte diesen PKW benützen können, wenn er dies gewollt hätte.

Bei dem Arbeitsunfall erlitt der Kläger ein Schädelhirntrauma mit Schädelfraktur, eine Luxation des Chopart´schen Gelenks rechts mit einem Ausbruch des Kahnbeins, einen Fersenbeintrümmerbruch links und einen Knorpelbruch des 7. und 9. Brustwirbels. An unfallkausalen Dauer- und Spätfolgen bestehen eine posttraumatische Schwerhörigkeit links, eine Unterschenkelamputation links mit Beugekontraktur des Kniegelenks von 30 %, eine chronische Stumpffistel mit eitriger Sekretion und Hauterosionen, ein posttraumatischer Spitzfuß des oberen Sprunggelenkes rechts mit Sensibilitätsstörungen im Rahmen eines Neuropathiesyndroms.

Am 19. November 1998 erwarb der Kläger einen PKW Seat Alhambra mit Automatikgetriebe zum Preis von ATS 361.000/EUR 26.234,89. Er entschied sich für diesen Van, weil er sich bei einem kleineren Fahrzeug auf Grund seiner Größe sehr schwer tun würde. Beim Seat Alhambra fällt ihm das Ein- und Aussteigen auf Grund des höheren Sitzes leichter. Um das Einsteigen weiter zu erleichtern, kann der Fahrersitz verdreht werden. Der Kläger benützte den Van für alle Fahrten unter der Woche und am Wochenende, insbesondere um Freunde und Veranstaltungen zu besuchen und in sein Wochenendhaus zu gelangen. Am Wochenende fährt er gemeinsam mit seiner Frau im Seat Alhambra ins Wochenendhaus. In der Zeit vor dem Unfall waren er und seine Ehefrau an den Wochenenden mit dem PKW VW Golf zum Wochenendhaus gefahren.

Zum Zeitpunkt des Ankaufes des Vans bestand beim Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 % und eine schwere Gangstörung mit Gangleistungsstörung und Muskelatrophie. Die Gangstörung blieb auch nach dem 19. November 1998 weiterhin bestehen: Der Kläger kann unter Verwendung eines Stocks Wegstrecken bis zu 500 m zurücklegen; dabei leidet er wechselweise an leichten und überwiegend an mittelstarken Schmerzen. Die Gehgeschwindigkeit ist langsam. Während des Gehens kann er keine Lasten tragen.

Über das Vermögen der Arbeitgeberin, die das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1997 aufgekündigt hatte, wurden im Juli 1999 das Ausgleichsverfahren sowie am 13. September 1999 das (Anschluss-)Konkursverfahren eröffnet. Das Unternehmen wurde geschlossen.

Die bedenklichen Vermögensverhältnisse seiner früheren Arbeitgeberin waren dem Kläger schon vor dem Unfall vom April 1997 bekannt gewesen. Deshalb hatte er bereits Kontakte zu einem Arbeitgeber aufgenommen. Bei diesem hätte er die gleiche Arbeitstätigkeit wie bei seiner früheren Arbeitgeberin ausüben sollen. Zum Zeitpunkt des Unglückes hatte er bereits einen schriftlichen Arbeitsvertrag in Händen, diesen allerdings noch nicht unterfertigt. Gerade am Unfallstag hätte noch eine letzte Besprechung mit dem potentiellen neuen Arbeitgeber erfolgen sollen, um Details zu erörtern und den Arbeitsvertrag zu unterfertigen. Der Kläger hatte mit dem neuen Arbeitgeber noch nicht geklärt, ob er ein Firmenfahrzeug erhalten und dieses auch für private Zwecke benutzen dürfe. Bei Anlagemonteuren ist es branchenüblich, dass sie Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung gestellt bekommen. Konkrete Vereinbarungen über die Möglichkeiten zur Privatnutzung gibt es in solchen Fällen nicht, das Gestatten von Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug erfolgt im Kulanzweg. Von 20. 9. 1999 bis 4. 9. 2002 legte der Kläger mit dem Seat Alhambra 49.029 km zurück, was einer durchschnittlichen Kilometerleistung von etwas über 16.000 km im Jahr entspricht.

Im Revisionsverfahren ist die Forderung des Klägers auf Ersatz der restlichen Anschaffungskosten von EUR 9.109,36 sowie der mit der Anmeldung und dem Betrieb des Fahrzeuges verbundenen Kosten von EUR 5.727,66 (Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung, Reparaturen, Service, Diebstahlsicherung etc) strittig.

Der Kläger begründete seinen Anspruch auf Ersatz des Anschaffungs- und Erhaltungsaufwandes mit seiner unfallbedingt eingeschränkten Mobilität. Er habe den mit Automatikgetriebe ausgestatteten Van auf Grund der erleichterten Ein- und Aussteigmöglichkeit und der Unterbringung eines Rollstuhls ausgewählt. Er könne auf Grund seiner Körpergröße und der unfallbedingten Gewichtszunahme von 35 kg sowie der notwendigen Verwendung von Stützkrücken sowie eines Rollstuhles kein Kleinstfahrzeug benützen. Bei dem branchenüblichen Zurverfügungstellen des Firmenfahrzeuges hätte der Kläger ohne den Unfall jedenfalls kein Fahrzeug erworben, selbst wenn sein neuer Arbeitgeber eine private Nutzung untersagt hätte.

Die Beklagte wendete insbesondere ein, zur Erhaltung oder Sicherung der Mobilität des Klägers wäre nicht die Anschaffung eines Fahrzeuges der mittleren Luxuskategorie notwendig gewesen, zumal der Kläger zum Zeitpunkt des Erwerbes bereits öffentliche Verkehrsmittel oder den PKW seiner Gattin benützen hätte können. Spätestens ab der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das nicht fortgeführte Unternehmen wäre die Verwendung des Firmenfahrzeuges für private Fahrten ausgeschlossen gewesen. Der Kläger hätte daher auch ohne Unfall bei alleiniger Benutzung des Familien-PKW durch seine Gattin ein Kraftfahrzeug erworben. Da im Wagen des Klägers keinerlei Umbauarbeiten zur Anpassung an die körperlichen Leiden notwendig gewesen seien, hätte der Kläger keine besonderen Mehrkosten zu tragen. Gebrauche der Kläger den PKW aber nur für das Zurücklegen von kurzen Strecken, wäre die Benutzung eines Taxis oder das Verwenden eines Kleinfahrzeuges (Kabinenroller) günstiger.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, soweit es sich auf die mit der Anschaffung und dem Betrieb des Fahrzeuges verbundenen Kosten bezog, ab. Der erlaubten Nutzung eines Firmenfahrzeuges auch für private Fahrten sei kein Rechtsanspruch zugrunde gelegen. Jedenfalls nach Schließung des Unternehmens infolge des (Anschluss-)Konkurses wäre das Firmenfahrzeug dem Kläger nicht mehr zur Verfügung gestanden. In diesem Fall hätte der Kläger nur Anspruch auf Ersatz der Mehraufwendungen, die zur Verbesserung seiner eingeschränkten Mobilität erforderlich seien. Mangels konkreter Feststellungen scheide die Ermittlung dieser Mehraufwendungen aus. Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht erachtete nur die Forderung des Klägers auf Ersatz der mit der Ausstellung eines neuen Führerscheins, eines Behindertenausweises und einer Parkbewilligung verbundenen, anteiligen Kosten von EUR 69,36 als gerechtfertigt und teilte im Übrigen die Rechtsauffassung des Erstgerichtes zur mangelnden Ersatzfähigkeit der übrigen Aufwendungen. Die Kosten für die Anschaffung eines PKWs seien selbst dann zu ersetzen, wenn das Fahrzeug nicht beruflichen Zwecken diene. Durch den Ersatz der Aufwendungen solle der Verletzte annähernd in jenen Zustand der Mobilität versetzt werden, wie er für einen Gesunden selbstverständlich sei. Der Kläger habe die Notwendigkeit der Anschaffung eines PKWs als Ausgleich seiner verletzungsbedingt erhöhten Bedürfnisse nachgewiesen, weil ihm weder die Bewältigung von Gehstrecken unter Schmerzen, noch das Warten auf die Rückkehr der Gattin mit dem Familien-PKW zugemutet werden dürfe. Dennoch sei der Beklagten der Nachweis gelungen, der Kläger hätte selbst ohne Unfall einen weiteren PKW erworben bzw erwerben müssen. Die bisherige private Nutzung des Firmenfahrzeuges hätte nämlich jedenfalls mit Sommer 1999 geendet. Die Möglichkeit zur privaten Nutzung eines Firmenfahrzeuges, das ein potenziell künftiger Arbeitgeber dem Kläger zur Verfügung gestellt hätte, sei ungewiss. Wäre aber die Mobilität auch ohne den Unfall nur durch die Anschaffung eins PKWs erreichbar gewesen, käme nur der Ersatz der mit der Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeuges verbundenen Mehrkosten in Betracht. Zu diesem Punkte fehle ein eindeutiges Vorbringen des Klägers, welches Manko nicht durch die Bestimmung des § 273 ZPO behoben werden könne.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer Judikatur für einen gleichgelagerten Fall und mit „der Rücksicht auf die Entscheidung 2 Ob 104/05s".

Der Kläger bekämpft in seiner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision die Abweisung von EUR 14.837,02 sA mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren auch in diesem Umfang stattzugeben, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn einer Aufhebung berechtigt. Der Ersatzanspruch wegen Körperverletzung umfasst auch die Aufwendungen zur Deckung vermehrter Bedürfnisse, die ohne den Unfall nicht entstanden wären, einen positiven Schaden darstellen und daher nach § 1325 ABGB zu ersetzen sind (2 Ob 47/05h; 2 Ob 104/05s = EvBl 2006/11; RIS-Justiz RS0102104; RS0031108; RS0030471; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1325 Rz 11 ff; Harrer in Schwimann ABGB2 § 1325 Rz 8; vgl Karner in KBB § 1325 ABGB Rz 10 f). Diese Aufwendungen sollen jene Nachteile ausgleichen, die durch eine dauernde Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des Verletzten entstehen. Sie verfolgen das Ziel, die Lebensführung des Verletzten derjenigen eines Gesunden möglichst anzunähern; es werden davon solche unfallsbedingten Mehraufwendungen erfasst, die dem Geschädigten im Vergleich zu einem gesunden Menschen erwachsen (RIS-Justiz RS0102104; Reischauer aaO; 2 Ob 2031/96g = ZVR 1997/114; JBl 2003, 650). Der dem Verletzten zustehende Ersatz für Aufwendungen infolge neuer Bedürfnisse, die ohne den Unfall nicht entstanden wären, beruht darauf, dass der Ersatzpflichtige zur umfassenden Wiederherstellung des Zustandes vor der Verletzung oder einer im Wesentlichen gleichen Ersatzlage verpflichtet ist (2 Ob 2031/96g = ZVR 1997/114; 2 Ob 104/05s; RIS-Justiz RS0102105; RS0030228; Apathy, Komm zum EKHG § 13 Rz 30).

Unter dem Aspekt der Vermehrung der Bedürfnisse sind sowohl laufende, zum Ausgleich verbleibender Unfallbeeinträchtigungen nötige Aufwendungen (2 Ob 104/05s; 2 Ob 2031/96g) als auch ein einmaliger Kostenaufwand ersatzfähig, sofern dadurch der erhöhte Bedarf für die Zukunft - zumindest für einen gewissen Zeitraum - in ausreichendem Maße befriedigt werden kann (2 Ob 104/05s).

Dem Verletzten steht zum Ausgleich einer schweren Gehbehinderung ein Anspruch auf Ersatz der Kosten und Instandhaltung eines PKWs zu, um ihn dadurch annähernd in jenen Zustand der Mobilität zu versetzen, wie er für einen Gesunden selbstverständlich ist (2 Ob 2031/96g; 2 Ob 104/05s; RIS-Justiz RS003410; Apathy aaO; vgl Pardey in Geigel, Haftpflichtprozess24, 139). Kann ein Unfallopfer eine Wegstrecke von 500 m nur mit einem Stock und unter Schmerzen bewältigen, ist seine Mobilität nicht annähernd jener eines Gesunden vergleichbar. Der Kläger kann also aus diesem Grund entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung nicht auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen werden, zumal gar nicht feststeht, dass innerhalb eines Radius von 500 m eine Haltestelle existiert. Dasselbe gilt für die behauptete Erreichbarkeit von Einrichtungen der Nahversorgung, die nach den Behauptungen der Beklagten nur 800 bis 900 m entfernt sein sollen.

Der Kläger hat nach den dargelegten Kriterien grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Anschaffungs- und Erhaltungskosten eines PKWs, sofern er nicht auch ohne den Unfall einen PKW angeschafft hätte (2 Ob 6/95; 2 Ob 104/05s; RIS-Justiz RS0102106).

Entsprechend dem Grundsatz, dass jede Partei die für ihren Standpunkt günstigen Voraussetzungen zu behaupten und zu beweisen hat (RIS-Justiz RS0039939 T3 und 4; RS0037797; RS0109832), hätte die Beklagte den für sie günstigen hypothetischen Verlauf, nämlich die Anschaffung des Fahrzeuges unabhängig vom Unfall, beweisen müssen (2 Ob 2/91); ein Beweis, der ihr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht gelungen ist:

Der Kläger durfte das ihm zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug (wenn auch nicht uneingeschränkt) zu privaten Zwecken benutzen, ohne dafür irgendeine Gegenleistung erbringen zu müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Nutzungsmöglichkeit entsprechend der vertraglichen Gestaltung bzw dem maßgeblichen Parteiwillen auf einer ausdrücklich vereinbarten, dienstvertraglichen Leistung des Dienstgebers, einer nach dem entscheidenden objektiven Erklärungswert konkludenten Erweiterung der Rechte des Dienstnehmers aus dem Dienstvertrag durch eine (freie) Betriebsvereinbarung (RIS-Justiz RS0030895) oder auf einer freiwilligen, jederzeit widerrufbaren Leistung der Dienstgeberin ohne Rechtsanspruch des Dienstnehmers beruhte. Ohne den Unfall wäre das Firmenfahrzeug dem Kläger weiter zur Verfügung gestanden. Die Eröffnung des Anschlusskonkurses hätte per se nicht zwingend die Beendigung des Dienstverhältnisses verbunden mit der Verpflichtung zur Rückgabe des Firmen-PKWs bedeutet. § 25 Abs 1 KO sieht vielmehr die Möglichkeit der Beendigung des Dienstverhältnisses durch Kündigung durch den Masseverwalter unter Einhaltung der gesetzlichen, kollektivvertraglichen oder der zulässigerweise vereinbarten kürzeren Kündigungsfrist oder durch vorzeitigen Austritt durch den Dienstnehmer vor. Abgesehen von dieser Ungewissheit, zu welchem exakten Zeitpunkt die Nutzungsmöglichkeit des Firmenfahrzeugs zu Privatfahrten geendet hätte, hatte der Kläger am Unfallstag bereits einen schriftlichen Arbeitsvertrag eines Dienstgebers, der ihn ebenfalls als Anlagemonteur beschäftigen wollte, in Händen. Da die Erlaubnis, ein Firmenfahrzeug auch für Privatfahrten zu benutzen, als branchenüblich festgestellt wurde, ergibt sich als hypothetischer Verlauf, dass der Kläger ohne den Unfall auch nach einem Wechsel des Arbeitsplatzes keinen Privat-PKW hätte anschaffen müssen.

Den geltend gemachten Ansprüchen hält die Beklagte weiters 1. eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch Wahl eines zu teuren Fahrzeuges, 2. eine Bereicherung des Klägers, der das Fahrzeug nunmehr ausschließlich zu privaten Zwecken, und zwar in weit höherem Umfang als früher benutze, entgegen.

Der erste Einwand ist nicht zielführend, weil die auch zu diesem Punkt behauptungs- und beweispflichtige Beklagte (RIS-Justiz RS0027129) nicht konkret vorgebracht hat, welches günstiger zu erwerbende Fahrzeug ebenfalls über eine die Mobilität des Verletzten erleichternde Ausstattung (erhöhter und schwenkbarer Sitz, allfällige Unterbringungsmöglichkeit für den Rollstuhl) verfügt hätte. Das allgemein gehaltene Vorbringen der Haftpflichtigen zur unnötigen Anschaffung eines derartigen (eher der Mittelklasse und nicht der Luxuskategorie zuzuordnenden) Fahrzeuges genügt nicht (vgl RIS-Justiz RS0031357 [T4]).

Beachtung verdient allerdings der zweite Einwand, mit dem sich die auch zu diesem Thema behauptungs- und beweispflichtige (vgl RIS-Justiz RS0036710) Beklagte auf eine der Ausgleichsfunktion des Schadenersatzrechtes widersprechende Bereicherung des Geschädigten beruft.

Zu berücksichtigen ist, dass der Kläger nunmehr über einen zusätzlichen Vermögenswert in Form eines Neuwagens verfügt. In der Entscheidung 2 Ob 104/05s hat der Oberste Gerichtshof bei Ankauf eines Neuwagens anstelle des verletzungsbedingt nicht mehr benützbaren Gebrauchtwagens des Geschädigten entsprechend dem Grundsatz „neu für alt" einen Abzug von den Anschaffungskosten für sachgerecht erachtet, der nach dem Verhältnis der Restlebensdauer des gebrauchten Fahrzeuges zur Lebensdauer des Neuwagens abzüglich des erzielten Verkaufserlöses, jedoch zuzüglich der ungekürzt zustehenden Mehrkosten für das Automatikgetriebe und allfälliger Vorfinanzierungskosten zu bemessen sei. Diese Schadensermittlung scheidet hier aus, weil der Geschädigte aufgrund der Nutzung des Firmenfahrzeuges nicht über einen eigenen PKW verfügte. Wenn auch die exakte Kilometerzahl der „Privatfahrten" nicht feststeht und einen Vergleich mit der derzeitigen Situation daher nicht durch eine Verhältnisrechnung ermöglicht, so steht jedoch fest, dass der Kläger das nach dem Unfall angeschaffte Fahrzeug in einem größeren Ausmaß zu Privatfahrten benutzt als vorher (insbesondere für Wochenendfahrten, sonstige Fahrten in der Freizeit etc). Der Vorteil des Klägers besteht darin, dass ihm und seiner Familie für sämtliche „Privatfahrten" ein im Vergleich zu einem Kastenwagen mehr Komfort bietender Van ohne Limit zur Verfügung steht, wofür die Schädigerin entsprechend ihrer Haftungsquote sämtliche Anschaffungs- und Betriebskosten tragen soll.

In sinngemäßer Anwendung der in 2 Ob 104/05s zur Schadensermittlung dargelegten Kriterien erscheint es für die vorzunehmende Schadensberechnung als sachgerechte Lösung, jene Benutzung zu privaten Zwecken, welche Dienstgeber in der Branche des früheren Arbeitgebers ihren Außendienstmitarbeitern gestatten, mit der Nutzungsintensität nach dem Schadensfall zu vergleichen. Nach Maßgabe dieses Verhältnisses wären die Anschaffungskosten und der notwendige Erhaltungsaufwand allfällig zu kürzen.

Um die Partei mit dieser Rechtsansicht nicht zu überraschen und auf Grund fehlender Feststellungen zur konkreten Ermittlung der Schadenshöhe, sind die Urteile der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang aufzuheben. Das Erstgericht wird die dargelegte Rechtsansicht zu einer allfälligen Begrenzung des Schadens mit den Parteien zu erörtern und ihnen die Gelegenheit zu ergänzenden Vorbringen und zu Beweisanboten zu geben haben. Dabei wird bei der Ermittlung der branchenüblichen Nutzung zu Privatzwecken und daran anknüpfend der allfälligen Kürzungsquote die Anwendung des § 273 ZPO in Betracht zu ziehen sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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